Beratung in der Apotheke

Beratung in der Apotheke ist ja offensichtlich ein Reizthema, sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz.

Ich möchte dazu mal ein paar deutliche Worte sagen.

Beratung in der Apotheke über die Medikamente, das ist nicht freiwillig, das sollen wir, nein, das müssen wir.
Mir ist schon klar, dass es da schwarze Schafe gibt, die das nicht machen – oder vielleicht auch nicht richtig machen. Und mir ist auch klar, dass es Kunden und Patienten gibt, die das tatsächlich nicht wollen. Ja, ernsthaft. Sie fühlen sich ausgefragt, verhört, für unselbständig oder unmündig genommen. Nichts davon liegt in unserer Absicht, aber manchmal kommt es so rüber.
Nochmals: wir müssen so fragen. Medikamente sind keine einfachen Konsumartikel!

Vielleicht erkläre ich hier ein paar Dinge: Was wir fragen müssen und wieso wir das tun.

Für wen ist es?
Ganz oft ist es so, dass das gekaufte Medikament nicht für die Person ist, die in der Apotheke steht. Da kann man üble Überraschungen erleben: „Nein, das Grippemittel ist nicht für mich, es ist für meine Frau, ah ja, übrigens: sie ist schwanger.“ Oder: „Für meine Grossmutter, sie nimmt nur noch Blutverdünner, Blutdruckmittel, Herzmedikamente und …“ Oder, oder  … Da kann man ganz schön reinlaufen, (wie ich hier), deshalb sollte das eine der ersten Fragen sein.

Für was brauchen sie es?
Sooo viele Leute denken, sie wissen, für was ein Medikament ist. Da ist der, der ein NeoCitran verlangt …. dabei hat er Halsschmerzen. Der, der ein Perskindol Gel will (das Gelbe) und hat eine Muskel-Entzündung, oder das Imodium gegen Schmerzen ... wir sehen das täglich.
Ehrlich: ich bin mir durchaus dessen Bewusst, dass man als normaler, medizinisch halt nicht ausgebildeter Mensch einfach vieles nicht wissen kann. Woher auch? Aber dafür sollten wir als Fachpersonen ja hier sein. Um das Richtige zu finden.

Wieso wollen sie zwei (drei, vier) Packungen davon? (Oder: wieviel davon nehmen sie täglich?)
Man kann zuviel Medikamente nehmen. Zuviel auf’s Mal nennt sich Überdosierung und die kann auch bei so „einfachen“ Sachen wie Paracetamol (Panadol, Dafalgan, BenUrRon) rasch giftig bis tödlich sein. Zuviel auf Dauer nennt sich Missbrauch … und das hat die entsprechenden Auswirkungen auf den Körper: Nasensprayabhängigkeit, Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen bei Schmerzmitteln, usw.
Es ist ja nicht so, als wenn ich das nicht verkaufen möchte. Aber ich möchte, dass es auf die bestmögliche Weise wirkt, wenig Probleme macht und dementsprechend richtig angewendet wird. Ich will niemandem schaden mit den Medikamenten, die ich verkaufe!
Natürlich kann es sein, dass eine Packung für hier und eine für den Ferienort ist. Oder für den Nachbarn, oder für die Handtasche … aber man wird ja noch fragen dürfen. Und je früher man hier ein Problem erkennt, desto leichter lässt sich noch etwas machen.

Nehmen sie gleichzeitig noch andere Medikamente?
Medikamente haben nicht nur Wirkungen, sie wechsel-wirken auch oft und stark mit anderen Medikamenten oder sogar Nahrungsmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln (also auch das Magnesium und das Calcium aus dem Discounter). Das müssen nicht nur Tabletten sein, die man schluckt, es kann schon Probleme geben bei Augentropfen (in Kombination mit Asthmamittel, Herzmittel) ….
Ein „harmloses“ Aspirin (wer so denkt, sollte mal die Fachinformation dazu lesen) zur Cortisonspritze vom Arzt oder auch nur Alkohol und sie machen Magengeschwüre, Blutungen…

Haben Sie schon etwas ausprobiert? (und hat es geholfen?)
Einerseits fragt man das, damit man nicht etwas empfiehlt, was schon (erfolglos) probiert wurde – nicht jedes Mittel wirkt bei jedem gleich gut. Andererseits ist das auch ein Hinweis auf was es sein könnte (wenn man eine Diagnose sucht). Das Pilzmittel hat vielleicht nicht geholfen, weil es ein Ekzem war…

Manchmal kommen auch diese Fragen … wobei ich finde, dass der Kunde das eigentlich von sich aus angeben sollte:
Haben Sie Allergien?
Medikamente machen – wie alles andere auch- Allergien. Wenn man mal eine hat, sollte man versuchen, den Auslöser zu vermeiden. Etwas doof ist bei den Medikamenten, dass die Namen unterschiedlich sein können und trotzdem dasselbe drin ist. Eine Wespe sieht immer gleich aus, da weiss man, was man befürchten muss, wenn man gestochen worden ist, aber ein Medikament kann immer wieder anders aussehen oder anders heissen und trotzdem das enthalten, was man nicht verträgt.

Sind sie schwanger oder stillen sie?
Fragt man ja eher ungern, weil man sich da oft in Fettnäpfchen setzt, macht man aber, wenn man ganz sicher sein will. Da gibt es ein paar Medikamente die man gar nicht nehmen darf, viele die man nicht nehmen sollte. Grundsätzlich sollte man in der Schwangerschaft nur die allernötigsten Medikamente nehmen – und zwar am besten nach Absprache mit dem Frauenarzt oder der Apotheke.

Und zum Schluss:

Einmal hat mich ein Kunde erbost gefragt, warum er bei uns jedes Mal, wenn er ein einfaches Medikament kauft, so „ausgequetscht“ wird.
„Weil ich um Ihre Gesundheit besorgt bin“ war meine Antwort.
„Sie nicht?“ – das hätte ich noch gerne angehängt.

9 Kommentare zu „Beratung in der Apotheke

  1. ich wurde noch nie irgendwas gefragt in der Apotheke, ausser: WiWssen Sie, wie sie das nehmen müssen oder soll ichs nochmal draufschreiben.
    Deutschland…..

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  2. also normalerweise fragt mich meine stammapotheke höchstens wenn ich dinge doppelt wlll (zb aspirin c brause und neocitran, oder auch noch wick medinight dazu) und ob ich weiß was ich wann wie warum nicht nehmen darf….

    inzwischen ist es etwas anders, ich bin seit neuestem macoumar-patientin und als ich gewohnheitsmäßig in die apotheke kam und meinte „ich krieg einmal aspirin und voltaren“ (weil das hab ich schließlich immer genommen, ich nur manchmal dran, dass ich jetzt vorsichtiger sein muss) haben sie mich davon abgehalten und auch erklärt warum.
    der vorteil der stammapotheke..

    und sie habne auch gleich gefragt ob sie eintragen sollen, dass ich keine hormonellen verhütungsmittel mehr kriegen soll (da haben sie nachgefragt, fand ich auch ok) ..weil man weiß ja nicht ob ich in 2 jahren oder so nochmal dran denke. fand ich sehr ok..

    sie schlagen mir auch selbstständig unterstützend pflanzliches vor… also wenn ich zb hustenstiller kaufe, dann nen hustentee für untertags, wenn ich möchte. nicht aufdringlich und auch wenn ich natürlich weiß, dass ds den umsatz mehren soll, machen sies diskret.

    und da ich quasi „nur“ schräg gegenüber wohne waren sie letztes jahr beim schnitzelschnupfen auch so nett mir meinen klimbim vorbeizubringen. (o-ton apothekerin, die ich anrief und bat mir alles herzurichten, damits flotter geht: „ähm… wissens was, ich komm vorbei, am ende muss ich ihnen sonst umsatzbeteiligung zahlen weil sie mir alle hier anstecken“ .. kam dann auch persönlich und hat mir sogar noch grippe tee und meine heißgeliebten traubenzucker (die nur die kinder in der apotheke bekommen ;) ) mitgebracht damits mir schneller besser geht )

    aber ich bin auch brave kundin und sag sofort wenn ich was nicht weiß.

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    1. Tönt eigentlich nach einer guten Apotheke – sogar mit Zusatzempfehlung (da muss ich noch viel lernen) … aber, was ist ein „Schnitzelschnupfen“?

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      1. @ pharmama

        da faellt mir ein, ich hab mich noch gar nicht wg. dem blog bedankt, dabei lese ich seit monaten gerne mit.. *mich schäm*

        also herzlichen dank dafür, immer wieder kurzweilig, und verbessert bei Laien die „mitarbeit“ für euch profis :)

        ich hatte letztes jahr die grippe also nen grippalen infekt, als gerade die schweinegrippe in war ;) .. darum „schnitzelschnupfen“ ..

        ich hat auch meine ärztin angerufen mit „ich glaub ich hab die schweinepest, willst testen, oder darf ich so im bett liegen und sterben? “ …wir haben uns fürs liegen und sterben entschieden weil eh net risikogruppe ;) .. wir österreicher sind da „entspannt“ ;)

        ja meine apotheke ist sehr toll, außerdem lassen sie mich in meine garage wenn ich den schlüssel wieder mal vergessen hab (ich und die cheffin teilen die selbe tiefgarage).

        das mit den zusatzverkäufen geht eben nur wenn ich nicht das gefuehl hab, man will mir was „aufschwatzen“, das mineralpulver in apfelgeschmack hab ich bis heute nicht gekauft ;) , aber die doederlein med kaspeln (milchsaeurekapseln, ich weiss net ob di ein der schweiz auch so heissen) zum zeug für gegen den pilzinfekt macht schon mehr sinn ;)

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    2. Auf jeden Fall bei der Apotheke bleiben!
      Zum einen für Deine Gesundheit, zum anderen, weil Du brav die Zusatzempfehlungen kaufst und damit meinen schönen Berufsstand unterstützts. ;-)
      Nein, im Ernst: Die Apo nimmt ihren Job ernst und ist IT-mässig auch wohl ganz gut ausgestattet. Für das Personal ist es außerdem toll, wenn man guten Gewissens einen wirklich sinnvollen Zusatzverkauf wie den Tee empfiehlt und damit Kunde und Kasse geholfen hat.

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  3. Hach ja, Pharmama, es beruhigt mich dass die Kunden in der Schweiz genauso sind wie in Deutschland…
    Hier ist es auch oft so dass die Kunden denken, ich will sie ausquetschen oder ärgern mit den Importarzneimitteln oder Rabattvertragsartikeln- dabei tun wir nur, was unsere Aufgabe ist…

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  4. Eine schöne Aufstellung der wichtigsten Fragen. Ich hoffe, dies lesen möglichst viele Kunden und verstehen dann, warum man ihnen vermeintlich ein Loch in den Bauch fragt.
    Das ist auch ein Zeichen einer guten Apotheke.

    Ich selbst muss allerdings gestehen, dass ich bei sehr zielgerichteten Kunden oder dem verordneten 100er Pack auch mal die „Wissen Sie, wie sie das nehmen müssen…“- oder „Kennen Sie das schon?“-Frage gestellt habe und bei einem genervten „jaja“ nur noch die Basisinfos mitgegeben habe.

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