Und alles für die Katz‘

Artikel von 2009:  Inzwischen dürfte es bekannt sein, dass man Tiermedikamente auch in der Apotheke kaufen kann – zumindest die Liste C und abwärts. Es gibt sogar Apotheken, die sich auf Tiermedizin spezialisiert haben.

In gewohnter Apothekermanier bemüht man sich natürlich auch hier um die korrekte Anwendung und Dosierung.

Manchmal kommt es dabei aber auch zu Missverständnissen.

Kunde: „Hallo, ich brauche Fenistil, es ist für eine Katze.“

Apotheker: „Ok, wie viel wiegt die Katze denn?“

Er holt die Unterlagen heraus, um die Dosierung für die Katze zu berechnen.

Kunde: „Äh, ich weiss nicht …. vielleicht 5 kg? Warum müssen sie das wissen?“

Apotheker:  Damit ich die korrekte Dosierung berechnen kann. … Also … geben sie der Katze so und soviel –“

Kunde (unterbricht): „Entschuldigung … aber warum sollte ich der Katze die Medizin geben?“

Apotheker:  „…um die allergische Reaktion der Katze zu stoppen?“

Kunde: „Aber …. ich bin es der allergisch ist auf die Katze …“

….

Übrigens: man sollte nicht einfach Medikamente, die für den Menschen bestimmt sind dem Haustier geben. Die haben nämlich einen anderen Stoffwechsel als wir und was wir gut vertragen kann für sie schädlich bis tödlich sein: darum immer beim Tierarzt nachfragen!

PPP – Was wollt ihr denn?

Liebe Rätselfreund*innen!
Nachdem «Pharmamas Pfingst-Preisrätsel» (PPP) im vergangenen Jahr leider verschiedenen Umständen zum Opfer fiel, möchte ich heute mal von Euch wissen, ob und in welcher Form ich zusammen mit Pharmama in diesem Frühjahr eine Neuauflage auf
den Weg bringen kann.

Dazu gibt es an dieser Stelle etwas ganz Neues – eine Umfrage:

Die Abstimmung läuft bis 1.4.2023. Entsprechend Eurem Abstimmungsergebnis werde ich mich dann an das neue Rätsel setzen (oder auch nicht, sofern die Mehrheit sich für die letzte Option entscheiden sollte).
LG, Euer
?Riddler?

P.S.:
Wenn sich jetzt irgendjemand von Euch an eine Abstimmung aus der Sendung «Bullyparade» des deutschen TV-Senders «Pro Sieben» aus den frühen 2000er-Jahren erinnert fühlen sollte: alles reiner Zufall! :P
Allerdings ist der Zufall manchmal gross… ;)

Der kleine Unterschied

2009 … oder: auch Apotheker machen Fehler.

Eine Frau, die auf Rezept Diflucan verschrieben bekam, fragt die Apothekerin was der Unterschied ist zwischen dem und Gyno Canesten, das man ohne Rezept bekommt.

Die Apothekerin erklärt es ihr (beides gegen vaginale Pilzinfektionen wirksam aber unterschiedlicher Inhaltsstoff, nur 1 x Anwendung genügt in diesem Fall, etc.) und die Frau geht wieder.

Sagt die Pharmaassistentin -die mitgehört hat- zur Apothekerin: „Ich glaube, Du hast da einen wichtigen Unterschied vergessen zwischen den beiden.“

Apothekerin: „Was?“

Pharmaassistentin: „Dass man Diflucan schluckt und die anderen einführt.

Die Apothekerin rennt aus der Apotheke hinter der Frau her und erwischt sie noch.

Ich vermisse dich.

Ich entschuldige mich dafür, dass in den letzten Posts die Textfarbe nicht gerade kompatibel mit dem Hintergrund war und deshalb schlecht lesbar. Die Texte sind momentan vorgeplante ältere Beiträge. Ich komme nicht dazu das zeitnah anzupassen. Es ist gerade etwas zu viel.

Manche haben es vielleicht mitbekommen (auf Twitter): Meine Mama ist vor jetzt einem Monat gestorben. Ich knabber gerade hart daran. Es gibt Tage, da geht es besser und dann gibt es die anderen. Daneben fordert die Apotheke auch viel Aufmerksamkeit und die Familie, vor allem Junior, jetzt voll im Teeny-Alter. Ich dachte, es hilft vielleicht, niederzuschreiben, was passiert ist. Immerhin ist das hier auch noch mein Blog (lies: Online-Tagebuch).

Meine Mama – die hier auch schon kommentiert hat als Pharmoma – ist letztes Jahr im September 79 Jahre alt geworden. Sie kam aus Deutschland in die Schweiz, nachdem sie meinen Papa geheiratet hat. Sie ist ausgebildete Drogistin und hat bis zur Pensionierung vor bald 15 Jahren in einer Apotheke gearbeitet. Unter anderem wegen ihr bin ich Apothekerin geworden. Sie war sehr sozial und ist immer gerne in der Welt gereist und hat fremde Länder und Kulturen kennengelernt. Letzteres habe ich auch übernommen und wir sind diverse Male zusammen in den Ferien gewesen: in Südafrika, Namibia, in Thailand. Sie hat immer gescherzt: „Geht alles vom Erbe ab“. Und ich habe dann immer gesagt: „Bitte macht das, so lange ihr könnt.“ 2019 kam sie von so einer Reise mit starken Atembeschwerden zurück. Keine Lungenentzündung, wie erst vermutet und auch keine Lungenembolie – sondern eine Herzinsuffizienz, verursacht durch versagende Herzklappen. Sie hatte dann eine 6-stündige Operation, in der 2 Herzklappen durch künstliche ersetzt wurden. Die Operation war erfolgreich, aber sie hatte danach lange Probleme in der Rekonvaleszenz: immer wieder Wasser neben der Lunge, Entzündungen am Herz, stark Schwindel. 2 mal fiel sie um und hat sich die Rückenwirbel gebrochen. Das war dann noch eine OP. Kaum ging es besser, kam das neue Coronavirus. Sie machte das beste daraus, schützte sich und Papa vor Infektion, hatte 4 Impfungen – und dazwischen fuhren sie mit dem Wohnmobil auf Kurzferien ins nähere Ausland oder trafen sich mit Freunden. 2021 waren wir mit den beiden in Island – und auch wenn ich fand, dass man langsam das Alter merkt: sie hatten Freude und sie war einigermassen fit, auch wenn sie nicht mehr gut zu Fuss war.

2022 nach ihrem Geburtstag im Herbst haben Pharmoma und Junior gleichzeitig Covid bekommen – wahrscheinlich bei einem gemeinsamen Essen auswärts. Sie hatte wenig bis kaum Symptome – wenn ich nicht wegen Junior angerufen hätte, hätte sie kaum einen Selbstest gemacht und es wohl nicht bemerkt. Etwas Husten und Rückenschmerzen – aber die hatte sie schon vorher immer wieder nach den Brüchen. Ich wollte, dass sie Paxlovid bekommt. Ich habe alles dafür nötige vorbereitet: Interaktionsscheck und nötige Anpassung der Medikation, wo bekomme ich das Medikament her… Aber ihr Hausarzt hat das nicht aufschreiben wollen. Und sie wollte ihm dann nicht in den Rücken fallen und sich einen anderen suchen, der das verschreibt.

Vor Weihnachten hatten wir eine ungewöhnliche, nervige und unnötige Auseinandersetzung. Es ging darum, dass ich sie zum Essen bei uns eingeladen habe und sie uns zu sich einladen wollte. Es wurde argumentiert und gegen-argumentiert … und das Essen fand am Schluss nicht statt. So im Nachhinein: ihr Verhalten war irrational, aber ich kam mit nichts an sie ran, so dass ich es schliesslich aufgegeben habe. Ich war auch stur: dass ich in der Zeit in der Apotheke sehr belastet war und deshalb nicht telefonieren wollte, sondern lieber schreiben, kam da noch dazu. Wir tauschten Weihnachtswünsche aus über whatsapp. Und Silvestergrüsse.

Am Montag 2. Januar bekam ich morgens einen Anruf von meinem Papa. Ich war zu Hause – ein kurzfristiger Tausch mit der Kollegin, die ich die Woche vorher wegen Krankheit ersetzen musste, hat das möglich gemacht. „Ah – alles gute zum neuen Jahr.“ sagt er „Mama geht es nicht so gut, ich weiss nicht, was ich machen soll. Ich kann keinen Blutdruck messen und der Pulsoxymeter zeigt auch nichts an.“ „Was? ist sie ansprechbar?“ „Ja, aber … ich weiss auch nicht, sie redet etwas seltsam, und sie kann nicht aufstehen.“ „Hast du dem Arzt angerufen?“ „Ja, aber der Hausarzt ist nicht da und bei der angegebenen Ersatz-Telefonnummer geht niemand ran. Nur Warteschleife.“ „Versuch es noch bei denen (mobile Ärzte) – ich komme!“
Sie wohnen 15 Minuten Autofahrt weg, mein Mann fährt das in knapp 10 Minuten. In der Wohnung fällt mir als erstes Uringeruch auf, auch ungewöhnlich für meine Mama. Sie selber liegt im Nachthemd im Bett und lächelt etwas verwirrt, als sie mich sieht. „Hallo Mama! Was hast Du?“ frage ich sie. Und sie erzählt mir etwas von Schwindel und Rückenschmerzen und allgemeinem Unwohlsein … Mir reicht das schon: sie redet etwas seltsam, lächelt sie schief? Die Arme kann sie beide heben gleichmässig genug, aber … das sieht wirklich nicht gut aus.
Zu Papa: „Ruf 144 an, sie sollen jemanden schicken. Herz-Kreislaufprobleme, vielleicht Verdacht auf Schlaganfall?“
Der Blutdruck war sehr niedrig – beim ersten Mal zeigt mir das BD-Messgerät einen Fehler an. Das Pulsoxymeter weigert sich bei ihr zu messen, bei mir selber funktioniert es aber. Ihre Hände sind dabei nicht kalt … überhaupt ist sie ziemlich warm. Papa sagt, er hat Fieber gemessen mit einem Stirnthermometer, das zeigt kein Fieber an. Ich rede weiter mit ihr, bis die Sanitäter eintreffen. Das geht erstaunlich schnell – ich weiss, wie belastet die aktuell sind und ich bin so dankbar.
Während sie mit ihr beschäftigt sind, suche ich nach ihrer Medikamentenliste. Papa meint, dass sie immer selber das Dosett richtet „sie weiss wie“ und keine Liste bereit habe. Also rufe ich in der Apotheke an, dass meine Kollegin mir die Liste zuschickt. Ein Medikament finde ich noch zusätzlich, das sie vom Hausarzt mitbekommen hat beim letzten Besuch (gegen Gicht).
Die Sanitäter finden, dass sie ziemlich hohes Fieber hat (mit dem Ohrthermometer besser entdeckbar) – und aufgrund des Urins vermuten sie eine Nieren- und Blaseninfektion. Dass sie so verwirrt erscheint hängt damit zusammen und auch damit, dass sie ziemlich dehydriert ist. Ich erkläre ihnen, dass sie zwei künstliche Herzklappen hat und eine Infektion immer schlecht ist. Aber auch so haben sie schon entschieden, sie mitzunehmen. Sie telefonieren und geben uns dann Bescheid, dass sie nicht in Spital Nr. 1 kommt (das eigentlich für Herzprobleme besser wäre), sondern wegen Platzmangel in Spital Nr. 2. Falls nötig würde man sie später verlegen.

Wir folgen ein paar Stunden später – sie kommt nach der Untersuchung auf die Intensivstation. Es darf momentan nur 1 Person zu ihr, das ist dann Papa. Wir haben nun eine Diagnose: Ja, sie hat eine Infektion, allerdings nicht die Blase, sondern eine septische Gallenblaseninfektion. Sie braucht eine Notoperation zum Entfernen der Gallenblase. Weil ich bei ihr in der Patientenverfügung stehe (seit der Herzklappen-OP) fragt man mich an, wie das aussieht mit der Reanimation im Fall der Fälle. Ich habe mit Mama eine Abmachung: sie will nicht nur „leben, dass gelebt ist“, sie will definitiv nicht als Pflegefall enden oder geistig so beeinträchtigt sein, dass sie nichts mehr mitbekommt. Ich soll von Fall zu Fall entscheiden, wie das aussieht. Aktuell: Die OP ist nötig. Sie hat gute Chancen, dass es dadurch besser wird und danach hoffentlich wieder gut, also: doch. Reanimieren, ja. Die Operation soll noch im Verlaufe des Nachmittages stattfinden – sobald der Arzt Zeit hat / der OP frei ist.
Erst Nachts um fast 12 Uhr bekommen wir die Info: Sie hat die Operation überstanden! Sie bekommt Antibiotika wegen der Infektion und sie bleibt auf der Intensivstation zur Beobachtung. Ich bin erleichtert … aber ich weiss, dass sie noch nicht aus dem Schneider ist.

Ich besuche sie in der Woche vor oder nach der Arbeit, wann immer ich kann. Wir reden, wir söhnen uns aus (vor allem die Sache um Weihnachten) – viel machen kann sie nicht, sie erscheint erschöpft, aber optimistisch. Die Verwirrtheit ist weg, das Gedächtnis noch da, sie erscheint mir aber … langsamer und redet etwas verwaschen. Dennoch habe ich Hoffnung, dass das wieder gut kommt.

Freitag bekommen wir schlechte Nachrichten. Sie hat Herzprobleme (Rhythmusstörungen) weshalb sie das Herz genauer angeschaut haben. Das schlimmste ist passiert: Die Sepsis, die Bakterien im Blut haben auf der einen künstliche Herzklappe eine Kolonie gebildet. Sie ist riesig: ein etwa 1,5cm grosser Bolus, der sich jederzeit lösen könnte. Gelangt der (oder Teile davon) in die feinen Blutgefässe, ist das eine Embolie. Wenn das im Bein passiert, kann man vielleicht operieren, wenn das im Hirn passiert – kaum. Und es haben sich schon kleinere Teile gelöst, die im Hirn Mini-Schlaganfälle gemacht haben. Sie haben das in einem Hirnscan gesehen. Die Chance, dass ein grosses Teil dann auch dort landet ist deshalb sehr hoch. Von alleine weg geht es nicht. Es gibt nur eine Möglichkeit: Eine OP zum Ersatz der Herzklappen. Beider. Das heisst, wieder ein so heftiger und riskanter Eingriff wie beim ersten Mal – und dieses Mal geht sie 3 Jahre älter mit wesentlich schlechteren gesundheitlichen Voraussetzungen hinein. Sie wollen so bald wie möglich von uns eine Entscheidung, sie sind parallel dazu mit Spital 1 am Abklären, wie das aussieht mit der OP, ob das überhaupt von ihnen aus geht – und sie „verstehen es auch, wenn wir die OP ablehnen würden.“
Die Nachricht mit all ihren Implikationen trifft mich hart. Was will Mama? Sie fürchtet die OP, vor allem wegen der Zeit danach. Es war hart für sie das letzte Mal. Aber sie weiss auch um die fehlenden Alternativen. Faktisch hat sie eine Zeitbombe in sich. Sie will uns die Entscheidung überlassen. Ich bin unsicher und spreche mich mit Papa und meinem Bruder ab. Am Schluss entscheiden wir uns zusammen für eine Operation – sie wahrscheinlich, weil es das einzige ist, was man noch „tun“ kann. Ich, weil wenn es schiefgeht, sie eine Chance hat, gar nicht aus der OP aufzuwachen. Das ist … ein schneller Tod.
Vom Spital Nr. 1 kommt das „go“, dass eine OP möglich ist – aber da Wochenende ist und das Vorbereitung braucht, wird das auf frühstens Montag festgelegt.

Am Samstag besuchen wir sie alle noch mal. Wir dürfen sogar gemeinsam zu ihr. Kinder, Enkel, Partner, Papa, ihr Bruder. Es ist schön, sie ist positiv eingestellt, stark – freut sich, Junior zu sehen. „Egal was kommt, wir schaffen das. Gemeinsam“ sagt sie, während sie meine Hand drückt. Wir erinnern uns an gemeinsame Erlebnisse, wir reden sogar noch über Grabstätten – eigentlich wollte sie mal eine Waldbestattung, aber sie haben den Ort angesehen und der ist nicht so wie vorgestellt. Stattdessen sieht eine Wiesenbestattung noch gut aus.
In der Nacht hat sie wieder Herzrhythmusstörungen. Sie bekommt Sauerstoff (mit Maske) und sie untersuchen noch einmal das Herz, da sie neu Herzgeräusche hören. Es zeigen sich Verwirbelungen, die darauf hindeuten, dass die Herzklappe jetzt undicht wird. Sie wird durch die Bakterien zerstört. Unter diesen Bedingungen ist eine Operation unmöglich. Sie wechseln die Antibiotika.
Damit ist uns die Entscheidung zur OP abgenommen worden – es bleibt eine „konservative Therapie“ und hoffen, dass es nicht so schlimm kommt.

Wir besuchen sie auch Sonntag – diesmal ohne die Enkel. Trotz Maske und müde und schlechte Nachrichten – sie bleibt gefasst. Sie ist müde. Wir besprechen die Aussichten und ich bestätige ihr noch einmal, dass sie keine Reanimation will und bekommt, wenn jetzt etwas ist. Ich informiere die Ärztin. Das Spital soll mich ausserdem jederzeit informieren, wenn sich etwas ändert. Ich weine, als wir uns verabschieden, als ob es das letzte Mal gewesen wäre.

Es gibt nichts mehr zu tun, man kann nichts mehr tun. Nur warten und hoffen.

Das Telefon vom Spital erreicht mich am Montagmorgen, dem 9. Januar in der Apotheke. „Ihr Zustand hat sich heute Nacht sehr verschlechtert. Ihre Organe versagen. Wenn sie kommen möchten … tun sie es jetzt.“ Ich informiere alle – Papa ist schon unterwegs. Mein Bruder kommt, mein Mann kommt. Junior lassen wir in der Schule. Ich kann nicht einfach so aus der Apotheke stürmen (gesetzliche Anwesenheitsvorschrift), aber ich bekomme wunderbarerweise innert einer Stunde einen Ersatz – und dann fahre ich los.

Ich komme als letzte der Familie zu ihr, sogar mein Onkel hat es vorher geschafft. Sie hat soeben die letzte Ölung bekommen, der Pfarrer ist weg. Die sehr einfühlsame Pflegerin informiert uns über ihren Zustand. Das meiste davon kann man auch sehen. Sie hat Wasser eingelagert, am besten sichtbar in den Beinen, wo die weissen Kompressionsstrümpfe abgenommen wurden und den Händen. Der Trauring wurde ihr vorher abgenommen. Ich halte ihre Hand, die Haut hat jetzt einen gelblichen Ton. Sie hat die Augen gelegentlich offen, reagiert aber nicht auf Ansprache. Sie atmet ruhig, etwas unregelmässig und durch den Mund, sie scheint gelegentlich zu schnarchen. Seit gestern hat sie eine grosse Fieberblase und ihre Lippen sind rauh. Da sie an den ganzen Geräten hängt, sieht man, wie unregelmässig der Herzschlag ist. Sie bekommt Morphium zum beruhigen und gegen eventuelle Schmerzen. Ich weiss nicht, wie weit sie mitbekommt, dass wir alle hier sind. Aber wir begleiten sie auf diesem letzten Weg. Es dauert nicht sehr lange. Von Zeit zu Zeit bettet die Pflegerin sie etwas um, befeuchtet den Mund mit Glycerin-Stäbchen, gibt ihr Morphium. Papa sitzt neben mir, ich weine gelegentlich leise, er ist ruhig, gefasst.
Dann setzt ihr Herz aus. Kommt wieder, unregelmässiger. Dann wieder flache Linie. Ihre Atmung verstummt. Es ist vorbei.

Mama ist gestorben. Eine Woche nach Einweisen ins Spital. Ist das „unerwartet, plötzlich“? Für uns sicher. Im Spital fragen sie uns danach an, ob wir einer Autopsie zustimmen. Sie wollen wissen, was da genau passiert ist und vielleicht etwas daraus lernen für spätere Fälle. Wir stimmen zu – sie hätte auch nichts dagegen gehabt. Es ist nicht der erste Tod, den ich mitbekomme. Beide Grosseltern väterlicherseits und auch meinen Grossvater mütterlicherseits habe ich begleitet. Aber dieser Tod trifft mich einiges härter.

Die Woche vergeht wie nichts. Ob es Absicht ist, dass man als Angehörige danach so beschäftigt wird? Papa, mein Bruder und ich teilen uns die Organisation. Bestatter aufsuchen, am Mittwoch findet die Autopsie statt, dann wird sie aufbewahrt bis zur Kremation. Die findet übrigens erst über eine Woche später statt – offenbar ist das Krematorium sehr ausgelastet in diesen Zeiten. Friedhofbesuch, Urne aussuchen, Grab aussuchen, Pfarrer suchen, Abdankung und Urnenbegräbnis organisieren, Blumen bestellen, Trauerkarten drucken lassen, adressieren und verschicken. Die gehen in 5 Länder, die weiteste auf Japan. Bild organisieren zum aufstellen. Gespräch mit dem Pfarrer, dazwischen auch immer wieder schauen, wie es Papa geht. Er ist jetzt alleine in der Wohnung mit 81.

Das Begräbnis war stimmig – und trotz allem schön, die Freunde und Verwandten wiederzusehen, die man in den letzten 3 Jahren kaum mehr gesehen hat. Ein anderer Anlass dafür wäre mir allerdings lieber gewesen.

Das also ist für meine Mama – für die liebevollste Person, einfühlsam und mutig bis zu letzt. Kontaktfreudig, reiselustig. Vernünftig und vorausschauend, ein Elefantengedächtnis. Sie musste lernen, für sich zu schauen und weniger für andere. Sie war nicht berühmt, oder super-erfolgreich oder reich. Aber sie war geliebt – ich hoffe, sie wusste das.

Ich vermisse dich so, Mama.


So natürlich wie irgend möglich

Vor ein paar Wochen: Eine Frau um die 40 kommt in die Apotheke und verlangt spezifisch die Apothekerin zu sprechen. In dem Fall: mich.

Sie fängt an mir etwas über den Schmerz in ihrem Knie zu erzählen. Ziemlich typisch bis dahin, aber dann beendet sie ihre Geschichte mit: „Warum?“

Ich erkläre ihr, dass wir kaum eine Möglichkeit haben, zu wissen, woher ihre Schmerzen kommen – es sei denn vielleicht, sie geht das Knie scannen.

Frau: „Oh, das ist eine gute Idee, könnten Sie das Knie für mich scannen?“

Pharmama: „Umm, nein, das kann ich nicht, dafür müssen sie zu einem Arzt oder besser noch, ins Spital. – Aber ich kann ihnen vielleicht etwas geben, gegen die Schmerzen. Zum Beispiel diese Salbe hier…“

Frau: „Nein, danke, ich mag keine Medikamente und chemischen Sachen. Ich hätte gerne etwas natürliches.“

Auch die Wallwurz Salbe kam nicht an – nicht natürlich genug. Und Homöopathie? Zu mainstream.

Na dann nicht. Sie ging dann nach langer, langer Zeit, ohne irgendetwas gekauft zu haben.

Und jetzt ist sie zurück und beklagt sich über ein Jucken.

Am liebsten würde ich ja sagen: „Sie suchen etwas natürliches, nicht? – wie wäre es mit kratzen?“

Ach – ich wünschte.

Unhaltbare Anschuldigungen!

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Im Jahresbericht habe ich geschrieben, dass wir vermehrt Diebstähle in der Apotheke / Drogerie bemerken. Speziell an einer Stelle – sie ist von den Kassen aus schlecht einsichtbar. Wir haben schon die dort ausgestellten Sachen verändert, aber das scheint fast egal zu sein. Statt den Bürsten verschwinden jetzt halt die ätherischen Öle von dort. Leider bemerkt man das oft zu spät – aber wir können offensichtliche Lücken oder Fehlbestände noch mit den Aufzeichnungen der Kamera abklären – bis etwa 1 Woche danach, dann wird es überschrieben.

So passiert Ende November: es fehlen gleich mehrere Flaschen vom Orangenöl, etwa 50 Franken Verlust. Wir finden auf den Aufzeichnungen eine Frau mittleren Alters, sehr unauffällig, Winterjacke und mit Einkaufsroller, die die Auslage studiert und dann gleich alle Orangenölfläschen einpackt. Sie geht dann noch Richtung Kasse und bezahlt … etwas anderes, kleines. Das ist nervig. Wir machen einen Ausdruck von der Aufnahme und sichern den Vorgang. Den Ausdruck zeigen wir an der Teamsitzung – in der Hoffnung, dass die Person bei einem Wiederholungsbesuch erkannt wird. Es ist auch ziemlich gut möglich, dass sie wiederkommt … immerhin ist es nicht das erste Mal, dass da ätherische Öle verschwinden.

Fast forward bis kurz vor Weihnachten. Wir sind beschäftigt (wie immer um die Zeit, aktuell noch etwas mehr), aber gerade sind nur 3 Kunden im Laden… und gleich 2 Mitarbeiter kommen praktisch zu mir gerannt, weil die eine aussieht, wie die Öl-Diebin. Samt Jacke und Einkaufsroller. Und sie steht vor dem ätherischen Öl! Pharmama, mach was!

Sie kommt zur Kasse, wo die Kollegin grad die eine Kundin fertig bedient hat und die nächste dran nimmt. Die mutmassliche Öl-Diebin ist danach dran … aber die Mitarbeiterin, die sie an die nächste Kasse (in etwa 1,5m Abstand) nimmt, schaut mich hilfesuchend an: „Was mache ich jetzt? Das ist doch wahrscheinlich die …?“ sagen ihre Augen.

Ich bin noch nicht ganz überzeugt. Die Frau sieht sehr, sehr ähnlich aus. Und sie hat einen Einkaufsroller dabei. Und sie hat ein Fläschchen ätherisches Öl zum zahlen. Trotzdem …

Als sie also zahlen will, trete ich ruhig nach vorne neben die Mitarbeiterin an der Kasse und bitte sie: „Könnten Sie einen Moment auf die Seite treten und etwas warten? Ich möchte etwas nachschauen, ich bin gleich wieder da.“
Sie fängt praktisch instant an auszuflippen: „WAS? Wieso?? Was soll das?“
Pharmama: „Ich brauche nur ein paar Minuten …“
Frau: „Wofür, was wollen sie?“
Pharmama: „Nun, wenn sie es wissen wollen, sie sehen sehr ähnlich aus, wie jemand, der vor einiger Zeit etwas geklaut hat – und ich möchte das rasch nachprüfen auf unseren Aufzeichnungen.“
Ich gehe und schaue auf die Aufzeichnungen. Die Ähnlichkeit ist frappierend, samt der Frisur und Figur aber … die Aufzeichnungen sind nicht wirklich gute Qualität, was das Erkennen der Gesichter angeht. Ausserdem hat sie andere Kleider (kann auch sein) und einen andersfarbigen Roll-Einkaufswagen. Bei dem denke ich eher nicht, dass jemand mehrere besitzt. Also … nein. Auch nach dem direkten Vergleich bin ich nicht sicher, deshalb kehre ich zurück nach vorne, wo die Kundin immer noch lautstark schäumt. Etwas, das sie weder sympatischer, noch unverdächtiger macht. Die Kundin an der Nebenkasse hat inzwischen bezahlt und ist gegangen.

„Nein“, sage ich und nicke der bedienenden Mitarbeiterin zu „Das war sie nicht auf den Aufzeichnungen. Danke fürs warten und entschuldigen Sie …“
Frau: „Was für eine Unverschämtheit! WIE können sie es wagen?“
Pharmama: „Es tut mir leid, wenn…“
Frau: „Nein, von ihnen will ich gar nichts mehr hören. Ich will nur zahlen und hier raus!“
Sie reklamiert derweil lautstark weiter ob unserer unmöglichen Behandlung und dass sie momentan psychisch nicht gut drauf sei (wer nicht, liebe Frau, wer nicht?) – verlässt aber dann die Apotheke.

Minuten später kommt ein Mann in die Apotheke gestürmt. Ich stehe da gerade sinnend vor den ätherischen Ölen und überlege mir, was für Massnahmen wir da noch ergreifen können – vielleicht ein Schild zusätzlich, dass wir eine Videoüberwachung haben? Am Eingang ist schon ein Schild, aber, das reicht wohl nicht …
Der Mann rennt zu mir und fängt an mich anzuschreien: „Was mir einfiele, seine Partnerin so zu behandeln? Sie öffentlich als Diebin zu bezeichnen?“
Äh, was? „Das habe ich eigentlich nicht …“
Mann: „Rufen sie die Polizei!“
Pharmama: ÄH WAS?: „Nein. Wenn sie möchten, dass die Polizei herkommt, dann rufen sie sie selber. Ich sehe da keinen Anlass dafür.“
Abgang Mann. Wütend.
Wahrscheinlich zum Polizei rufen. Die werden auch Freude an so etwas haben, in der Weihnachtszeit.
An dem Tag hören wir aber nichts mehr davon.

Neujahr kommt und ich erfahre, wie das weitergegangen ist: Die beiden waren tatsächlich bei der Polizei um gegen die durch uns so „unmögliche Behandlung“ eine Anzeige aufzugeben. Die Polizisten haben ihnen aber wohl gesagt, dass sie „aus Mangel an Zeugen“ da nichts machen können.
Dann haben sie bei unserem Arbeitgeber angerufen um zu reklamieren.
Und die haben dann natürlich bei uns nachgefragt, was da genau passiert ist. Meine Darstellung des Vorfalls kennt ihr ja jetzt.
Ihre Version hörte sich etwas extremer an – dennoch: Wir haben sie nicht als Diebin beschuldigt: soweit war ich noch gar nicht, da möchte ich wirklich sicher sein, bevor ich so etwas mache. Sehr öffentlich war das auch nicht: mit noch einer anderen Kundin im Geschäft, die wahrscheinlich, wenn sie nicht selber so laut geworden wäre, gar nichts mitbekommen hätte. Dass das nicht gut aufgenommen wurde – und durch ihre psychischen Probleme noch schlechter – das verstehe ich gut. Aber eigentlich ist das ähnlich, wie wenn der Diebstahlalarm bei gesicherter Ware beim Verlassen eines Geschäftes (falsch) auslöst. Reagiert sie dann auch so? Ausserdem: eine Entschuldigung vor Ort wollte sie von uns nicht annehmen. Hoffentlich kommt die von den Vorgesetzten besser an.

Jedenfalls habe ich daraus gelernt für ein eventuelles nächstes Mal: Bei einem solchen Verdacht wird die Person mit 2 Mitarbeitern in den Beratungsraum gebeten, damit sie dort auf die Abklärungen (oder die Polizei, wenn ich sicher bin) warten kann. Das gibt vielleicht weniger „öffentlichen Aufruhr“.
Vielleicht.