leere Schachtel gesucht

mittel-alte Frau in der Apotheke: „Haben Sie mir eine leere Packung Seresta?“

Pharmama: „Äh – für was?“

(Seresta ist ein Benzodiazepin, ein starkes Beruhigungsmittel. Es macht rasch abhängig, weshalb wir immer wieder Leute haben, die das gerne auch ohne Rezept hätten, aber … ohne Inhalt? Das ist neu.)

Frau: „Wissen Sie, meine Mutter nimmt das schon eine ganze Zeitlang. Jetzt hat ihr der Arzt Anxiolyt aufgeschrieben (das Generikum), aber das hat eine blaue Packung, das Seresta hat eine weisse Packung – und meine Mutter ist einfach überzeugt, davon, dass die Seresta besser wirken. Und da dachte ich … ich könnte die Tabletten um-packen. Ich denke nämlich, das ist alles hauptsächlich im Kopf bei ihr.“

Kreativ! Und ich denke, das könnte sogar funktionieren … nur leider hatte ich keine leere Packung.

34 Kommentare zu „leere Schachtel gesucht

  1. Placeboeffekt mit Wein.

    Ja, das gibt es auch und kommt mir grad in den Sinn. Die Geschichte ist jetzt etwa 60 Jahre alt. Als wir Besuch hatten von einer verwöhnten noblen Familie und meine Eltern kein Geld für teuren Wein ausgeben wollten, kam meine Mutter auf eine brilliante Idee. Sie hatte zum Glück noch eine leere Flasche eines teuren Weines. Sie schüttete einen billigen Feld-Wald-und-Wiesen-Wein in die noble Flasche. Die noble Gesellschaft fand den Wein hervorragend.

    Offen bleibt dabei die Frage, wie das überhaupt funktionieren konnte, weil sie musste ja eine bereits offene Flasche der noblen Gesellschaft servieren…
    Naja, ist etwas lange her. :-)

    Gruss
    Thomas

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      1. Können sie auch wirklich nicht.

        Kein noch so guter Sommelier war am Ende im Stande (zumindest nicht statistisch relevant) einen günstigen von einem teuren Wein zu unterscheiden, außer er kannte einen der beiden schon.

        Bei Kaffee übrigens das selbe.

        Am Ende kaufen was einem schmeckt. Wer als Gast dumm herum nöllt dass der Wein zu billig wäre, der kriegt bei mir Wasser ;)

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  2. So ein Schuss kann gar heftig nach hinten losgehen. Ich kann davor nur warnen und davon abraten, allein aufgrund von „Arzneimittelsicherheit“! Vor nicht allzu langer Zeit bei mir an der Apo-Theke…

    …beschwert sich ein Kunde Y heftigst und sehr cholerisch in dicksten Kundenbetrieb, dass wir letzte Woche eine „Neuroleptikum-Schachtel A“ herausgegeben haben für die Patientin Z – er sei der Lebensgefährte und blicke bei der Medikation sowieso nicht durch (eigene Aussage) – und in dieser Schachtel seien aber ganz andere Tabletten! (laut Blisterbeschriftung „Neuroleptiklum B“)… und da sei die Patientin Z fast von gestorben! Schachtel A mit (korrekt beschriftetem) Blister B hatte er dabei – spannend war, dass die beiden AM von völlig unterschiedlichen Herstellern stammten; eine „einfache Verwechslung“ in der Fabrik wird es also nicht gewesen sein. Ich habe dann meine Technik (inklusive Rezept-Images, Abverkaufsstatistiken usw.) angeschmissen, und herausgekommen sind dabei folgende Aussagen:
    1) Die Patientin hat „Neuroleptikum B“ von uns bekommen.
    2) Das Rezeptimage sagt, dass wir die genau wie verordnet abgegeben haben.
    3) Die Belieferung liegt ca. 2 Monate zurück.
    4) Die Packung „Neuroleptikum B“ ist im letzen Jahr nur 1x gelaufen (für Patientin Z).
    5) Vom „Neuroleptikum A“ ist den den letzen 6 Monaten gar nichts gegangen.
    => Verweis meinerseits (zum Missfallen den Kunden Y) an den Neurologen. Die unterschiedlichen Rezept-Image-Ausdrucke habe ich Kunden Y dann für den Neurologen und auch für Patientin Z mitgegeben.

    Dann klärte sich so einiges: Der Neurologe hatte Patientin Z umgestellt von Neuroleptikum A (1x morgens) auf Neuroleptikum B (1x abends). Die Patientin Z hat aber die Blister des neuen B in eine alte Schachtel A getan, damit ich besser durchsehe, dabei aber die veränderte Dosierung nicht übertragen. Ca. 2 Monate später war die derzeitige Packung A alle, und es wurde einfach mit der „wiederbefüllten, alten“ Packung A weitergemacht. Das völlig andere Aussehen der Tabletten (andere Farbe, andere Form) wurde dabei ignoriert. Als die Wirkung von Neuroleptikum B dann anders als erwartet einsetzte (Patientin Z war den ganzen Tag totmüde und völlig neben sich – die korrekt zu erwartende Wirkung von B), hat sie festgestellt, dass da ja „falsche Tabletten“ in der (alten) Packung A enthalten sind. DIe Umstellung auf B war in der Zwischenzeit einfach vergessen worden… Nach Beratschlagung mit dem Neurologen durch Kunde Y in Zusammenhang mit vielen Telefonaten nach Hause mit Patientin Z fiel letzterer dann ein, was ganz ursprünglich besprochen war…

    Aber wer hatte wohl erst einmal Schuld? Genau… die mit der „A“-(Visiten)Karte.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Die Mutter, die fest glaubt, auf Seresta einegstellt zu sein und diese zu nehmen, dabei aber Anxiolyt bekommt, wird
    1) entweder selbst irgendwann darüber stolpern und (nicht ganz zu unrecht) an eine Konspiration gegen sie glauben oder
    2) bei irgend einem blöden Vorfall (z.B. unerwartete Einweisung ins Spital) angeben, Seresta zu nehmen, und diese dann unter unwissentlicher Absetzung von Anxiolyt neu bekommen, oder
    2a) durch Angabe der Einnahme von Seresta dann nicht notwendige Medikamente erhalten können (wie Tilidin/Naloxon), da man einen Entzug als Interaktion befürchten muss… oder
    3) hier mal nen paar irrwitzige und offensichtlich unwahrscheinliche, aber durchaus mögliche und nach Murphy dann auch eintretende Szenarien selbst ausdenken und einfügen
    Alles Vorfälle, an denen ich als Apotheker nicht unbedingt eine (Teil)Schuld tragen möchte.

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    1. Ich würde da auch die Finger davon lassen, bei einem Benzodiazepin eine andere Schachtel herauszugeben, wenngleich aus anderen Gründen.

      In unserer Apotheke gehen sehr viele Packungen eines bestimmten Benzodiazepins zu 50 Stück raus. Alle sind ordnungsgemäß auf Privatrezept verschrieben und es handelt sich nicht um Rezeptfälschungen, was ich schon oft genug durch Anrufe bei den verschreibenden Ärzten überprüft habe. Das Dumme ist nur, dass mir viele Kunden als Bezieher von Spritzen und Kanülen bekannt sind. Da diese Kunden gerne das Rezept quittiert wieder zurückerhalten möchten, habe ich den Eindruck, dass die Tabletten dieser Packungen ausgeeinzelt und gewinnbringend weiterveräußert werden. Das quittierte Rezept benötigt man IMHO für eine potentielle Polizeikontrolle.

      Aufgrund des Kontrahierungszwangs beliefern wir die Rezepte. Ich kann meine oben geschilderte Vermutung zwecks Weiterverkauf nicht überprüfen. Den Leuten würde ich aber niemals eine andere Schachtel in die Hand drücken – nicht bei einem Benzodiazepin.

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      1. Auch ein Gedanke (sowas kam mir auch kurz in den Sinn) … allerdings war die mittel-alte Dame absolut unverdächtig – und hatte eine verständliche Erklärung weshalb sie eine leere Schachtel wollte. Sie wollte ja nichts drin.

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    2. Guter Einwand, Knick – allerdings hat mir die Frau versichert, dass sie der Mutter die Medikamente jeweils vorbereitet (im Dosett) …und demnach für die Kontinuität (auch der Umpackung) verantwortlich ist. Und eigentlich ist es egal, ob sie Seresta oder Anxiolyt angibt (oder nimmt) – als Generika sind die doch austauschbar. Hauptsache sie wechselt nicht Dosierung oder Menge.

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      1. Huch – ich habe nicht mitbekommen, dass Serestra und Anxolyt aut-idem-fähig sind. Da beide AM-Namen in D nicht zugelassen sind, und meine „Internationale AM-Datenbank“ nur Serestra kennt, habe ich vermutet, es handelt sich um unterschiedliche Wirkstoffe. Mein Fehler.

        Die Markennamen in D dazu sind (bzw. waren) Adumbran, Praxiten und Sigacalm. Ansonsten heißen die zumeist „Oxazepam FirmaXY“, „Oxy-XY“ und „Durazepam“. Zum letzten finde ich solche Firmennamenspielereien verdammt ungünstig (hier Merck-Dura), da es halt auch andere „…zepame“ gibt, und ich den Wirkstoff erst nach Rätselraten und Nachlesen rausbekomme… Es gibt derzeit übrigens nur 8 Generica-Hersteller in D mit Oxazepam, kommt mir verdächtig wenig vor. Andererseits läuft es (zumindest bei mir) super selten; in D ist es halt nicht der Schnelldreher…

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        1. nur 8 ist gut – in der Schweiz sind es vielleicht 2. Ah – und mit dem Anxiolyt hatte man bisher das Problem, dass das eine andere Menge drin hat (Seresta 50 und Anxiolyt 60)…

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          1. Naja, „Metoprololsuccinat 95mg 100 St.“ zählt man in D neunzehn (also 19!) Hersteller, davon 1x Original (Beloc Zok) und 5 Generica-Hersteller haben ihr Produkt AV (= Ausser Verkehr) gemeldet, was aber auch an Firmenübernahmen und Zusammenlegung der Produkte liegen kann…

            „Metoprolol(-tartrat) 50mg 100St.“ unretardiert sinds 24 Anbieter, davon 3 AV…

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    3. Ich bitte um eine Erklärung: Wenn Anxiolyt das Generikum von Seresta ist, warum wäre es denn schlimm, wenn sie wieder Seresta bekäme ? Wegen der Tablettenfarbe ??

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      1. Nehme mal an der Preis, sonst keine Übernahme durch die Krankenkasse?
        Selbstgezahlt wäre das keinThema.

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        1. Es ist nicht ganz so schlimm bei uns – da wird dem Patienten nicht auf einmal das Ganze Mittel nicht mehr bezahlt. Wenn sie die Franchise erreicht hat (erst ab dem übernimmt die KK Kosten) zahlt sie im schlimmsten Fall einfach 20% Selbstbehalt statt 10%.
          Aber – weshalb hat der Arzt gewechselt? Ich weiss es nicht. Vielleicht weil es etwas günstiger ist. Vielleicht weil er schauen wollte, wie sehr sie von den Tabletten abhängig ist? Vielleicht hat er es ihr auch als „stärkeres“ Mittel empfohlen? (Um sie von einer Dosis-steigerung abzuhalten). Placebo-Effekt funktioniert auch da gelegentlich. In dem Fall leider nicht richtig.

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      2. Das habe ich versucht, bereits zu sagen: Aufgrund mangelnder Recherge meinerseits (und Unwissenheit meiner Datenbank) bin ich davon ausgegangen, dass Axiolyt einen anderen Wirkstoff enthält als Seresta. Mein Fehler.

        Unabhängig davon kann es aber auch zu erheblichen Verwirrungen und Problemen seitens des Patienten führen, wenn dieser plötzlich den selben Wirkstoff in einer anderen Arzneiform (abweichende Farbe, Form, Prägung usw.) bekommt – bis hin zu „Verschrörungstheorien“… Das sage ich mal mit meiner Erfahrung in Hinblick auf Rabattvertrags-Erklärungs-Versuch-Gesprächen…

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  3. Die Ausführungen von Knick sind natürlich nicht von der Hand zu weisen!

    Sollte es die Dame trotzdem wie gedacht machen wollen – ganz einfach:

    Nochmal eine Schachtel des Originals aufschreiben lassen (geht ja in CH – nur höhere Zuzahlung) und die Schachtel aufheben – fertig!

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          1. Das hingegen unterschreibe ich sofort.

            Deutsche Gesetze lassen die Endlagerung von Verstrahltem im Ausland sowieso nicht zu.

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  4. zum Thema „spontan ins KH kommen“: Meine Mutter hat bei meinen Großeltern immer eine Mappe mit medizinischen Unterlagen geführt.
    Ganz vorne war eine Liste mit Medikamenten und Dosierung/Einnahmeschema
    Da dran geheftet noch die Seitenstreifen der jeweiligen Blisterpackung. Ging es ins Krankenhaus hat sie einfach nur das Blatt entnommen und mitgegeben.

    Zuhause hat meine Schwester (PKA) immer die Wochenration fertig gemacht.

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  5. Sowas ähnliches hab ich auch mal gemacht, allerdings zu einem anderen Zweck. Ich gebe Nothelferkurse und bilde Samariter aus. Dabei wird viel praktisch gearbeitet – wenigstens bei mir ;) – und ich habe auch ein Fallbeispiel zum Thema Medikamentenüberdosis. Dazu lege ich jeweils eine Reanimationspuppe in eine Toilettenkabine und verstreue ein paar leere Tablettenschachteln und Blister, am liebsten eben rezeptflichtige fpr den Effekt. Die Teilnehmer müssen nicht wissen, was das für Tabletten sind, aber sie sehen dann auf der Packung das „A“ oder „B“ der Klassifizierung und wissen, dass es etwas nicht ganz so Harmloses ist. Also bin ich auch schon einmal in meine Stammapotheke und habe nach leeren Blistern und Schachteln gefragt :)

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