Prämiensteigerungen und Sparmassnahmen

Im Radio SRF – mitgehört beim Autofahren:

„… Erwarten wir wieder eine Steigerung der Prämien der Krankenkasse um 3%. Dies hauptsächlich wegen Kostenzunahmen und Steigerung in den Bereichen Physiotherapie, Spitex und Laborleistungen.“

Nichts neues unter der Sonne. 3% sind allerdings wieder einiges mehr als auch schon. Das tut langsam wirklich weh. Der Sprecher fährt weiter:

„Der Krankenkassenverband Santesuisse fordert deshalb weitere Sparmassnahmen, vor allem im Bereich Medikamentenpreise.“

Und dann bin ich kurz explodiert. WAAAAS?? TYPISCH! Ich meine: die Medikamentenpreise wurden noch nicht mal als Grund für die erhöhten Gesundheitskosten angegeben!

Sie sind es auch nicht wirklich. Natürlich haben wir ein Problem mit den Hochpreisern – Aber die Medikamente sind trotzdem nicht wirklich der Kostentreiber im Gesundheitssystem. Nur halt der Ort, wo am einfachsten gespart werden kann.

Darauf weist auch Pharmasuisse in der neusten Medienmitteilung hin:

Medikamentenkosten: 1 Milliarde eingespart

Bereits heute sparen Apotheker und Hausärzte infolge der Preisüberprüfungen des BAG innerhalb von drei Jahren 1 Milliarde Medikamentenkosten ein. Für die Apotheker bedeutet dies: Sinkende Einnahmen bei mehr abzugebenden Packungen, höhere Personalkosten in der Logistik und Beratung und damit steigende ungedeckte Betriebskosten. Zwar sollen Apotheker, Hausärzte und Pflege immer mehr kostensparende Aufgaben in der medizinischen Grundversorgung übernehmen, doch droht mit geplanten Abbaumassnahmen der Kollaps der wohnortsnahen Versorgung.

Denn das ist der Effekt. Und das ist auch das, was wir verhindern wollen – für die Patienten. Deshalb wurde die Petition „gut umsorgt“ lanziert – deren in 60 Tagen gesammelten über 340’000 Unterschriften gestern überreicht wurden.

Die Medikamentenkosten dürfen nicht mehr das Hauptziel und die Hauptmassnahmen sein! Andere Strategien müssen her.

8 Kommentare zu „Prämiensteigerungen und Sparmassnahmen

  1. Anscheinend haben „die anderen“ (leider) bessere Lobbyisten als die Apotheker.

    Hat mal jemand nachgerechnet, wie viel gespart werden würde, wenn die Apotheker so wie früher bei der Medikamentenauswahl nur medizinischen Regeln unterworfen wären und der immense Verwaltungsaufwand auch bei der Kontrolle wegfallen würde? Selbstverständlich bleibt der Grundsatz, günstige Medikamente zu bevorzugen, aber ohne dass dieser als verpflichtende Regel jedes Mal kontrolliert wird.

    Auf Deutschland bezogen müsste die gesamte Abrechnung im Gesundheitswesen dringend sehr kräftig entschlackt werden. Rund 11 Mrd. fließen hier jedes Jahr nur in die Verwaltung der Krankenkassen. Da ist der KV-Sumpf noch nicht mal mitgerechnet. In der Schweiz scheint es nicht besser zu sein.

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    1. 11Mrd. €. in die Verwaltung der Kranken Kassen. Gesamtvergütung der Apotheken deutschen Apotheken pro Jahr: 4Mrd. €. Dieser Betrag steht so seit ca. 2004 mit der Arzneimittelpreisverordnungs-Umstellung. Komplette Abkopplung der Apothekenvergütung von sowohl der finanzielen Gesamtentwicklung des Landes als auch von der Arbeit, die gemäß Gesetzen und Verträgen aufzubringen ist. Seit damals dazu gekommen: Rabttverträge, SecurPharm, div. neue Dokumentationsvorschriften usw. Die paar Pimperlinge für Rezeptur und BtM-Bearbeitung kann man getrost vernachlässigen. Die Einführung des Notdienst-Pauschal-Vergütung bringt weitere Zusatzarbeit und wird seitens Politik und Krankenkassen doppelt eingepreist, da die Kassen diese Ausgaben nicht aus dem Arzneimittelpreis (mit dem sie ja finanziert werden) herausrechnen bei Pressemitteilungen, allerdings diesen Posten auf der Einnahme-Seite der Apotheken immer ein zweites Mal betonen. Außerdem decken die Ausschüttungen nicht mal annähernd die Kosten eines Feiertags-Notdienstes. Das wissen alle, gerade auch die BWLer in den Kranken Kassen. Trotzdem (oder gerade deswegen) wird es falsch kommuniziert, einfach um den „Feind Apotheke“ immer noch mal einen Nadelstich zu versetzen.

      Der neue Rahmenvertrag – welcher Depp von Apothekenbevollmächtiger den unterschrieben hat ist mir völlig unklar – sagt ein übriges. Noch weiter gestiegene Bürokratie, noch komplizierter gewordene Belieferungen (bei Wissen um die Liefersituation und die Defektlisten, die seitens der Hersteller ja – offiziell – gar nicht existieren). Eine Berechnung des Reimport-Malus, die so kompliziert ist, dass niemand mehr im Blick haben kann, wie es um den eigenen augenblicklichen Erfüllungszustand gerade aussieht. Usw. usw.

      Es macht immer weniger Spaß. Es bringt immer weniger Geld. Es ist ein System, welches nicht auf eine bessere Patientenbetreuung, sondern nur eine eine „logistisch effektivere Belieferung“ ausgelegt ist. Ich frage mich, wie lange ich noch durchhalten werde…

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  2. Ich bin ja immer noch für eine landesweite Spitalorganisation. Der Bund soll festlegen, an welchen Standorten welche medizinischen Leistungen erbracht werden. Fachbereiche sollen und müssen konzentriert werden.

    Den Pseudo-Markt im KVG könnten wir auch gleich abschaffen.

    Und die 10%-Initiative der Sozialdemokraten ist an und für sich toll – warum sollte ein Schlechtverdiener prozentual mehr für seine Gesundheit ausgeben müssen als Gutverdiener? Wird sie angenommen, wird sie für den nötigen politischen Druck sorgen. Solange Patienten nicht wie Fliegen sterben, ist ja noch alles gut. :-/

    Nur hoffe ich, dass dann nicht wieder am falschen Ende gespart wird…

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  3. Ja, vom Verwaltungsaufwand der Krankenkassen und was das kostet redet hier keiner. Die sind ja auch furchtbar arm dran (und jammern ständig) dass das nicht kostendeckend ist in der Grundversicherung. Dass einzelne Kassen da Millionen (!) Plus machen in den Zusatzversicherungen, davon hört man auch öffentlich nichts.
    Vielleicht würde es da helfen das etwas „querzusubventionieren“? Oder zumindest Homöopathie und Co. in die Zusatzversicherung zu schieben (wo sie hingehört)?

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    1. „Oder zumindest Homöopathie und Co. in die Zusatzversicherung zu schieben (wo sie hingehört)?“

      Dazu bräuchte es eine Verfassungsänderung. Siehe die Komplementärmedizin-Initiative, die vor ein paar Jahren angenommen wurde… :-(

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      1. @ turtle:

        Die HP gehört auch nicht in die Zusatzversicherung, die gehört ins Supermarkregal zu den Backzutaten.

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  4. Ich wiederhole mich gerne: 3% sind viel zu wenig. Die Schweiz braucht endlich mal einen Gesundheitsminister, der die Eier hat, der Bevölkerung mitzuteilen, dass sie von heute auf morgen pro Kopf und Monat 200 Franken mehr an Krankenkassenbeiträgen zahlen müssen, damit das Gesundheitssystem gerettet werden kann. Diese Salamitaktik der letzten Jahre hilft wirklich niemandem.

    Und seien wir mal ehrlich: im Vergleich zu Düütschland bekommen Patienten hier in der Schweiz deutlich mehr und bessere Leistungen für geringere Beiträge. Da ist also noch Luft…

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  5. Ich arbeite bei einer Krankenversicherung in der Kommunikation, während mein Mann Pharmazeut ist (wenn auch auf Industrieseite) und meine Schwägerin Apothekerin. So kenne ich beide Seiten, möchte hierzu aber nun doch auch noch meine Gedanken aus Sicht von uns Krankenversicherern niederschreiben.
    Ich erlebe jedes Jahr die so genannte „Prämienrunde“ hautnah mit und merke immer wieder, wie schwierig dies für uns ist. Wir sind ein mittelgrosser Versicherer und haben definitiv keine Dumping-Prämien. Bei der Prämienfestsetzung bemühen wir uns jedes Jahr, die Steigerung so tief wie möglich zu halten. Allerdings funkt und da immer wieder das BAG dazwischen und zwingt uns zu einem stärkeren Prämienanstieg, als dies eigentlich nötig wäre. Das wiederum sieht man daran, dass unsere Reserven in der Grundversicherung Jahr für Jahr steigen – und trotzdem dürfen wir diese gute finanzielle Situation nicht an unsere Versicherten weitergeben. So viel zu den Prämien.
    Dass unser Gesundheitswesen immer teurer und teurer wird, ist eine Tatsache. Die Sparmassnahmen, die vorgeschlagen werden, sind eine Pflästerli-Politik. Denn die Kostentreiber sind nicht die Medikamente oder die Physiotherapeuten (oder auch die Glaubuli, die ich selber lieber nicht aus der Grundversicherung vergütet sehen möchte, oder die Verwaltungskosten der Krankenversicherer). Die Kostentreiber sind aus meiner Sicht unsere Ansprüche gepaart mit dem technologischen Fortschritt. Wir Schweizer leisten uns ein Gesundheitssystem, das seinesgleichen sucht. Und solange wir als Patienten nicht bereit sind, Abstriche zu machen, werden die Kosten weiter wachsen. Klar, es gibt Fehlentwicklungen. Dass während der Schwangerschaft zum Beispiel nicht nur die Schwangerschaftsleistungen (was Sinn machen würde), sondern auch alle anderen Behandlungen von Prämie und Selbstbehalt befreit sind, war für mich damals zwar nett. Aber ziemlich unnötig. Das nur ein Beispiel. Immer wieder wird in der Politik über die Stränge geschlagen, wenn es darum geht, den Leistungskatalog auszubauen oder einzuschränken (ja, diese Tendenz beobachte ich in beide Richtungen).
    Eine Lösung für das Problem der steigenden Prämien sehe ich persönlich eigentlich nur darin, dass wir Leistungen radikal abbauen. Aber wenn ich ehrlich bin, will ich das eigentlich nicht unbedingt. Denn im Krankheitsfall wünsche ich mir ja auch die bestmögliche Behandlung… Was aber sicher NICHT die Lösung ist: Dass sich die Akteure gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben. Denn auf diese Weise wird weiterhin nur Pflästerli-Politik auf dem Buckeln einzelner betrieben.

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