Moderne Zeiten und Rezepte

Rezepte dürfen in der Schweiz ja sehr unterschiedlich aussehen, solange sie die vorgeschriebenen Angaben enthalten. Das verschafft Fälschern gewisse Vorteile, allerdings … nicht immer.

Farbkopien von Rezepten sind bei uns momentan im kommen. Mal abgesehen davon, dass ich in der letzten Zeit einige Patienten hatten, die dachten, es reiche, wenn sie uns das Rezept elektronisch „übermitteln“ – einer schickte ein Bild per mail, einer hielt mir einfach sein smartphone hin: liebe Leute, das ist okay, um ein Medikamente vorzubestellen, aber zur Abgabe und vor allem zum Abrechnen mit der Krankenkasse brauche ich das Original. Ich habe ja keine Ahnung, was Sie danach mit dem Rezept (oder den Bildern) machen … Sie könnten, wenn das mit dem Bild ausreichend wäre es theoretisch in jeder Apotheke einlösen gehen (und zwar nicht entweder sondern und).

Das geht also nicht. Mal abgesehen davon, dass sich so ein Bild leicht bearbeiten lässt … und auf einem Bildschirm erkenne ich Fälschungen oder Verfälschungen schlechter als in real.

Damit sind wir zurück bei den Farbkopien, von denen ich in letzter Zeit einige gesehen habe. Am besten erkennbar sind so Kopien daran, dass die Unterschrift … naja, halt nicht unterschrieben und im Papier eingedrückt sondern aufgedruckt ist. Im Zweifelsfall hilft sehr nahe ansehen und auch der „Feuchtigkeitstest“ (da gehe ich jetzt nicht näher drauf ein, ich bin sicher, den kennen auch andere Apotheker).

Einige der Farbkopien waren aber tatsächlich nicht gefälscht. Da gibt es wohl Ärzte, die denken, es sei eine gute Methode, dem Patienten, den sie an dem Tag nicht sehen konnten und der dringend ein Medikament braucht, sein Rezept per email zukommen zu lassen. Lieber Arzt: keine gute Idee! Vor allem nicht bei so etwas wie einem Temesta (Lorazepam). Natürlich verstehe ich, dass der Patient das vielleicht Notfallmässig und jetzt gleich braucht und das Rezept nicht bei Ihnen abholen kann … aber wie sicher sind Sie, dass er damit nur in eine Apotheke geht? Besser ist es – wenn Sie schon so modern sein wollen, das Rezept an die Apotheke der Wahl (des Patienten) zukommen zu lassen. Das geht bei uns hier per Fax und email … auch das bietet keine 100% Sicherheit von wegen Absender, aber lässt sich doch besser nachkontrollieren.

In so einem Fall rufe ich übrigens standardmässig beim Arzt an an, der auf so einer Kopie oder Ausdruck angegeben ist (allerdings mit der Telefonnummer, die ich im PC habe) – um erstens nachzufragen und ihn zweitens zu bitten, ein Rezept nicht so auszustellen.

Bis vor ein paar Monaten hätte ich gesagt, es ist etwa halbe-halbe, was Fälschungen und richtige Rezepte angeht. Seitdem lassen die Email-Ausdrucke nach, aber die Fälschungen nehmen zu.

Gerade gestern hatte ich einen in der Apotheke einen. Rezept für Stilnox, nachdem ich schon unterwegs zu den Schubladen war, ist mir die Unterschrift aufgefallen, worauf ich mich geradewegs wieder umgedreht habe und den Mann (der mir das Rezept gebracht hat) fragte:

„Wieso ist das eine Kopie?“

„Oh, was? Ich … da muss ich das falsche Blatt erwischt haben, wissen Sie ich mache immer eine Kopie für die Krankenkasse … ich gehe rasch das richtige holen.“

Muss ich erwähnen, dass er nicht wieder aufgetaucht ist?

Ich nervte mich etwas, weil ich mir leider nicht den Namen und den Arzt gemerkt habe – oder (noch besser) selber rasch eine Kopie gemacht habe. Aber, je nun.

Übrigens: Gesetzeslage. Kopien von Betäubungsmittelrezepten berechtigen nicht zum Bezug. Und auch Benzodiazepine, Zolpidem. Zoplicone fallen unter diese Gesetzgebung!

Bilder von Rezepten wie in emails dürften da auch darunter fallen, auch wenn das so noch nicht ausführlich festgehalten ist. Vielleicht sollten sie da einmal die Richtlinien an die modernen Zeiten anpassen? Oder man könnte so einen Kopierschutz auf das Rezept drucken, wie ihn Banknoten haben … (googelt mal Eurion).

eurion

9 Kommentare zu „Moderne Zeiten und Rezepte

  1. Ich brauchte mal ganz dringend einen Asthmaspray weil ich meinen vergessen hatte.
    Bin in die nächste Apotheke und habe sie gebeten meinen Arzt anzurufen um ein Rezept zu bekommen. Der Vorteil war, ich stand da mit Atemnot und so klappte alles.

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  2. Nunja… einen Fotokopierer, der sich weigert, ein Dokument mit einem solchen „Eurion“ zu kopieren, würde ich nicht anschaffen. Ein Gerät muss mir dienen, aber nicht dem Urheberrecht oder dem Strafrecht.

    In Adobe Photoshop ist ein Modul eingebaut, dass die Bearbeitung von Banknoten verhindert. Bei GIMP wäre sowas unmöglich – bei freier Software müsste der Algorithmus, der die Banknote erkennt, offengelegt werden. :)

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    1. Ne offen legen müsste man ihn nicht zwingend.
      Nicht alles was etwas mit GPL berührt muss auch GPL sein.

      Allerdings leider fast alles, was einer der Gründe ist warum so viele Entwickler wieder von GPL Abstand nehmen.

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    2. Ich fände es mühsam, wenn ich Rezepte nicht mehr problemlos kopieren könnte. Patientenfreundlicher und vorallem fälschungssicherer währen simple Prägestempel für Ärzte. Die Kosten dafür währen sehr überschaubar und der zusätzliche Aufwand dürfte vernachlässigbar sein.

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    3. Wenn Du einen Drucker möchtest, der nicht dem Urheberrecht dient, musst Du bei der Auswahl Deines Druckers gewaltig aufpassen. Viele Druckerhersteller wie Canon oder HP drucken bei jeder Farbkopie ein nicht mit bloßem Auge sichtbares Raster aus gelben Punkten auf das Blatt. Anhand dieses Musters lässt sich die Seriennummer des Druckers ermitteln. Google mal „Machine Identification Code“.

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  3. Eigentlich wäre das schweizerische System bei Rezepten doch ideal für Sicherheitspapier oder?
    In D-Land kann man das inzwischen für viele Formulare nutzen. Ausgenommen sind Rezepte (bei BtM wegen des Durchdruckverfahrens und bei den Rest sicher wegen der Farben, damit Privatpatienten nicht mit von den Kassenpatienten bezahlten Formularen beglückt werden) – aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist das bei euch ja nicht annähernd so streng.
    Man könnte also Sicherheitspapier für alle Rezepte für alle Ärzte bestimmen und hätte schon ein Sicherheitsaspekt mehr (auch wenn jedes System mit genug Zeit und Mühe gefälscht werden kann).

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  4. „Nenene, fälschungssichere Rezepte würden doch den ÄRZTEN was kosten, das geht ja gar nicht! Da gibt es doch sicher eine Möglichkeit, dass alle Apotheken sich irgend etwas teures und nutzloses anschaffen um dieses Problem zu lösen.
    Schließlich haben ja auch die Apotheken Probleme mit den gefälschten Rezepten, in meiner Praxis wurde noch NIE ein gefälschtes Rezept vorgelegt.“

    Ich hatte gerade eine Vorahnung und habe die Reaktion der Ärztekammer auf den Vorschlag vor mir gesehen ;)

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  5. Wäre eine rein elektronische Lösung nicht heutzutage sinnvoller? Der Arzt gibt das Rezept in seiner Arztsoftware ein, die schickt es an die Apothekendatenbank. Der Patient kommt in die Apotheke, gibt seine KV-Nummer oderwasauchimmer an, ihr schaut nach, gebt das Medikament ab, markiert das Rezept als „eingelöst“ – fertig. Die nächste Apotheke, bei der er das Gleiche versucht, sieht das „eingelöst“-Merkmal und Ihr spart Euch den ganzen Papierkrieg bei der Abrechnung. Nullretax wegen falsch/unvollständig ausgefüllten Rezepten dürften bei einer elektronischen Lösung auch massiv abnehmen, weil die Elektronik sofort kontrollieren und ggf. das Rezept ablehnen kann.
    Für den Notfall können die Papierrezepte ja gültig bleiben, aber das dürfte eher selten vorkommen.

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    1. Wird schon seit längerem daran gearbeitet, Probleme sind
      -Datenschutz
      -Kosten
      -Akzeptanz
      Bei der üblichen deutschen Geschwindigkeit wird es vermutlich 2051 realisiert

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