Was macht man eigentlich mit einer Kundin, die einem in vollem Ernst erzählt, dass in ihrer Haut Käferlarven leben seit sie vor einigen Jahren in Osteuropa in einem See baden war?
Sie sagt, sie habe die Larven noch heute, und von Zeit zu Zeit schlüpfen wieder ein paar aus und fressen sich durch ihre Haut nach draussen, weswegen sie diese hässlich aussehenden Hautläsionen hat.- Die sehen für mich zwar genauso aus wie immer wieder aufgekratzte Bibeli, so lange gekratzt, bis es bleibende Narben sind.
Sie sei schon bei X Ärzten gewesen, aber keiner nehme sie ernst, weil man das hier halt nicht kenne – das gibt’s nur im Osten. Und das beisse so. Sie haben auch schon Hautproben genommen, finden aber keine Larven –aber sie sind hier, schliesslich kommen ja immer wieder welche raus.
Sie behelfe sich halt mit den Fettsalben und Cortisonhaltigen Cremes gegen das Jucken, die die Ärzte ihr aufschreiben, aber … gibt es nicht eine Methode, die Viecher rauszuholen?
Nein, Jacutin und Eurax hat sie schon ausprobiert (das sind Mittel gegen Insekten, die man einreiben kann), das hat gar nichts gebracht.
Es gibt ja schon Insekten, die sich den Menschen mehr oder weniger absichtlich als Wirt aussuchen (wer Mut hat, google mal nach Bot fly oder Dasselfliege), Flöhe, Läuse und Milben gehören da auch drunter, sowie gewisse Würmer, die in unseren Eingeweiden gedeihen. Und sicher gibt es einige, die ich auch nicht kenne, weil sie hier nicht heimisch sind. Aber bei den Untersuchungen hätte zumindest eine Spur davon gefunden werden müssen.
Mein Verdacht ist ja, dass das psychische Beschwerden sind und sie sich –grob gesagt – das Getier nur einbildet. Aber: wie sagt man das anständig?
Es wäre vielleicht gut, wenn sie einmal einen Psychiater aufsuchen würden?
Aber ich bilde mir das nicht ein! Die sind echt!
…
Das ist wirklich schwierig. Gibt es keine Richtlinien für solche Fälle? Verhaltensvorschriften?
Ihr einfach eine billige Creme als Plazebo im handbeschrifteten Tigel zu verkaufen, könnte helfen, aber ich vermute es wäre unethisch, oder?
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Einer der Diskussionsteilnehmer schlägt vor, einen Morgellons-Kranken einfach mit einer Placebo-Creme zu behandeln. Warum das nicht geht:
Weil das nichts ändern würde. Die Krankheit ist real, sie ist auch keine Hautkrankheit, sondern systemisch und man zählt inzwischen mehr als 160 Symptome, die von der „psychiatrischen Seite“ nie erwähnt werden. Viele Kranke haben niemals Juckreiz gehabt und hatten auch nie den Eindruck, dass irgendwelche Käfer oder sonstige Parasiten unter ihrer Haut sitzen. Die Ausscheidungen, die grundsätzlich nie beachtet werden kommen nicht nur aus der Haut, sondern aus sämtlichen Körperöffnungen. Erst wenn man das endlich in die Untersuchungen mit einbezieht, wird man in der Erforschung dieser Krankheit weiterkommen. Es gibt seit mindestens 5 Jahren amerikanische Forscher, die sich ernsthaft mit der Krankheit befassen. Warum schaut man sich nicht einmal deren Artikel an? Wie ist es möglich, dass man sie einfach übergeht? Darauf hätte ich gern eine Antwort.
Hannah.
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Dennoch ernst nehmen und im Verlauf der Behandlung mögliche Gründe oder Auslöser für eine psychische Erkrankung eruieren um diese dann – zunächst ohne einen Zusammenhang zur somatischen Seite herzustellen – psychotherapeutisch zu besprechen. Das wäre jedenfalls m.E eine gute ärztliche Vorgehensweise, freilich eine zeitaufwendige, daher womöglich am Apothekentresen nicht zu erbringende Leistung.
So viel sagt mein Bauchgefühl. Was ich jedoch durchs Studium schon weiß, ist dass in jedem Falle die Patientenwahrheit ernst genommen werden muss, was Teil der Vertrauensbasis darstellt. Das trifft nicht nur auf psychiatrische Fälle zu, auch ganz allgemein.
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Dermatozoenwahn:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dermatozoenwahn
Ist gar nicht so selten, ist mir glaube ich ein- oder zweimal untergekommen (aber ich habe ja auch weder allzuviel mit Dermatologie noch mit Psychiatrie vorgelesen), eindrucksvoll war die entsprechende Dermatologievorlesung seinerzeit an der Uni.
Therapie?
Ja, wohl eher psychiatrisch… aber nicht so einfach, wie bei allen somatisierenden Krankheitsbilder.
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Die Bot Flies sind ja fies. Ich würde auch wahnsinnig, wenn die mich von innen auffräsen.
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Vorsicht, das ist nicht unbedingt eine Einbildung. Sie soll sich einen Spezialisten suchen, der sie auf „Morgellons“ untersucht.
Viele Grüße, Tatzelwurm
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Also, ob es die Morgellons Disease jetzt gibt oder nicht (und so überzeugt bin ich davon auch nach einigem lesen nicht), auf jeden Fall war das eine interessante Mittagslektüre.
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@tatzelwurm: Diese „Morgellons“ hören sich – egal, wo man liest – ziemlich esoterisch an. Gibt es dazu mittlerweile belastbare Informationen oder Studien?
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Eine psychiatrische Abklärung ist dringend zu empfehlen. Letztlich kann es sich um eine gemeine Variante der Schizophrenie handeln, nämlich die coenaesthetische Schizophrenie. Sehr schwierig zu behandeln, da die Patienten der psychischen Verursachung nicht zugänglich sind. Die Pat. lassen sich zig-fach untersuchen und unterziehen sich zum Teil auch Operationen, ohne Nutzen.
Prognose: leider sehr schlecht, auch bei Behandlung mit Antipsychotika – so zumindest meine Erfahrung.
Aber vor der Therapie muss die psychiatrische Diagnostik stehen und da ist es schon schwierig die Patientin hin zu bringen. …
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Gibts dafür nicht ein psychiatrisches Placebo, um die Überweisung zum Psychiater zu erleichtern?
„Sie haben möglicherweise das {Phantasiename}-Insekt. Da wird nicht viel drüber geschrieben, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen, aber: Der Befall kann zu Wahnsinn führen – das sollten sie mal abklären. Da bin ich aber kein Experte für, aber was ich ihnen geben kann, ist diese {Placebo}-Creme, um die Biester einzuschläfern…“
Und eine Verschwörungstheorie ist gleich mit dabei…
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Es GIBT Mückenlarven die ihre Eier in die Menschliche Haut legen aber nur in den tropischen Gebieten. Wenn die Ärtzte ihr nicht glauben würde ich sie mal zum tropaninstitut schicken.
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„Sind sie damit schon mal bei einem Psychiater gewesen?“
– „Ich bilde mir das nicht ein!“
„Gehen sie trotzdem mal hin. Sie können nur gewinnen. Wenn er ihnen bescheinigen kann, dass es nicht psychisch ist, werden auch die anderen Ärzte sie wieder ernst nehmen!“
So einfach ist das.
Aber frag nicht, wie lange ich gebraucht habe, um darauf zu kommen.
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Hey, das ist ja ne klasse Idee!
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Das ist eine super Antwort! So nimmt man den Kunden ernst und er bekommt auch das abgeklärt.
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ich denk auch gleich, ich hab kaefer unter der haut. Stimme jedoch mit Earlmobile ueberein, dass die Patientenwahrheit ernstgenommen werden muss und Schubladendenken sehr gefaehrlich sein kann. Schliesslich kann es auch sein, dass sie bestimmte Symptome einfach als krabbeln unter der haut wahrnimmt, obwohl wir Normalos vielleicht sagen wuerden, das fuehlt sich an wie ein Krampf oder so.
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hallo,
ein frohes neues jahr allen!
ich glaube, es gibt solche biester (insekten), hab mal eine dokumentation im ferni gesehen. ich glaube auch, am besten ist es, dass diese frau ein tropeninstitut aufsucht.
viele grüße, katja
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@NK: Der Tipp ist Gold wert! Den werde ich bei der nächsten Gelegenheit anwenden! :)
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Ziemlich sicher leidet die Patientin unter einem Dermatozoenwahn. Hier:
http://www.psychosoziale-gesundheit.net/psychiatrie/dermatozoenwahn.html
gibt es eine gute Darstellung dieser Erkrankung.
Dermatozoenwahn tritt auch häufiger im Rahmen einer Entszugssymptomatik auf. Sie könnten der Patientin auch den Bescuh des Hausarztes empfehlen, der sie sciherlich zum Psychiater weiterleiten wird.
Ein Tropeninstitut hilft nicht weiter, verstärkt evtl. nur die Störung, aber wahrscheinlich wird man auch dort die Störung auf den ersten Blick erkennen.
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Naja, das Problem ist ja gerade, dass sie schon bei diversen Ärzten gewesen ist, die aber nichts gefunden haben, von dem her wäre der Gang zu einem Psychiater wirklich zu empfehlen – das heisst ja nicht, dass ich das Problem des Kunden nicht ernst nehme, es ist einfach eine weitere Lösungsmöglichkeit.
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Es ist unwahrscheinlich, dass die diversen konsultierten Ärzte „nichts gefunden“ haben. Wahrscheinlicher ist, dass sie die Diagnose nicht akzeptieren wollte.
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10 verschiedene ärzte (auch fachärzte) haben mal einen tumor unter dem nagelbett nicht gefunden. die patientin war schon so weit sich den finger amputieren zu lassen weil die schmerzen sie fast wahnsinnig gemacht haben. Sie war auch bei psychater der ihr bescheinigte sie bilde sich das ein. arzt 11 hat dann einen ca. 2mm großen Tumor gefunden. TADA…
soviel zum thema wenn so viele ärzte nix finden wird da schon nix sein …. ich wär das vorsichtig.
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Naja, in dem Fall ist es ja eine „blinde“ Suche.
Irgendwas macht Schmerzen, man weiß nicht was – an nen Tumor unterm Nagelbett denkt ja keiner und den sieht und tastet man auch nicht.
Mir fällt jetzt auch kein bildgebendes Verfahren ein, dass den Tumor sicher hätte zeigen können.
Davon abgesehen.. mein Beileid für diesen Tumor, ich glaube, dass das sehr, sehr schmerzhaft sein kann.
Der Fall hier ist allerdings klarer: Es gibt sichtbare Zeichen, die untersucht worden sind und offenbar wurde keine Wunde gefunden, die ein Parasit hätte verursacht haben können. Außerdem hat sie es anscheinend nicht geschafft, eines der Tierchen mal mitzubringen.
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Ausserdem (aber das ist schwierig in ein paar Sätzen wiederzugeben) war das jemand, bei dem man schon in einem einfachen Gespräch noch weitere psychische Probleme merken konnte.
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hab mir selbst mal eine „larva migrans“ eingefangen (am Fuß, Venezuela), hat fürchterlich gejuckt, aber der Hautarzt hat’s, nach der Vorgeschichte, sofort erkannt.
Therapie war aber weniger schön: Wurmmittel 3 Tage 3×2 Tbl. Mir war kotzübel (zumal ich auch noch Bereitschaftsdienst im KH hatte!). Danach war der Spuk aber vorbei.
Als Hausarzt würd‘ ich der Patientin so ewas verschreiben. Selbst wenn es eingebildet sein sollte: das Zeug kostet so große Überwindung, dass es helfen MUSS!
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Ja, wenn sie das Problem aus dem Süden (lies Afrika oder Südamerika) mitgebracht hätte – da gäbe es noch ein paar hässliche Sachen.
Du wärst also für eventuelles Placebo mit heftigen Nebenwirkungen zur Behandlung? ;-)
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These zur Entstehung der Patientenwahrheit (wieder ein Wort gelernt):
Haut rötet sich -> „Bestimmt ein Wurm! Da kam doch neulich was im TV. *angst*“
Was macht Mensch? Richtiiiig! Ausdrücken!
Es kommt ein Talg-farbener Wurm raus, aber völlig zermatscht – klar, wegen dem Druck.
„Ich habe Würmer unter der Haut!“
Dazu muss man nicht mal besonders irre sein, sondern nur ein bisschen.
Vielleicht würde ein Anti-Pickel-Creme ihr schon was bringen.
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Ich habe schon gehört, dass jemand von einer Spinne gebissen(?) gestochen(?) wurde und dann nach einer Zeit unter der Haut Spinnen geschlüpft sind! Ich würde die Frau zum Tropenarzt schicken, oder sie soll eine Geschlüpfte einschicken.
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Das wäre so eine klassische „urban legend“ – tönt gruselig und hat keine medizinische Grundlage.
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Manchmal wird leider Krätze vom Arzt nicht mehr erkannt. Hier in der Nähe waren fast alle Bewohner eines Altenheimes befallen, bis mal einer auf die Idee kam, dass dieser Juckreiz auch andere Ursachen haben kann als Einbildung.
Die Bohrkanäle der Milben sehen übrigens aus wie Würmer.
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Ach ja, Filarien sind auch möglich.
Die gibt es zwar auch in nichttropischen Regionen, werden meist nur von Tropenärzten erkannt. Tübingen hat ein sehr gutes Tropeninstitut, Hannover auch.
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Zürich und Basel auch :-)
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Ach ja, ich vergaß ;-)
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Ich würde sagen, dass sieht doch sehr nach einem „umgekehrten“ Placeboeffekt aus – Grüße, Dennis
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Leider muß ich Ihnen heute erneut zum Thema Morgellons schreiben. Ich wünschte, es würde nicht immer in so ironischem Ton geschrieben.
Also: Nicht längst alle Kranken haben das Gefühl, dass Insekten unter ihrer Haut herumkrabbeln.
Hat sich irgend jemand von Ihnen mal um den Rest der ungeheuer vielfältigen Symptome gekümmert? Warum werden die in den Zuschriften immer unterschlagen?
Es handelt sich um eine systemische Krankheit, die den Menschen im Ganzen beeinträchtigt. In manchen Fällen so stark, dass sie Selbstmord begehen. Das ist in Deutschland gerade zum ersten Mal passiert. Die Frau war so gequält, dass sie es einfach nicht mehr aushalten konnte.
Psychiatrie? dort wurde sie auch behandelt. Als sie zurückkam, war sie kränker als vorher.
Unsere Meinung: Es gibt keinen Insektenwahn und es wird Zeit, dass man sich endlich in seriöser Weise
mit dieser Krankheit befasst.
Bei den Leuten, die diese Kranken aus der Nähe erleben, wächst langsam eine ungeheure Wut.
Das mußte einmal heraus.
Hannah.
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Wird doch schon längst vom CDC untersucht.
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Ich stelle fest, dass wenn jemand einen Kommentar schreibt, der näher auf das Thema eingeht, das gar nicht beachtet wird. Die Leute scheinen das überhaupt nicht zu lesen, es erscheinen immer wieder die gleichen, sehr oberflächlichen Meinungsäußerungen, die eigentlich zum Thema gar nichts beitragen. Ich kann z.B. sagen: Die CDC-Untersuchung ist eine reine Farce. Mal ein bisschen mehr über das Thema lesen!!
Noch einmal: Es handelt sich um eine systemische Krankheit, die mit „Einbildung“ nicht das Geringste zu tun hat. Erst, wenn Ihr mindestens einen schwerkranken Patienten selber gesehen habt, könnt Ihr überhaupt eine Meinung abgeben.
Hannah.
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Ich habe inzwischen eine Menge darüber gelesen. Nichts davon überzeugt mich, dass es die Krankheit im Sinn einer Parasitose wirklich gibt. Im Gegenteil.
Was es sein könnte, ist eine Empfindungsstörung der Haut, ein „Verrücktspielen“ der Nerven. Womit wir aber schon fast wieder beim psychischen wären. Dass die Betroffenen Probleme haben, ist unbestritten. Die Hautschäden sind oft selbstverursacht: man pickt so lange bis Schwären und Narben bleiben.
Aber: bewiesen, nachgewiesen; noch gar nichts.
Einfach nur andere Meinungen weil sie nicht nicht der eigenen entsprechen als oberflächlich und nichts zum Thema beitragend abzutun ist auch nicht gerade sinnvoll.
Wenn sie etwas Neues zum Thema beitragen wollen: gerne.
Ansonsten: der bisher beste Artikel zum Thema Morgellonen, den ich gelesen habe:
http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2011/may/07/morgellons-mysterious-illness
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