Retaxationen – wenn die Krankenkassen Leistung einfach nicht bezahlen

Wie schon länger mal angekündet hier eine kleine Zusammenstellung von Null-Retaxationen. Das ist ein Übel, das es (bisher) zum Glück nur in Deutschland gibt. Es bedeutet, dass die Krankenkasse den Apotheken ein verordnetes und dem Patienten bereits abgegebenes Medikament oder Hilfsmittel nicht bezahlt. Arbeit geleistet, Patient richtig versorgt und man bekommt für das eingekaufte und abgegebene Mittel … gar nichts. Die Krankenkasse spart durch diese Null-Retaxationen Millionen. Die Apotheken leiden. An die Patienten weitergeben dürfen sie diese Ausgaben in Deutschland aus gesetzlichen Gründen nicht. Also: ein späteres Einziehen nicht von der Krankenkasse, die sich weigert zu zahlen, sondern vom Patienten ist nicht möglich. Und die Gesetzgebung unterstützt die Krankenkassen auch noch, indem sie sagen, dass Retaxationen halt „Berufsrisiko“ seien.

Mein Beileid an meine deutschen Kollegen, die sich tagtäglich damit herumschlagen müssen und denen die abertausend Gesetzesvorschriften, Verträge mit den Krankenkassen und deren Rabattverträge mit den Pharmafirmen die Arbeit so unnötig schwerer machen. Die Mehrheit davon finde ich unlogisch, Patientenunfreundlich, rein paragraphenreiterisch und schon deshalb wohl schwer dem Patienten zu erklären.

Das soll auch als Hinweis für meine Schweizer Kollegen und Patienten sowohl hier als auch in Deutschland dienen: Wisst ihr überhaupt, in was für einem Meer von (teils unnötigen) Gesetzen die Deutschen Apotheker operieren müssen … und wie die Krankenkassen das Ganze penibelst zu ihren Gunsten ausnutzen?

Bei vielen Retaxationen handelt es sich um Formfehler – da ging das richtige Mittel raus, aber auf dem Rezept ist irgendein Detail nicht ganz korrekt.

Auf dem Betäubungsmittel-Rezept für eine langjährige Dialyse-Patientin fehlt der Hinweis dass die Patientin durch den Arzt schriftlich auf die Dosierung hingewiesen wurde. Es wurde das Richtige abgegeben, ein dringend nötiges Medikament, dass die Patientin in der gleichen Form schon länger nimmt. Retaxation auf Null – die Krankenkasse nimmt das als Vorwand gar nichts zu zahlen, obwohl ihr auch hier kein finanzieller Schaden entstanden ist. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=2050)

Auf dem Rezept für ein Hilfsmittel – in diesem Fall BD Microfine Nadeln (die braucht man für die Insulin-Pens) wurde vom Arzt bei der langjährigen Diabetikerin vergessen die Diagnose aufzuschreiben. Das Die Nadeln werden vollständig Nicht bezahlt von der Krankenkasse. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=2005)

Auf dem Betäubungsmittelrezept kann die Krankenkasse das Ausstellungsdatum schlecht lesen. Sie interpretieren das (ohne Nachzufragen und obwohl das ein Sonntag wäre) als ein Datum, das 10 Tage vor der Abgabe des Medikamentes auf Rezept liegt. Betäubungsmittelrezepte müssen in Deutschland innert 7 Tagen eingelöst werden. Das gesamte Rezept wird auf Null retaxiert. Auf dem Durchschlag gut zu lesen: Rezeptdatum von 2 Tagen vor der Abgabe. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1988)

T-Rezepte (für Thalidomid) sind noch schwieriger korrekt zu beliefern. Bei einem Formfehler des Arztes (wie auch nur einem falsch gesetzten Kreuzchen) verliert die Apotheke ein paar Tausend Euro … und macht sich womöglich noch strafbar. Siehe: https://knicksfussnoten.wordpress.com/2013/05/27/ich-geh-dann-mal-in-den-knast/

Die Apotheke gibt im Notdienst auf Telefon und Fax des Arztes ein Antibiotikum gegen Blasenentzündung ab. Es ist das rabattierte Medikament der Krankenkasse. Der Arzt schickt das Rezept nach. Auf dem Rezept ist das Datum von ein paar Tagen später (wo er das ausgestellt hat). Die Apotheke korrigiert das Datum handschriftlich mit der Begründung: „Notdienstabgabe am … Rezept per Post nachgereicht“. Die Krankenkasse retaxiert das ganze Medikament mit der Begründung. „Abgabe vor Verordnungsdatum“ und als die Apotheke das anfechtet mit der nächsten Begründung: „Abgabe in der Notdienstzeit ohne Vorlage einer ärztlich ausgestellten Verordnung“: (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1463)

Der Arzt verschreibt ein Parkinson-Medikament in der Menge 4 x 100 Stck und „Hinweis: ich habe bewusst 4 x 100 Stück verordnet, also bitte nicht eigenmächtig ändern! Exakte Menge“ Problem: Die Krankenkasse schreibt vor, dass die Maximalmenge bei diesem Medikament 2 x 175 Stück betragen darf und sie schreibt ausserdem vor, dass der Rabattvertrag eingehalten werden muss (auch mit Mengen von 175 Stck). Ausserdem muss der Patient bei Abgabe nach ärztlichem Wunsch 40 Euro zu-zahlen, bei Abgabe nach Vorgabe der Kasse nur 20 Euro. Der Arzt hat zwar auch in Deutschland Therapiefreiheit – wird aber so von den Krankenkassen genauso eingeschränkt. Und die Apotheke macht sich – was auch immer sie jetzt tut sehr unbeliebt. Entweder beim Arzt, oder beim Patient … nur die Krankenkasse freut sich, weil sie, wenn die Apotheke den Vorgaben des Arztes folgt, das gesamte Rezept auf Null retaxieren und gar nichts zahlen muss. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1928)

Bei anderen Retaxationen ging einfach nicht genau das raus, was die Krankenkasse gerne hätte: das Mittel von dem Hersteller, mit dem sie einen Rabattvertrag gemacht haben (von dem niemand weiss, wieviel genau die Kasse dafür bekommt) oder nicht das Importpräparat das momentan gerade etwas günstiger ist, oder nicht die vorgeschriebene Menge Tabletten (das geht in D nach N-Grössen und es ist streng reglementiert, was übernommen wird. 100 Stück und 98 Stück sind da nicht zwingend „dasselbe“). Das bedeutet keinen finanziellen Verlust der Krankenkasse, trotzdem wird auch hier retaxiert. 

Auf dem Rezept ist ein Medikament in der Packungsgrösse 28 Stück verordnet. Diese ist nicht verfügbar (nicht mehr lieferbar, tatsächlich hat der Hersteller sie ersetzt). Die Apotheke ersetzt das dringend benötigte Medikament mit eben der Packung zu 30 Stück vom selben Hersteller. Die Krankenkasse sagt, dass diese Packungsgrössenänderung durch den Arzt hätte genehmigt werden müssen … und ein neues Rezept ausgestellt werden müsste. Sie retaxiert die Apotheke auf Null. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=2039)

Auf das dringende Rezept, das sogar nach Ladenschluss vorgelegt wurde gibt die Apotheke nicht das von der Krankenkasse verlangte Rabattarzneimittel ab, da das nicht an Lager ist. Eine Bestellung und Lieferung am selben Tag war nicht mehr möglich. Statt dessen wurde (wie in solchen Fällen von der Krankenkasse vorgeschrieben) eines der 3 günstigsten Generika abgegeben. Auf dem Rezept wurde dokumentiert weshalb: „Akutversorgung“. Die Krankenkasse retaxiert auf Null mit der Begründung, dass es nicht das vom Rabattvertrag vorgeschriebene Arzneimittel ist und das nicht unter Akutversorgung fallen kann, da es ein Medikament zur Dauertherapie ist. Eigentlich ist aber das doch gerade der Grund: man sollte so eine Therapie auch nicht unterbrechen, oder?? (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=2056)

Der Arzt verschreibt auf Rezept Sandimmun Spritzen 100 Stück mit „Aut idem Kreuz“ – bedeutet: er will, dass das nicht durch etwas anderes ersetzt wird. Die Apotheke gibt es ab, dokumentiert auch dass ein eventuell vorhandenes Importpräparat nicht lieferbar ist (das sie auf Vorgabe der Krankenkasse sonst abgeben müsste). Sie wird dennoch retaxiert – es soll ihr nur eine Packung von 50 Stück bezahlt werden und nicht eine Packung zu 100 Stück, da 2 Packungen zu 50 Stück in dem Fall tatsächlich etwas günstiger gewesen wären … Man retaxiert also nicht nur die Differenz. (Auf der anderen Seite verbietet sie solche Stückelungen und retaxiert auch dafür) (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1862)

Die Metoclopramid Tropfen, ein Medikament gegen Übelkeit, das schon lange verordnet und von vielen verwendet wird, aber wegen Nebenwirkungen unter Beobachtung stand, werden recht plötzlich letztes Jahr vom Markt zurückgezogen. Das auf eine ziemlich seltsame Art und Weise: erst kommt eine Pressenachricht und dann (um Tage verzögert) der offizielle Rückruf. Verunsicherte Apotheker haben Rezepte für die Tropfen in der Zwischenzeit deshalb mit Nachfrage beim Arzt und dessen Bestätigung, dass das Medikament dringend notwendig ist abgegeben. Jede Abgabe der Tropfen nach dem Tag des Rückrufs und auch für den Tag des Rückzugs selber (Veröffentlichung im Internet in der PZ) wurde den Apotheken deshalb nicht vergütet. Offenbar wird verlangt die Datenbanken stündlich zu prüfen. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1950)

Der Arzt (ein Spezialist für Gastrointestinale Tumore) verschreibt ein Mittel gegen Erbrechen in Lutschtablettenform. Der Patient hat einen Magentumor – und kann normale Tabletten nicht gleich aufnehmen. Die Krankenkasse hat nur die Tabletten in den Rabattverträgen und retaxiert die Apotheke, die Lutschtabletten abgibt auf Null. Es reicht nicht, wenn der Spezialist das so verschreibt, die Apotheke selber hätte den Nicht-Austausch mit dem Rabattarzneimittel auf dem Rezept mit „pharmazeutische Bedenken“ zusätzlich extra festhalten müssen. (Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1518)

Auch die Herstellung von Rezepturen (eigens auf ärztliches Rezept hergestellte Mischungen) werden retaxiert. Mit diesen Begründungen:

  • Preise außerhalb der Hilfstaxe werden bei der Vergütung zugrunde gelegt.
  • Anbruchberechnungen der Apotheken werden retaxiert. (das ist, wenn man von einem Inhalt nicht die ganze Menge braucht für die Herstellung, den Rest aber später vielleicht weiter verwenden kann – häufig auch nicht.)
  • Rezeptprüfstellen bestimmen über die zu verwendenden Wirkstoffe, über die Haltbarkeit von Inhaltsstoffen und überhaupt über die eventuell mangelnde Wirksamkeit. –  (Wer sitzt denn dort? Wohl kaum Apotheker oder Ärzte?)
  • Rezepturen mit Fertigarzneimitteln wurden auf Importe retaxiert. (die KK zahlen also nur das, was das Importpräparat gekostet hätte)
  • Rezeptur mit Fertigarzneimitteln auf Verwendung eines Off-label-Arzneimittels retaxiert. (Also: statt Viagra Tabletten wurden Revatio Tabletten zur Herstellung von Sildenafil Kapseln genommen … und nicht bezahlt).
  • Rezepturverordnungen mit Rx-pflichtigen Inhaltsstoffen nicht mehr erstattet, wenn sie ebenfalls nicht apothekenpflichtige Hilfsstoffe oder Grundlagen enthalten. – Zum Beispiel Salben, die sonst Kosmetika sind.

(Quelle: http://www.deutschesapothekenportal.de/newsletter_beitrag.html?id=1849)

Manche dieser Fälle sind eigentlich Arzt-Fehler: wenn das Rezept nicht richtig ausgestellt ist. Nur wird nicht der Arzt zur Rechenschaft gezogen, sondern die Apotheke. Die Krankenkassen machen die Apotheken zu „ihren“ Bürokraten und stellen faktisch Formulare vor das Patientenwohl.

In manchen von diesen Fällen konnte die Apotheke erfolgreich Berufung einlegen. Allerdings auch in diesem Fall: das bedingt einen derartigen Mehraufwand und Bürokratie… Sollten wir Apotheker uns nicht mehr um das kümmern, wofür wir da sind? Nämlich Patienten mit den richtigen Medikamenten zu versorgen und sie zu beraten, ihre Krankheiten zu behandeln und zu die Behandlung verfolgen?

Für das oben haben die Apotheker auch in Deutschland nicht studiert. Eine derartige Behandlung haben sie nicht verdient.

Man stelle sich vor, wenn derartiges zu uns käme.

Bitte nicht.

Das ist auch ganz sicher nicht im Sinn der Patienten.

46 Kommentare zu „Retaxationen – wenn die Krankenkassen Leistung einfach nicht bezahlen

  1. Warum muss man das in so einer Deutlichkeit als deutscher Patient von einer schweizer Apothekerin lesen? Was treibt der Deutsche Apothekerverband? Warum liegen nciht in jeder Apotheke Flyr, die darüber informieren? Warum gibt es keine Plakatkampagne? Ich würde schon erwarten, dass solche Mittel (die keine Unterstützung und Interesse durch die medien voraussetzen), ein gewisses öffentliches Interesse erregen würden.

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    1. Das sind gute Fragen.
      Man kann es natürlich auch von einem deutschen Apotheker lesen: Gedankenknick hat schon einiges über den Wahnsinn (sorry) des aktuellen deutschen Gesundheitssystems gebracht. https://knicksfussnoten.wordpress.com
      Man sieht das auch, wenn man Seiten, wie Apotheke-adhoc liest. Aber … stimmt, das sind alles sehr Apothekenspezifische Quellen.

      Das Problem ist nicht, dass sich die Apotheken nicht wehren. Das tun sie – gegen viele dieser Retardationen laufen Einsprüche. Anwälte sind involviert, Geld muss für das ausgegeben werden, damit man (vielleicht) Recht bekommt. Das ist schwierig für die Einzelnen – und Apotheken sind heute immer noch Einzelkämpfer. Gelegentlich sind auch die Verbände involviert – Das Problem ist, dass das Rechtssystem bisher bei den allgemeinen Einsprachen gegen solche Retaxationen den Krankenkassen mit ihrer Auslegung und den hunderten Vorschriften und Verträgen und Gesetzen Recht gegeben hat. (Und ich sehe wirklich nicht ein, wieso).

      Ja, das sollte den Patienten und der Öffentlichkeit bekannter gemacht werden.
      Wobei … da gibt es auch genug, die denken, Apotheken verdienten heute noch so wie vor 20 oder 30 Jahren … und die könnten sowas ja gut verkraften (können sie nicht). Und solange die Patienten nichts davon merken … tun sie ja zumindest finanziell nicht, da sie nicht zur Kasse gebeten werden können (auch in der Rechtsprechung in D) … interessiert das viele einfach nicht wirklich.

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      1. Also mich interessiert das, das es so schlimm ist wusste ich allerdings nicht.

        Da sitzen also Leute die den ganzen Tag nichts anderes machen als Rezepte durch zu wühlen, wo sie sich denn nun vor den Kosten drücken können.

        Richtig Unverschämt dass dann auch einfach mal auf 0 retaxiert wird, anstatt Differenzbeträge zu nehmen.

        Das System wer was von den Kassen bezahlt bekommt ist doch einfach nur schei*** hierzulande.

        Auch wenn man sieht mit welchen Pauschalen teilweise die Ärzte abgespeist werden. Vor allem Frauenärzte.

        Das geht so weit dass es eher in deren Sinn wäre sie würden keine Verhütungsmittel mehr aufschreiben. Da kommt wenigstens Geld in die Kasse mit Ultraschalluntersuchungen.

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        1. Die Krankenkassen lassen die Rezepte offenbar durch externe Prüfstellen validieren. Und die suchen gezielt nach so „Fehlern“. Anscheinend werden so Retaxationen auch bewusst spät gemacht, wenn man eine neue Art „Fehler“ findet … damit möglichst mehrere darunter fallen.
          – Und ich möchte ehrlich mal wissen, wie das mit dem Patientengeheimnis vereinbar ist: externe Prüfstellen? Jedes einzelne Rezept?

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          1. Ja, das sind meistens externe Firmen, die von den Krankenkassen beauftragt werden. Mir macht das datenschutzrechtlich auch Bauchschmerzen, muss ich sagen.

            Und oft kommt die Post erst ein Jahr später – und oft werden Kinkerlitzchen retaxiert. Z.B. bei uns mal eine Rezeptur, bei der 15 g einer fertigen Creme eingesetzt werden sollten laut Rezept, aus der Tube mit 15 g bekommt man aber nur 12-13 g heraus – also musste die 30 g-Tube dafür verwendet werden (und den Rest müssen wir dann ja verwerfen aus Haltbarkeitsgründen..) – das wurde dann bemängelt, da ging es um 3-4 Euro. Oft sind es noch geringere Beträge, da lohnt es sich finanziell kaum, Widerspruch einzulegen, da man ja oft aufwendig belegen muss, warum man so und nicht anders gehandelt hat.

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          2. @aconitum: Genau. viel Kleinvieh macht auch Mist. Für die Krankenkassen lohnen sich bei der Menge auch die kleinen Retardationen. Für die Apotheke ist der Aufwand (zeitlich und finanziell) dann zu hoch für jedes Einspruch zu erheben – obwohl das häufig ungerechtfertigte Forderungen sind, wie Du auch sagst.

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          3. Etwas ähnliches treiben auch die Jobcenter. Da werden die Daten der ALG2 Empfänger von externen Callcentern verarbeitet. Daten einmal queer durch Deutschland zum nächsten Callcenter und zurück.

            Noch toller ist dann jedoch, dass diese Leute am Ende auch nix machen können als „Notizen“ zu hinterlassen für den Sachbearbeiter. Oder eben Unterlagen und Formulare zusenden. Das dürfen die.

            Ich frage mich nun ernsthaft, kann ich als Patient mich dagegen wehren?

            Was geht es Hans Beispielschmidt an ob ich Antidepressiva, Aidsmedikamente oder etwas gegen eine STD kriege?

            Wenn es denn wenigstens anonymisiert wäre. Sprich nur eine ID Nummer auf dem Rezept bei der nur die Krankenkasse weiß wer dahinter steckt. Aber ich bezweifle doch schwer dass dies getan wird.

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      2. Was ich krass finde, ist, dass man nicht allgemein dagegen vorgehen kann! „Nach deutschem Recht muss jede einzelne Apotheke gegen jede einzelne Retaxation Klage erheben.“ (geklaut von Gedankenknick)
        Also für ein paar Euro einen (ev. jahrelangen?) Rechtsstreit in Kauf nehmen, bei dem der Anwalt alleine schon hunderte(?) Euro kostet… Wer würde so etwas tun? Niemand! Und daher machen die „kranken Kassen“ das! Ist eine Einnahmequelle, sonst nix!

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    2. Die ABDA (die deutsche Standesvertretung der Apotheker) kümmert sich lieber um Imagekampagnen etc., scheint es mir..

      Aber: wenn Apotheker sich wehren (ich erinnere an den Streik 2012 http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/tausende-apotheker-im-suedwesten-streiken-a-855406.html), dann wird das oft auch nur mit „die verdienen doch eh genug“ quittiert. Wie sehr uns die Rabattverträge und daraus resultierender Unsinn den Spaß am Beruf und die Zeit für sinnvollere Dinge klauen, scheint nicht so wirklich zu interessieren.

      Und was das für ein Wahnsinn ist, bekommen unsere Patienten schon ganz gut mit – wir diskutieren bestimmt 4-5 Mal am Tag (optimistisch geschätzt), weil ein Patient das Rabattarzneimittel nicht akzeptiert, weil keinen Reimport wünscht zu dessen Abgabe wir verpflichtet sind, weil das aut idem-Kreuz fehlt… Und das Wort „Rabattvertrag“ fällt fast in jedem Gespräch, wenn es um ein verschreibungspflichtiges Medikament geht.

      Naja, aber eigentlich will ich gar nicht jammern, trotz allem mag ich meinen Beruf sehr gern.

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      1. Naja, die Patienten bekommen vor allem das mit: „Ich bekomme von der Apotheke einfach nicht mein richtiges Medikament, das ich bisher hatte. Jedesmal ist es etwas neues. Und sie sagen zwar, das liegt an meiner Krankenkasse, aber die haben sicher die Möglichkeit das zu ändern, wenn sie wollten.“
        Woher wollen die wissen, dass am Ende die Apotheke ihr Medikament zahlt, wenn sie nicht genauestens nach den Vorgaben der Krankenkasse geht?
        Sagt ihr das auch? Und wie reagieren die Leute da drauf?

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        1. Ja, ich sage das immer. „Wenn ich Ihnen ein anderes Medikament abgebe, wird mir der komplette Betrag abgezogen.“ – ehrlich gesagt: Reaktionen darauf habe ich kaum. Manchmal sagt jemand „In der anderen Apotheke kriege ich immer was ich will!“ – dann weise ich darauf hin, dass das gesetzeswidrig ist.

          Ich versuche auch immer zu vermitteln, dass ich mich selbst darüber ärgere (unser Warenlager ist total aufgebläht durch die Verträge, mal abgesehen davon habe ich bei multimorbiden älteren Patienten wirklich Angst, dass die durcheinanderkommen mit ihren ganzen Tabletten).

          Den Ärzten wird übrigens auch die Differenz zum Rabattarzneimittel in Rechnung gestellt, wenn sie aut idem-Kreuze setzen (also ein bestimmtes Arzneimittel unter Ausschluss des Vertrages verschreiben) – daher machen sie das äußerst ungern. Im Extremfall gibts dann noch die Möglichkeit „Wunscharzneimittel“ – da muss der Patient komplett selbst zahlen und bekommt dann einen Teil der Kosten von der Krankenkasse abgezogen – abzüglich Bearbeitungsgebühren etc. Z.T. sind das dann noch 50% des Betrages, der vorher zu bezahlen war.

          Als die Rabattverträge gestartet haben, dachte ich, dass die Diskussionen sich nach einiger Zeit sicher legen würden – das ist leider nicht passiert. Aber ich mache da den Patienten keinen Vorwurf, ich kann das sogar sehr gut verstehen.

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          1. Ja, siehst Du. Das ist ja „Euer“ Geld und nicht das des Patienten … also betrifft ihn das einfach schlicht zu wenig, als das er das verstehen kann. Ausserdem weiss er oft gar nicht, was sein Medikament denn so kostet.
            Ah – die Ärzte werden von den Rabattverträgen auch „bestraft“. Zumindest nur mit dem Differenzbetrag. Das ist noch spannend: ich dachte, es sei öffentlich NICHT bekannt, wieviel denn genau da gespart wird. Das sei geheim … Das wäre eine (für den Arzt zumindest) teure Variante, das mal herauszufinden.

            Bei uns in der CH ist es übrigens so, dass sie Generika puschen, indem sie für teure Originale (und ev, teure Generika) 20% Selbstbehalt verlangen statt deren 10% wie normal. Da hat doch der Patient selber einen Anreiz mitzumachen. Auch wenn er erst viel später sieht, wieviel das effektiv ausmacht. In Amerika muss der Selbst-Anteil (je nach Kasse und Generikum unterschiedlich) gleich bezahlt werden. Aber die haben ja auch wieder ein ganz anderes Versicherungssystem. Da kann man fast froh sein, wenn man eine Versicherung hat.

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          2. Bietet ihr dem Patienten an, das gewünschte Medikament gegen Bezahlung abzugeben? Das Rezept dafür hat er ja.

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          3. @Irene:
            Gemeint ist hier das „Wunscharzneimittel“ bzw. „Kostenerstattungsverfahren“. Dabei bekommt der Versicherte den Hersteller, den er „will“, zahlt den Gesamtpreis selber, bekommt eine bedruckte Rezeptkopie zusätzlich zur Quittung – und die Apotheke rechnet das Originalrezept (mit Kassenerstattungssumme 0,00€ und Sondernummerbedruckung 7 „Kostenerstattungsverfahren“) ab. Für die Extra-Arbeit bekommt die Apotheke eine Aufwandsentschädigung von 0,50€ von der Kasse, wenn mich nicht alles täuscht. Dann kann der Patient Rezeptkopie + Quittung bei der Kasse einreichen, und bekommt die Gesamtsumme abzüglich Zuzahlung+Festbetrag+Bearbeitungspauschale+entgangenerRabattPauschale erstattet. Hier gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:
            1) Bei sehr preiswerten Arzneimitteln bekommt der Versicherte (fast) nichts wieder, da der Einkaufspreis geringer ist als Rabattpauschale+Bearbeitungspauschale.
            2) Bei sehr teuren Arzneimitteln handelt es sich meist um festbetragsgeregelte AM, und wenn ich dem Versicherten vorher ausreche, dass er z.B. von 120€ nur Festbetrag 45€ abzüglich 5€ Zuzahlung abzüglich Rabattpauschale+Bearbeitungsgebühr erstattet bekommt, wollen das die meisten Versicherten irgendwie nicht mehr…

            Die „Wunscharzneimittel“-Regelung ist nur für sehr wenige Versicherte attraktiv…

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  2. Habe ich als Patient eigentlich das Recht Auskunft darüber zu verlangen, bei welchem meiner Rezepte solche Retaxationen vorgenommen wurden? Irgendwie sind es ja meine Daten und irgendwie auch nicht.

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      1. Hm ich meine mich zu erinnern, dass auf einem Retax-Schrieb von der Krankenkasse (ging glaub ich um nur 5€ wegen was, das weiß ich schon gar nicht mehr), der Vermerk stand, dass der Patient bitte nicht involviert werden sollte. Habe ich bisher aber nur auf dem einen Schreiben gelesen.

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        1. Na klar wollen die das nicht. Ich bezweifle aber, dass das eine rechtliche Grundlage hat. Das würde ich in etwa so beachten wie damals die Meldung von Pfizer, dass Sortis nicht zu teilen sei. (Man kann die teilen – problemlos. Heute kommen sie sogar mit Bruchrille, nur wollten sie damals dass man nur die ganzen Tabletten nimmt und das nicht als Sparmittel benutzt wurde).

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          1. Die rechtliche Grundlage dazu findet sich in den Arzneimittellieferverträgen. Da ist ein „partnerschaftlicher Umgang der Vertragsparteien“ festgeschrieben – und die KrankenKassen für ihren ach so partnerschaftlichen Umgang bei den Versicherten „anzuschwärzen“ finden die KrankenKassen eben nun einmal nicht sehr partnerschaftlich. Problem ist, dass bei Verstoß gegen den Liefervertrag die fragliche Kasse die fragliche Apotheke von der Rezeptbelieferung ausschließen kann.

            Ob jener Passus juristische Gültigkeit hat, müßten Anwälte bzw. ein Gericht klären. Aber welcher Anwalt macht das wohl für umsonst? Und welcher Apotheker würde für so einen Unsinn einen Anwalt bezahlen bzw. gar vor Gericht ziehen wollen? Insbesondere bei so unsicherem Ausgang. Also läßt man es, so wie es ist, und rührt es lieber nicht an…

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          2. @Knick: Mal doch ne Frage aus Unwissenheit meinerseits. Jeder Apothekenmitarbeiter, der in der Gewerkschaft ADEXA Mitglied ist, hat die Möglichkeit, seinen Arbeitsvertrag durch einen Anwalt kostenfrei auf Fallstricke durchlesen zu lassen und kann sich kostenfrei rechtlichen Rat durch einen Anwalt einholen, ob und inwieweit Passagen im Vertrag überhaupt rechtliche Gültigkeit besitzen. Mit der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft kann man ja sogar nen Rechtsstreit führen, falls sowas mal notwendig ist.

            Jetzt ist ein Apothekeninhaber sicher nicht Mitglied der ADEXA. Meines Wissens ist aber jeder Apothekeninhaber Mitglied des Apothekerverbands (ich rede nicht von den Kammern, sondern wirklich von den Verbänden) und zahlt dort Mitgliedsbeiträge. Haben die wirklich keinen einzigen Juristen im Hause, der einem diese Frage verbindlich kostenfrei beantworten kann – nebst Zitierung von dementsprechenden Urteilen, falls vorhanden?

            Wenn die kleinen Gewerkschaften für 20 Euro monatlich schon sowas anbieten…

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          3. @McCloud:
            Dem DAV laufen die Mitglieder davon. Für die Mitgliedsbeiträge kann man sich einige Retaxationen leisten, und man geht plus-minus 0,- raus. Die einzigen Vorteile vom DAV sind:
            1) Du bist mehr oder weniger automatisch Mitglied aller abgeschlossenen Lieferverträge. Sofern die Kasse die nicht mit jeder Apotheke sowieso EINZELN abschließt. Das weißt Du aber erst hinterher…
            2) Es gibt einen Hilfsmittel-„Regulierungs“-Service. Du schickst ne Kopie des HM-Rezepts an die Clearance-Stelle, und bekommst mehr oder weniger schnell die Genehmigung zurück. Oder eben auch nicht, dann die Ablehnung.

            HiMi sind nen Bereich, womit man als Apotheke eigentlich nur noch „Service“ betreibt – da ist kein Gewinn mehr zu machen, nur noch Umsatz. Das wird vom Patienten aber nicht gewürdigt, weil er ja nur sieht, dass Du EWIG brauchst, um sein Rezept zu beliefern. Dass Du dafür kaum bis gar keinen Verdienst hast – aber Arbeit und Ärger ohne Ende – interessiert den Patienten nicht. Kann ich sogar nachvollziehen.

            Siehe auch hier: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/politik/nachricht-detail-politik/inkontinenzhilfen-spiegel-kritisiert-hilfsmittelvertraege/ Wenn ich ne komplette Inkontinenzversorgung für 13€ pro Monat machen soll (mit so viel Windeln, wie der Patient halt verbraucht), dann zucke ich halt mit den Schultern und sage: Tut mir leid, kann ich nicht! Damit ist das Thema für mich dann durch. DAV hin oder her. Und auch solche Verträge hat der DAV gezeichnet – entgegen den Wollen aller seiner Mitglieder.

            Und zum Thema DAV-Anwälte: Ich habe bisher noch nicht einmal gehört, dass diese sich gegen die Kassen-Anwälte durchgesetzt hätten. Auch hat man keinen „Anspruch auf Nutzung“, so wie in einigen Innungen der Anwalt einem mehr oder weniger kostenlos für bestimmte Probleme zur Verfügung steht. Und was der DAV hat immer zu Rechtsproblemen erzählt, hat dann meist als Äquivalent der juristischen Festigkeit eine Schüssel Götterspeise. Die Argumente sind so großartig belegt, dass Du die Meinung der Gegenseite durch das Konstrukt durch sehen kannst – und wenn Du dabei auch nur pustest, wackelt das ganze Teil schon.

            Der DAV ist juristisch und politisch genauso mutig und kämpferisch wie die ABDA. Es tut mir Leid, das so zu sagen, aber es ist so. Von ab und an getätigten Meinungsäußerungen mal abgesehen, kommt da nicht wirklich viel. Aber was soll´s…

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          4. @knick: Du schreibst, dass die Apothekerverbände nicht viel taugen, was juristischen Ratschlag angeht. Da ich nicht in der Materie drin stecke, kann ich das nicht beurteilen. Gibt es aber gar keine anderen Verbände oder Vereine, an die man sich diesbezüglich wenden kann und die für solche Fragen einen Juristen angestellt haben? Spontan würden mir diese Finanzdienstleister oder die diese eine Bank einfallen (will keine Werbung machen; Du weißt aber, welche ich meine, oder?), die sich auf Neugründungen von Arztpraxen und Apotheken spezialisiert haben.
            Ein normaler Anwalt ist wahrscheinlich eher ungeeignet, da er nicht auf Apothekenrecht spezialisiert ist und sich in der Materie nicht auskennt.

            Wenn es da wirklich gar nichts gibt, finde ich das extrem ungeschickt. Gerade als Inhaber eines Geschäfts braucht man doch gelegentlich mal einen juristischen Ratschlag. Das muss ja nicht gleich eine Klage oder sowas sein. Ein Steuerbüro leistet man sich doch auch, warum nicht einen Anwalt?

            Ohne fundierten juristischen Ratschlag kann man doch als Geschäftsmann total über den Tisch gezogen werden (worum es bei den Retaxationen im Wesentlichen auch geht).

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          5. @McCloud:
            Was Du nicht selber weißt als Apothekenleiter (oder im Retax-Forum gemeinsam erarbeitest) wird Dir kaum ein Anwalt als Info zur Verfügung stellen. Ist leider so. Das, was die „Anwälte“ des DAV und der ABDA in den letzten Jahren so vom Stapel gelassen haben, waren meist nichts weiter als gut gemeinte Ratschläge ohne Rechtsverbindlichkeit. Meist in Floskeln wie „also wir glauben, dass…“ oder „wir sind der Meinung, dass…“ ohne anschließenden Bezug auf einschlägige §§ dahingesagt. (Und meist von den Kassen genau gegenteilig kommentiert.)

            Wie großartig die Anwälte des DAV arbeiten, sieht man auch immer wieder an den Lieferverträgen, wo die Kassen allen möglichen Unsinn reinschreiben, der jeden normalen Geschäftsmann die Schamesröte ins Gesicht treiben und die Schamhaare zu Berge stehen lassen würde. Und so werden die Apothekers eben alle paar Jahre wieder von den Kassen über den Tisch gezogen, wenn der DAV (zum Teil auch gezwungener Maßen) die Lieferverträge unterschreibt. Manchmal wünsche ich mir, dass der DAV mal 3 Tage am Stück sagt: Nö, DEN Vertrag unterschreiben wir nicht! Seht mal zu, wie Eure Versicherten kostenneutral an Medis kommen! Und verbreitet mal schön in der Presse, wegen welchen Eurer Unsinns-Paragrafen wir die Unterschrift verweigern! Und 3 Tage lang alle Versicherten der Primärkassen zu Selbstzahlern werden… (auch wenn das ganz schön fies von mir ist.) Es würde den Versicherten mal zeigen, wie ihre Kassen gestrickt sind.

            Und die fragliche Bank? Die leidet in letzter Zeit aufgrund ihrer Geschäftsgebaren auch unter Apotheker-Flucht. Wie das wohl kommt? Mehr nachzulesen bei Apotheke-Adhoc.

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          6. @Knick: Ich sehe ein, dass die unverbindliche Auskunft eines Anwalts einem wenig bringt. Wenn man einen Anwalt nach seiner Meinung fragt, muss das verbindlich sein (dazu sind die Jungs ja auch haftpflichtversichert). Würde mich an Deiner Stelle mal nach einer kompetenten Person oder Institution umsehen, die sowas anbietet. Spätestens wenn euch mal Glivec (10000 Euro) oder Solvadi (20000 Euro) retaxiert werden sollte, solltest Du die Retaxation nicht mehr selbst machen, sondern das wirklich einem Juristen überlassen, der wirklich die letzten Fallstricke des Apothekenrechts kennt und Euch das Geld zurückholt. In dieser Preishöhe würde ich es für fahrlässig erachten, die Retaxation noch selbst zu bearbeiten, weil man da aufgrund seiner eigenen juristischen Unerfahrenheit viel Mist bauen kann. Dann ist es gut, wenn man schon mal einen derartigen Kontakt hat.

            Nimms mir nicht übel: Sich selbst alleine als Apotheker zu juristischen Themen über Internetforen zu informieren, finde ich etwas ungeschickt. Einem Patienten rät man ja auch, dass er sich nicht über Google informieren soll, sondern einen Fachmann (Arzt, Apotheker) aufsuchen soll. Ohne diese Retaxations-Foren selbst zu kennen, traue ich mir wetten, dass dort auch viel Blödsinn geschrieben wird, was juristisch keinen Bestand hat. Ganz so schutzlos sind die Apotheker auch wieder nicht, wie dort wahrscheinlich erzählt und gejammert wird.

            Diese Retaxationen bearbeitet doch sicher irgendein schlecht bezahlter Sachbearbeiter bei den Kassen. Ich traue mir wetten, dass sich viele Retaxationen angreifen lassen, wenn man das einem Experten (also: einem Juristen) gibt.

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          7. @McCloud:
            Was da im Retax-Forum gemacht wird, stellt m.E. (nach einigen Diskussionsbeiträgen hin und her) schon die derzeitig Oberwassermarke der juristischen Betrachtungen dar – mit Bezug auf die entsprechenden §§ und allgemeiner Auslegung selbiger. Niedergelassenen Apothekern kann ich nur empfehlen, sich da anzumelden. Unter anderem auch, weil dort Retaxfallen besprochen werden, die die KrankenKassen z.T. (noch) nicht nutzen – und so gemeinsam Gefahrenabwehrstrategien entwickelt werden können. Die Erfahrung zeigt, dass dort gegebenenfalls auch Blödsinn geschrieben wurde und wird (auch schon von mir) aber dass man dort dann auch kompetente und vor allem oft schnelle Hilfe bekommt (auch schon mal von mir kicher).

            Bei Retaxationen im Maßstab einer „Harvoni 28St.“ oder auch einer „Revlimid 21St.“ würde ich mir auch einen Anwalt nehmen, da lohnt sich der Aufwand. Allerdings zeigen die Gerichtsprozesse, dass die Chancen für die Apotheke selbst bei kompetenter juristischer Unterstützung verdammt mies sind. Aber wenn eine einzelne Retaxation zum Teil 0,02€ oder vielleicht auch 75€ beträgt, ist die Relation zu den Kosten eines Anwalts einfach nicht gegeben. „Auf das Prinzip bestehen“ kann sich heutzutage kaum eine deutsche Apotheke mehr leisten. Das nutzen die KrankenKassen durchaus auch aus. Der Sinn des Retax-Forums ist da, schnell die realen Chancen eines Einspruchs zu ermitteln, um denn (gegebenenfalls auch erst mal zeitaufschiebend) Einspruch erheben zu können.

            Die Sachbearbeiter der KrankenKassen sind übrigens normalerweise sehr gut bezahlt. Man kann davon aus, dass ein Krankenkassen-Angestellter locker das doppelte an Brutto macht, was er als Apothekenangesteller machen würde – oder mehr. Hinzu kommen oft (soziale) Leistungen der KrankenKasse für ihre Mitarbeiter, die über die Leistungen für „normale Versicherte“ dieser Kasse weit hinaus gehen. Unabhängig davon lagern viele KKen die Retax-Sparte an (zu, Teil extra dafür gegründete und vermutlich auf Provisionsbasis vergütete) Retax-Dienstleister aus. „ProtaxPlus“ wurde übrigens von einem Anwalt (mit)gegründet, der vorher für den DAV (wenn mich nicht alles täuscht) gearbeitet hat – und nun sein „geballtes Fachwissen“ halt an die KrankenKassen verkauft. Nett, oder?

            Und wie gesagt: Die Frage zur juristischen Abwendbarkeit einer Retaxation ist oft hauptsächlich eine wirtschaftliche. Macht der Apotheker unterm Strich mehr Minus, lohnte die Abwendung einfach nicht.

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    1. Bei Gedankenknick habe ich mal gelesen, dass es der Apotheke unter Strafandrohung verboten ist, dem Kunden/Patienten Informationen über seine Retaxationen zu geben. Also auch, wenn der Patient in der Apotheke direkt fragt. Finde die Stelle leider gerade nicht…
      Ob man als Patient selber bei der Kasse anfragen kann, das weiss ich hingegen nicht…

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      1. Das wäre übel. Vielleicht geht es nur um laufende Fälle?
        Jedenfalls: ich muss jetzt arbeiten – vielleicht hat sich das bis heute Abend erklärt. (Bitte gerne!)

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      2. Ja, dass ich die Apotheke damit ggf. reinreiten würde, ist klar. Aber wenn ich es wie du schon sagst, direkt bei der Kasse mache? Die geben solche Infos sicher nicht gern raus, aber müssten sie das?

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  3. ja der liebe Retax… seufz bei uns hat das ganze bisher nur eine Patientin mal wirklich interessiert und da ging es mit Glivec um verdammt viel Geld. Die war selbst stocksauer, dass die Kasse da so ein Aufhebens drum gemacht hat, wegen einem angeblichen Datumsfehler, der sich hinterher als nichtig heraus gestellt hat. Den meisten. denen wir versucht haben das zu erklären, war es schlichtweg egal, die wollen einfach nur ihr gewohntes Medikament – was man ja auch verstehen kann. Inzwischen machen bei uns ein paar tatsächlich von der Wunschverordnung Gebrauch und fordern ihr Geld selbst von der Kasse zurück.

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      1. Ich war heilfroh, als ich nach langem Hin und Her mit der Krankenkasse das Geld für das Zeug doch noch bekommen habe

        Ui Havroni hab ich auch sehr gern. Da setzt man sich echt hin, wenn man den Preis sieht. Da wir aktuell einen Patienten mit Harvoni und einen mit Sovaldi haben hoffe ich echt, dass sie sich da nicht auch noch was einfallen lassen. Ich glaube da kriegt El Cheffe dann einen Herzinfarkt…

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  4. Vielen Dank für diesen sehr informativen Beitrag! Gibt es eigentlich auch Krankenkassen die dies nicht so (oder zumindest nicht so extrem) betreiben? Das wäre dann ja durchaus auch ein Argument beim Krankenkassenwechsel eine entsprechende Kasse zu wählen oder eben nicht.

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  5. In meiner Apotheke kommunziere ich es grundsätzlich den Stammkunden bei ihrem nächsten Einkauf, dass ihre Krankenkasse uns die Bezahlung eines Rezepts verweigert hat. Den Retaxationsbrief zeige ich dem Kunden dann auch vor. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es durchaus einige Kunden gibt, die es interessiert, ob ihre Krankenkasse ihre Medikamente bezahlt. Manchmal auch aus eigenem Interesse. „Wenn man später mal wirklich krank wird, will man ja auch wissen, ob die Krankenkasse zahlt“. Einige treuen Kunden erzählen mir durchaus, dass sie Kontakt mit ihrer Kasse aufgenommen haben, weil sie es für eine Frechheit halten, dass die Kasse ihr Medikament nicht bezahlt.
    Ich mag meine Kunden. Was man Ihnen an Kulanz entgegenbringt, geben sie einem zurück. Und schließlich ist man als Apotheker ja auch Meinungsmultiplikator.

    Unabhängig davon habe ich mich vor Jahren mit einem befreundeten Anwalt geeinigt, dass er mir meine Retaxationen bearbeitet und zwar unabhängig von der Höhe. Dafür bekommt er eine monatliche Pauschale. So ein Brief vom Anwalt sieht doch schon mal ganz anders aus als ein Bittbrief eines Apothekers, zumal der Anwalt der Kasse auch die angefallenen Anwaltskosten in Rechnung stellt, auch wenn diese noch nie erstattet wurden. Wir gehen da hin bis zum „gerichtlichen Mahnbescheid“.
    Da ich mittlerweile kaum noch Retaxationen erhalte, habe ich das Gefühl, dass wir da jetzt auf einer Art schwarzen Liste stehen. So etwa: Schickt denen keine Retaxationen, da kommt bloss wieder einer Brief vom Anwalt, den wir bearbeiten müssen.

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  6. Baaaaah. Widerlich.

    Da wundert es mich, dass Apotheker dem Patienten nicht einfach sagen: „Nehmt das Medikament, es ist gratis. Ein paar €ulen für die Kaffeekasse wäre nett. Nehmt es einfach. Ohne Rezept. Kommt uns so günstiger.“

    Sind Geschäftspartner eigentlich nicht dazu angehalten, nach Treu und Glauben vorzugehen? „Treu und Glauben“ ist salopp gesagt ein Verbot der Spitzfindigkeit. Ausserdem existiert in vielen Ländern das sogenannte „Schikaneverbot“ – man darf ein Recht nicht in Anspruch nehmen, wenn die konkrete Anwendung dieses Rechts darauf abzielt, einen Schaden zu verursachen.

    Wenn zum Beispiel vom Arzt 28 Tabletten verordnet wurden, die Packung aber neuerdings 30 enthält, dann müsste die Krakenkasse auch 30 Tabletten bezahlen. Zwei Reservetabletten sind doch gut, wenn der Patient diese z.B. erbrechen würde, bevor sie durch den Darm wandern.

    Oder wenn irgendwo ein Kreuzchen fehlt – der Apotheker kann den mutmasslichen Willen des Arztes ja sehr wohl ergründen, und das Rezept korrekt ausführen.

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    1. Die Worte „müsste“, „Logik“ und „Krankenkasse“ passen nicht zusammen.

      Die Kassen sitzen immer am längeren Hebel, wenn es um die Bezahlung geht. Die Retaxsumme wird gar nicht erst an die Apotheke ausbezahlt. Um soviel Retaxe wie möglich rauszuholen, haben fast alle Krankenkassen Subunternehmen, die das bearbeiten. Ich vermute mal, die bekommen Provision, denn bei einer Retax über 50 Cent ist schon das Briefporto teurer. Die Kassen hoffen dann darauf, daß bei den Kleinsummen kein Widerspruch eingelegt wird.

      Richtig teuer wirds dann bei Sovaldi, Thalidomid etc. Das vom Arzt vergessene Kreuz auf T-Rezepten lässt sich auch nach Widerspruch und schriftlicher Bestätigung vom Arzt nicht heilen. Die Retaxsumme für ein Rezept betrug 2012 ca. 14000 Euro. Der Fall ging vor Gericht und die Kasse hat „Recht“ bekommen.
      Wer will, kann auf apotheke-adhoc nach T-Rezept und Retax suchen.

      Wir hatten auch schon die üblichen Retaxe.
      Noctu-Kreuz vom Arzt wird immer vergessen, das Rezept ist im Sonntagsnotdienst ausgestellt und auch abgegeben worden; nein, die Kasse übernimmt nicht die Extragebühr, es wäre dann nicht dringend gewesen.
      BtM-Rezept mit Nullretax über ein paar Hundert Euro, weil die Kasse das Datum nicht lesen kann, aber vorher nachfragen geht ja nicht.
      Genehmigte Hilfsmittel werden retaxiert, weil die Subunternehmen zu blöd sind, bei der eigenen Kasse nachzufragen, welche Preise denn genehmigt wurden.

      Jeder Unternehmer kann bei einer falsch gestellten Rechnung einfach eine neue korrigierte schreiben und bekommt ihr Geld. Der Kunde hat ja auch eine Leistung bekommen. Nur die Apotheken dürfen ihre Rechnung, also die Rezepte, nicht mehr korrigieren. Die Kasse hat den Patienten voll versorgt und braucht nicht mehr zahlen. Und am Jahresende erzählen uns die Kassenvorstände, daß sie jetzt ganz viel Geld gespart haben, und daß ganz viele Apotheken mit Absicht falsch abrechnen.

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  7. Ja, das ist nicht neu. Das habe ich schon vor 10-15 Jahren mit den Krankenkassen in Argentinien erlebt. Noch schlimmer, die „falsche abgegebene Rezepte“ wurden nicht nur „retaxiert“ (nicht bezahlt) sondern von der Bezahlung abgezogen. Wartet noch ein bisschen.

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  8. Die Kranken Kassen..
    L Polamidon zu Substitution wird in Fläschchen mit breiter Öffnung abgefüllt. damit es direkt aus der Flasche eingenommem werden kann. Die Flasche darf nicht berechnet werden, aber der kindersichere Verschluß. Bei einer großen Krankenkasse aber nur ein viel zu kleiner Verschluß bezahlt, der würde in die Flasche hineinfallen. Es werden 12 Cent retaxiert(2 Cent pro Verschluß), interessanterweise nicht bei jedem Rezept, nur etwa jedes 4. Ich mache doch nicht für jede Krankenkasse eine extra Preisliste. es reicht schon, daß eine andere große kranke Kasse da bei Subutex ihr Extra-Süppchen kocht.
    Von Rezepturen und Hilfsmittel will ich man garnicht reden.

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  9. Ich habe jetzt aber öfter mal gehört, dass es Krankenkassen gibt, welche keine Nullretax machen. Sie retaxieren nur den Differenzbetrag, was sagen unsere alten Hasen denn dazu? Welche Krankenkassen wären das?

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    1. Das war mal, zu Beginn der Rabattarzneimittel, Null-Retax ist für die Kranken Kassen doch viel gewinnträchtiger

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