Nicht Kind.

Ein etwas komplizierter Fall – erschwert noch durch die Sprachbarriere.

Mann, etwa 50, verlangt bei mir in der Apotheke kurz und bündig: „Dafalgan Sirup“

Ich bringe ihn.

Pharmama: „Wie alt ist das Kind?“

Mann: „Nicht Kind. Frau.“

Pharmama: „Oh – das ist ein Sirup hauptsächlich für Kinder. Hat die Frau Probleme mit Schlucken?“

Er schaut etwas verständnislos.

Pharmama: „Für was braucht sie es?“

Mann: „Schmerzen.“

Okay – da liegen wir schon richtig.

Pharmama: „Kann sie keine Tabletten nehmen? Sie muss sonst ziemlich viel Sirup nehmen, damit das wirkt …“

Er wehrt ab: „keine Tabletten. Sirup.“

Nun, denn.

Pharmama: „Brausetabletten vielleicht? Die für ins Wasser?“

Er winkt ab.

Als ich den Sirup einlesen will fragt er: „Das gut gegen Zahnentzündung?“

Worauf ich es wieder hinstelle.

Pharmama: „Sie hat Zahnschmerzen?“

Mann: „Ja, Zahnentzündung.“

Pharmama: „Das ist nur gegen Schmerzen, nicht gegen Entzündung.“

(das ist Paracetamol)

Mann: „Nicht gegen Entzündung?“

Pharmama: „Nein. Nur Schmerzen.“

Mann: „Was ist gegen Entzündung?“

Und flüssig? Ich überlege, dann greife ich mir den Algifor Sirup.

Pharmama: „Das ist gegen Entzündung und Schmerzen. Und es ist flüssig.“

„Nein.“ meint er „– das haben wir. Dafalgan speziell für Zähne. Nicht?“

„Nein.“, sage ich (langsam habe ich den Verdacht, dass ihm jemand gesagt hat, das Dafalgan werde beim Zahnen benutzt und darum … aber er hat ja gesagt: nicht Kind?)

Pharmama: „Das Algifor ist stärker. Und wenn ihre Frau Zahnschmerzen hat, muss sie zum Arzt. Das geht nicht von alleine weg.“

Er nickt und geht.

Au.

22 Kommentare zu „Nicht Kind.

      1. Klar. Aber die Stellen nicht das Hauptklientel der Personen, die in Gesundheitseinrichtungen Verständigungsprobleme haben. Und die meisten Touristen sprechen leidlich englisch.

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        1. Stimmt natürlich. Da war ich wieder im Ganz-oder-gar-nicht-Modus. (Fragt sich auch, wie lange man einen Sprachkurs besuchen muss, um sich über medizinische Einzelheiten unterhalten zu können, das ist ja kein normales Konversationsthema.)

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          1. Medizinische Einzelheiten sind ja gar nicht unbedingt nötig. Man scheitert ja oft schon an Kleinigkeiten, wie hier beschrieben. Wo und was weh tut, was man braucht, wie es einem geht, das man aufs Klo muss, was jetzt gemacht werden soll etc. Auch einheimische haben oft von den Einzelheiten keine Ahnung, das ist nicht schlimm.

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          2. Es ist schwieriger als man meinen möchte. Ich habe das selbst erlebt, und sogar in einer Sprache, die ich ziemlich gut kann, war so eine Sache. Dazu kommen u.U. noch kulturspezifische Tabus, Schüchternheiten usw., die auch beim Sprachelernen nicht weggehen.

            Man kann Leuten, die hierherkommen, schon einiges abverlangen, keine Frage, aber es braucht auch ein gewisses Maß an Verständnis, wenn es mit der Verständigung und dem Zurechtfinden im Land nicht so glatt läuft, wie man es gern hätte. In der Fremde ist man in vieler Hinsicht verwundbarer als man sich das vorher vorstellen konnte.

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          3. So einfach ist es eben nicht…ich spreche (eigentlich) ziemlich gutes Englisch. Wenn ich als Apothekerin dann aber im HV stehe und auf englisch beraten soll, ist es doch schwierig. Und das geht entsprechenden Zweitsprachlern dann halt auch so…

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  1. Ich habe mal in Russland ein medizinisches Wörterbuch gekauft, das extra für den Dialog zwischen Arzt und Patient vorgesehen war. Da war das Vokabular aufgelistet, das man zum Beschreiben von Krankheiten, Verletzungen, Schmerzen und sonstigen Beschwerden braucht, einschließlich typischer Sätze („Mein x tut weh.“ „Tut es weh, wenn ich hier drücke?“). Sinnvoll sortiert und übersichtlich. Sowas wäre hier nützlich.

    Wahrscheinlich gibt es das nicht für viele Sprachen, aber wenn man eine abgespeckte Version von sowas für die gängigsten Problemsprachen verfügbar hätte (derzeit wohl v.a. südosteuropäische und nahöstliche Sprachen), wäre das sicher nicht schlecht.

    Alternativ kann man sich mit Onlinewörterbüchern behelfen, wo man wenigstens sicherstellen kann, dass man von derselben Sache spricht (Kind oder nicht, Zahnschmerzen oder sonstwas). Langenscheidt hat ein arabisches und ein persisches Wörterbuch online, PONS bietet Ungarisch an, beide haben Türkisch, Chinesisch, Russisch, da geht einiges. Stellt sich nur die Frage, ob man in der Apotheke ein geeignetes Gerät für diese Art Kundendialog hat.

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  2. Also als Ferndiagnose würde ich meinen, dass es da weder Paracetamol noch Ibuprofen braucht, sondern Lorazepam – gegen die Dentalphobie (Angst vorm Zahnarzt). ;-) Wäre aber verschreibungspflichtig…

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  3. Bei solchen Dialogen frage ich mich immer, ob der Kunde/Patient verstanden hat, wo das Problem ist, oder ob er wegen der Verständigungsprobleme einfach aufgegeben hat.

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  4. Frage (meinerseits): Wie oft sollen Sie das Antibiotikum/das Mittel gegen Viren einnehmen?
    Antwort des Kunden: Ja!
    F: Was hat der Arzt gesagt?
    A: Ja!
    (genau das ist mein tägliches Brot….seufz…ich ruf den Arzt nicht mehr an, ich nehme die Standard-Dosierung und übertrage die mit Uhrzeiten auf die Packung, weil „3/2/4/5 mal täglich“ kommt ja doch nicht richtig an. Und für alle nicht-rechnen-wollende Mitleser: 5mal = 6:00 10:30 15:00 19:30 24:00)
    Und ich frag ja schon lange nicht mehr: Hat der Arzt Ihnen gesagt, wie Sie das einnehmen sollen? denn da kommt immer Ja und ich weiß nicht, ob der Patient wirklich was gesagt bekommen hat oder mich einfach nur nicht versteht.
    Mit der ersten Frageart weiß ich wenigstens, OB er mich versteht.

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  5. Für solche Kunden hab ich extra das IbuDent da, hat mehrere Vorteile
    -Großer Zahn auf derPackung
    -Preis doppelt so hoch wie die normalen Ibus, damit wirkt es auch besser

    Diskussionen darüber habe ich schon lange aufgegeben, man kann nicht erwarten, dass die Gegenseite das gleiche Verständnis hat wie man selbst.

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  6. Interessant ist auch die Verständigung mit Taubstummen: Schreiben, Zeichensprache… Aber dafür kurz und kompakt, sozusagen ohne linguistischen Ballast.
    Aber vielleicht gibt es dazu einmal einen Extra-Blogbeitrag, oder?

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    1. Erstaunlicherweise habe ich festgestellt, dass Gehörlose noch ziemlich gut von den Lippen ablesen können, wenn man direkt mit ihnen redet. Und einige können auch reden … es hört sich vielleicht seltsam an, aber ist erstaunlich verständlich. Die Kommunikation via Zettel geht natürlich im Notfall auch.

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      1. Ich hab einen DGS-Kurs angefangen…(Deutsche GebärdenSprache)…hilft zum Teil auch bei Fremd-Sprach-Problemen!
        Macht Spass aber ist echt anstrengend, denn man muss sich auf Gestik, Mimik und Lippenbewegungen gleichzeitig konzentrieren.
        Nicht alle Gebärden sind selbsterklärend und die Grammatik ist ein Ding für sich.

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