Sichergestellte Beratung

Es ist Samstag und eine Frau kommt in die Apotheke – sie knübelt eine Medikamentenpackung aus der Handtasche: „Ich hätte dazu eine Frage.“

„Ja?“ sage ich, als ich die Packung in die Hand nehme und sie einmal um die Achse drehe – wobei mir nicht entgeht, dass die grosse Packung Stugeron (Wirkstoff Cinnazerin) die sie mir entgegenhält eine Etikette von der „Apotheke zur Rose“ trägt. Eine Versandapotheke.

„Ich habe die hier vom Arzt bekommen wegen meinem Schwindel. Aber wenn ich die nehme … dann stehe ich irgendwie neben mir.“

„Seit wann nehmen Sie die?“

„Seit 2 Tagen. Der Arzt meinte ich sollte das ausprobieren, weil mir immer so schwindelig ist.“
… und dazu schreibt er gleich eine grosse Packung auf – denke ich. Es gibt 25er zum probieren, aber … ookay.

„Wie nehmen Sie die?“ frage ich – es steht zwar auf der Packung, aber … manchmal interpretieren die Leute das auch falsch.

„Morgens und abends je eine Tablette“.

Okay – das ist durchaus in der Norm.

„Das Medikament kann tatsächlich machen, dass man müde wird oder benommen. Manchmal treten Nebenwirkungen auch vermehrt am Anfang der Einnahme auf. Heute ist Samstag … ich würde die Tabletten noch bis Montag weiter-nehmen und schauen, ob es besser wird. Wenn nicht, dann rufen Sie am Montag dem Arzt an und teilen ihm das mit.“

„Okay.“

„Und fahren Sie im Moment nicht selber Auto.“

„Mache ich sowieso nicht. Danke.“

Sie packt das Medikament wieder ein.

„Wenn ich noch etwas sagen darf, bevor Sie gehen … ich bin gerne für Sie da und beantworte Ihre Fragen zu Medikamenten … aber: Ich wäre dafür auch sehr dankbar, wenn Sie die Medikamente dann auch bei uns beziehen würden.“ ich schenke ihr ein aufmunterndes Lächeln. 

„Oh – das … ja.“

Ich weiss, dass das ein Problem ist, denn: ihr Arzt wird ihr diese Art der Medikamentenbeschaffung „empfohlen“ haben … wenn er nicht grad einfach gesagt hat: „Ich habe ihnen etwas aufgeschrieben, es wird ihnen morgen zugeschickt, das ist doch viel einfacher für Sie.“

Und sich dagegen zu wehren – ja, das ist schwierig.

Nur zur Info: der Arzt bekommt etwas für die Medikamente, die er via der „Zur Rose“ schicken lässt. 

Soviel zur sachgemässen Beratung, die sichergestellt sein soll bei der Abgabe von Medikamenten – aber: ich vergass: für Versandapotheken gelten ja andere Voraussetzungen, da reicht es, wenn man per mail oder Telefon erreichbar ist.  Montags bis Freitags –  7.30-18.00 Uhr

Zu blöd ist Samstag.

11 Kommentare zu „Sichergestellte Beratung

  1. [] Und ich dachte immer, Arzneimittelprobleme treten nur Wochentags innerhalb der gesetzlich festgelegten Ladenöffnungszeiten auf. „Zischen 18.30 und 7.30 Uhr und am Wochenende gibt es per Ministerialdekret prinzipiell keine Arzneimittelprobleme.“ Hat das die Deutsche Bundesregierung (samt den KrankenKassen noch nicht ins SGB V schreiben lassen?) []

    Oder, um es mit einem mir bekannten Elektrikermeister zu sagen, der auf die Frage, wie er die gerade im Baumarkt gekaufte Steckdose denn nun korrekt an die 3-Ader-Leitung klemmt: „Na sie kaufen sich das Mehl wohl auch im Supermarkt und fragen dann den Bäcker, wie da Brötchen draus gemacht werden!?“ ;-)

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    1. Oh, *das* ist auch gut. Das merke ich mir.
      Aber mich nervt wirklich etwas, dass für Versandapotheken andere Masstäbe angesetzt werden als für die normale Apotheke. Niedrigere.
      Auch zum Beispiel bei Auslieferungen. (siehe Rechtsprechung in Deutschland) : Die Versandapotheke darf das Medikament irgendeinem Service übergeben, der das dann in den Briefkasten wirft / abgibt. Die Apotheke, die ein Medikament nach Hause liefert muss das praktisch durch die Fachperson machen – damit die Beratung gewährleistet ist. Das rechtfertige sich dadurch, dass bei der Apotheke vor Ort Beratung vom Kunden “erwartet” werde – und bei der Versandapotheke eben nicht.
      Die Versandapotheke darf also *nicht beraten*, die normale Apotheke *muss*. Sogar bei der Auslieferung eines vorher direkt in der Apotheke bestellten Medikamentes.
      Na merci!

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      1. Wie wahr, wie wahr. Unsere (deutsche) Politik ist schon toll… (Und das ist durchaus doppeldeutig gemeint.)

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  2. Bitte was?
    Der Arzt darf bei euch echt die Bestellung über eine Online-Apotheke anstoßen???
    Und das auch noch gegen „Provision“???

    Das finde ich aber überhaupt nicht in Ordnung! Gerade die älteren Menschen werden sich dagegen höchstwahrscheinlich nicht wehren (ala „Götter in weiß“ und so…) und gerade diese brauchen doch die meiste Beratung. Was soll das denn?

    Ist das bei uns in D auch so?

    Ich glaube ich würde meinem Doc einen großen Vogel zeigen wenn er das mit mir versuchen würde – aber die „Götter in weiß“ haben bei mir durch einige vermeidbare Zwischenfälle auch jeglichen Respekt und – viel schlimmer – jegliches Vertrauen verloren…

    Heute weiß ich über meine Erkrankungen besser Bescheid als meine „Fach“ärzte und lasse mir nicht mehr auf der Nase herumtanzen. Nicht meine Idealvorstellung von einem Arzt-Patient-Verhältnis, aber was soll ich machen, wenn es ansonsten nur NOCH unfähigere Ärzte in der Umgebung gibt? :-/

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    1. Nein, in Deutschland ist das zur Zeit (noch) nicht so, da gilt (noch) die „Freie Apothekenwahl“, die der Arzt (eigentlich) nicht beeinflussen darf.

      Mehr Hintergrunde zur „Zur Rose AG“ finden sich hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Z… Als Kapitalgesellschaft darf sie zwar in der Schweiz, nicht aber in Deutschland eine niedergelassene (Versand-) Apotheke betreiben, da Apotheken in Deutschland als Gesellschaftsform nur „e.K.“ oder „OHG“ sein und sich auch nicht in „Fremdbesitz“ befinden dürfen. Deswegen kann man natürlich ausschließen, dass irgend eine Verflechtung mit der „Zur Rose“-Versandapo in Leipzig besteht. Logisch! (*lol* Das war mein bester Witz heute bisher!) Das spannende ist halt, dass ein Großteil der Aktieneigentümer „Zur Rose AG“ (niedergelassene) Ärzt sind – und dass daher der durch den Miteigentümer generierte Umsatz direkt dem Miteigentümer zugute kommt. Ein Schelm, der da einen Interessenkonflikt wittert! (Das war mein zweitbester heute.)

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      1. Über die „Zur Rose“ und mehr Info zum Interessenkonflikt bin ich grad am schreiben von einem Artikel.

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  3. Das erinnert mich daran, wie bei mir ein mir gänzlich unbekannter Kunde da stand und wissen wollte, warum ihm seine Versandapotheke statt der zehner PAckung die Neuner Packung Insulin geschickt hatte. Ich verweigerte die Auskunft und teilte ihm mit, er möge doch dort nachfagen.
    Als er dann mit Servicewüste anfing, erklärte ich ihm, dass ich ihm GERNE! unendlich viele Fragen beantworte, wenn er denn auch bei mir die MEdis erwirbt. Danach brummelte er etwas davon, dass er ja auch sehen müsste wo er bleibt und er hätte nur wenig Geld. Meine Antwort: Ich verstehe sie vollkommen, denn mir geht es genau so…..

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    1. Hmmm … vielleicht hast Du da die falschen Worte gewählt. Das ist nicht Auskunftsverweigerung. Woher willst Du auch wissen, warum (mit welcher Begründung) die Versandapotheke das gemacht hat?
      Ich hätte gesagt: Es tut mir leid, aber über die Beweggründe von anderen Dienstleistern kann ich keine Auskunft erteilen, bitte fragen Sie doch dort direkt nach.

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    2. Also die einfachste Erklärung wäre ja nun: Weil der Arzt die 9er Packung verschreiben hat?!

      Als ob ich die Diskussion nicht täglich (und gerade just wieder wegen Vertretungsarzt-Verordnung) führen würde: Ich: „Der Arzt hat Ihnen nur 30 Tabletten verschrieben. Die Packung habe ich gerade nicht da…“ Patient: „Na dann geben Sie mir doch einfach eine 100er Schachtel!“ Ja sicher. Und der Fliesenleger berechnet das Verlegen von 5 Fliesen, verlegt mir aber zum selben Preis 10 Bodenplatten. Klar.

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  4. Ganz schrecklich finde ich auch Kunden die man wohl mal, aber nicht regelmäßig sieht obwohl weiß das diese Kunden chronisch und Multimorbid sind. Nagut das ist nicht wirklich schlimm, wir haben Gottseidank die freie Apothekenwahl.
    Nervig wirds erst wenn eben diese Kunden mit einer oder gar 2 großen Tüten Altmedikamenten zum entsorgen kommen. Mann nimmt diese Tüten u.U. wiederwillig an und stellt dann beim Papier-Glas-Restmülltrennen dank Preisetiketten u.Ä. fest, das 85 % nachweißlich nicht aus der eigenen Apotheke stammen.

    Hellhörig wurde ich eben bei deinem Satz: ##… Aber wenn ich die nehme … dann stehe ich irgendwie neben mir.“##.

    Eine mir bekannte Kollegin segelt ehrenamtlich auf traditionellen, großen, Rahsegelschiffen und verwaltet dann während ihrer Zeit an Bord immer berufsbedingt die Bordapotheke. Bis vor einiger Zeit hat sie gegen Seekrankheit immer Cinnarizinkapseln gegeben, da das im Vergleich zu Dimenhydrinat und Co wenig müde macht.
    Irgendwann hat sie einem Seekranken Mitsegler dann eben diese Kapseln gegeben. Dem gings dann auch schnell wieder besser so das er bei den nächsten Manövern wieder normal mithielf, auch in 30 m Höhe beim Segelbergen und -packen. Nach der Wache kam dieser Mitsegler wohl mit den Worten:“Die Kapseln sind Toll! Ich hab mir grad selber beim Segelpacken zugeschaut!“ zur Kollegin.

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  5. Als mein Sohn ganz klein war, wollte der Orthopäde ihm Gipsschienen an die Füße legen. Und hat das Rezept gleich ins Sanitätshaus seiner Wahl geschickt…

    da hab ich aber Stunk gemacht. Und die Schienen später gar nicht erst bestellt, der Junge ist auch ohne zum Fußballer und Feuerwehrmann geworden.

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