Dispensierrecht für Ärzte wegen Apothekensterben?

In Deutschland kommen von (gewissen) Ärzteverbänden die Forderung nach dem Dispensierrecht – mit einer neuen Begründung: „Weil so viele Apotheken schliessen.“ (Quelle u.a. hier: DAZ.online)

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Das Dispensierrecht um das es hier geht ist dasselbe wie was wir in der Schweiz Selbstdispenation nennen: Das Ärzte Medikamente selber abgeben (respektive verkaufen).

Ob die Ärzte sich das gut überlegt haben, oder soll das nur so eine Retourkutsche sein, da die Grippe-Impfung in der Apotheke ja auch in Deutschland immer mehr erlaubt wird? 

Hier in der Schweiz werden den Apotheken unter anderem deshalb immer mehr Dienstleistungen erlaubt und wir haben mehr Kompetenzen bekommen weil es immer weniger Hausarztpraxen gibt und die Gesundheitsversorgung sonst schlechter wird. Ich denke das Ziel hier war, mehr Orte zu schaffen, wo einfach Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet ist. Das Problem, dass diese Orte nicht zwingend auf dem Land und in kleinen Ortschaften entstehen wird dadurch aber auch hier nicht gelöst. Dennoch dürfen wir (vom Gesetz her, siehe neues Heilmittelgesetz) eine Menge mehr als die Apotheken in Deutschland. Bei uns gibt es Vorbezüge (Abgabe von Rezeptpflichtigem, wo das Rezept nachgeliefert wird), es gibt Dauerrezepte, wir dürfen die Dauerrezepte selbständig verlängern, wir dürfen (in bestimmten Situationen) rezeptpflichtiges abgeben ohne Rezept, wir dürfen Wunden versorgen, triagieren (ja, diagnostizieren) und impfen – nicht nur gegen Grippe.

Anderes gibt es bei uns im Gegensatz zu Deutschland aber nicht – und das ist der Grund, weshalb ein Arzt in Deutschland nicht so einfach Medikamente selber abgeben/verkaufen kann wie die Ärzte hier in der Schweiz. (Die Selbstdispensation ist auch nicht in allen Kantonen erlaubt). Falls das Dispensierrecht in Deutschland kommt wäre zu erwarten, dass das unter den selben Voraussetzungen geschieht, wie die unter der die Apotheken stehen.

Die Medikamente die die Krankenkasse bezahlt, unterstehen Rabattverträgen. Die Krankenkasse macht Verträge mit den herstellenden Pharmafirmen, faktisch schreiben sie vor wenn ein Medikament verschrieben wird, von welcher Firma man das Medikament abgeben muss. Wird nicht das richtige Medikament abgegeben, wird der Apotheke der komplette Preis des Medikamentes nicht zurückerstattet. Man nennt das Retaxation. Da diese Rabattverträge von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich sind und gelegentlich wechseln, muss die Apotheke (oder der Arzt) dann auch ein riesiges Medikamentenlager unterhalten oder genauso rasch bestellen können wie die Apotheke.

Bei uns gibt es keine Rabattverträge, die Krankenkassen haben viel weniger Macht, was die Auswahl der Medikamente angeht. Ich hoffe, das bleibt so – es ist zu erwarten, dass die ihre Rabattverträge nur nach monetären Kriterien auswählen und anderes da aussen vor bleibt (Galenik, schlechtere Adhärenz und mehr Medikationsfehler bei ständig wechselnden Medikamentennamen und -Aussehen).

Damit man bei den Rabattverträgen „up to date“ bleibt, muss das Computersystem und die Programme / Daten ständig aktuell gehalten werden. Ich habe in der Apotheke in der Schweiz schon 3x wöchentlich updates zum Medikamentenstamm zum einspielen – das dürfte in Deutschland noch viel extremer sein.

Auch das mit der Fälschungsschutzrichtlinie Securpharm gibt es bei uns nicht. Sie schreibt vor, dass Medikamente bei Ein- und Ausgang auf Fälschungen kontrolliert werden und auch das alles mit speziellen Geräten und Programmen. Auch die müssten dann durch die Ärzte angeschafft werden.

Leider scheint es bei uns so zu sein, dass die Ärzte nicht denselben Vorschriften entsprechen müssen, was die Lagerung der Medikamente angeht (QMS Lagerhaltung, Temperaturüberwachung, Verfalldatenkontrolle) … jedenfalls habe ich schon Sachen gesehen, die Patienten bekommen haben, die abgelaufen sind und ich hab den Medikamentenschrank meines Hausarztes gesehen. Er hat die für ihn gängigsten Sachen (in Form eines Generikums einer Firma) an Lager.

Wenn etwas „ausserordentlicheres“ gebraucht wird hat der Arzt es auch nicht an Lager – dann braucht es die Apotheke doch wieder. Wenn es die Apotheke nebenan dann noch hat. Nur als „Lückenbüsser“ kann sie nicht überleben. Dann würden noch mehr Apotheken sterben (auf dem Land meistens) und sich die Versorgung noch weiter verschlechtern. Dazu kommt noch, dass selbstdispensierende Ärzte die Apotheke als neue Konkurrenz empfinden … das verschlechtert allgemein die Zusammenarbeit, nicht zum Wohl des Patienten.

Auch zu bedenken: Wenn der Arzt nicht da ist (in den Ferien, Feierabend, selber krank) gibt es auch keine Abgabe. Bei uns gibt es für so Fälle die Möglichkeit in der Apotheke das trotzdem abzugeben: als Vorbezug mit Nachliefern des Rezeptes oder als Rx-Abgabe im Ausnahmefall. Das ist beides in Deutschland aus rechtlichen Gründen nicht möglich, – da ist der Patient in so einem Fall wirklich gestrandet.

Also: Ist das Dispensierrecht wirklich so erstrebenswert wie die Ärzte in Deutschland sich das vorstellen? Das Argument mit der Konkurrenz der Apotheken wegen den Grippe-Impfungen zieht in meinen Augen auch nicht unbedingt – wir dürfen nur gesunde Personen impfen, das sind meist die, die nicht so oft zum Arzt gehen und sonst kaum erreicht werden.

Gefälschte Impfausweise – wie erkennen?

Seit Montag dürfen in Deutschland die Apotheker Zertifikate für die Covid-Impfungen ausstellen, respektive den QR Code, den man dann in der App hinterlegen kann als einfachen Nachweis der (vollständigen) Impfung. Für den Aufwand (das braucht die Programme, das Wissen, wie das geht, die Zeit die Daten zu übertragen und dabei auch noch zu prüfen, dass es sich nicht um Fälschungen handelt), haben sie anfangs 18 Euro versprochen bekommen – die wurden inzwischen schon wieder auf 6 Euro nach unten korrigiert – was nun auch wieder nicht rentabel ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Die Sache mit dem Nachprüfen, ob es sich um echte Impfausweise und -nachweise handelt, ist gar nicht so ohne. Uns in der Schweiz wurde schon vor ein paar Wochen vom Schweizer Apothekerverein davon abgeraten zum Beispiel Covid-Impfungen anhand solcher Zertifikate in die Impfausweise nachzutragen:

Ausserdem ist es nicht möglich, die Echtheit von Bestätigungen für die Covid-19-Impfung, die z.B. von Impfzentren ausgestellt wurden, zu überprüfen. Sollte es durch die Übertragung zu unrichtigen Informationen in den Impfausweisen kommen, sind es die Apotheker:innen, die im Fall von Problemen für den Schaden rechtlich haften. pharmaSuisse empfiehlt deshalb ausdrücklich, nur in der Apotheke selbst durchgeführte Covid-19-Impfungen in Impfausweise einzutragen.

Dasselbe dürfte für das Ausstellen von Zertifikaten gelten. Es existiert nämlich eine Vielzahl verschiedener solcher Nachweise und auch die Einträge im Impfausweis selber können durchaus gefälscht sein. Das musste jetzt eine deutsche Apothekerin merken, die auf Facebook dieses Bild gepostet hat (ich habe ein paar der Daten absichtlich verschmiert).

Ja, DAS IST EINE FÄLSCHUNG! – hättet ihr es erkannt?

Woran sieht man das? Nur sehr schwer. Der weisse Chargenkleber des Impfstoffes ist einfach nachzumachen, es haben inzwischen auch einige erfreute frische Impflinge ihre Bilder vom Impfausweis mit der Impfung und den Chargennummern auf den sozialen Medien geteilt. Die Chargennummer „könnte“ also korrekt sein.

Was hier nicht stimmt:

  • Der obere Stempel gehört dem Vorgänger des aktuellen Praxisinhabers (Übernahme vor 17 Jahren).
  • Die untere Praxis hat anscheinend auch schon von Fälschungen mit ihrem Stempel gehört.
  • Impfungen sind in D in Hausarztpraxen erst seit dem 7.4.21 möglich,
  • Der Impfausweis enthält erst seit etwa Mai (?) einen Platz für die COVID-Impfungen

Wenn man den Arzt nicht kennt und das mit der Praxisaufgabe nicht weiss, respektive nicht in der Praxis nachfragen kann, hat man fast keine Chance die Stempel als Fälschung zu erkennen. Ditto mit etwaigen Arztunterschriften.

Einen solch sicher als Fälschung identifizerten Impfausweis würde ich hier (wie ein gefälschtes Rezept auch) einziehen und nicht mehr dem Patienten zurückgeben. Ganz sicher sollte man dafür keinen QR Code ausstellen – das könnte rechtliche Folgen nach sich ziehen. Ob man den Patienten wegen der Urkundenfälschung anzeigen kann? Sollte man wohl – das dürfte aber ähnlich schwierig werden (wie bei gefälschten Rezepten) wegen dem Patientengeheimnis …

Also: Bitte liebe Apotheker, seid aufmerksam beim Ausstellen des QR Codes!

Habt ihr auch schon so Impfausweis / -nachweis Fälschungen gesehen? Wie habt ihr sie erkannt? Wie habt ihr reagiert?

Schwanken zwischen den Lagern

Ich bin Coronamüde. Ich geb’s zu. Ich schwanke täglich zwischen den Extremen – auf der einen Seite bekommt man im täglichen Leben aktuell hier nicht mehr so viel mit von der Covid-Situation. Die Erkrankten verschwinden still in den Spitälern (die gelegentlichen Sanitätsautos die man jetzt irgendwie häufiger sieht, ignoriert man gekonnt). In unserer Kundschaft hören wir weniger von Verstorbenen. Die Läden haben mehrheitlich wieder offen. Nächste Woche machen die Restaurantterassen wieder auf. Man könnte meinen, wir seien auf dem Weg aus der Covid-krise. Endlich.

Auf der anderern Seite sehe ich in meiner Twitter- und Facebook Bubble immer mehr Klagen von Ärzten, Sanitätern und Pflegepersonal, die kämpfen: mit bis über die Kapazität gefüllten Intensivstationen und Suche nach noch offenen Plätzen und Verschiebungen zwischen den Spitälern. Mit Überarbeitung und der ganzen psychologischen Belastung, die das mit sich bringt.

Twitter ist sehr schnell im informieren. Leider sind die Sachen auch so schnell wieder „weg“. Ich finde den Tweet nicht mehr von dem Sanitäter, der in 19 (!) Spitälern anfragen musste, bis er einen Platz für seinen Patienten fand. Hier und weg. Manchmal verschwinden solche Tweets auch, wegen dem enormen Gegenwind, den sie bekommen. Da gibt es so Reaktionen auf derartige Hilfeschrei-Tweets:

Ich höre und lese davon, dass die Leute, die jetzt auf die ITS kommen oder beatmet werden müssen nicht mehr die Grosseltern-Generation ist, nicht mal mehr die Eltern-Generation … das sind vermehrt Leute in meiner Altersklasse (Tendenz noch niedriger). Mütter und Väter von kleinen Kindern. Und die sterben genau so, wie die alten in der zweiten Welle. Das liegt nicht nur an der (in der höheren Altersklasse erfolgreichen) Impfung. Das liegt auch an den ansteckenderen (und gefährlicheren?) neuen Virusmutationen, die im Umlauf sind.

Auch der Tweet irgendwo von einer, die eben ihren 23 jährigen Cousin verloren hat. Er war zu Hause wegen Covid, offenbar gab es eine abrupte Verschlechterung seines Zustandes – er starb alleine. Die Sauerstoffsättigung kann ziemlich schnell schlecht werden … und hat akute Auswirkungen nicht nur auf den Allgemeinzustand, sondern auch auf die Entscheidungsfähigkeit. „Happy Hypoxie“ ist ein Begriff, der umgeht – man merkt den Sauerstoffmangel nicht / zu spät.

An was liegt das, dass es jetzt vermehrt jüngere trifft? Daran, dass das Ansteckungsgeschehen jetzt „unter uns“ stattfindet. Kinder können angesteckt werden und stecken dann die Eltern an …. Schulen und Kitas sind nicht mehr nur potentielle Infektionsherde. Ich lese von besorgten Eltern, die ihre Kinder nicht mehr da hin schicken wollen, deshalb – und davon, wie in manchen Schulen damit umgegangen wird. Bei uns finde ich das noch einigermassen vernünftig: einmal pro Woche wird klassenweise getestet (im Pool) – ist der Test positiv, wird benachrichtigt, in Quarantäne gesetzt und die Kinder einzeln getestet. An anderen Orten gibt es keine Tests, wird bei positivem Befund … gar nichts gemacht? Überall ist es unterschiedlich, die Behörden kommen aber (selbst wenn) kaum mit dem Benachrichtigen der Kontaktpersonen nach. Die Covid-App … funktioniert die eigentlich noch?

So das haben wir: auf der einen Seite das Erleben der Mitarbeiter im Gesundheitsdienst, die an den Spitaleingängen sehen, wie das Infektionsgeschehen ist. In derselben Richtung die besorgten Eltern, die mitbekommen, wie die Schulen geöffnet werden, die Inzidenz steigt, klassenweise Ansteckungen stattfinden – und nicht wirklich etwas dagegen unternommen wird, die Ansteckungsketten zu unterbrechen / die Eltern zu schützen (auch wenn positive Kinder zum Glück selber immer noch wenig Symptome haben, Folgeschäden sind auch hier ein Thema). Und auf der anderen Seite diejenigen, die halt im Alltag kaum etwas davon mitbekommen, ausser den Einschränkungen, denen sie unterliegen. Das scheint auch die Politik zu sein …oder wie erklärt man sich, dass in der Situation nicht adäquat reagiert wird? Oder zumindest richtig informiert? Statt dessen wird geöffnet und erleichtert.

Ich bin Coronamüde. Ich wäre sehr dafür, dass das bald vorbei ist. Aber: die Situation ist nicht gut im Moment. Die Krankheit ist (immer noch) da, und (immer noch) gefährlich. Ich will nicht angesteckt werden. Ich möchte eine Impfung, dass ich auch geschützt bin (ich würde auch Astra Zeneca nehmen). Ich möchte auch nicht, dass sich andere anstecken, krank werden und eventuell im Spital landen. Ich möchte nicht in einer Zeit leben, in der man eigentlich keinen Unfall haben darf oder sonst krank werden, weil kein Platz und keine Leute, keine Kapazitäten mehr frei sind, die sich im Fall um einen kümmern können. Weil das Gesundheitssystem überlastet – und keiner redet darüber (ausserhalb der Bubble) in der Öffentlichkeit, weil „Panikmache“ und Fake News und was einem sonst noch alles vorgeworfen wird.

Also (auch wenn das ausserhalb „meiner“ Bubble kaum jemand lesen wird und ich denke, die sind schon vernünftig und informiert) – Auch wenn jetzt geöffnet wird. Das passiert gegen jegliche Vernunft und Evidenz. Das bedeutet nicht, Covid ist weg. Nicht mal, dass es jetzt besser ist mit den Ansteckungen und den Spitaleinweisungen. Bitte bleibt vorsichtig!

Deutscher Maskenball

Im Frühling hatten wir ja das Problem (in der Schweiz und Deutschland und wahrscheinlich so ziemlich überall), dass praktisch keine Masken mehr erhältlich waren (siehe Das Maskentheater). Wir konnten schliesslich welche beschaffen (teuer importieren) und so die Bevölkerung versorgen. Das BAG hatte den Gebrauch von Masken erst nicht empfohlen – wahrscheinlich auch um keine Panik auszulösen, da kaum welche erhältlich waren – und ist später umgeschwenkt. Es wurde erst empfohlen, dann obligatorisch, vom nur im ÖV (Zug, Bus, Tram) bis in den Läden, in der Schule bis schliesslich auch draussen in gewissen Situationen.

Inzwischen gibt es genug Masken – die Preise sind einiges runtergegangen, wir haben mehr Auswahl. An Hygienemasken haben wir 50 Stück Packungen unter 20 Franken, schwarze Hygienemasken und in der Schweiz hergestellte Masken (etwas teurer als der Chinaimport). Wir in der Apotheke achten dabei weiter sehr auf die Qualität. Trotzdem ist da aus anderen Quellen viel Schrott im Umlauf – wenn ich das anschaue, was Junior in der Schule gestellt bekommen hat … das hat keine CE-Kennzeichnung und stinkt nach Lösungsmittel, er nimmt nur noch solche von zu Hause, da er sonst Kopfschmerzen bekommt.

Während hierzulande hauptsächlich die einfachen Hygienemasken empfohlen werden, ist man zum Beispiel in Deutschland zu FFP2 Masken übergegangen. Und der Gesundheitsminister hat sich etwas ausgedacht, um Risikopersonen (damit) zu schützen: Gratis FFP2 Masken! 3 Masken sollen die gefährdeten Personen (über 60 jährige und Leute mit bestimmten chronischen Erkrankungen) im Dezember bekommen und nochmals je 6 im Januar / Februar. Und damit das möglichst schnell geht, sollen die Apotheken die Verteilung übernehmen.

Die Apotheken in Deutschland hatten nur 3 Tage „Vorlaufzeit“. Sie bekommen keine Masken von der Regierung gestellt, sondern sollen sie selber besorgen, bezahlen und eventuell auseinzeln. Und dann natürlich ausgeben. Für 27 Millionen Leute. (!)

Dafür bekommen die Apotheken „etwas“. Berechnet, wieviel jeder Apotheke zusteht wird anhand des Rezeptumsatzes, die sie im letzten Quartal gemacht hat. Je grösser die Apotheke also ist und je mehr Umsatz sie gemacht hat, desto mehr kann sie also abgeben. Die Apotheke muss ausserdem festhalten wieviele Masken sie abgegeben hat.

Das ganze ist ja nett, hat aber die verschiedensten Probleme. Das fängt damit an, dass man da Risikopersonen (in die Kälte) raus schickt um gesammelt an einem Ort mit anderen Risikopersonen die Masken abzuholen. Was ist mit „bleibt möglichst zu Hause“ passiert?

Dann ist nirgends geregelt, wie das festgehalten wird. Eigentlich ist ja offensichtlich die Idee, dass vor allem die Stammkunden der Apotheke die Masken bekommen (darauf beruht die Vergütung) – nur: in Deutschland gibt es keine Patientendossiers wie in der Schweiz, in denen die Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente festgehalten wird. Damit könnte man festhalten, wer schon Masken bekommen hat und Risikopersonen auch Hauslieferung anbieten. Statt dessen gibt es nur (freiwillige) Kundenkarten. So können also manche Leute durchaus von Apotheke zu Apotheke ziehen und Masken holen. Oder Leute, die bisher nur bei der Online-Apotheke bestellt haben Masken vor Ort beziehen. Nicht nur, dass die Masken dann anderen Risikopersonen fehlen … die Apotheke bekommt ja nur einen (vorher) festgelegten Teil vergütet. (Falls überhaupt, irgendwie steht das immer noch in den Sternen, wie das dann genau läuft?)

Dass sie den zum Maskenbezug berechtigten Leuten Bezugsscheine zukommen lassen und die das damit holen kommen – das kommt dann vermutlich für Januar / Februar. Dann werden manche von den Patienten die Masken auch online bestellen. Schön für die Online-Apotheken: Minimaler Aufwand und gesicherte Vergütung. Im Gegensatz zu der Situation jetzt.

Ich muss zugeben, ich möchte ja nicht in der Haut der Apotheken in Deutschland aktuell stecken. Innert kürzester Zeit pro Apotheke abertausende Masken zu beschaffen (in gesicherter Qualität!), die Abgabe zu organisieren (der Zutritt zur Apotheke ist auch bei ihnen begrenzt auf die Grösse und nebendran sollte der Normalbetrieb ja weiterlaufen!), Missbrauch nach Möglichkeit zu verhindern, die Unsicherheit, ob und wie das dann vergütet wird …

Trotzdem haben die Apotheken das gemacht. Eine Leistung, die man wirklich würdigen sollte.

Statt dessen:

Arschloch Bild-Zeitung (und Co)

Sollte ich etwas falsch geschrieben haben (ich habe die Informationen praktisch per proxy durch die Diskussionen in Facebook Gruppen): Bitte melden und ich korrigiere das.

Leise stirbt die Arztpraxis und die Vor-Ort-Apotheke

Die Apotheke schliesst für immer. Die Patienten stehen vor einer verlassenen Arztpraxis. Für die Patienten und Besucher kommt das fast immer überraschend – überraschender jedenfalls als für Angehörige der Berufsgattung Mediziner oder Apotheker: die wissen um die Probleme, mit denen ihr Beruf heute zu kämpfen hat. Die Probleme sind meist die Finanzen einerseits und die Nachfolge andererseits. Trotzdem … man kämpft teils über lange Zeit und versucht die Praxis oder Apotheke zu erhalten. In den letzten Wochen hat sich die Situation aber verschärft – nicht nur wegen Corona.

Hier zwei aktuelle Beispiele, die ziemlich Auswirkungen haben und noch haben werden.

Fall 1 – MeinArzt-Praxen in der Schweiz

Man stelle sich vor, man ist Hausarzt, schon lange ansässig, nähert sich vielleicht dem Pensionsalter und sucht (händeringend) eine Nachfolge für die eigene Praxis, auch damit der Ort weiter medizinisch versorgt wird. Die Situation ist schwierig aber eigentlich finanziell stabil, die Praxis läuft gut, man hat Angestellte, die bezahlt werden müssen, Material muss eingekauft, Laboranalysen gemacht werden – nur einen Nachfolgerarzt, der die Praxis übernehmen will, findet man nicht. Zu wenig Nachfrage? Ort nicht attraktiv genug?

In der Situation bekommt man ein Angebot der Arzt-Praxis-Kette MeinArzt. Es wird angeboten, dass sie die Praxis und alle Angestellten übernehmen, einen Nachfolger suchen, man selber darf weiter arbeiten, so lange man noch will (einfach als Angestellter Arzt, statt als Eigentümer), sie übernehmen zentral einiges an der Bürokratie (Abrechnungen, Mietzahlung, Lohnauszahlungen etc.). Praktisch: alle Probleme gelöst!

35 Arztpraxen in der Schweiz haben das Angebot (seit 2019) angenommen. Mindestens 30 davon sind aktuell geschlossen (für immer?), nachdem in den letzten Monaten zunehmend Probleme aufgetaucht sind. Miete und Löhne und Rechnungen wurden nicht mehr bezahlt, es kam kein Geld mehr herein, Material kam bei jeder Bestellung von einer anderen Firma, die Angestellten in der Zentrale von MeinArzt waren plötzlich nicht mehr erreichbar…. Schliesslich sprangen die Mitarbeiter der Praxis ab (wer arbeitet heute schon unbezahlt?) und die Arztpraxen mussten (meist sehr überraschend) von einem Tag auf den anderen schliessen. Patienten kommen oft nicht einmal mehr an ihre eigenen Patientenunterlagen. Einige dieser Praxen waren die einzige Arztpraxis im Ort (Beispiel Staufen).

Der Inhaber von MeinArzt – Christian Neuschitzer, ein österreicherischer Investor mit etwas zweifelhaftem Hintergrund (Swingerclubs? nix medizinisches bisher) hat sich nach Italien abgesetzt, wo er inzwischen verhaftet wurde und wegen Vermögensdelikten angeklagt wurde. Quelle https://www.srf.ch/news/schweiz/betrugsverdacht-betreiber-von-meinarzt-praxen-in-haft

Übel. Aber – „nur“ 35 Praxen (von ca 14’500 in der CH), wobei ich da den Verlust jeder einzelnen schlimm finde.

Fall 2 – AvP Insolvenz und 19’000 Apotheken in Deutschland

Man stelle sich vor, man betreibt eine Apotheke und versorgt täglich an die hundert (oder mehr) Patienten mit den benötigten Arzneimitteln, die vom Arzt verschrieben wurden und die mit den Krankenkassen abgerechnet werden müssen. In Deutschland kommt zusätzlich noch das Problem dazu, dass die Rezepte und Abrechnung so korrekt ausgestellt werden müssen, dass die Kasse da nicht (auch noch den kleinsten Form-)Fehler findet und überhaupt nichts daran bezahlt. Das nennt sich Retaxe. Um den bürokratischen Aufwand kleiner zu halten, bedient sich die Apotheke Abrechnungsstellen. Die gibt es in der Schweiz auch (Ofac und Ifak hier) und ohne sie wäre der Aufwand kaum zu bewältigen. Sie sorgen dafür, dass man das Geld bald bekommt – manche der Kassen lassen sich da ziemlich Zeit, so dass man auch weiterhin Medikamente beim Lieferanten einkaufen kann. Das ist wichtig, denn für Hochpreismedikamente (die schnell mehrere Tausend Euro kosten können) streckt die Apotheke da faktisch das Geld vor.

Es gibt verschiedene Abrechnungsstellen, aber von den insgesamt 19’075 Apotheken haben rund 3500 Apotheken die AvP. Diese Apotheken wissen aktuell nicht, ob sie für die in den letzten Wochen eingeschickten und (eigentlich) abgerechneten Rezepte überhaupt noch Geld zurückbekommen. Ohne das Geld können die Lieferanten nicht mehr bezahlt werden und man kann keine neuen Medikamente mehr einkaufen oder bestellen. Durchschnittlich schuldet die AvP einer Apotheke 120’000 Euro. Mindestens 3%, also 700 Apotheken sind deshalb in so akuten finanziellen Nöten, dass sie wahrscheinlich demnächst schliessen müssen. Das sind 5000 Angestellte und auch hier oft Apotheken auf dem Land oder in ländlichen Gebieten, wo es nicht so viele gibt. Quelle: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/09/25/avnr-apothekensterben-verdoppelt-sich

Aktuell wird gegen 2 Personen bei der AvP wegen Bankrott ermittelt. Erklärung: Beim Bankrott handelt es sich um eine betrügerische Insolvenz, vor der Vermögenswerte beiseite geschafft wurden.

Habt ihr davon mitbekommen? Vor allem interessiert es mich, ob das die Leute ausserhalb meiner „Apotheken-bubble“ davon gehört haben, denn ich denke, das sind so Nachrichten, die gehen an den meisten vorbei – ausser sie sind direkt betroffen als Arzt, Apotheker oder Patient einer dieser betroffenen Orte.

Sehr unschön finde ich auch, dass da von Politik-Seite so wenig passiert. Auf der einen Seite haben wir Arztpraxen und Apotheken, die gerade in der letzten Zeit sehr viel (und mehr) geleistet haben … und noch werden (ich sag nur Corona). Aber den 35 Praxen in der Schweiz und den (mindestens) 700 Apotheken in Deutschland wird nicht geholfen. Sind wahrscheinlich nicht „too big to fail“ …. und es gibt ja noch genug. Oder????

Versandapotheken-Bashing durch die Kunden

Wenn ich etwas Aufmunterung brauche (zum Beispiel, wenn ich sehe, wie die Versandapotheke Zur Rose die Medien in grossem Stil manipuliert um die Meinung der Bevölkerung zu beeinflussen), dann gehe ich auf irgendeine Bewertungsseite und rufe einfach die Beiträge der Kunden auf. DocMorris zum Beispiel, die ja der Zur Rose gehört … da kann man das wunderbar auf der Facebook-Seite (etwas versteckt allerdings rechts aussen unter „Beiträgen“) mitverfolgen – darüber habe ich 2017 berichtet: Die beste Antiwerbung für DocMorris: Kundenbeiträge

Auch trustpilot lässt das Offizin-Apotheker-Herz höher schlagen, wenn man sich die Bewertungen zu DocMorris anschaut. Da bin ich auf diese Bewertung vom 20.9.19 gestossen, die eine Ärztin gemacht hat. Ihr Schlusswort … Einfach: Danke!

Auszugsweise:

Kurzfassung: Treten DSGVO mit Füßen, sind in vielen Bereichen nicht billiger, teilweise teurer, als die Apotheken vor Ort, Medikamente, die lebenwichtig sein können, werden nicht geliefert, zugesagte Rückrufe erfolgen nicht, der Kundendienst ist über Tage nicht erreichbar.

Auszüge aus der Langfassung die Enthält: Probleme mit dem Konto, Kundendienst kaum erreichbar, rufen nicht zurück, Medikament nicht lieferbar deshalb wird die ganze Bestellung storniert.

* 14.10. Bestellung mit 3 Privatrezepten (wohl gemerkt nicht einen Cent günstiger, als in der Apotheke vor Ort, nur dass man nicht zu Öffnungszeiten in die Apotheke zu gehen braucht) abgeschickt am 14.10. morgens … sind erst am 16.10. bei DocMorris eingegangen, 
* Am 17.10. Rückrufversuch von DocMorris, bin nach 3x klingeln rangegangen, DocMorris legt einfach auf! 

* Ich rufe die Nummer zurück, dort die Bandansage es habe sich alles erledigt. 
* Trotzdem rufe ich den Kundendienst an – dort Mitteilung, ein Medikament sei nicht lieferbar, man könne daher das gesamte Rezept mit 3 Positionen nicht beliefern (?!) – ich erkläre die Situation, man verspricht einen eiligen Rückruf durch die medizinische Abteilung (Ich bin Ärztin, es handelte sich aber um eine Privatbestellung)
* Der Rückruf kommt nicht – ich versuche, den Kundendienst erneut zu erreichen bzw. lasse das auch teilweise meine Helferin machen. Ab 14:43 am 17.10. hören wir im 10-15 -Minuten-Rhythmus „diese Nummer ist derzeit nicht erreichbar“ … um 19:45 Uhr geben wir auf. * Ich gehe wieder in den Chat – dort bestätigt man mir, dass der Rückruf auf höchste Priorität gesetzt wurde … ist ansonsten weiterhin hilflos
* 18.10. – von 8 bis 14 Uhr ist der Kundendienst telefonisch nicht zu erreichen – ich storniere die Bestellung, widerrufe die Einzugserlaubnis und … ärgere mich.

Hier handelt es sich um Medikamente für eine Reise in ein medizinisch unterversorgtes Gebiet – allerdings sind die bestellten Medikamente Antibiotika! Es hätte ebenso sein können, dass jemand schwer krank ist und dringend auf diese Medikamente wartet! 

Vor diesem Hintergrund kann ich bei Erkrankung nur davon abraten, dort zu bestellen. Hausapotheke, Wellnesspräparate, Nahrungsergänzung – das mag alles ok sein (unsere Permethrinimprägnierung war auch schnell da) – Aber das, wofür eine Apotheke eigentlich da ist, das funktioniert hier nicht und stellt u.U im Einzelfall sogar eine Gefährdung für den Patienten dar! 

Bisher konnte ich die Idee eines Verbots von Onlineapotheken nicht nachvollziehen, hielt es für Lobbyismus … seit dem 18.10. verstehen ich dieses Verbot sehr gut und würde es jederzeit unterstützen wollen.