Top Ten döfste Limitationen (CH)

Es war mal einfach, aber es wird zunehmend komplizierter die Frage „Übernimmt das die Krankenkasse?“ zu beantworten. In der Schweiz ist das so, dass Medikamente, die vom Arzt verschrieben werden, übernommen werden von der obligatorischen Grundversicherung, wenn sie auf der Spezialitätenliste SL oder Mittel-Gegenstands-Liste MiGel stehen, Herstellungen, wenn alle Inhaltsstoffe in der SL oder in der Arzneimittel-Liste mit Tarif ALT stehen.
Heute müssen wir zusätzlich noch ein Auge darauf haben, ob das nicht eventuell eine Limitatio vermerkt hat. Dann zahlt die Krankenkasse … aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Es gibt Mengen-Limitationen, Alters-Limitationen, Limitationen auf die Indikation und solche die sowieso nur bezahlt werden, wenn der Arzt vorher mit der Krankenkasse abmachen konnte, dass es übernommen wird (Kostengutsprache).
Das unschöne ist, dass das praktisch jederzeit ändern kann. Und dass das im Computersystem immer noch sehr schlecht ersichtlich ist. Das meiste muss man „einfach wissen“. Vor allem, weil man die Patienten darauf aumerksam machen muss, dass da eventuell eine Rechnung auf sie zu kommt.

Die aktuell döfsten Limitationen in der Apotheke:

Becozym Forte: Die Vitamin B Tabletten sind kein Grand Frère Produkt mehr, die grosse Packung wird gar nicht mehr übernommen. Die kleine Packung hat neu eine Limitation: Gesamthaft zugelassen 40 Punkte, 1 Packung hat 20 Tbl und zählt 10 Punkte, also werden 4 Packungen (80 Tabletten) alle 3 Monate (90 Tage) übernommen. Da fehlen 10 Tabletten bei Einnahme 1x täglich!

Cimifemin Forte: das Mittel mit Traubensilberkerze gegen Wechseljahrsbeschwerden wird nur noch „Zur Einstiegstherapie während 3 Monaten“ übernommen. Danach nicht mehr! Dann zahlt man entweder selber oder wechselt auf die niedriger dosierten Produkte.

Hautfettende Mittel wie Antidry, Linola, Optiderm (und mehr) und rückfettende Seifen wie Dermed, Lubex (etc.) haben eine Punktelimitation über die ganze Indikation- also mehrere Produkte zählen dafür zusammen. Nach erreichen der Punktezahl werden die Mittel nicht mehr übernommen. Das ist enorm schwierig, da in der Apotheke den Überblick zu behalten, da viele Patienten ja nicht nur bei uns, sondern auch anderswo diese Mittel beziehen. Interessanterweise zählt hier Excipial Lotio nicht dazu (aber die Cremen!).

Ozempic im off Label use: Das Mittel gegen Diabetes wird „ausserhalb der Packungsbeilage“ als Mittel zum abnehmen benutzt. Dann muss man es selber bezahlen. Limitatio ist hier also die Indikation. Genau: Zur Behandlung von Patienten mit einem unzureichend kontrollierten Typ 2 Diabetes mellitus ergänzend zu Diät und Bewegung: In Monotherapie bei Patienten mit nachgewiesener Kontraindikation oder nachgewiesener Unverträglichkeit für Metformin. / Zur Behandlung von Patienten mit einem Typ 2 Diabetes mellitus in Kombination mit folgenden Therapieoptionen, wenn durch diese Antidiabetika keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreicht wird: Als Zweifachkombination mit Metformin oder einem Sulfonylharnstoff / Als Dreifachkombination mit einer Kombination aus Metformin und einem Sulfonylharnstoff / In Kombination mit Basalinsulin mit oder ohne Metformin. / Mindestens BMI 28. Zusätzliche Medikamente zur Gewichtsreduktion werden nicht vom Krankenversicherer vergütet.
In der Apotheke sollte ich also prüfen, ob das komplett zutrifft, und sonst den Patienten direkt zahlen lassen, oder zumindest darauf hinweisen, dass das nicht übernommen werden könnte. Aktuell kommt dazu noch die Problematik, dass das sehr schlecht lieferbar ist und als Kühlprodukt auch nicht so einfach zwischen den Apotheken ausgetauscht werden kann. Ich versuche da wirklich die Diabetiker bei der Abgabe zu bevorzugen. Interessant: Saxenda ist ein Mittel, das zur Gewichtsreduktion zugelassen ist. Es hat auch eine Limitation (eine RIESIGE) und bedarf der Kostengutsprache durch die Krankenkasse, aber wird dann übernommen. Problem: Gar nicht lieferbar bis … keine Ahnung. Lange.

Tebokan und andere Ginkgo-Präparate: Gesamthaft zugelassen 240 Punkte (innerhalb von 3 Monaten). Eine Packung zu 30 Tabletten hat einen Punktwert von 80, eine Packung zu 90 einen von 120 Punkten. Dosierung ist 1 bis 2 Tabletten pro Tag. Das wird an sich schon knapp … und dann kommt dazu, dass das Patienten zur Verbesserung des Gedächtnisses nehmen – und oft vergessen, dass oder wie viel sie da schon bezogen haben. Ja, wir hatten schon Reklamationen, wenn sie dann eine Rechnung der Kasse bekommen.

Vitamin D Kapseln und Tropfen: Das Vitamin D wird von der Kasse übernommen Zur Therapie bei nachgewiesenem schweren Vitaminmangel bei Erwachsenen (Serumkonz angegeben). Ich frage mich, wie viele Ärzte hier wirklich das Vitamin D im Blut vor der Behandlung bestimmen, das wird hier so ziemlich jedem verschrieben, der Ü60 ist – und oft vorher. Das „älteste“ Produkt, die normalen Vi De Tropfen (alkoholhaltig) haben interessanterweise keine Limitation drauf. Die Vi De Monatsdosen aber schon.

Valdoxan: Das Mittel gegen Depression und generalisierte Angststörungen hat „keine Kostenübernahme bei Patienten die bei Therapiebeginn älter/gleich 65 Jahre sind“.

Malarone (Atovaquon) und andere Malariamittel: Die Krankenkasse übernimmt nur eine Behandlung der Malaria, nicht die Prophylaxe. Und da das (vernünftigerweise) vor und bei der Reise in ein Malariagebiet genommen wird, damit man das nicht bekommt … müssen alle Reisenden das selber bezahlen in der Apotheke

Zofran / Ondansetron: Das Mittel gegen Übelkeit wird hier noch gelegentlich verschrieben von Kinderärzten gegen Erbrechen bei „Magendarmgrippe“ oder sogar bei Reisekrankheit, aber es wird nur übernommen zur „Behandlung von akutem Erbrechen bei stark emetogener Chemotherapie.“ Ja, es ist im Gegensatz zu Itinerol auf der SL, aber das heisst hier eben nicht, dass es die Kasse zahlt. Blöd ist das auch, da wir kaum Alternativen haben, bezahlt oder nicht.

Was das angeht: Algifor Junior (und andere Ibuprofen-Säfte): „Vergütung nur bei Kindern und Jugendliche bis 18 Jahre„. Pech haben die, die Mühe haben, Tabletten zu schlucken.

Nicht so häufig, aber trotzdem bemerkenswert:

Ritalin 10mg 200 Stück Vergütung nur zur Behandlung von Narkolepsie beim Erwachsenen. Bei der 30er steht das nicht, die haben ADHS als normale Indikation und keine Limitatio. Generika gibt es nicht in der Packungs-Grösse.

Midazolam Nasenspray, eine Herstellung, die zum Stoppen eines epileptischen Anfalls verwendet wird. Also wichtig, aber: das ist eine Herstellung mit einem Wirkstoff, der nicht in der ALT ist – und die Krankenkasse weigert sich hier, das zu übernehmen.

Zum selber nachschauen: auf der aktuellen Spezialitätenliste des BAG

Mehr auf dem Blog darüber:
Limitationen, wenn die KK Einschränkungen macht
Kassenzulässig mit Abern
Gewichtige Limitationsprobleme

4 Kommentare zu „Top Ten döfste Limitationen (CH)

  1. Zum Vitamin D: seit letztem Jahr wird der Labortest zum Vitamin-D-Spiegel nicht mehr von der Grundversicherung übernommen. Das Gesundheitsdepartement meinte dazu, die Vitaminpräparate seien im Vergleich zu den Testkosten zu günstig, dass man doch einfach jedem, bei dem ein Verdacht auf Vitamin-D-Mangel besteht, dieses substituieren könne.

    Dass man sich mit Vitamin D durchaus vergiften kann bis hin zu Nierenversagen und Tod, ist natürlich nicht so wichtig…

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    1. Könnte man. Die meisten Vergiftungsfälle kommen allerdings von den wahnsinnig hochdosierten Präparaten, die man online kaufen kann und die wirklich unkontrolliert genommen werden. Nicht von dem, was via Apotheke (oder Arzt) bezogen wird.

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      1. Naja, bei den Dosen, die hier teilweise in den Pflegeheimen gegeben werden, möchte ich manchmal auch gar nicht wissen, welche Spiegel da rund ums Jahr erzeugt werden.

        Ähnliches Problem: im Moment scheint es bei einigen Kolleg:innen grosse Mode zu sein, die Patient:innen mit Vitamin B12 vollzuspritzen, weit über die Messbereiche der Labore.

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