Einkaufstourismus mal anders

Bei uns gross in der Presse: der Einkaufstourismus … wie viele Schweizer auf Deutschland einkaufen gehen um vom Euro-Kurs und den niedrigeren Preisen zu profitieren. Aber – umgekehrt gibt es das auch.

So hatten wir vor ein paar Wochen einen Mann bei uns in der Apotheke mit folgendem Rezept (das hier ist eine Kopie die ich gemacht habe, daher schwarz-weiss):

bgrpdeutsch copy

Rivotril ist Clonazepam, ein Benzodiazepin, das auch als Antiepileptikum eingesetzt wird. Als Benzodiazepin fällt es allerdings bei uns – und wohl auch in Deutschland unter das Betäubungsmittelrezept … auch wenn man bei uns dafür noch keine speziellen Rezepte braucht. Das Mittel sei bei uns günstiger als in Deutschland, darum wolle er das bei uns kaufen – ja, gleich die ganze Menge, bitte. Er zahle bar.

Dauerrezepte sollten dafür eigentlich nur in Ausnahmefällen ausgeschrieben werden … und ich dachte, in Deutschland gibt es das gar nicht. Was sagt denn ein deutscher Apotheker, wenn er ein Rezept wie das oben sieht? Ist das so korrekt?

Jedenfalls: Mal abgesehen davon, dass ich deutsche Rezepte für Betäubungsmittelhaltiges nicht honorieren muss. Da bleibt auch noch das kleine Problem des Grenzüberganges. Laut Schengener Abkommen darf der Mann einen Eigenbedarf an Medikamenten über die Grenze nehmen … aber nur die Menge, die für 1 Monat ist. Das hier wäre illegal.

Sind wir in dem Fall wirklich günstiger mit dem Preis? Bei uns kostet das pro 100er Packung CHF 26.90 – dazu kommen noch die Checks: CHF 7.30.- (das allerdings nur einmal, auch bei mehreren Packungen, bei Bezug am gleichen Tag.)

Jedenfalls: ich habe ihm das Rezept wieder gegeben und gesagt, dass ich das nicht machen kann – und warum. Sorry.

35 Kommentare zu „Einkaufstourismus mal anders

  1. Also, ich weiss ja nicht, was dieser Patient hat, vielleicht ist er die seltene Ausnahme einer nur genau so behandelbaren Epilepsie, seit Jahren damit stabil, zuverlässig und nur so gesund, ich will keinem was unterstellen. Aber man darf auch wissen, dass bekanntermaßen ein nicht unwesentlicher Teil der verordneten Rivotril Mengen den Weg auf den Schwarzmarkt finden, mit Preisen von etwa 1 € pro mg Rivotril. Macht allein für dieses Rezept 400 € Schwarzmarktpreis …

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    1. Jaa … sowas habe ich mir gedacht. Und eben: es *gibt* das Mittel in Deutschland. Es hat auch keinen Lieferengpass oder so etwas, dass er es auswärts holen müsste….

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  2. sieht schwer nach Fälschung aus, ich hätte es nicht beliefert. aber die Menge ist nicht zu bemängeln, es ist ja ein Privatrezept und die exakte Menge ist angegeben. ich bezweifle aber, dass Rivotril in Deutschland teurer ist als in der Schweiz und dass er einfach verhindern wollte dass man den Arzt kontaktiert.

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    1. Ich hab jetzt nochmal nachgeschaut: der Preis einer Packung à 100 Stück von einem Reimporteur (etwas günstiger) liegt um die 27,30, in Franken wären das so etwa 33,20. Ists wirklich günstiger bei euch?

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      1. Ah, du hattest den Preis ja sogar schon vermerkt. Wegen dem geringen Unterschied von Köln in die Schweiz zu fahren, naja.. Das hat sicher andere Gründe.

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  3. Ich weiss es ist teuer, keiner zahlts (in dem Fall ja nicht mal indirekt), und es kann ewig dauernd, aber wäre den deutschen Arzt anrufen und prüfen grundsätzlich auch international möglich, oder dürfen deutsche Ärzte da keine Auskunft erteilen?

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  4. Ich müßte nochmal nachschauen, aber ich meine, Clonazepam fällt in Deutschland nicht unter das Betäubungsmittelgesetz.
    Und Rezepte, die einen Bedarf für mehrere Monate beinhalten, der dann auf dem Rezept vom Arzt auch noch schriftlich bestätigt wird, sind bei Epileptikern gar nicht so selten. Haben wir hier z.B. öfter mal bei Lyrica. Ein Dauerrezept ist das so eigentlich nicht, denn Du hast recht, sowas gibt es in Deutschland nicht. Dem Patient wird dann der gesamte Bedarf auf einmal abgegeben.
    Trotzdem finde ich die Menge so unverhältnismäßig und den Wirkstoff problematisch genug, dass ich eine Fälschung vermutet und wohl Rücksprache mit dem Arzt gehalten hätte. Auch wenn der wirklich weit weg wohnt.

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  5. Auch ich tippe auf Fälschung, auch wenn es wie ein Privatrezept aussieht. In Deutschland ist Clonazepam lediglich rezeptpflichtig, also kein BtM. Ich möchte dem Patienten nichts unterstellen…. aber erfahrungsgemäß bei solchen Mengen….. die sind da sehr kreativ….. und wenn es „nur“ Besuche bei mehreren Ärzten sind, von denen keiner weiß, was der andere aufschreibt. Da kommen auch gerne mal schnell haarsträubende „Kombinationen“ zustande, die einen Normalsterblichen wenn nicht ins Jenseits, aber zumindest ins Koma bringen würden (bei einer Hafttauglichkeitsprüfung hatte ich mal die Ehre erst mal nur 1 Stunde Medikamente zu sortieren, die der Beschuldigte bei sich hatte…. Kopfschüttel).
    Ein Freund, der jedes Jahr den Winter auf den Philippinen verbringt und für diese 6 Monate auch entsprechend seine Rheuma-Medikamente braucht, schreibe ich immer ein Attest, welches er schon für den Flug benötigt. So was würde ich einem ehrlichen Patienten schon automatisch anbieten.
    Und vielleicht könnten Sie die Kopie dieses Rezeptes ja an die Polizei weitergeben….. die wird sich dann schon drum kümmern.

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    1. Clonazepam ist sicher ein BtM, soweit ich weiß, fallen alle Benzodiazepine unter das BtMG, aber es gibt gewisse Packungsgrößen, die ausgenommen sind und dann „normal“ rezeptpflichtig sind. Das heißt aber nicht, dass es nicht doch grundsätzlich ein BtM ist.

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        1. Beim Grenzübertritt sieht das dann aber schon wieder anders aus. Da fällt es unter die Regelungen wie ein normales BtM. Und damit ist dann nicht zu spassen. Auch für den Reisebedarf in kleiner Menge, aber erst recht mit einem 6-Monatsbedarf.

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  6. Rein formell gesehen, sieht das Rezept OK aus. Was mir allerdings fehlt, ist die Arztnummer, sowohl in den Zeilen unterhalb der Patientendaten als auch oberhalb des eingedruckten Stempels. Allerdings ist das hier ein Privatrezept augenscheinlich auch von einer reinen Privatarztpraxis, so dass es wiederum nicht unbedingt notwendig ist.

    Auch wenn Clonazepam ein BtM ist, sind bestimmte Zubereitungen – wie das hier rezeptierte Medikament – von der BtM-Verschreibung ausgenommen und dürfen auch so in dieser Menge verschrieben werden. Ein Dauerrezept ist es trotzdem nicht, gibt es in D. auch nicht. Es ist einfach nur eine große Menge auf einmal –> grundsätzlich OK!

    Die Ersparnis ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Eine Packung Rivotril 2 mg 100 Tbl. kostet 34 Euro.

    Müssen Dich bei der Abgabe Gesetze, die den Grenzübergang betreffen denn kümmern? Er könnte ja auch gerade in der Schweiz längeren Urlaub machen oder mehrmals über die Grenze fahren und jedesmal nur die erlaubte Menge mitnehmen?

    Was ich mich noch frage: wie konntest Du denn diese Kopie machen, wenn Du ihm die Medikamante nicht ausgehändigt hast? Hat er nicht dagegen protestiert? Und warum ist die „3“ in „2013“ in einer anderen Schriftart?

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    1. Er darf es über die Grenze so einfach aber nicht mitnehmen. Dazu braucht er auch beim Urlaubsbedarf in kleiner Menge zusätzliche Formulare, in Deutschland vom Arzt ausgestellt und dann behördlich genehmigt, je nach Bundesland z.B. vom Amtsapotheker. Sonst führt er eine nicht genehmigte BtM-Einfuhr durch. Das gilt auch für die sogenannten ausgenommenen Zubereitungen, die dann nämlich nicht mehr ausgenommen sind.

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      1. Ja, das stimmt. Allerdings bleibt die Frage trotzdem ob Pharmama das bei der Abgabe zu interessieren braucht und ob sie die Abgabe davon beeinflussen lassen sollte.

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        1. Die Vorgabe ist es, dass bei längerem Aufenthalt auch ein Arzt im Aufenthaltsland besucht werden soll – zweck Ausstellen eines (gültigen) Rezeptes für die gebrauchten Medikamente. Das mit dem 1 Monat Eigenbedarf bei Grenzübertritt ist nicht direkt mein Problem – auch wenn es möglich ist, dass da nachgefragt wird, warum ich so eine Menge abgebe, wenn ich doch schon weiss, dass …

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          1. Naja, ich würde auch ein Medikament lieber mitnehmen als im Ausland holen – auch wenn die Schweiz die gleichen Standards hat. Insbesondere dann, wenn ich Sachen in D von der Kasse bekomme und dort auch während des Auslandsaufenthaltes versichert bin.
            Bei Privatrezepten und guter Auslandskrankenversicherung (keine Mehrkosten für den Arztbesuch) ist das Argument natürlich hinfällig.

            Finde es aber sehr nachvollziehbar, dass du nichts abgegeben hast.

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  7. ohh, noeps hat recht!! hat er vlt an der jahreszahl manipuliert?
    ich haette auch angst gehabt, was er damit anstellen koennte, da es keinen nachvollziehbaren grund fuer den kauf bei euch gegeben hat, finde ich richtig, dass du es ihm verwehrt hast…

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  8. Die 3 in 2013 sieht nachträglich eingetragen aus… schimmert darunter nicht eine 2 durch?! Ist sowas ein hinreichender Verdacht auf eine Rezeptfälschung? Und bist du dann in so einem Fall (Verdacht auf Fälschung bei einem Auslandsrezept) eigentlich irgendwie verpflichtet, das zu melden (Polizei/andere zuständige Behörde)?

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  9. Wenn man es sich genau und vergrößert anschaut, sieht es für mich aus so aus, als sei die letzte Ziffer der Jahreszahl eine 2, und das untere 3/4 „geweißt“ – und mit einer 3 handschriftlich „verbessert“. Schon ein Grund, mal bei der Arztpraxis anzurufen und nachzufragen, wann denn der Patient das letzte Mal dort gewesen ist.

    Fragt sich, wann das Rezept vorgelegt wurde – zufällig an einem Samstag, oder einem Mittwoch bzw. Freitag Nachmittag?

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    1. Ist bei Euch der Mittwoch nachmittag Arzt-Frei-Halbtag? Bei uns ist es der Donnerstag. Und es war ein Freitag nachmittag an dem das Rezept vorgelegt wurde, das ist richtig.

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      1. Erstaunlich, wie man seine Pappenheimer kennt, obwohl die ganz woanders wohnen, wo ganz andere Bedingungen herrschen… ;-) Noch erstaunlicher, dass das nicht Samstags war…

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  10. Was mir gerade so als Frage kommt (passt allerdings nicht 100%ig): Wie sieht das aus, wenn ich mit einem Medikament in den Urlaub fahre (unter einem Monat), das in D nicht unter das BtM-Gesetz fällt, in anderen Ländern aber teilweise schon? Und wo finde ich das raus (am konkreten Beispiel weiß ich nur, dass es in D nicht (mehr) als BtM gilt und in den USA aber schon, in der untersten Stufe – allerdings brauche ich ein anderes Land…)?

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    1. Raus bekommst Du das, in dem Du bei der Botschaft fragst. Möglichst konkret und um schriftliche Antwort bitten. Da können Sie Dir im Zweifelsfall auch gleich reinschreiben, wass sie alles haben möchten, damit das ganze seinen legalen Gang geht…

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      1. Danke für die Antwort.
        Das hab ich beinahe befürchtet… dann frage ich da mal nach und hoffe, dass sie keinen teuren Bescheinigungen wollen, zumal ich noch durch ein zweites Land durch muss :-?
        Irgendwie hab ich darüber noch nie nachgedacht, zumal es alles Schengenländer sind, d.h. Grenzkontrollen sind eh unüblich und wenn dann nicht gerade so intensiv, dass das gesamte Gepäck durchwühlt wird. Andererseits kann man halt nie wissen… und Modafinil wird ja gerne auch missbraucht…

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    1. Hallo darki,

      die Seite kenne ich, aber sowohl dort als auch im Gesetz taucht mein Medikament nicht auf, weil es eben in D kein BtM (mehr) ist… sonst wäre es klar, dass ich eine Bescheinigung brauche.

      Liebe Grüße
      Gedankenkarrussel

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  11. Wenn das ein Betrugsversuch war, war er stümperhaft. Bei großen Mengen wird der Apotheker misstrauisch. Und wieso der Aufwand, das Datum zu ändern? Privatrezepte in D dürfen auch auf Klopapier verfasst sein, sofern sie die erforderlichen Angaben enthalten. Hätte sich der mögliche Betrüger lieber mal selbst ein ordentliches Stück Papier erstellt, in D eingelöst, mit ordentlich gekämmten Haaren zum Apotheker – alles gut. Missbrauch marsch!

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  12. Hi deutscher PTA hier👋 Das rezept sieht für mich gefäscht aus…ad rep gibt es (woe du sagtest) in Deutschland nicht. Es sollte mal kommen, wurde aber nicht verwirklicht. Noch dazu wär das bei Benzos wahrscheinlich eh unzulässig.

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