Von Bauchgefühl bis Beratungsraum

Meine gestandene Apothekerkollegin Anja erzählt mir von dem seltsamen Kunden, den sie am Vorabend hatte. Zu dem Zeitpunkt war sie alleine in der Apotheke. Das nicht im Notdienst, sondern einfach im Abenddienst, weil nicht viel läuft.

Jedenfalls kam der junge Mann zu ihr und hat sie über Inkontinenzmaterial ausgequetscht. Soweit so … nicht sehr ungewöhnlich. Er fiel ihr einfach negativ auf, da er sie dabei immer extra intensiv anstarrte und sehr detailliertes wissen wollte.

Anja: „Ich hatte ein echt schlechtes Bauchgefühl bei ihm. Der war echt seltsam, wie er starrte und was er fragte.“

Als einmal eine andere Kundin hereinkam, nahm er gleich Abstand und meinte, er würde warten, bis sie fertig sei.

Das könnte natürlich auch daran liegen, dass es ihm peinlich ist. Allerdings zeigte er bei den direkten Fragen keinerlei derartigen Schamgefühle und offenbar kannte er sich auch ziemlich aus.

Er hat sich Pants gekauft … und dann gefragt, ob wir einen Beratungsraum haben. Nun … wir haben einen, aber meiner Kollegin kam das zu seltsam vor (was genau wollte er da? Sie anprobieren?) weshalb sie ablehnte. Dummerweise mit den Worten „Ja, allerdings können Sie den momentan nicht benutzen, da ich alleine in der Apotheke bin.“

Danach hat sie sich geärgert, dass ihr das rausgerutscht war – das machte ihre Position nicht gerade sicherer.

Darauf wollte er wissen, ob wir eine Toilette haben.

Anja: „Keine für Kunden, aber gegenüber im Kaufhaus haben sie eine.“

Mann: „Sie haben offen bis …, richtig? Bleiben Sie hier, ich komme noch einmal!“

Nach dieser … Ankündigung / Drohung (?) ging er dann.

Und meine Kollegin schloss die Apotheke 3 Minuten früher, da sie ihm wirklich nicht noch einmal begegnen wollte.

Wie wir am diskutieren sind, wie man am besten damit umgeht, kommt Pharmaasistentin Donna dazu.

„Wie hiess der denn?“ fragt sie.

Anja: „Keine Ahnung, weshalb?“

Donna: „Na, ich hatte vor ein paar Wochen jemanden am Telefon, der mich ausgiebig über Inkontinenzmaterial ausgefragt hat. Auch ein junger Mann. Der kam mir auch sehr seltsam rüber. Einerseits tat er, als sei es ihm peinlich. Er hat ausdrücklich gefragt, ob wir einen Beratungsraum haben. Dann hat er drei Mal nach meinem Namen gefragt und gefragt, ob ich sie ihm dann abgeben würde. Und er wollte, dass man ihm das dann im Beratungsraum übergibt, da er nicht wolle, dass jemand das mitbekommt. Dabei kannte er die Produkte und hat schliesslich diverses bestellt. Manches davon mussten wir extra kommen lassen.

Dann ist er nicht mehr aufgetaucht, bis es zu spät war, das zurückzuschicken. Einen Teil davon haben wir noch hinten an Lager.“

Pharmama: „Ah, das habe ich gesehen.“

Anja: „Was sind das für Artikel?

Donna sagt es ihr.

Anja: „Nach denen hat er auch gefragt, aber ich wusste nicht, dass wir die hinten haben. Davon, dass etwas bestellt sei, hat er auch nichts gesagt. Aber ich glaube, das war derselbe.“

Und jetzt wird es speziell lustig, denn nun mischt sich noch Sabine, die Drogistin-kollegin ein, die gelegentlich in einer anderen Apotheke einspringt:

Sabine: „Inkontinenzmaterial? Beratungsraum? In der anderen Apotheke hat mir die Apothekerin von einem erzählt, der das auch wollte. Ein junger Mann. Leicht seltsam. Dort ist sie mit ihm in den Beratungsraum gegangen.“

Alle: „Und??“

Sabine: „Und er hat die Unterhosen runtergezogen.“

Pharmama, Donna und Anja gemeinsam: „Och Neee!“

8 Kommentare zu „Von Bauchgefühl bis Beratungsraum

  1. Ich würde keine Hemmungen haben die Polizei zu rufen. Das ist sexuelle Belästigung wenn jemand seinen Fetisch an fremden Leuten ohne Einverständnis auslebt. Wenn ihr euch nicht wehrt, triffts irgendwann eine die sich nicht wehren kann. (Evtl ein Kind) Also sobald der auftaucht, Polizei rufen und Hausverbot erteilen. Falls Hose runter – Strafanzeige stellen. Das ist EUER Haus!

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    1. In der Schweiz ist das ja immerhin auch eine Straftat.

      In Deutschland nicht, solange er sie nicht anfasst. Und selbst das ist erst seit November letzten Jahres eine Straftat. Armselig wie ich finde dass das so lange gedauert hat :/

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      1. Quatsch. Genau so ein Quatsch wie die angeblich nun geschlossene Strafbarkeitslücke (ich verweise gern auf Fischer im Recht auf der Zeit dazu.

        § 183 deutsches Strafgesetzbuch: Exhibitionistische Handlungen

        Ist eine Antrags-Straftat seit 1973. In den hundert Jahren davor fiel es unter ‚unzüchtige Handlung‘, selber Paragraph.

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        1. Nö ist kein Quatsch weswegen ja das neue Gesetz geschaffen wurde ende letzten Jahres.
          Es war eine Lücke, aber Leute behaupten ja auch Stalking wäre früher bereits illegal gewesen. Weswegen ja die Gerichte ja auch so machtlos waren dagegen..

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    2. Ich frag mich grad was die Polizei dazu sagen würde. Also: ein Mann hat sie bezüglich Inkontinenzprodukte ausgefragt? Was hat er denn gefragt? Hat er anzügliche Bemerkungen gemacht? Hat er sie angefasst?
      Aus „nur“ einem seltsamen Gefühl und der Tatsache, dass nicht wirklich etwas passiert ist … kann man nur schwer einen Fall einer sexuellen Belästigung machen. Auch wenn ich überzeugt bin, dass da was faul war und dass er vielleicht etwas versucht hat.

      Anders ist der Fall, wenn er die Hose runterlässt. Auch im Beratungsraum. Aber da würde ich in erster Linie rauslaufen und sehr laut vermelden: „Ziehen Sie ihre Hosen wieder hoch und dann verschwinden Sie!“

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  2. Man kann scheints kaum vorsichtig genug sein. Und auf Bauchgefühle zu hören ist (zeigt sich an dieser Begebenheit nicht zum erstenmal) auch nicht so dumm. Gut ist nichts passiert!

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  3. Oh, das ist unangenehm. Als ich junge Schwester war, hatten wir an den Wochenenden regelmäßig Besuch von einem behinderten jungen Mann, der immer eine junge Frau anquatschte und sie bat, ihm beim Wechsel seines Inkontinenzmaterials behilflich zu sein. haben viele meiner Kolleginnen- und ich auch- gemacht. Allerdings fing er immer an zu stöhnen und hatte auch eine dezente sichtbare Erregung. Er war so schlau, daß er nicht 2 mal hintereinander auf der gleichen Station auftauchte, sondern sich immer eine andere aussuchte. Als wir das gemerkt haben, haben wir ihm freundlich gesagt, daß wir gerade keine Zeit haben, ihm aber gerne den Kollegen Bruder Krankenwärter von der 5. Kompanie holen, der ihm dann helfen würde. Der Spuk war ganz schnell vorbei, ein paar Wochen später habe ich dann von einer Kollegin aus dem Nachbarkrankenhaus gerhört, daß er jetzt dort sei…

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