Fentanyl her! … oder sonst….!

Es erreichen mich aus verschiedenen Apotheken und mindestens einer Arzpraxis die Nachricht, dass jemand versucht an Fentanyl zu kommen – in sehr hoher Dosierung und ohne gültiges Rezept – indem er per mail Druck ausübt. Er zitiert Gesetzesartikel aus dem Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IV), dem Heilmittelgesetzt (HMG), der Betäubungsmittelkontrollverkordnung (BetmKV) und dem Strafgesetzbuch (STGB) … Leider …. ach, ich zeige Euch erst, was der Herr schreibt:

Vorab:Jahresumsatz mit Fentanylpflaster 50’000, wer nicht will, muss nicht.

Guten Tag
Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ist mir eine Konsultation nicht möglich, benötige aber dringend Medikamente und Dauer -Rezepte für folgende Medikamente unter Hinweis auf Art. 26 und 26bis IVG, Art. 26 HMG, Art. 41 und 51 Abs. 3 und 52 BetmKV und Art. 112, 113 und 128 STGB  und die Möglichkeit, die bisherigen Medikamente bei der Zurrose verlängern zu lassen oder selbst für drei Monate zu liefern.
Es ist mir  nicht möglich zu diskutieren. Wer mir  nicht hilft, bringt mich in Lebensgefahr, darüber muss nicht diskutiert werden. (abruptes Absetzen Fentanyl)
Die Krankengeschichte will ich auch nicht offen halten wie das andere Reisende auch nicht tun müssen um Medikamente zu bekommen (dh. Sie können sie bei der Zurrose einsehen, ich möchte sie aber nicht per mail herumschicken).
Das Spital hat mich betrogen und ein falsches Betm Rezept ausgestellt und es wollte es im Nachhinein nicht korrigieren und hat mich einfach sitzen gelassen.

Besten Dank im voraus.
Mit freundlichen Grüssen (Name)

Tirosint 125mcg, 1-0-0
Importal 25 Doppelsachet 2xpro Tag
Domperidon 3×1
Optifibre nach Bedarf
Cubitan/Fresubin Protein Energy nach Bedarf
Calcipos D3 1-0-0
Maltofer 0-0-1
Magnesium Diasporal zuckerfrei orange, 50 sticks 1-0-1
Fentanyl TT Schmerzpflaster, alle 48 Stunden, 650mcg (sechshundertfünfzig, kein Witz)
Remeron 30mg 0-0-1
Kompressionsstrümpfe gegen Oedeme in den Unterschenkeln

Angehängt war auch das Rezept als pdf per email.

Nachdem sich verschiedene gemeldet haben, schreibt der Herr aus der Innerschweiz offenbar wahllos Apotheken und auch Ärzte in der Schweiz an. Er möchte die Medikamente gemäss des Rezeptes beziehen, respektive geliefert erhalten – eines davon (das Fentanyl) ist ein Betäubungsmittel in extrem überhöhter Dosierung. Mit der Zitierung verschiedener Gesetzesartikel versucht er Druck auszuüben, damit er zu seinen Medikamenten kommt.

Leider – zitiert er nur die Artikel, die ihm für sein Anliegen passen. Wir unterstehen aber noch ein paar mehr Vorgaben. Im Mail an die Apotheken droht er mit Konsequenzen aufgrund der Verweigerung von Nothilfe. Das entbehrt hier jeder Grundlage – er steht ja dafür nicht einmal in der Apotheke oder beim Arzt selber, sondern schreibt (von weiter her) mails. Ein Arzt vor Ort oder im Spital muss Nothilfe leisten, eine Apotheke zum Beispiel ein Ventolin abgeben, dass lebensretend ist, auch ohne vorhandenes Rezept aber nirgends steht, dass ich verpflichtet bin das zu verschicken.

Ausserdem brauche ich als Apotheke eine Versandhandelsbewilligung, wenn ich Medikamente an Patienten versenden muss (die einzige Ausnahme ist das Nachsenden von Medikamenten an meine Stammpatienten). Offenbar hat er bisher seine Medikamente bei der Zur Rose Versandapotheke bezogen … man fragt sich, weshalb das nicht mehr geht? Oder vielleicht frage ich mich besser nicht.

Ärzte müssen vor Ausstellen eines Rezeptes den Patienten gesehen und untersucht haben. Auf so ein mail ein Rezept auszustellen (und grad noch ein Dauerrezept) wäre fast schon ein Kunstfehler und illegal sowieso. Er scheint aber auf eine gewisse Gier der Ärzte zu zählen (vor allem der selbstdispensierenden / derjenigen, die nachher via der Zur Rose weiter liefern lassen) … oder wie soll ich die Anfangsbemerkung mit dem Jahresumsatz von Fentanyl verstehen?

Ah – und das Rezept im email des Patienten als pdf. Darüber habe ich schon ein paarmal geschrieben. Rezepte ohne elektronische Signatur des verschreibenden Arztes sind rechtlich gesehen nicht gültig. Ein PDF-Rezept ohne elektronische Signatur kann akzeptiert werden, falls das Rezept direkt von der Praxis an die Apotheke übermittel wird. Bei PDF Rezepten, welche vom Patienten an die Apotheke übermittelt werden, besteht immer das Risiko, dass sie dutzendfach eingelöst werden. Deshalb ist der Einzelfall zu betrachten. Falls es sich um einen Stammkunden handelt und sich die veschriebenen Medikamente soweit schlüssig in die bisherige Therapie einfügen, kann es ebenfalls akzeptiert werden. Ebenfalls denkbar ist, dass ein Kunde sein Rezept als PDF sendet mit der Bitte seine Medikamente bereitzustellen und er dann bei der Abholung der Medikamente das Originalrezept vorlegt. Im Zweifelsfall ist mit dem verschreibenden Arzt Kontakt aufzunehmen.

Das angehängte Rezept hat tatsächlich Fentanyl drauf – aber selbst wenn das Rezept nicht im email, sondern ausgedruckt vorhanden wäre: Fentanyl als Betäubungsmittel braucht ein eigenes, spezielles Rezeptformular (mit zweifachem Durchschlag). Und Assistenzärzte dürfen keine Betäubungsmittelrezepte ausstellen, das braucht die Unterschrift des Oberarztes.

Dann bezweifle ich sehr, dass ein Arzt so etwas einfach „durchwinkt“:

Klebt der sich echt 650 microgramm Fentanyl aufs Mal auf? Acht (8) Pflaster??

Also: falls ihr als Arzt oder Apotheke dieses mail bekommt: ihr müsst gar nichts tun. Vor allem kein (Dauer-)Rezept dafür ausstellen, oder Medikamente verschicken. Der Patient hat ganz sicher diverse medizinische Probleme (nicht zuletzt die Schmerzen), das gehört zuallererst direkt angeschaut von einem Arzt – und wenn er nicht zum Arzt kommt selber, gibt es heute Institutionen, die einen holen kommen. Ausserdem empfehle ich eine Stammapotheke zu suchen, die einen kennt. Die kann einerseits überbrücken, Ausnahmen machen etc. andererseits vielleicht auch schauen, dass das nicht so aus dem Ruder läuft, wie das hier passiert zu sein scheint.

Autsch.

Verschreibungspflichtig

Naja, die Hälfte der Medikamente auf dem Rezept ist nicht rezeptpflichtig … aber die „verschreibungspflicht“ scheint sich hier auf die Dosierungen zu beziehen. Da hatte es wohl jemand eilig. Wieviele Fehler entdeckt ihr?

Hier scheint der Arzt einfach die erste Zeile die in seinem Computersystem bei „Ibuprofen 400“ aufpoppt gewählt zu haben … oder er ist Fan der Apothekenkette, die das als Hausspezialität hat. Hmmm – ich ignoriere das und gebe ein anderes Generikum. Hier gibt es noch genügende.

Aber bei der letzten Rezeptzeile … ich denke ich kann das auf 1 Packung kürzen? Oder zahlt die Krankenkasse das Display mit 12 Packungen auch?

Es gibt ja viele Möglichkeiten, wie man in der Schweiz ein Dauerrezept kennzeichnen kann. „Ad Rep“, „repetatur“ … aber wenn man das lateinisch nicht kann, ist es vielleicht besser es auf Deutsch hinzuschreiben? Ich weiss ja, was der Arzt hier meint, aber … das amüsiert mich doch.

Die Medizinische Praxisassistentin hat das Rezept geschrieben. Wohl auf Wunsch des Patienten. Aber merkt der Arzt das nicht, wenn er das unterschreibt? Oder ist es ihm egal?

Falscher Patient, Richtiges Medikament?

Es ist nach 1 Uhr, wir haben grad den „Schichtwechsel“ hinter uns, da kommen zwei Frauen in die Apotheke und reichen mir ein Rezept für ein Blutdruckmedikament.

Ich gebe den Namen des Patienten (männlich) im Computer ein – kein Treffer. Ich frage deshalb nach der Krankenkassenkarte, die mir auch promt überreicht wird … und jetzt wirds lustig, denn: der Name auf der Karte stimmt überhaupt nicht mit dem Namen auf dem Rezept überein. Zudem ist es die Karte einer Frau.

„Entschuldigen Sie“ sage ich, „aber ich brauche die Krankenkassenkarte des Patienten. „

Sagt die eine Frau auf die andere deutend. „Sie ist die Patientin. Das ist ihre Karte.“

Pharmama: „Aber das Rezept ist auf einen anderen Namen ausgestellt, sehen Sie?“

Kurze Diskussion der beiden untereinander, dann: „Der Arzt ist der Vertretungsarzt, Sie braucht das Medikament dringend.“

Pharmama: „Ist es denn das richtige Medikament? (Ich meine: wenn schon der Arztname falsch drauf ist). Es ist ein Medikament gegen zu hohen Blutdruck (nenne Namen).“

Kurze Diskussion. „Ja, das ist das.“

Ich fühle mich nicht ganz wohl das so abzugeben, da kommt es mir gerade recht, dass das Medikament im aufgeschriebenen Original nicht lieferbar ist und ich ein Ersatz (Generikum) auf den nächsten Tag bestellen muss. Das gibt mir Zeit nachzufragen. Ich sende dem Arzt (da noch Mittagszeit) deshalb ein Fax mit dem Rezept und der (grossgeschriebenen) Notiz beiliegend:

Patientin (Name) hat dieses Rezept gebracht. Bitte antworten Sie noch heute ob das das korrekte Medikament für sie ist. Apotheke/ Tel/Fax/mail

Wir hören nichts. Das Medikament kommt, wird am nächsten Tag im Verlauf des Morgens von der Kollegin abgegeben … und nachmittags um 14 Uhr bekommen wir einen Anruf der Arztpraxis: Das war nicht das richtige Medikament. Weshalb wir das abgegeben hätten?!? Und weshalb das Generikum?

Grrrr.

Wir kommen überein, dass die Arztpraxis die Patientin informiert, dass sie das Medikament zurückbringen soll. Inzwischen sei auch ihr Hausarzt wieder da – ein Selbstdispensierender Arzt, so dass sie ihr Blutdruckmedikament dort (weiter) nehmen wird.

Die Geschichte ist noch nicht ganz fertig, denn die Patientin hat das Medikament nicht uns, sondern dem Hausarzt gebracht.

Beim Zurückholen desselben haben wir dann mitbekommen, dass der Ersatzarzt uns als Apotheke „freundlicherweise“ die Komplettschuld an der Fehlabgabe gegeben hat, sowohl gegenüber dem Hausarzt als auch gegenüber der Patientin.

Notiz für mich: das nächste Mal muss der Patient auf die offizielle Korrektur / ein neues Rezept warten, wenn das Rezept falsch ausgestellt wurde.


Nachtrag: In der Woche hatte ich grad noch 2 x so etwas. Einmal war es nur, weil die Patientin mit langem spanischem Doppel Namen andere Vornamen/Nachnamen auf dem Rezept als auf der Krankenkassenkarte hatte (da stimmte aber zumindest das Geburtsdatum überein) und ein anderes Mal war das Rezept auch auf einen komplett anderen Patienten ausgestellt. Alles von verschiedenen Ärzten. Haben die auch Stress grad?

Sie haben eine Tablette vergessen!

«Sie haben eine Tablette vergessen!»

Das von Frau Grumpel, einer Patientin, die bei uns ihr Dosett gerichtet bekommt. Wir haben das eingeführt, weil sie zunehmend Mühe bekundete, mit der Übersicht über ihre Medikamente … Eigentlich ist das nicht ganz korrekt – wir selber mussten sie darauf aufmerksam machen, da die Abstände, in denen sie ihre Medikamente bezog irgendwie nicht mit der Einnahmehäufigkeit korrelierten …

Wir machen das in der Apotheke im Normalfall so, dass wir immer ein neues Wochendosett richten, während eines beim Patient in Gebrauch ist – dann muss man nur einmal die Woche (am selben Tag) vorbeikommen, und das leere gegen das neue austauschen. Wir richten inzwischen dutzende Dosette pro Woche – sie werden von einer Assistentin gerichtet und von der Apothekerin kontrolliert. Das soll nicht heissen, dass nicht einmal trotzdem ein Fehler passieren kann, dass eine Tabette fehlt oder in das falsche Fächlein gerutscht ist … normalerweise erwischen wir das dank Kontrolle vor Abgabe an den Patienten.

Aber hier … ich kenne Frau Grumpel … und ich vermute ein anderes Problem. Schon als wir die Dosette eingeführt haben, hatte sie Mühe. Erst wollte sie partout nur eines und dass wir das jeweils gleich richten … ja, dann musste sie halt jeweils warten. Mindestens 20 Minuten. Irgendwann wurde ihr das zu langweilig, dann haben wir das mit dem zweiten Dosett eingeführt – und seitdem diese Diskussion, dass Tabletten fehlen würden.

Pharmama: «Welche Tablette war denn nicht drin?»

Frau Grumpel: «Das sehen sie doch, die von heute abend fehlt wieder.»

Pharmama: «Nein, die fehlt nicht, die haben sie letzte Woche bekommen und dann auch genommen.»

Frau Grumpel: «Nein, habe ich nicht!»

Pharmama: «Frau Grumpel: sie kommen mit dem leeren Dosett jeweils am Dienstag mittag. Sie bekommen ein komplett gefülltes Dosett – da ist auch der Dienstag abend drin. Sehen sie hier (ich zeige ihr das Dosett). Heute Abend nehmen Sie diese Tablette – und dann nehmen sie das ganze Teil vom Dienstag und fügen ihn unten wieder an. Wenn sie nächsten Dienstag morgen die restlichen Tabletten darin genommen haben, kommen sie wieder vorbei.»

Frau Grumpel: «Das ist so kompliziert. Immer muss ich Tabletten rausnehmen und verschieben!»

Ich will gar nicht fragen, was sie wo schiebt, oder wo die Logik dahinter ist … wo immer sie eine Tablette rausnimmt, fehlt sie ja nachher.

Pharmama: «Sie müssen gar keine Tabletten rausnehmen – ausser zum einnehmen.»

Frau Grumpel: «Aber dann fehlt immer eine!»

Rinse and repeat.

Am Schluss habe ich ihr ein kleines Zettelchen in das Fächlein vom Dienstag morgen gelegt mit der Aufschrift: «erst am Dienstag (Datum) einnehmen» … und einen Strich auf den Dienstagsschieber gemacht, wo sie startet/endet. / ->

Bis nächste Woche …

Das scheint für manche Leute wirklich ein Überlegungsproblem zu sein … und zwar nicht nur, weil sie nicht an einem festen Tag wechseln kommen möchten. Vielleicht erkläre ich das auch nicht richtig?

 

Viel Arbeit um nichts

Wir sind beschäftigt in der Apotheke. Sehr. Von Sommerferienzeit habe ich hier gar nichts mitbekommen, wenn überhaupt hat die Arbeitsbelastung und Anzahl Rezepte noch zugenommen. Dazu kommt immer mehr, was ich nur als Leerlauf oder Unsinnarbeit bezeichnen kann. Es ist so viel nicht lieferbar und muss ersetzt werden. Manchmal kann ich das selber, manchmal muss ich dafür den Arzt anrufen. Viele Ärzte die in den Ferien sind und wo ich Vorbezüge machen muss etc. Aber das ist nicht das, was ich als Unsinnarbeit bezeichne. Lasst mich das an einem aktuelleren Beispiel erläutern.

Wir haben ein älteres Pärchen, Stammkunden. Sie sehe ich praktisch nicht, da er so ziemlich alle Besorgungen und Läufe macht. Er bringt mir also für sie ein Rezept vom Arzt für Panadol Extend. Das sind Paracetamol-Tabletten mit Retardformulierung. Leider sind die nicht lieferbar (schon länger) und leider sind es auch die einzigen in der Art. Es gibt keine anderen Paracetamol-Retard-Präparate in der Schweiz. Und nichts in derselben Dosierung. Das bedeutet, dass ich für sie beim Arzt anrufen muss. Er stellt sie auf Dafalgan in anderer Dosierung und Einnahmefrequenz um. Ich vermerke das auf dem Rezept, gebe alles in den Computer ein, schreibe die neue Dosierung an, instruiere den Mann über die Änderung und weshalb, mache eine Kopie vom Rezept für uns zum ablegen (denn die beiden haben eine Kasse, bei der sie selber in der Apotheke bezahlen müssen), kassiere ein und …. denke das war’s.

Er kommt am nächsten Tag mit der Packung zurück. «Meine Frau sagt, sie verträgt die nicht».

Ich: «Was heisst das denn genau? Es ist derselbe Wirkstoff wie das Extend, halt nur nicht mit langsamer Freisetzung».

Er: «Ich weiss auch nicht, sie hat nur gesagt, die hatte sie schon einmal und die verträgt sie nicht. Ich soll sie zurückbringen.»

Eiiigentlich darf ich Medikamente, die mal draussen gewesen sind, nicht zurücknehmen. Aber es von gestern, das sind Stammkunden und … wir sind ja grosszügig.

Also gehe ich zu ihr ins Computerdossier, gebe ein, dass es zurückgebracht wurde, halte fest weshalb und gebe ihm das Geld dafür zurück. Ich erkläre ihm, dass sie jetzt am besten direkt mit dem Arzt einen Ersatz sucht.

Er geht und ich gehe nach hinten das Medikament gut anschauen und die Rückgabe festhalten. Für das QMS muss ja alles dokumentiert werden. Die Packung war nur 1 Tag draussen, momentan ist das Wetter auch nicht mehr so heiss, sie sieht noch gut aus, ungeöffnet, Verfall und Chargennummer okay, übereinstimmend mit denen auf dem Blister, alles vorhanden … ich buche die Packung wieder ins Lager ein und unterschreibe auf dem Protokoll, dass das meine Verantwortung ist. Auf einem anderen Protokoll für’s QMS muss ich festhalten, was da passiert ist. Immerhin ist das eine sogenannte «Nicht-Konformität» : irgendetwas ist schiefgelaufen und wir wollen das in Zukunft vermeiden.

Am nächsten Tag kommt der Mann mit einem neuen Rezept für seine Frau. Ein anderes Schmerzmittel: Novalgin.

Von dem bin ich jetzt selber nicht so Fan (wegen der möglichen schweren Nebenwirkung einer Agranulocytose soll man es nicht allzu lange nehmen und bei der Einnahme auf das Auftreten von Beschwerden, die auf eine Blutbildveränderung hindeuten achten) … aber der Arzt hat ihr das verschrieben. Im Computer sehe ich, dass sie es auch schon einmal hatte. Vor etwas über einem Jahr. Also gleiches Procedere wie oben: Ich vermerke die Abgabe auf dem Rezept, gebe alles in den Computer ein, schreibe die Dosierung an, instruiere den Mann über das Medikament und Einnahme, mache eine Kopie vom Rezept für uns zum ablegen, kassiere ein und …. denke das war’s.

Er kommt am nächsten Tag mit der Packung zurück. Leicht entschuldigend aussehend. «Sie hat die Packungsbeilage gelesen …»

Ja, nein, ist klar. Da nutzt es auch nichts, ihm zu sagen, dass in so einer Packungsbeilage unter den Nebenwirkungen alles drinsteht, auch was noch so unwahrscheinlich ist, oder dass sie das Mittel ja auch schon hatte und vertragen hat … Sie will das nicht und damit hat es sich.

Ich nehme die Packung zurück und gebe ihm das Geld zurück. Selbes Prozedere nochmals wie oben beschrieben …ich verzichte jetzt für Euch auf eine Wiederholung.

Nur das: verdient hätte ich bei Abgabe eines dieser Medikamente egal, was ich darum herum noch machen muss (wie dem Arzt anrufen oder extra bestellen …) etwa 8 Franken. Zeitaufwand von mindestens 5 Minuten pro Rezept.

Verdient habe ich jetzt, nachdem ich 2 x Rezepte eingegeben, Abklärungen getroffen,  Medikamente wieder zurückgenommen und alles dafür nötige festgehalten habe: 0 Franken. Zeitaufwand effektiv mindestens 30 Minuten.

Das meine ich mit Unsinnarbeit.

Deshalb reagiere ich momentan auch eher ungehalten, wenn jemand einen Vorbezug möchte von einem Arzt der hier wäre UND dass wir auch noch das Rezept dafür beim Arzt besorgen. Hier ist unsere Faxnummer, bitte kontaktieren Sie rasch selber den Arzt dafür. Ansonsten: Sie dürfen die Dafalgan Zäpfchen für das fiebrige Kind gerne auch jetzt kaufen. Kosten nur 3 Franken.

Anwendung und Wirkung gehen zusammen

Die Apotheker kennen sich besser mit den Medikamenten aus als die Ärzte. Ich sag das nicht nur so. Ich meine das auch. Die Ärzte kennen die Medikamente, die sie häufig verschreiben meist recht gut … mit den neueren kann das allerdings anders sein. Ich verstehe auch jeden Arzt, der nicht sofort die neuen Medikamente verschreibt …  nach der Markteinführung sind die praktisch noch in der erweiterten Testphase – mit vermehrter Anwendung an vielen Personen treten doch gelegentlich noch Dinge auf, die man vorher nicht gesehen hat. Mit ein Grund, Nebenwirkungen zurückzumelden und für den Arzt, der sicher gehen will auf bewährtes zurückzugreifen.

Seit ein paar Jahren ist Bilaxten im Handel, ein rezeptpflichtiges Medikament gegen Allergien. Wir geben das inzwischen gelegentlich in der Apotheke ab, genug, dass ich es auch an Lager habe. Diese Saison sehe ich einen starken Anstieg in den Verschreibungen.

wiese

So bin ich also nicht wirklich überrascht, als ich spätabends ein Rezept dafür bekomme. Auf dem Rezept stehen noch andere dazu passende Medikamente: Nasonex (Nasenspray mit Cortison bei Allergien), Livostin Augentropfen (bei Allergien) und eben Bilaxten.

Als der Patient (jung, männlich) das Bilaxten sieht, fragt er: „Darf ich die Packungsbeilage anschauen?“

Da bin ich ja nicht ganz so Fan davon  – aus verschiedenen Gründen. Nach „Ich hab die Packungsbeilage gelesen …“ kam noch nie etwas gutes … und sie verdammt schwer wieder richtig zusammenzufalten.

Aber: „Sicher.“ Ich gebe in der Zwischenzeit die Medikamente im Computer ein.“

Er war noch nie bei uns – er scheint auch jetzt vor allem deshalb da zu sein, weil seine Apotheke schon zu hat. Aber er ist ausgerüstet (mit Krankenkassenkarte) und fragt mich freundlich etwas über das Medikament aus. Den Beipackzettel faltet er wieder zusammen, als er merkt, ich weiss, wovon ich spreche.

Mann: „Das ist gegen Allergien, richtig? Das ist neu für mich.“

Pharmama: „Ja, das ist ein neueres Medikament gegen Allergien. Es ist etwas speziell in der Anwendung … das schreibe ich Ihnen auf die Dosierungsetikette …“

Mann (misstrauisch): „Wie … speziell?“

Pharmama: „Nun, Sie müssen es nüchtern nehmen. Das bedeutet entweder eine Stunde vor dem Essen oder zwei Stunden nach dem Essen.“

Mann: „Aber auch eine täglich, wie die Telfastin: die hatte ich bisher?“

Pharmama: „Ja. Nur eben: nüchtern.“

(Einschub: Ich weiss, wirklich „nüchtern“ wäre nach 8 Stunden nicht Essen, aber für die Medikamenteneinnahme stimmt das so. Bei diesem Medikament ist das speziell wichtig, da sonst die Aufnahme in den Körper ausgesprochen schlecht ist. Nicht mal mit Fruchtsaft soll man das nehmen).

Mann: „Kann ich die auch bei Bedarf nehmen?“

Pharmama: „Nun – mit der Einnahme wird das etwas schwierig. Für was sollen Sie sie denn nehmen?“

Mann: „Bei Nahrungsmittelallergie. Manchmal bekomme ich, wenn ich etwas gegessen habe im Hals so ein Kratzen …“

Pharmama: „Uh – das wird schwierig, wenn Sie die erst 2 Stunden danach nehmen dürfen …“

Mann (überlegt): „Oh.  … Ja. … Ich glaube ich bleibe bei den Telfastin, da habe ich noch ein Dauer-Rezept in der anderen Apotheke.“

Er will die Telfastin auch weiter gegen den Heuschnupfen nehmen, den er offensichtlich auch hat und nicht auf das (neuere, teurere) Bilaxten dafür wechseln.

Okay für mich.

Nur eine Frage konnte ich dem Patienten nicht beantworten: Weshalb der Arzt ihm denn das Bilaxten aufgeschrieben hat statt wieder das Telfastin? Höchstens, dass ihm das mit dem „nüchtern“ nicht bewusst war.