Es wird Sommer – das ist auch Reisezeit und dafür braucht es für manche Länder etwas Vorbereitung. Impfungen zum Beispiel.
Auf Rezept des Kinderarztes:
Vivotif Kaps
+ Puffer
Puffer? Ja. Das Problem: die Vivotif Kapseln enthalten einen Lebendimpfstoff gegen Typhus (Lebendkeime von Salmonella enterica serovar Typhi des abgeschwächten Stammes Ty21a.)
Die Kapseln sind magensaftresistent, damit die Keime unbeschadet durch den Magen kommen – viele Bakterien sind säureempfindlich. Wenn man sie öffnet, ist der Schutz aber weg.
Nun haben kleine Kinder oft Probleme damit Kapseln zu schlucken. Und die Sachets von Vivotif gibt es nicht mehr.
Also was tun? Man öffnet die Kapseln und suspendiert den Inhalt zum trinken in einer Pufferlösung, in der Hoffnung, dass sie so die Magenpassage überstehen.
Laut dem Infovac-Bulletin Nr.9/ 2002 dürfen Kinder ab 2 Jahren Vivotif® erhalten, sofern der Inhalt der Kapseln in einer gepufferten Lösung verabreicht wird.
Herstellung der Pufferlösung:
2,65 g Natriumbicarbonat,
1,65 g Ascorbinsäure
0,2 g Lactose
Diese Pulvermischung wird in 100 ml Leitungswasser aufgelöst, bevor der Inhalt einer Kapsel zugefügt wird.
Achtung: Man muss für jede Behandlung 3 solcher Puffer-mischungen herstellen, es sind ja auch 3 Kapseln, die an den Tagen 1, 3 und 5 nüchtern (das heisst 1 Stunde vor dem Essen) eingenommen werden müssen.
Die Kapseln sind aber recht klein – und mit dem richtigen Anreiz, z.B. einem Schluck vom Lieblingsgetränk – eigentlich gut schluckbar. Mein Junior musste in Afrika 2 Wochen lang täglich eine Malariatablette einnehmen, das ging mit einem Schluck „ausnahmsweise“-Cola sehr gut. Und er war dort auch erst knapp 3 Jahre alt. Es ist also oft auch so möglich.
Kenn jetzt die Vivotif-Kapseln nicht, laut Google handelt es sich allerdings um Hartgelatinekapseln.
Wird die Magensaftresistenz bei Hartgelatinekapseln nicht allgemein dadurch erreicht, dass man den Inhalt der Kapseln pelletiert und das Pellet dann anschliessend mit Eudragit überzieht und das überzogene Pellet dann in normale Kapseln einfüllt? Nachdem sich die Hartgelatine der Kapsel im wässrigen Milieu des Magens sowieso auflösen sollte und das Pellet sowieso im Magen freigesetzt wird, sollte doch eigentlich einer Applikation des Arzneimittels als Pulver nichts im Wege stehen, oder? Das Eudragit löst sich doch erst im alkalischen Milieu des Dünndarms auf.
Oder sehe ich das jetzt falsch?
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Bei den meisten Arzneimitteln trifft das sicher zu.
Bei Lebendimpfstoff nehme ich an, dass die Pelletisierung und besonders das anschließende magensaftresistente Überziehen (alkoholische Lösung!) dem Impfstoff nicht so gut bekommen und deshalb der Prozess schwierig in den Griff zu kriegen ist.
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In D ist das Typhoral im Handel und das sind auch magensaftresistente Hartkapseln, die nicht geöffnet werden dürfen und auf leeren Magen (mind. 1 h vor dem Essen ) eingenommen werden müssen.
Ich denke auch, dass die Bakterien eine Pelletierung nicht überleben würden, sodass es keine andere Möglichkeit gibt.
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Es gibt diese und dann jene, die die Kapseln mit einer säurebeständigen Schicht überziehen. Bei Vifotiv sind es eben solche und da geht der Magenschutz kaputt, wenn die Hülle beschädigt wird, respektive die Kapsel geöffnet. Es steht auch in der Packungsbeilage: „Man vergewissere sich durch Sichtkontrolle, dass … die Kapseln intakt sind.“
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Wäre eine Spritze nicht einfacher zu applizieren?
Die Kanülen der neuen Impfstoffe sind doch heute so ultra dünn. Die letzten paar male hab ich den einstich und die Nadel nicht mal gespürt.
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Ja, aber die Typhus-Impfung gibt es nur in speziellen Impfzentren als Spritz-Impfung … und dann ist es ein Totimpfstoff.
In der Apotheke haben und bekommen wir nur den Lebendimpfstoff – und bei dem muss sich das (abgeschwächte) Bakterium wohl erst im Darm vermehren und dann reagiert der Körper mit der Bildung von Abwehrstoffen.
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Warum haben eigentlich soviele Menschen (man hört das ja nicht nur von Kindern) solche Probleme mit Tabletten?
Gibt es da eigentlich irgendeine optimale Strategie?
[Ich behalte immer 1-2 Schlücke Wasser im Mund, Kopf in den Nacken, gewünschte Anzahl Tabletten in den Mund „fallen lassen“ und in einer geschmeidigen Bewegung den Kopf senken und schlucken.]
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Ja, es gibt ein paar Tipps:
Tabletten lassen sich am besten schlucken, wenn man den Kopf etwas nach hinten neigt,
Bei Kapseln den Kopf nach vorne neigen (die schwimmen nämlich obenauf),
Weichgelatine-Kapseln kann man ein paar Sekunden mit etwas Flüssigkeit im Mund behalten, dann rutschen sie besser.
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Gute Frage. Aber ich gehöre auch zu den Leuten, die keine grossen Tabletten schlucken können. Etwa bis mit 15 hatte ich nie Probleme, aber dann kam es immer öfter vor, dass Tabletten, die grösser als etwa 8mm waren, stecken blieben(Herbeiführen von Erbrechen war das einzige, was da noch half). Darum meide ich Medikamente mit grossen Tabletten…
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Vielleicht helfen dir die oben-genannten Tipps. Aber meist ist es mehr ein „psychologisches“ Problem: wenn man feste Nahrung zu sich nimmt, schluckt man oft grössere Stücke -ohne Probleme. Wenn das mit dem Tabletten nicht schlucken können sehr beeinträchtigend ist, hilft vielleicht auch üben: nicht unbedingt mit Tabletten, aber z.B. mit Brot, das man zusammendrückt?
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Unsere 4 jährige Tochter mit Autismus (reduziertes Sprachverständnis) war nicht zu überzeugen die Pufferlösung mit der aufgelösten Kapsel zu trinken. Wir haben in der Not deshalb etwas süssen Sirup beigegeben und dann ging’s. Funktioniert die Impfung auch so, oder haben wir es damit verscherzt?
mit bestem Dank
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Ich sag’s mal so: besser so als gar nicht.
Es darf einfach nicht zu sauer werden – der Sirup sollte also mit Zucker konserviert sein, dann ok. Wenn er aber mit Zitronensäure konserviert ist, könnte das zu sauer werden, dann wird der Wirkstoff inaktiviert.
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Liebe Pharmama
Google zeigt mir Deine seite als erstes, wenn ich auf der Suche nach der Pufferlösung bin. Gratullation. Was mir hier noch fehlte war der Link zu einer „offiziellen“ Seite.
Hier der Link zu pharmavisa:
http://pharmavista.net/content/default.aspx?http://pharmavista.net/content/NewsMaker.aspx?Nid=4&Aid=0&ID=0&NMID=4348
Gruss
der Hausapotheker
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