Fehler passieren … Fehlermanagement

Niemand redet gerne über seine Fehler- speziell nicht, die, die bei der Arbeit passieren. Das geht mir nicht anders. Fehler in der Apotheke sind ausgesprochen schlecht. Und ich fürchte jeden noch so kleinen. Natürlich haben wir Kontrollmechanismen, damit Fehler so wenig wie irgend möglich vorkommen. Jedes Rezept wird vor der Abgabe kontrolliert (4-Augen-Prinzip), nach der Abgabe von der nächsten Kollegin noch einmal angeschaut. Alles wird protokolliert. Vor der Abgabe von Chemikalien oder Drogen wird geschaut, ob es das richtige ist – auch von einer zweiten Person.

Und trotzdem … kommen Fehler vor. Idealerweise lernt man auch aus seinen Fehlern – und nicht alle sind gleich schlimm.

Da wir auch unsere Fehler protokollieren, haben wir auch ein System dafür – das reicht von belanglos bis übelst. Hier die Einteilung (grob) und dahinter ein Beispiel dafür:

1. Fehler aufgetreten, Patient wurde nicht betroffen dadurch:
– Beispiel: Bei der Geruchskontrolle vor der Abgabe  festgestellt, dass nicht Alkohol 70% zum desinfizieren in der Flasche war, sondern Brennsprit. Das falsche bestellt, vor der Abgabe bemerkt …

2. Patient betroffen aber nicht geschädigt:
– Beispiel: Abgabe von Torem 2.5 statt Torem 5 das der Patient sonst immer hatte … Lösung: Anpassung Dosierung / Ersatz durch richtiges

3. Patient betroffen, Massnahmen waren nötig (Überwachung Parameter), aber keine Schädigung:
– Beispiel: Abgabe von Torem 10 mg statt Torem 5 mg – Lösung: Kontrolle Blutdruck nötig nach Einnahme, …

weiter bin ich (Puh!) nie gekommen, aber das könnte man sich vorstellen:

4. Patient betroffen, dadurch wurde Behandlung oder Eingriff nötig, vorübergehende Beeinträchtigung entstanden
– Beispiel: Magengeschwür und deswegen medikamentöse Behandlung,

5. oder er musste ins Krankenhaus deswegen
– Beispiel: zum entgiften wegen Überdosierung, Kontraindikation übersehen: Patient mit Myasthenia gravis bekommt Roxithromycin als Antibiotikum und bekommt eine myasthene Kriese.

6. oder er hat bleibende Schäden davongetragen.
– Beispiel: Schlaganfall nach Thrombose wegen fehlender / falscher Blutgerinnungsbehandlung

7. oder er ist fast gestorben
– Beispiel: anaphylaktischer Schock, Herzstillstand

Und der absolute Horror-will-ich-Nie-NIE-NIE!-erleben-Fall:

8. Fehler, der Tod des Patienten verursacht hat.
– Beispiel: krasse Überdosierung, Fehleinnahme, tödliche Wechselwirkung …

Es reicht im übrigen nicht, das zu protokollieren. Wir intervenieren dann auch beim Patienten und versuchen baldmöglichst eine Lösung zu finden.

Schon Konfuzius sagt: Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.

Also versuchen wir auf jeden Fall, gemachte Fehler zu korrigieren. Es kommt dabei natürlich auch darauf an, wie schwerwiegend der Fehler ist. Man ermittelt erst mal den Patient  (Dossier, Mitarbeiter befragen. Kunden anrufen, mail schreiben in schweren Fällen und falls nicht einfach erreichbar wird man auch beim Nachbarn anrufen und nach Arbeitsplatz fragen, dort anrufen. Je nachdem schreibt man auch einen Eilbrief und Bittet um Rückruf …  und in ganz schweren Fällen, wenn man den Patient nicht anders erreichen kann, respektive der keinen Namen hinterlassen hat (bei Chemikalienabgabe zum Beispiel) gibt es einen Anruf in Lokalradio oder Lokalpresse und man zieht den Kantonsapotheker bei.

Während die meisten Fehler die Öffentlichkeit nicht erreichen – den Aufruf im Radio bekommt man gelegentlich (zum Glück auch seltenste) noch mit. Das habe ich in meiner Zeit in der Apotheke schon gehört – einmal wegen der Abgabe von Benzin statt Brennsprit: das könnte den Kunden schädigen, weil dann das Fondue-Rechaud explodieren könnte beim Anzünden.Ein weiteres Beispiel findet sich hier.

So unangenehm Fehler auch sind – ich finde sie irgendwo auch spannend. Denn sie sind lehrreich. Niemand macht absichtlich Fehler – aber aus der Art, wie Fehler passieren, lernen wir.

auf jeder-fehler-zaehlt.de finden sich eine Menge Beispiele von Fehlermeldungen von Hausärzten – und teilweise auch Apothekern.

Wenn ihr wollt, könnt ihr mir hier (anonym auch) von gemachten und erfahrenen Fehlern berichten. Wie gesagt: ich lerne aus jedem.

11 Kommentare zu „Fehler passieren … Fehlermanagement

  1. Errinnert mich an die Begebenheit die einer Freundin kürzlich passiert ist: Sie war zur Geburtseinleitung im Krankenhaus, wurde gefühlte dutzendmal gefragt wegen Medikamentenunverträglichkeiten, die sie nicht hat, aber dafür eine Menge Lebensmittelallergien, die sie auch angegeben hat, aber die scheinbar nicht weiter interessierten. Bis sie dann im Kreissaal lag und man ihr irgendeinen Wehencoctail angeboten hat. Sie fragte rein aus Gewohnheit nach, und erfuhr, dass Mandelmilch drin ist. Hat dann dankend abgelehnt, ein allergischer Schock ist so ziemlich das Letzte was man unter einer Geburt braucht. Aber offenbar hat sich da noch nie jemand Gedanken darüber gemacht, dass man diese nicht-medikamentösen Hilfsmittel vielleicht auch abklären sollte. Und mitten in den Wehen gehört auch ziemlich Geistesgegenwart dazu, noch nach den Zutaten zu fragen…

    Like

  2. Hallo Pharmama,

    mich würde mal interessieren: Ärzte können ja eine Versicherung abschließen, die sie gegen Behandlungsfehler absichern.
    Gibt es so eine Versicherung auch für Apotheker auch?
    Und wie sieht es da generell mich der Haftung bei solchen Fehlern aus?

    LG Simone

    Like

    1. Also in Deutschland muss ein Apothekenleiter eine Berufshaftpflichtversicherung auf seine Apotheke abschließen. Diese wird auch regelmäßig neu berechnet nach Umsatz verschreibungspflichtiger Arzneimittel und nach Summe von Rezepturarzneimitteln.

      Aber in Deutschland behinhaltet diese auch „nur“ den in Deutschladn gesetzlich festgelegten „apothekenüblichen Bereich“ – will meinen: Die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ohne Rezept ist nicht versichert.

      Like

        1. Bei Pharmama wäre die „Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels ohne Verschreibung im Ausnahmefall mit Begründung durch einen Apotheker“ unter bestimmten Umständen vom Gesetz gedeckt – und wird damit m.E. von der Haftpflichtversicherung erfasst. So unterschiedlich sind die Systeme (und mehr wollte ich mit meinem Kommentar auch nicht ausdrücken).

          Like

  3. Der Großteil meiner Fehler ist auf die unseligen Rabattverträge zurückzuführen. Wenn man erst mal versucht, 6 alternativ geforderte Firmen (bzw. Arzneimittelnamen) zu den verordneten Arzneimitteln im Kopf zu behalten, hat man sich verdammt schnell bei der Stärke vergriffen. Hinzu kommt die Ungeduld vieler Patienten, was der Apotheker nun wieder so lange sucht (nachdem man schon 2-4h beim Arzt wartend rumgesessen hat) und der Unmut über das Umsetzen der Rabattverträge der eigenen Krankenversicherung. Und um so höher die Bearbeitungsgeschwindigkeit (und somit der Streß), um so größer die Fehlerrate.

    Das aber Fehler nicht nur menschlich sind, sondern allein menschlich begründet sind, ist schlicht falsch. Auch in vollautomatisierten Systemen kommt es zu Fehlern – aufgrund ungünstigen und unvorhergesehenen Bedingungen (Scanner hat einen Strichcode falsch eingelesen; Sonne hat geblendet, Fliege ist über die Kamera gekrabbelt, all sowas halt), schlechter Programmierung, Datenverlust, Datenbankmängeln, technischen Defekten… Auch in den vollautomatisierten Sortierstraßen von Gepäckbeförderung in Flughäfen oder Paketen in Postsortierstellen kommt es immer wieder zu Fehlern, die dann meist manuell korrigiert werden müssen…

    Daher ist der Anspruch der krankenKassen, bei der Rabattarzneimittelumsetzung eine 0-Fehler-Tolleranz zu haben (und jeden Fehler mit einem 0-Retax zu bestrafen) einfach unmenschlich.

    ————–
    Fehler zu machen ist nicht schön, aber keine Fehler macht nur, wer nicht arbeitet…

    Like

  4. Außerdem habe ich einen Artikel publiziert, der noch gar nicht fertig war. Innerhalb zwei Minuten korrigiert, und trotzdem 8 Stunden später die ersten Beschwerden erhalten, dass der Link kaputt ist. Verdammt ist das Netz schnell…

    Like

    1. Nicht nötig wegzurennen – Mal sehen, wie mein FehlermanagEment hier ist.
      Danke für’s drauf aufmerksam machen.
      Tut mir leid, dass das passiert ist,
      Ich bringe es natürlich sofort in Ordnung, indem ich das korrigiere!

      Like

  5. Der link „jeder-fehler-zaehlt.de“ führt jetzt auf die site „AQUA-Institut GmbH“. Am 5.4.2013 konnte ich noch im Archiv lesen. Website kaputt oder verkauft oder was?

    Like

    1. Keine Ahnung was da läuft – die Aqua hat zumindest thematisch etwas damit zu tun (Qualitätssicherung), aber irgendwie ist das doch seltsam, dass die einfach verschwunden sind. Und schade.

      Like

Was meinst Du dazu? (Wenn Du kommentierst, stimmst Du der Datenschutzerklärung dieses Blogs zu)

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..