Strategien nach Patentablauf eines Medikamentes …

Im Bild sind die neuen Delzicol Kapseln, die in Amerika auf den Markt kamen, nachdem das bisherige Asacol (das demnächst generisch wird) zurückgezogen wurde.

Asacol war eine lange, rostrote Tablette.

Das neue Delzicol ist eine Kapsel – und laut Informationen der Firma nicht bioäquivalent … darf also nicht einfach so ersetzt werden.

Aber … in der Kapsel ist – ja. Sieht genau so aus wie eine Asacol Tablette.

asacol:delzicol

Warum machen die das?

Weil das Patent abläuft für Asacol. Demnächst kommen Asacol Generika auf den Markt, die günstiger sind. Einige Patienten werden darauf umsteigen. Meist Problemlos … Asacol hätte man so ersetzen können.

Aber … Delzicol nicht. Denn das wurde ja neu zugelassen und neu patentiert. Und ist angeblich anders bioverfügbar, also die Aufnahme in den Körper sei da nicht gleich.

Das ist einer der Tricks der Pharmafirmen, damit sie „ihr“ Medikament länger verkaufen können.

Es gibt noch ein paar Möglichkeiten mehr: Man wechselt etwas an der Formulierung: macht eine langwirksame Form, so dass man die Tablette nicht mehr 3 x täglich nimmt, sondern nur noch einmal täglich … und das Patent für das ist neu, verlängert also effektiv die Zeit, in der die Firma vom gefundenen Wirkstoff finanziell profitieren kann. Das macht man natürlich am besten auch kurz vor Ablauf des Patentes und bringt möglichst viele Ärzte dazu darauf umzustellen … das Generikum darf nur in der normalen, 3x täglich einzunehmenden Form produziert werden, dann ist ein Ersatz da auch nicht mehr möglich.

Auch das hat man mit Asacol schon gemacht. Statt der 400mg Tablette, gibt es eine langwirksame 800mg HD.

Oder man entwickelt den Wirkstoff (leicht) weiter. Dann ist OMEPrazol auf einmal nicht mehr gut genug, es muss neu ESOMEPrazol sein. CITALopram ist auf einmal überholt. ESCITALopram ist so viel besser! (Oder?) Beides natürlich genau getimt auf den Patentablauf. Darüber habe ich schon mal geschrieben.

So kommt es auch, dass wir statt einem Cholesterinsenker (Atorvastatin) inzwischen einige mehr haben: Zocor (Simvastatin), Pravachol (Pravastatin), Lescol (Fluvaststin) und der neuste: Crestor (Rosuvastatin). Ein Erfolgskonzept, das dann weiterentwickelt wird. Speziell neu sind die nicht wirklich, darum nennt man das auch „Me-Too“ Medikamente (Ich auch!)

Natürlich versucht die herstellende Pharmafirma auch noch so viel wie möglich aus den bereits bestehenden Produkten zu machen. Manches davon sehe ich hier auch. So zum Beispiel Preiserhöhungen – wie bei Viagra, das vor Patentablauf noch einige Preiserhöhungen gemacht hat.

Oder man bringt – am besten noch kurz vor Patentablauf – selber ein Generikum heraus, ein Auto-Generikum. Auch dafür haben wir bei uns einige Beispiele: Nexium gibt es gleichzeitig wie das Esomep … und beides ist dieselbe Tablette, nur anders verpackt. Seroquel – Sequase, Sortis – Atorvastatin Pfizer …DASSELBE! … bis auf den Preis. Preisbewusste Patienten stellen also schon vorher um … und bleiben dann hoffentlich dabei (wer will schon ständig wechseln?), auch wenn der Preis des Autogenerikums meist etwas höher ist, als das der richtigen … und der Preis des Originals kann ein bisschen länger oben bleiben.

Dann gibt es noch das „Pay für delay“, ein Vorgehen, das in den USA durchaus üblich ist: die Original-hersteller-Firma zahlt der Generika-Hersteller Firma, die das Folgepräparat eigentlich bereit hätte dafür, das nicht gleich auf den Markt zu bringen, sondern ein paar Monate zu warten.

Bei uns gibt dasselbe Vorgehen eine Strafe …

Habe ich noch etwas vergessen? Ich finde das spannend … und bis zu einem gewissen Grad verstehe ich das Vorgehen der Firmen sogar: die Entwicklung eines neuen Medikamentes kostet Geld (viel!) und das braucht man wieder zurück. Was mich aber beunruhigt ist, dass heute viele Pharmafirmen sich mehr auf diese Strategien zu konzentrieren scheinen aus bestehendem möglichst viel herauszuholen … als darauf Neues zu entwickeln. Das wird in den nächsten Jahren für die Firmen Probleme geben, auch weil immer mehr Patente ablaufen … und nichts neues dahinter kommt.

6 Kommentare zu „Strategien nach Patentablauf eines Medikamentes …

  1. Es stimmt, die Pharmaforschung kostet viel(!) Geld. Was die Ausgaben für die Forschung jedoch relativiert ist, dass für Werbung (je nach Firma) offenbar gleichviel bis doppelt soviel ausgegeben wird… Keine Ahnung mehr, wo ich das her habe, aber das müssten Zahlen aus meinem Studium sein – also ca. 7 Jahre alt..

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      1. Genau deswegen. Dummerweise waren die nicht so schlau die Packungsbeilage anzupassen. Wenn man die erste oder zweite Pille vergisst ist das trotzdem ein Vergessen in Woche 1 … obwohl man ja praktisch noch in der 7 tägigen Pause ist und das daher nichts ausmachen dürfte.

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  2. Naja. Das *echte* Problem der Pharmafirmen ist ja, dass es die „einfachen“ Medikamente alle schon gibt (die „low-hanging fruits“) und man jetzt pro investierten Dollar viel weniger neuen Benefit raushauen kann – also sich an Krebs und Alzheimer die Zähne ausbeissen kann; im Fall von Krebs eine inkrementelle Verbesserung von ein paar Monaten Lebenszeit rausschlagen (die dann vom nächsten Krebsmedikament wieder abgelöst wird) oder im Fall von Alzheimer oder anderen CNS-Sachen den x-ten vielversprechenden Kandidaten fehlschlagen sehen, weil die Krankheit halt nicht so simpel ist. Es wird (selbsterklärend) immer schwerer, neue Medikamente herauszubringen, die wirklich eine Verbesserung des Status Quo bewirken. Ich bin echt etwas unsicher, wo die Pharmabranche in den nächsten Jahrzehnten hinsteuern wird, aber verändern wird sich definitiv etwas.

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