Unter Compliance versteht man das richtige „befolgen“ der Therapie – also zum Beispiel, die verschriebenen Medikamente richtig anzuwenden / einzunehmen. Heute sprechen wir zwar lieber von Adhärenz … aber eigentlich bedeutet es dasselbe.
Ich bringe hier mal ein (klassisches) Beispiel, wie die Apotheke das beim Patienten unterstützen kann.
Das Spital faxt ein Rezept für einen Patienten:
- Diovan 80 mg 1-0-0
- Symfona 2-0-2
- Amlodipin 10mg 1-0-0
- Zeller Schlaf 0-0-0-2
- Zolpidem 0-0-0-1/2
- Wellbutrin 150mg 0-0-2
- BelocZok 50 1-0-0
- Metfin 1-1-1
- Dosette
Das Dosett ist ein Wochendosiersystem – ein Mittel, womit man seine Tabletten vorbereiten kann. Damit hat man die bessere Übersicht … was sicher keine schlechte Idee ist, bei der Menge Tabletten. Die Dosierungen stehen hier dahinter: die Zahlen bedeuten, wieviel man „morgens-mittags-abends-vor dem Schlafen“ nehmen soll.
Er nimmt – nach dem Rezept so viele Tabletten/Kapseln:
- Morgens 6
- Mittags 1
- Abends 5
- Vor dem Schlafen 2 ½
= Total 14 ½ Tabletten pro Tag
!
Das Dosett ist sicher eine Hilfe für den nach dem Spitalaufenthalt häufig etwas überforderten Patienten – und in der Apotheke kann ich ihn noch mehr unterstützen, indem ich ihm anbiete, dass ich das Dosett wöchentlich für ihn richte. Ab 3 Medikamenten in der Woche regelmässig zu nehmen, übernimmt die Kosten dafür sogar die Krankenkasse.
Aber … Bevor ich da anfange das rauszusuchen und abzufüllen … da kann man doch noch etwas vereinfachen?
Aus Diovan 80 und Amlodipin 10 mache das Kombinationspräparat Exforge 10/80 – spare 1 Tablette
Aus Symfona mache Symfona forte 1-0-1, spare je 1 Kapsel morgens und 1 abends
Aus Zeller Schlaf mache Redormin 500 – das ist dasselbe, aber geht dann auch über die Grundversicherung und 1 Tablette der 500 entspricht 2 Tabletten zu 250mg – noch eine Tablette gespart.
Aus Wellbutrin 150 mache Wellbutrin 300 – 0-0-1, abends je 1 Tablette gespart
Aus BelocZok mache MetoZerok – das Generikum. Spart zwar keine Tablette, aber etwas Geld.
Jetzt sieht der Medikamentenplan so aus:
- Exforge 10/80 1-0-0
- Symfona forte 1-0-1
- Redormin 500 0-0-0-1
- Zolpidem 0-0-0-1/2
- Wellbutrin 300 0-0-1
- Meto Zerok 50 1-0-0
- Metfin 1-1-1
Ergebnis:
- Morgens 4 Tabletten
- Mittags 1
- Abends 3
- Vor dem Schlafen 1 ½
= Total 9 ½ Tabletten pro Tag – immer noch genug, aber überschaubarer.
Aber bevor ich das mache, frage ich erst beim Arzt an, ob das aus irgendeinem Grund nicht geht – respektive, ich informiere ihn mit der ‚Bitte um Rückruf, falls nicht‘ und dann frage ich noch den Patienten, denn der muss auch informiert sein.
Von beiden habe ich das Okay dafür bekommen. :-)
So geht das! Finde ich klasse, daß Du so in der Therapie mitarbeiten kannst.
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Ja, weil Gesetz, Arzt und Patient mich „lassen“ :-)
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Puh, bei der Menge wäre ich auch wirklich dankbar, wenn mir die Apothekerin da so etwas reduzieren hilft … das ist ja hinterher fast 1/3 weniger.
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In dem Fall ist weniger wirklich mehr :-) (Compliance in dem Fall)
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Hier sieht man auch wieder, wie schwer ApothekerInnen zu ersetzen sind. Mit dem Produktwissen etc. wird das Beste für den Patienten erreicht. Daumen hoch!
Aber mal eine Frage: gibts echt Patienten, die so viel Medis brauchen? 2 Blutdruck-Medikamente, Schlafmittel, was weiß ich für Zeug. Das ist doch schon echt viel…
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Das gibt es durchaus und ich denke mal mit dem steigenden Durschnittsalter wird sowas nur noch häufiger.
Am Rande, gestern erklärte unser Dozent, dass die Standardtherapie für TBC aus einer kompletten Handvoll Tabletten vorm Frühstück besteht und das für mind. 8 Wochen o.O
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Gibt es. Bei mir in der Verwandschaft 5 verschiedene Medis wg. Blutdruck, Statin, Marcumar,Thyroxin, Allopurinol…ab einem gewissen Alter werden viele zum internistischen Polytrauma.
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Hätte ich so nicht unbedingt geglaubt, aber bei mir in der Verwandschaft gibts inzwischen auch einen Fall, der am Tag 10 Tabletten schlucken muss. Auch wenns evtl. 5 x die gleiche ist, wenn da eine vergessen wird, ist das persönliche Drama hoch. Die Dosetten sind so banal einfach wie praktisch.
Super, wenn man die Anzahl an Tabletten reduzieren kann, ohne einen Verlust in der Medikation zu haben. Der Patient dankt es einem mit Sicherheit.
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Das ist keine sehr ungewöhnliche Menge.
Speziell nach einem Spitalaustritt im Alter kommen die Leute mit ziemlich grossen Listen. Eine Studie hat mal gezeigt, dass das durchschnittlich 8.3 Medikamente sind.
Einige davon ganz neu, andere umgestellt … kein Wunder sind da viele mit überfordert.
Nicht immer habe ich aber die Möglichkeit das so zu machen wie hier. Speziell, wenn die Leute mit dem Rezept kommen und es grad sofort wollen (und möglichst schnell, denn schliesslich sind sie erschöpft und mussten im Spital schon lange warten …).
Dafür brauche ich auch mit meinen ganzen Ressourcen mindestens 20 Minuten. Wenn sie also hier in der Apotheke sind und ich mich beeilen muss, dann ersetze ich mit Generika, nehme das SL-Präparat und finde wohl noch dass man das Symfona 2 aufs mal mit forte 1 aufs Mal ersetzen kann … aber der Rest geht dann wohl raus, wie auf dem Rezept.
Es gibt allerdings noch später die Möglichkeit die Anpassungen zu machen, im Verlauf der weiteren Therapie. Aber schöner (und einfacher für den Patienten) wäre es, das am Anfang hinzubekommen.
Deshalb hier auch ein Dank an den Arzt, der das mit seinem Voraus-Fax möglich gemacht hat.
Es wäre toll, wenn das mehr ausgenützt würde. Ein Spitalaustritt ist ja häufig geplant und der Patient hat vielleicht schon eine Stamm-Apotheke.
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Hochinteressant!
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Finde ich super. Bin zwar sehr zufrieden mit meiner Apotheke, aber an sowas hat nie jemand gedacht, als ich zeitweise sehr viele Tabletten nehmen musste (jetzt, mit „nur“ 4½ pro Tag, habe ich immer das Gefühl, etwas zu vergessen ;)). Ich glaube, da muss man extra fragen und zahlen…
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Schade, dass den deutschen Apothekern da von allen Seiten Steine (bzw. Felsen!) in den Weg gelegt werden :(
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Ja, das ist eine üble Sache.
Die dürfen nicht Generika nach Wunsch austauschen, sondern müssen nehmen, was die Krankenkasse vorschreibt. So einfach etwas auf Rezept ändern geht auch nicht. Genausowenig wie Dauerrezepte oder gar Vorbezüge, wenn etwas ausgeht.
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Interessant, da sieht man wieder, wie die Spitalapotheken den Patienten und die Compliance nach dem Austritt beeinflussen. Leider schauen wenig Hausärzte nochmals über solche Rezepte (und wir Stationsärzte haben auch nicht immer die Möglichkeit alles nochmals durchzuspielen).
Ich habe regelmässig Patienten, die stationär ein Generikum bekommen sollten oder eben 2 Tbl. weil nur einige der angebotenen Präparate in kleineren Dosen vorhanden sind. Die Diskussionen sind immer wieder köstlich und zeitraubend.
Gruss und Dank einer jungen – mit den ganzen Medis etwas überforderten – Medizinerin.
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Hallo Kathy! Ich bin nicht ganz sicher, ob ich das verstehe: was hat die Spitalapotheke mit obigem Rezept zu tun? Die werden von den Ärzten ausgestellt – bei uns anscheinend anhand eines Computerprogramms – weshalb dort häufig nur Original-Medikamente zu finden sind (die werden ja auch dem Spital von den Pharmafirmen zur Verfügung gestellt, also …). Dass die Spitalapotheke bei der Auswahl wirklich mitreden darf habe ich noch nicht mitbekommen.
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So wie ich das mitbekommen habe, wird in der Spitalapotheke meist auf ein Präparat gesetzt, z.b. BelocZoc 50mg. Kommt ein Patient mit 100mg MetoZerok, wird er für den Spitalaufenthalt „umgestellt“ auf 2×50 Beloc, weil das im Spital vorhanden ist. MetoZerok müsste extra in der Dosis bestellt werden (was einige Tage dauern würde, teurer wäre usw.) und dann die restlichen Tabletten im Lager vergammeln würden.
Dies wird nur bei speziellen Substanzen, die man nicht substituieren kann, praktiziert (Psychopharmaka usw.) Deshalb fehlen oft auch Kombi-Präparate, weil das Zusammenstellen der Einzeldosen einfacher zu handhaben ist.
Ja, diese Rezepte sind dann computergeneriert, weil der Assi diese direkt ausgespuckt bekommt zum Austrittsbericht dazu. Von Hand nochmals umstellen, dazu haben wir keine Zeit und müssten dies nochmals im Computer eintragen. Je nach Station (gerade auf der Chirurgie, wo teilweise 5 bis 10 Patienten ein- und austreten an einem Tag) kann man dem nicht nochmals hinterher rennen. Wir geben die Rezepte der Medikamente ab, die der Patient zum Zeitpunkt des Austritts bei uns bekam. Eine Nachkontrolle ist nach Spitalaustritt sowieso meist nötig (Fäden ziehen, Blutkontrolle bei Infekt usw.), da kann der Hausarzt in Ruhe nochmals drüber schauen, kennt die vorherige Medikation und kann mit dem Patienten eine Umstellung besprechen.
Gerade im Generika-Dschungel schauen wir eh nicht mehr durch. Mittlerweile gibts sogar Stationen, die komplett auf Markennamen verzichten und man nur noch die Substanzen eingibt und die Pflege arbeitet dann mit dem, was „das Haus“ einkauft. Ob die Tablette nun grün oder blau ist, Herzchen oder Blümchen drauf hat, ist mir schlussendlich egal.
P.s. In anderen Spitälern, in denen ich arbeitete, musste der Patient seine Dauermedikamente selbst mitbringen für die Zeit des Aufenthalts und rezeptiert wurde danach nur noch „zusätzliches“ wie Fragmin post OP usw.
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