Ungeschriebene Regeln in der Apotheke

Sag nie, es ist ruhig heute. Auch nicht, wenn du nur noch 30 Minuten arbeiten musst.

Nach „Ich habe die Packungsbeilage gelesen“ kam noch nie etwas Gutes.

Dito nach „im Internet steht aber …“

Auf „Ich hab da diese Werbung vor der Tagesschau / in der Illustrierten gesehen“ … folgen oft langwierige Erläuterungen durch die Fachperson.

Fälle / Diagnosen / Dinge überhaupt kommen in Dreier-Packungen.

Der Vollmond hat einen Einfluss auf die Psyche der Leute (mir egal, was Studien sagen)

Komplizierte Fälle kommen gerne vor dem Wochenende (oder den Ferien).

Der Arzt hat immer überraschend Ferien.

Wenn du über einen Patienten* redest (mit einer Mitarbeiterin) ruft ihn das zurück in die Apotheke.

Schokolade und andere kleine Geschenke an die Mitarbeiter tun auch in der Apotheke Wunder.

Für den Notdienst: ein Patient verhindert nicht den nächsten. (Denke nicht um 3 Uhr, es ist jetzt vorbei).

Vertraue den Patienten und Ärzten. Kontrolliere trotzdem nach.

Frag bei der Angabe von Penicillin-Allergie immer nach, was genau passiert ist. (Nur Durchfall nach Antibiotikum ist keine Allergie)

Dokumentiere alles. (Mach Kommentare bei der Abgabe von Medikamenten auf Rezept, wenn etwas aufgefallen ist / interventiert wurde …).

Behandle bekannte Leute oder Verwandte oder Freunde nicht anders als die anderen Patienten in der Apotheke. Halte dich an die geltenden Regeln und erkläre alles, was du tust.

Nach „Sie müssen mir helfen, sonst …(sterbe ich)!“ folgt oft eine Aufforderung Gesetze zu überschreiten. (Gilt vor allem für D, wo die Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente ohne Rezept strikt untersagt ist).

Die einzig richtige Antwort auf „woanders bekomme ich das aber (günstiger)“ lautet: „Dann gehen sie doch bitte da hin.“

Sonnenbrillen in Innenräumen sind häufig Anzeichen von „interessanten“ Persönlichkeiten.

Die Menschen sind erstaunlich widerstandsfähig und resilient. Auch für Behandlungsfehler oder versehentliche Überdosierungen. Vermeide das trotzdem.

Anrufe ins Krankenhaus dauern immer länger.

Bei vielen „nicht mehr funktionierenden“ Geräten (Blutzucker, Blutdruck, Pens, aber auch Nasensprays) – handelt es sich um Bedienungsfehler.

Beim Impfen gelernt: Leute mit vielen Tattoos haben häufiger Angst vor Nadeln.

Wenn jemand selbst sagt, er habe eine hohe Schmerzschwelle stimmt das häufiger nicht. Aber wenn das ein Verwandter über jemanden sagt, stimmt es.

Wenn ein Patient sehr häufig die Apotheke wechselt und sich über jede vorherige beklagt, sollte er vielleicht daran denken, dass der wirklich gemeinsame Faktor er selber ist.

Wenn ein Patient dir erzählt, dass er wegen einem Problem schon bei so vielen Ärzten/ Apotheken gewesen ist und alles ausprobiert hat, aber du bist „die beste“ … dann hast du jetzt ein Problem.

Dem entfernten Verwandten oder Nachbar, die irgendetwas im medizinischen Sektor macht, wird mehr geglaubt als der Apothekerin oder Pharmaassistentin.

Wenn jemand sagt „ich kenne mich mit dem Medikament aus, ich arbeite in der Pflege“, stimmt das leider häufig nicht. (Also das mit dem Auskennen).

Bei einem Patientenpaar kennt sich oft die Frau sehr gut aus über die vom Mann genommenen Medikamente (und er hat keine Ahnung).

Nichts ist so überbewertet wie schlechter Sex und so unterbewertet wie ein guter Stuhlgang.

Sag niemals „nie“, sag niemals „immer“ und diskutiere keine Politik mit den Patienten.

* Immer mitgemeint: Patientin

Hab ich was vergessen?

Die Impfung ist da! (Ein Weihnachtsgeschenk)

Gestern, Samstag die kleine Sensation – und ein Hoffnungsschimmer in dieser wirklich düsteren Zeit: Die Schweiz hat den Covid-Impfstoff zugelassen. Und zwar – im Gegensatz zu anderen Ländern – NICHT als Notfallzulassung, sondern nach dem geregelten üblichen Verfahren. Damit sind wir weltweit die ersten. Es ist ein Impfstoff (der von Pfizer/Biontech) von mehreren, die aktuell in der letzten Studien-Phase sind und es ging deshalb so schnell, weil es ein „rollendes“ Verfahren war: die Pharmafirma lieferte laufend alle verfügbaren Daten, die sie zum Impfstoff hatten. Da auch die letzte Phase mit über 40’000 Teilnehmern und auch erste Erfahrungen in anderen Ländern (mit inzwischen über 100’000 geimpften) saubere und gute Ergebnisse lieferte, wurde der Impfstoff durch die swissmedic und das BAG zugelassen.

Das wissen wir:

Es braucht 2 Impfungen im Abstand von (mindestens) 3 Wochen. 1 Woche nach der 2. Impfung besteht ein über 90% Impfschutz gegen das neue Coronavirus. (Das ist phantastisch gut – besser als man sich das hätte vorstellen können. Ausserdem nicht mal ein Jahr nach Beginn der Pandemie. Da wurde wahnsinnig geforscht weltweit und man konnte auf bereits bekannte Forschung und Erkenntnisse mit RNA-Impfstoffen aufbauen.)

Der Impfschutz besteht ausdrücklich auch für die älteren Personen und solche mit (kontrollierten) Vorerkrankungen.
(Die Studien hat man diesmal auch mit nicht-gesunden und älteren Personen gemacht!)

Die Nebenwirkungen entsprechen etwa denen von anderen Impfungen, hauptsächlich lokale Reaktionen am Einstichort (Schmerzen, Rötung), vielleicht 1-2 Tage generalisierte Beschwerden wie Krankheitsgefühl, Gliederschmerzen, Fieber etc, vor allem nach der 2. Impfung.
(Sie sagen, es kann etwas heftiger sein als bei zum Beispiel der Grippeimpfung, die sie mit einem „Mückenstich“ vergleichen. Etwa wie ein „Bienenstich“.)

Die Impfung ist nicht zugelassen für Schwangere und unter 16 Jährige, da hier die Datenlage zu dünn ist. Ausserdem gehören die jüngeren nicht zu den durch Covid gefährdeten Personen.

Jetzt geht es weiter. In den Kantonen sind sie schon seit ein paar Wochen dran die nötige Infrastruktur für die Impfungen aufzubauen. Die Logistik ist hier etwas komplizierter als bei anderen Impfstoffen, da der Covid-Impfstoff von Pfizer bei Temperaturen von -70°C transportiert und gelagert werden muss. Deshalb wird es vorläufig auch keine Impfung in der Apotheke geben, die meisten Kantone scheinen auf Impfzentren und mobile Impfgruppen zu setzen. Noch im Dezember beginnen die Kantone der Innenschweiz: Uri, Schwyz, Nidwalden, Obwalden, Luzern und Zug – und Freiburg. Der Rest folgt im Januar. Wir bekommen monatlich etwa 250’000 Impfungen – die wollen möglichst sinnvoll eingesetzt werden.

Wer wird geimpft? Die Impfung ist prioritär für folgende Zielgruppen vorgesehen:
1. Besonders gefährdete Personen (ohne schwangere Frauen)
2. Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt / Betreuungspersonal von besonders gefährdeten Personen
3. Enge Kontakte (Haushaltsmitglieder) von besonders gefährdeten Personen
4. Personen in Gemeinschaftseinrichtungen mit erhöhtem Infektions- und Ausbruchsrisiko (mit altersdurchmischten Bewohnern).
Im weiteren Verlauf wird auch eine Impfung für alle anderen Erwachsene, die nicht unter 1.-4. fallen, möglich sein. – Das kann ein paar Monate dauern.

Ich weiss noch nicht, ob wir in der Apotheke zur 2. Gruppe gehören und dann geimpft werden, aber ich bin froh, dass meine Eltern voraussichtlich bald drankommen. Dann kann ich mich etwas sicherer fühlen, auch wenn ein paar Fragen betreffend der Impfung noch offen sind: kann das Virus durch geimpfte Personen noch übertragen werden? Wie lange hält der Impfschutz an? Die geltenden Hygienemassnahmen müssen auf jeden Fall noch eine ganze Weile weiter durchgeführt werden.

Für das Gesundheitssystem ist das aber sicher eine Entlastung – eine dringend benötigte ausserdem. Inzwischen sind die Spitäler voll, das Pflegepersonal am Anschlag (und darüber) – die Situation ist wirklich furchtbar, auch wenn das trotz gelegentlicher Meldungen in den Medien immer noch nicht zu den Leuten auf der Strasse durchgedrungen ist. Aktuell will ich nicht krank werden oder einen Unfall haben und im Spital landen müssen. Nach aussen „verhält“ das noch als Sicherheitsnetz, aber … nein. Eigentlich will ich nicht mal drüber schreiben. Wir sind vielleicht noch knapp nicht am „sterbende Leute in den Spital-Gängen liegen lassen“, aber soooo weit davon auch nicht mehr. Denkt mal darüber nach und (Bitte) passt euer tägliches Verhalten danach an. Grad jetzt in der Ferien- und Feier-Zeit. Übrigens: Man kann sich jetzt immer noch gegen die Grippe impfen lassen. Bitte tut das – das macht grad jetzt noch Sinn.

Aber konzentrieren wir uns auf die guten Dinge. Wir haben jetzt eine wirksame und sichere Impfung. Meine Familie ist gesund: immer noch alle, wofür ich wahnsinnig dankbar bin. Sogar meine Eltern haben dieses Jahr überstanden (und das sah aus verschiedenen Gründen zeitweise nicht gut aus). Wir haben mehr als genug zu essen, eine warme Wohnung (die aufgeräumter sein könnte), Kontakt mit den Liebsten – halt nicht mehr so häufig und vor allem meist nicht mehr als Treffen, sondern mit Telefon, Chat etc. Dafür bin ich dankbar.

In dem Sinne: Euch allen schöne Festtage und bleibt gesund!

Leise stirbt die Arztpraxis und die Vor-Ort-Apotheke

Die Apotheke schliesst für immer. Die Patienten stehen vor einer verlassenen Arztpraxis. Für die Patienten und Besucher kommt das fast immer überraschend – überraschender jedenfalls als für Angehörige der Berufsgattung Mediziner oder Apotheker: die wissen um die Probleme, mit denen ihr Beruf heute zu kämpfen hat. Die Probleme sind meist die Finanzen einerseits und die Nachfolge andererseits. Trotzdem … man kämpft teils über lange Zeit und versucht die Praxis oder Apotheke zu erhalten. In den letzten Wochen hat sich die Situation aber verschärft – nicht nur wegen Corona.

Hier zwei aktuelle Beispiele, die ziemlich Auswirkungen haben und noch haben werden.

Fall 1 – MeinArzt-Praxen in der Schweiz

Man stelle sich vor, man ist Hausarzt, schon lange ansässig, nähert sich vielleicht dem Pensionsalter und sucht (händeringend) eine Nachfolge für die eigene Praxis, auch damit der Ort weiter medizinisch versorgt wird. Die Situation ist schwierig aber eigentlich finanziell stabil, die Praxis läuft gut, man hat Angestellte, die bezahlt werden müssen, Material muss eingekauft, Laboranalysen gemacht werden – nur einen Nachfolgerarzt, der die Praxis übernehmen will, findet man nicht. Zu wenig Nachfrage? Ort nicht attraktiv genug?

In der Situation bekommt man ein Angebot der Arzt-Praxis-Kette MeinArzt. Es wird angeboten, dass sie die Praxis und alle Angestellten übernehmen, einen Nachfolger suchen, man selber darf weiter arbeiten, so lange man noch will (einfach als Angestellter Arzt, statt als Eigentümer), sie übernehmen zentral einiges an der Bürokratie (Abrechnungen, Mietzahlung, Lohnauszahlungen etc.). Praktisch: alle Probleme gelöst!

35 Arztpraxen in der Schweiz haben das Angebot (seit 2019) angenommen. Mindestens 30 davon sind aktuell geschlossen (für immer?), nachdem in den letzten Monaten zunehmend Probleme aufgetaucht sind. Miete und Löhne und Rechnungen wurden nicht mehr bezahlt, es kam kein Geld mehr herein, Material kam bei jeder Bestellung von einer anderen Firma, die Angestellten in der Zentrale von MeinArzt waren plötzlich nicht mehr erreichbar…. Schliesslich sprangen die Mitarbeiter der Praxis ab (wer arbeitet heute schon unbezahlt?) und die Arztpraxen mussten (meist sehr überraschend) von einem Tag auf den anderen schliessen. Patienten kommen oft nicht einmal mehr an ihre eigenen Patientenunterlagen. Einige dieser Praxen waren die einzige Arztpraxis im Ort (Beispiel Staufen).

Der Inhaber von MeinArzt – Christian Neuschitzer, ein österreicherischer Investor mit etwas zweifelhaftem Hintergrund (Swingerclubs? nix medizinisches bisher) hat sich nach Italien abgesetzt, wo er inzwischen verhaftet wurde und wegen Vermögensdelikten angeklagt wurde. Quelle https://www.srf.ch/news/schweiz/betrugsverdacht-betreiber-von-meinarzt-praxen-in-haft

Übel. Aber – „nur“ 35 Praxen (von ca 14’500 in der CH), wobei ich da den Verlust jeder einzelnen schlimm finde.

Fall 2 – AvP Insolvenz und 19’000 Apotheken in Deutschland

Man stelle sich vor, man betreibt eine Apotheke und versorgt täglich an die hundert (oder mehr) Patienten mit den benötigten Arzneimitteln, die vom Arzt verschrieben wurden und die mit den Krankenkassen abgerechnet werden müssen. In Deutschland kommt zusätzlich noch das Problem dazu, dass die Rezepte und Abrechnung so korrekt ausgestellt werden müssen, dass die Kasse da nicht (auch noch den kleinsten Form-)Fehler findet und überhaupt nichts daran bezahlt. Das nennt sich Retaxe. Um den bürokratischen Aufwand kleiner zu halten, bedient sich die Apotheke Abrechnungsstellen. Die gibt es in der Schweiz auch (Ofac und Ifak hier) und ohne sie wäre der Aufwand kaum zu bewältigen. Sie sorgen dafür, dass man das Geld bald bekommt – manche der Kassen lassen sich da ziemlich Zeit, so dass man auch weiterhin Medikamente beim Lieferanten einkaufen kann. Das ist wichtig, denn für Hochpreismedikamente (die schnell mehrere Tausend Euro kosten können) streckt die Apotheke da faktisch das Geld vor.

Es gibt verschiedene Abrechnungsstellen, aber von den insgesamt 19’075 Apotheken haben rund 3500 Apotheken die AvP. Diese Apotheken wissen aktuell nicht, ob sie für die in den letzten Wochen eingeschickten und (eigentlich) abgerechneten Rezepte überhaupt noch Geld zurückbekommen. Ohne das Geld können die Lieferanten nicht mehr bezahlt werden und man kann keine neuen Medikamente mehr einkaufen oder bestellen. Durchschnittlich schuldet die AvP einer Apotheke 120’000 Euro. Mindestens 3%, also 700 Apotheken sind deshalb in so akuten finanziellen Nöten, dass sie wahrscheinlich demnächst schliessen müssen. Das sind 5000 Angestellte und auch hier oft Apotheken auf dem Land oder in ländlichen Gebieten, wo es nicht so viele gibt. Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/09/25/avnr-apothekensterben-verdoppelt-sich

Aktuell wird gegen 2 Personen bei der AvP wegen Bankrott ermittelt. Erklärung: Beim Bankrott handelt es sich um eine betrügerische Insolvenz, vor der Vermögenswerte beiseite geschafft wurden.

Habt ihr davon mitbekommen? Vor allem interessiert es mich, ob das die Leute ausserhalb meiner „Apotheken-bubble“ davon gehört haben, denn ich denke, das sind so Nachrichten, die gehen an den meisten vorbei – ausser sie sind direkt betroffen als Arzt, Apotheker oder Patient einer dieser betroffenen Orte.

Sehr unschön finde ich auch, dass da von Politik-Seite so wenig passiert. Auf der einen Seite haben wir Arztpraxen und Apotheken, die gerade in der letzten Zeit sehr viel (und mehr) geleistet haben … und noch werden (ich sag nur Corona). Aber den 35 Praxen in der Schweiz und den (mindestens) 700 Apotheken in Deutschland wird nicht geholfen. Sind wahrscheinlich nicht „too big to fail“ …. und es gibt ja noch genug. Oder????

Quicky (32)

Donna zur alten Kundin, die mit dem Rollator in der Apotheke ist: „Oh. Sie sind ja nicht ganz Hundert!“

Ich daneben (entsetzt) schaue im Patientendossier und sehe, dass sie Jahrgang 21 hat. 1921.

Kann man nicht mit allen machen – aber die Frau hat gelacht :-)

Laaange keinen Quicky mehr gehabt hier, aber wenn ihr die alten nachlesen wollt:

Quicky (31), Quicky (30), Quicky (29), Quicky (28), Quicky (27),  Quicky (26)Quicky (25)Quicky (24),   Quicky (23)Quicky (22),   Quicky (21),   Quicky (20),    Quicky (19),    Quicky (18),    Quicky (17),  Quicky (16)   Quicky (15),   Quicky (14)   Quicky (13),   Quicky (12),   Quicky (11),   Quicky (10)    Quicky (9),   Quicky (8)    Quicky (7),   Quicky (6)    Quicky (5),   Quicky (4)    Quicky (3),   Quicky (2)   Quicky (1)

Die 1-Sterne Bewertung

Jetzt ist es passiert – wir haben eine 1 Sterne Bewertung erhalten. Offenbar herrschen bei uns ganz „schlechte und zusätzlich rassistische Bedingungen!“. Oder meinte er Bedienungen?

Hmm, da war jemand verärgert. Ich würde ja gerne antworten. Ich weiss genau um was es ging. Der Herr war letzte Woche da und hat 2 Sachen vom Rezept bezogen – und dann einen lautstarken und dramatischen Abgang inszeniert.

Was ich schreiben würde (wenn ich könnte):

Oh weh – es tut mir sehr leid, dass Sie bei ihrem letzten Besuch offenbar mit den Leistungen unserer Apotheke nicht zufrieden waren. Und das, obwohl wir doch durch frühere Besuche hätten vorgewarnt sein können. Immerhin haben wir bei Ihnen im Patienten-Dossier hinterlegt, dass sie etwas aggressiv auf jegliche Nachfragen reagieren und sie deshalb mit Samthandschuhen anzufassen sind. Das erste Mal (2011 nach dem Kommentar) war es weil Ihr Dauerrezept überraschend abgelaufen ist … es ist auch absolut unfair, dass es abläuft, wo doch der Arzt gesagt hat, sie müssten die Medikamente „für immer“ nehmen! Obwohl wir Ihnen damals die Medikamente abgegeben haben, war das nicht genug für Sie. Dieses Mal haben wir Sie verärgert, weil wir gefragt haben „ob Sie eine Tasche brauchen?“. Natürlich brauchen Sie eine! Sie wollen schliesslich nicht, dass die ganze Welt mitbekommt, was für Medikamente sie gerade bezogen haben – wie Sie lautstark demonstriert haben, nachdem sie die Medikamente aus der erhaltenen Tasche wieder ausgepackt, die Tasche meiner Kollegin an den Kopf geworfen haben und die Medikamente hochhaltend und laut lamentierend durch die Apotheke gelaufen sind. Die „ganze Welt“ hat das nicht gesehen, aber die eine andere Kundin, die mit in der Apotheke war, haben sie damit ziemlich beeindruckt. Dem Gesichtsausdruck nach nicht im positiven Sinne, möchte ich meinen. Da das offenbar noch nicht genug war, haben Sie uns ausserdem noch (alle) als Rassisten bezeichnet. Es half da auch nicht viel, dass die Kollegin Sie darauf hingewiesen hat, dass bis auf die Apothekerin an dem Tag keine unserer Angestellten ursprünglich aus der Schweiz stammt.

Aber ich habe auch eine gute Nachricht für Sie: Sie müssen nicht weiterhin bei uns Kunde sein, wenn Sie sich schlecht behandelt fühlen. Gerne schicken wir ihre Rezepte an die Apotheke Ihrer Wahl. Nach der anderen (1 Stern) Google Bewertung, die Sie am gleichen Tag bei einer anderen Apotheke hinterlassen haben …. sieht es allerdings so aus, als müssten Sie noch etwas suchen.

Statt dessen gibt es wohl eine freundliche, aber etwas generische Antwort. Was auch immer – da hilft wohl wenig.

Sie haben eine Tablette vergessen!

«Sie haben eine Tablette vergessen!»

Das von Frau Grumpel, einer Patientin, die bei uns ihr Dosett gerichtet bekommt. Wir haben das eingeführt, weil sie zunehmend Mühe bekundete, mit der Übersicht über ihre Medikamente … Eigentlich ist das nicht ganz korrekt – wir selber mussten sie darauf aufmerksam machen, da die Abstände, in denen sie ihre Medikamente bezog irgendwie nicht mit der Einnahmehäufigkeit korrelierten …

Wir machen das in der Apotheke im Normalfall so, dass wir immer ein neues Wochendosett richten, während eines beim Patient in Gebrauch ist – dann muss man nur einmal die Woche (am selben Tag) vorbeikommen, und das leere gegen das neue austauschen. Wir richten inzwischen dutzende Dosette pro Woche – sie werden von einer Assistentin gerichtet und von der Apothekerin kontrolliert. Das soll nicht heissen, dass nicht einmal trotzdem ein Fehler passieren kann, dass eine Tabette fehlt oder in das falsche Fächlein gerutscht ist … normalerweise erwischen wir das dank Kontrolle vor Abgabe an den Patienten.

Aber hier … ich kenne Frau Grumpel … und ich vermute ein anderes Problem. Schon als wir die Dosette eingeführt haben, hatte sie Mühe. Erst wollte sie partout nur eines und dass wir das jeweils gleich richten … ja, dann musste sie halt jeweils warten. Mindestens 20 Minuten. Irgendwann wurde ihr das zu langweilig, dann haben wir das mit dem zweiten Dosett eingeführt – und seitdem diese Diskussion, dass Tabletten fehlen würden.

Pharmama: «Welche Tablette war denn nicht drin?»

Frau Grumpel: «Das sehen sie doch, die von heute abend fehlt wieder.»

Pharmama: «Nein, die fehlt nicht, die haben sie letzte Woche bekommen und dann auch genommen.»

Frau Grumpel: «Nein, habe ich nicht!»

Pharmama: «Frau Grumpel: sie kommen mit dem leeren Dosett jeweils am Dienstag mittag. Sie bekommen ein komplett gefülltes Dosett – da ist auch der Dienstag abend drin. Sehen sie hier (ich zeige ihr das Dosett). Heute Abend nehmen Sie diese Tablette – und dann nehmen sie das ganze Teil vom Dienstag und fügen ihn unten wieder an. Wenn sie nächsten Dienstag morgen die restlichen Tabletten darin genommen haben, kommen sie wieder vorbei.»

Frau Grumpel: «Das ist so kompliziert. Immer muss ich Tabletten rausnehmen und verschieben!»

Ich will gar nicht fragen, was sie wo schiebt, oder wo die Logik dahinter ist … wo immer sie eine Tablette rausnimmt, fehlt sie ja nachher.

Pharmama: «Sie müssen gar keine Tabletten rausnehmen – ausser zum einnehmen.»

Frau Grumpel: «Aber dann fehlt immer eine!»

Rinse and repeat.

Am Schluss habe ich ihr ein kleines Zettelchen in das Fächlein vom Dienstag morgen gelegt mit der Aufschrift: «erst am Dienstag (Datum) einnehmen» … und einen Strich auf den Dienstagsschieber gemacht, wo sie startet/endet. / ->

Bis nächste Woche …

Das scheint für manche Leute wirklich ein Überlegungsproblem zu sein … und zwar nicht nur, weil sie nicht an einem festen Tag wechseln kommen möchten. Vielleicht erkläre ich das auch nicht richtig?