Noch Mal zum Thema Patientengeheimnis: wir steigern das Ganze ein bisschen:
Ein Mann ruft in die Apotheke an.
Er sagt (mit relativ starkem, aber für mich jetzt nicht zuordnenbarem Akzent): „Hallo? Mein Name ist Terces*, ich bin Patient bei Ihnen, ich brauche eine Auskunft.“
Pharmama: „Natürlich. Worum geht es?“
Herr Terces: „Ich habe eine Rechnung bekommen von der Krankenkasse. Können Sie mir sagen, wann ich bei Ihnen war und was ich bekommen habe?“
Pharmama: „Ja. Moment.“
Ich rufe sein Dossier auf und vergewissere mich mittels ein paar Fragen, dass es sich wirklich um den Patienten selber handelt, dann gebe ihm die Antwort. Wie gesagt: jeder kann jederzeit seine Daten einsehen / nachfragen. Offenbar kontrolliert er eine von der Krankenkasse bekommene Abrechnung.
Herr Terces: „Ja. Jetzt noch für meine Frau. Ich denke, sie war auch bei ihnen. Ihr Name ist …“
Pharmama: „Tut mir leid, aber … da darf ich Ihnen keine Auskunft geben.“
Herr Terces (ungläubig): „Was? Aber das ist meine Frau.“
Pharmama: „Ja, Aber auch dann fällt das unter das Patientengeheimnis. Ich darf es Ihnen nicht sagen.“
Herr Terces, aufgebracht: „Was, aber ich brauche diese Information!“
Pharmama: „Ich kann ihrer Frau direkt die Informationen geben, oder, wenn ich von ihr die Erlaubnis erhalte, DANN kann ich es Ihnen sagen.“
Herr Terces: „Aber meine Frau ist im Moment nicht erreichbar. Sagen Sie mir doch einfach, wann sie bei Ihnen war und was sie bezogen hat.“
Pharmama: „Das darf ich so nicht. Tut mir leid.“
Er ist hörbar wütend, hängt aber auf ohne weiter zu diskutieren.
Ja – das ist jetzt genau so ein Problem. Es ist der Ehemann. Wahrscheinlich wäre es kein Problem ihm die Auskunft zu geben – aber wirklich sicher sein kann ich nicht. Sie waren noch nie zusammen hier. Die Medikamente die sie geholt hat … hmmm … ich sag’s mal so: offenbar weiss er bis jetzt nicht, was sie genommen hat (oder noch nimmt) und auch wenn er die Rechnungen kontrolliert – das ist eines der Dinge, die die Krankenkasse hier nicht weiter gibt. Nur die Gesamtsumme und woher die Rechnung kam. Das finde ich bisher in den meisten Fällen Ober-doof, hat man so doch selber kaum Kontrolle. Ausser man ruft an. Wie er. Nur … für jemand anderen als den Patienten selber darf ich das nicht einfach sagen. Auch wenn er die Rechnungen bezahlt. Auch wenn er der Mann ist. Auch wenn sie vielleicht nicht so gut deutsch kann (irgendwo hatte ich das Gefühl, das war das Problem).
Etwas später bekomme ich ein weiteres Telefon.
Herr Terces: „Hallo, ich habe vorher schon angerufen, wegen einer Auskunft.“
Pharmama: „Ja, ich erinnere mich.“
Herr Terces: „Ich habe beim Arzt angerufen, der hat mir gesagt, dass sie bei ihm war… (Aua**) und meine Frau meinte, dass sie bei Ihnen in der Apotheke das bezogen hat. Könnten sie mir jetzt noch genau sagen, wann und was?“
Pharmama: „Es tut mir leid, aber wie ich vorher gesagt habe – ich muss zuerst mit ihrer Frau sprechen und von ihr die Erlaubnis bekommen, diese Information herauszugeben. Könnten Sie ihr nicht sagen, Sie soll selber anrufen? Wenn Sie kommt, kann ich ihr die Information auch ausdrucken, aber ich darf es Ihnen nicht sagen.“
Herr Terces: „Aber … das ist meine Frau!“
Pharmama: „Tut mir leid, aber … das Patientengeheimnis besteht auch gegenüber Familienangehörigen.“
Herr Terces: „Ich finde das nicht gut, was Sie da machen!“
Sagt er und hängt (böse) auf.
Seufz.
Jetzt bin ich die böse Apothekerin, die ihm Information vorenthält.
Ich finde das in dem Fall auch nicht sehr sinnvoll – wahrscheinlich braucht er die Informationen nur zum Kontrollieren der Rechnung … und gewisse Informationen hatte er schon. Aber – das Patientengeheimnis besteht trotzdem.
Und es könnte ja auch anders sein, dass sie ihm nämlich nicht gesagt hat, was sie nimmt, weil sie nicht will, dass er es weiss. Das wäre dann ein übler Vertrauensbruch und rechtlich verfolgbar wenn ich die Info einfach rausgebe.
Die Frau kam dann übrigens später am Tag und hat von uns den Ausdruck ihrer Bezüge erhalten. Das ging problemlos und unspektakulär ohne weitere Aufregungen.
- alle Namen wie üblich geändert
**Ich weiss natürlich nicht, wie das mit dem Arzt genau ging, dass er die Auskunft gegeben hat. Vielleicht hatte der Arzt vorher das Einverständnis der Frau. Wenn sie ihm gegenüber mal gesagt hat, dass ihr Mann in die Behandlung einbezogen ist, reicht das theoretisch schon, oder wenn sie zusammen beim Termin waren. Ansonsten … Hmmm.
Kann natürlich doof laufen.
Spricht mich ein junger Mann in einem Chat an: „Ich brauche Hilfe. Es geht um Medizin.“
Stellt sich heraus, dass seine „Freundin“ – später erzählt er dann, wohl etwas ehrlicher, von einer „Affäre“ – dass sie eben schwanger geworden ist.
Und dann fragt er mich, wie man von der Klinik herausbekomme, ob sie tatsächlich einen Schwangerschaftsabbruch mache. Wie sie es „versprochen“ habe. Denn sie selbst würde jeglichen Kontakt verweigern.
Doof gelaufen. Da war zwischen ihnen die Bindungsdissoziationskonstante wohl etwas hoch, so dass sich das Reaktionsgleichgewicht bei „Trennung“ eingestellt hat.
Und zum Thema: Den Rechnungsbetrag und das Datum der Bezüge zu verraten würde auch unter das Patientengeheimnis fallen? Oder liesse sich daraus rekonstruieren, welche gesundheitlichen Probleme die Frau bezogen hatte?
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Den Rechnungsbetrag (Total) und das (grobe) Bezugsdatum (Monatsangabe) hat er ja auf der Krankenkassenabrechnung. Ansonsten: kommt drauf an, wie gut er als Detektiv ist … wenn er vom Arzt schon das herausgeholt hat oben ….
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Da hast Du vollkommen richtig gehandelt!
Vielleicht stammt der Herr ja aus einem Kulturkreis, wo die Frau AUSSCHLISSLICH für Küche und Schlafzimmer da ist…
Aber zu 100% klappt das mit dem Patientengeheimnis nicht immer. Ich erinnere mich an einen Besuch in einer Apotheke, wo sich eine Dame nebenan lautstark darüber beschwerte, dass von ihrem Schlafmittel nur eine kleine Packung vorrätig war und sie den Rest morgen holen solle.
Der Apotheker versuchte Ihr zu erklären, dass die kleine Packung doch bis morgen reichen sollte, das wollte die Dame aber nicht verstehen…
So, jetzt wusste ich also, dass Frau Y grosse Packungen von X-Medikament verordnet bekommt. Und was bringt mir das…?
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Das ist unschön (und Du sollst auch nicht lauschen! :-) ) aber letztlich … wenn sie nicht so lautstark gewesen wäre, hättest Du gar nichts bemerkt …
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Ich finde das Patientengeheimniss gegenüber Angehörigen sehr wichtig.
Ich hatte mal eine Arbeitskollegin (aus einem anderen Kulturkreis) die ihre Pille über eine Freundin beschafte. So konnte sie vermeiden, dass ihr Apotheker die info an ihren Ehemann weitergab. In ihrer Religion (Evangelikale Freikirche), war Kinder haben die zentrale Lebensaufgabe.
Erfahren habe ich ihre Geschichte, als sie mir sagte, dass sie und ihr Mann Nixdrin forte D60 vom Apotheker (und Glaubensgenossen) bekommt um die Fruchtbarkeit zu verbessern. Wissen wollte sie, ob diese Globuli die Wirkung der Pille aufheben können und ob es gegebenenfalls Globuli gäbe, die für Männer auch Potenz steigernd sind (diese Wirkung von Nixdrin fand sie sehr befriedigend;-), aber das Risiko einer Schwangerschaft nicht erhöht.
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Nixdrin? :-D
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Ich hätte ihr die Globuli „Erstrechtnixdrin“ empfohlen. :)
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Aber zum Kontrollieren der Krankenkassenrechnung hätte ja der Gesamtbetrag reichen sollen oder? Dafür braucht er ja nicht zu wissen, wie sich eure Rechnung aufsplittet. Oder was hat er kontrolliert?
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Jaa … er wollte wissen, wann sie bei uns war und was sie bezogen hat / wie teuer das im Einzeln war. Ich hab‘ die Info. Alle. Ich darf sie ihm nicht geben.
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Das mit dem Arzt könnte auch einfach eine Behauptung des Anrufers sein.
Ich habe in meiner Zeit als Kundenbetreuer am Telefon schon die haarsträubendsten Aussagen gehört, wer was bestätigt habe :-)
Und ja, Datenschutz ist immer so eine Sache. Auf dem Papier sieht es immer sehr einfach aus, die Tücken aber erlebt man im täglichen Geschäft.
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Das könnte. Wie eigentlich auch die Aussage: „Ich bin der Mann …“ Vielleicht ist das der Ex-Mann, Bruder (gleicher Name) oder, oder, oder. Allein das am Telefon zu verifizieren ist nicht einfach / fast unmöglich, vor allem wenn der Patient nicht so häufig da ist, dass man ihn an der Stimme erkennen könnte.
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Oder es ist der Noch-Ehemann, und die beiden kloppen sich ums Sorgerecht. Da kommt es sicher auch immer gut, wenn man weiß, das der andere, sagen wir mal, „psychisch relevante“ Medikamente nimmt.
Nee, schon alles richtig gemacht, würde ich sagen.
Nachdem die Dame dann ja hinterher noch persönlich da war, hätte sie da nicht gleich die Schweigepflicht gegenüber ihrem Mann aufheben können? Am besten schriftlich, damit man später was in der Hand hat, wenn’s Ärger gibt ;-)
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Ich kenne das auch aus der Kundenbetreuung – wir hatten mal einen Fall, der ging deswegen sogar vor Gericht. Gottseidank haben wir uns alles schriftlich geben lassen, so dass wir aus dem Schneider waren.
Normalerweise sollte es kein Problem sein, mal eben von der Frau eine schrifliche Erlaubnis einzuholen und in die Apotheke zu bringen. Mein Mann hatte mir für einen Arzt auch mal die Vollmacht mitgegeben, dass ich Kopien aus seiner Akte einholen darf.
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Mal an der Supermarktkasse erlebt: Eine Frau, die einfach nicht verstehen wollte, dass sie nicht mit der EC-Karte ihres Mannes bezahlen kann. Auch da: „Aber das ist doch mein Mann!“ Dass die Kassiererin aber nicht wissen konnte, ob das tatsächlich ihr Mann war (gleicher Name sagt ja nichts), sie vielleicht getrennt von ihm lebt oder er auch einfach so nicht damit einverstanden sein könnte, dass sie mit seiner Karte bezahlt … das sah sie nicht ein, sie ging noch schimpfend aus dem Laden …
Auch verheiratet hat man nicht Zugriff auf ALLES des Partners. Hätten manche aber wohl gern ;)
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Mit Pin wäre das nicht so ein Problem …
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Doch. Auch mit Pin ist das nicht so unproblematisch. Die darf man nicht weitergeben und auch nicht aufschreiben. Also ist die Nummer im schlimmsten Fall erpresst, im dümmsten mit Erding auf die Karte geschrieben. Auf der anderen Seite widerspricht es den AGB aller mir bekannten Banken. Die finden das im Zweifelsfall gar nicht lustig.
Wenn die Frau Zugriff auf das Konto des Mannes hat oder sowas, dann ist es immer möglich eine Karte auf den eigenen Namen zu bekommen und dann ist das alles kein Problem, weil sie dann eine eigene Karte mit eigener Pin hat.
Ich nehme an meiner Kasse keine Karten an, die nicht unterschrieben sind, wo der Name nicht zum Geschlecht passt(mag sein, dass mir da bei Namen mit Migrationshintergrund Fehler unterlaufen) oder nicht zum Alter. Wenn vor mir ein junger Mann steht mit einer Karte für Günther, dann lass ich mir den Ausweis zeigen. Ich für meinen Teil möchte nichtmal am Rande in Betrügerei verwickelt werden. Es gibt wie gesagt Möglichkeiten eine eigene Karte für das Konto zu bekommen und ansonsten kann jeder einen Scheck für sein Konto ausstellen und der Beauftragte kann dann mit Bargeld ankommen.
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Und wie ist das mit dem Geschlecht und dem Namen auf der Karte bei einem Transvestiten?
Oder bei Transsexuellen: Die Karte war schon aufs neue Geschlecht, auf Arbeit war ich aber noch im alten, und bin nach der Arbeit direkt in die Kaufhalle gefahren. Das hat die Kassiererin ziemlich verwirrt.
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Dafür gibt es ja Ausweise. Wenn Ausweis und EC-Karte nicht passen, würde ich die Karte nicht annehmen, nachdem wir mal Ärger hatten, weil eine Karte nach der Hochzeit nicht rechtzeitig geändert worden war. Und da war dank Doppelnamen recht klar, dass es sich um die gleiche Perosn handelt
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Ich arbeite in einem CallCenter im Kreditkarten-Bereich und bei uns gibt es das gleiche Probleme.
Ständig habe ich Diskussionen mit erbosten Eltern, Ehepartnern und ähnlichem, die das mit dem Datenschutz einfach nicht verstehen wollen…
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das mit der ec-karte im supermarkt hab ich selbst auch schon erlebt. lässt sich vermeiden, wenn die frau auch eine karte bekommt…
und was deinen fall betrifft, ja du hast alles richtig gemacht, wenn der mann nur die krankenkassenbeiträge kontrollieren will, kann er seine frau doch fragen was sie so nimmt…
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Oh Mann, immer wieder heikel!
Hallo Pharmama,
bei einer Famulatur hat mir einer der Ärzte mal von einem Kollegen erzählt (ich nenne ihn mal Arzt1), der bei einem seiner Kollegen (wir nennen ihn mal Arzt2) einen unbedachten Satz fallen ließ:
Arzt1 war Gynäkologe und hatte der Ehefrau von Arzt2 einmal ein „verschwundenes Kondom“ herausholen müssen; kommt vor, auch wenn’s ihr peinlich war.
Beim Golfspiel ein paar Tage später meinte Arzt1 dann lachend zu seinem Mitspieler Arzt2, dass das ja echt witzig gewesen sei, das mit dem hineingerutschten Kondom bei seiner Frau…
Arzt2 schaute ihn fassungslos an – denn er und seine Frau nutzten keine Kondome, da er selbst sich hat sterilisieren lassen…
Da seine Frau offensichtlich Ehebruch beging, hat er sich scheiden lassen (sein gutes Recht).
Aber – Arzt1 ist dann – ebenfalls mit Recht – erfolgreich von der Ehefrau verklagt worden. Den Unterhalt bekam sie so von dem ärztlichen Kollegen, der „nur“ einen Scherz machen wollte, dabei aber seine Schweigepflicht verletzte.
Seitdem ich die Geschichte kenne, bin ich – vor allem bei Ehepaaren! – sehr vorsichtig.
Gruß
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Es gibt Ehen, die sind ziemlich zerrüttet. In dem Fall kann so eine Information sogar Sprengstoff sein.
Auch wenn Herr Terces das nicht gut findet, ich denke es war richtig, nichts zu sagen. Wenn der Arzt anders handelt ist das sein Problem. Im schlimmsten Fall handelt er sich damit eine Klage ein. Ich denke, sie haben alles richtig gemacht, und sollten sich nicht weichklopfen lassen.
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Kennt ihr das mit PINs aus Arztpraxen?
Vor Jahren wurde ich plötzlich am Empfang meiner Frauenärztin regelrecht belehrt, dass sie Testergebnisse entweder nur noch persönlich mitteilen bzw. man für die telefonische Abfrage eine PIN hinterlegen muss die man niieeeemandem sagen darf.
Das ist mir davor und danach nie wieder begegnet.. schätzungsweise haben sie ihre Erfahrung machen dürfen..
PS: Pharmama, dein Blog ist super!!! Weiter so!!
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Vom Prinzip aus finde ich das mit der PIN (oder nem Codewort) eine gute Idee. Es dürfte aber daran scheitern, dass man ein Codewort bei Nichtbenutzung nach spätestens einem Jahr wieder vergessen hat. Eine PIN (also eine Zahlenkombination) dürfte man nach spätestens einem Monat wieder vergessen haben, wenn man nicht gerade seinen Geburtstag oder die Kombination „1234“ wählt.
Mit meiner Bank (normale Bank, keine Direktbank) halte ich das so: Wenn ich einen Wunsch habe, den ich über Onlinebanking nicht regeln kann, rufe ich dort an. Die rufen mich dann kurz darauf unter der dort eingespeicherten Telefonnummer zurück. Somit ist sich die Bank sicher, dass auch wirklich ich am Telefon bin. Das ist dort aber explizit so abgesprochen worden.
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Ich habe mal die schöne Erfahrung machen dürfen, dass mein Arbeitskollege an mein Handy ging als ich nicht in der Nähe war.
Er durfte mir dann ausrichten, dass jemand von der Frauenarztpraxis angerufen hat, meine Testergebnisse da sind und ich zurückrufen soll.
Sie hat ihm zwar nicht gesagt was für ein Test, aber das war schon echt scheiße.
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Wie ist das eigentlich bei Kindern? Denn von Anfang an kann das Patientengeheimnis ja nicht gelten, wie sollten Eltern sonst über (mögliche) Behandlungen entscheiden, wenn sie nichtmal den Befund kennen dürfen? Gilt das einfach „klassisch“ ab 18? Das ist ja in bestimmten Fällen ein bisschen spät (die 16-Jährige hat bestimmt keine Lust, dass Mama ihren Frauenarzt anruft, um zu erfahren, ob sie die Pille nimmt oder ähnliches. ^^)
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Als ich 13 oder 14 war, vereinbarten meine Eltern mit dem Spital, dass ich alles medizinische selber entscheide und sie nur falls ich dazu nicht in der Lage währe. Mit 15 fragte mich mein Arzt, ob ich möchte, dass ein Bericht mit sensiblem Inhalt nicht weitergeschickt wird, was ich kuhl fand. Die anderen Berichte wurden automatisch an meine Eltern und einen befreundeten Arzt weitergeleitet, was ich gut fand. Auch machten meine Eltern die ganze Abrechnung mit der kranken Kasse, bis ich mit über 20 genug verdiente.
Laut google gilt das Patientengeheimniss, bei urteilsfähigen Kindern, auch gegenüber den Eltern. Ich gehe aber davon aus, dass es hilfreich ist, extra darauf hinzuweisen, wenn eine enge Vertrauensperson ausnahmsweise nicht informiert werden darf, um zu verhindern, dass sich jemand verplappert (siehe Medimaus).
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@Kathi: dazu gleich noch ein Post.
Wichtig ist hier der Begriff der Mündigkeit – und ein Kind kann schon mündig sein, auch wenn es Minderjährig ist.
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Ich verstehe das Dilemma und Du hast auf jeden Fall richtig gehandelt. Auch den Hinweis auf ein evtl. anderes Verhalten, wenn sie üblicherweise gemeinsam in der Apotheke wären, finde ich richtig.
Trotzdem habe ich ein Gegenbeispiel: Ein sehr enger Verwandter lag letztes Jahr sechs Wochen auf der Intensiv, war größtenteils kaum ansprechbar. Trotzdem kamen natürlich Rechnungen von Ärzten und Apotheke für Sondennahrung und allerlei andere Späße. Die Krankenkasse wollte diverses nicht bezahlen, weil Vitamine und einiges anderes hier nur bei medizinischer Notwendigkeit (die war gegeben) verordnungsfähig sind. Meine Frau und ich haben uns drum gekümmert ohne eine Vollmacht oder ähnliches zu haben – hätte sich die Krankenkasse oder Apotheke geweigert mit uns zu sprechen, dann hätte es ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten gegeben.
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Dein Beispiel verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass man für den Fall der Fälle vorab eine Patientenverfügung erstellt. Ich nehme mal an, dass es bei Euch damals keine Eltern oder Geschwister gab (oder Ihr das selbst gewesen seid).
Letztendlich hat – aus rechtlicher Sicht – die Apotheke vielleicht die Schweigepflicht gebrochen (wenn sie Euch Informationen über den Patienten gegeben hat, die ihr noch nicht hattet). Der Mitarbeiter der Krankenkasse hat übrigens die Schweigepflicht auf keinen Fall gebrochen, da der dortige Angestellte nicht der Schweigepflicht nach §203 StGB (in D) unterliegt (er hat sicher andere Gesetze gebrochen, das wird aber deutlich geringer bestraft).
Wenn Du in der Apotheke mit dem fertigen Rezept für Euren Verwandten warst, hat aber auch die Apotheke die Schweigepflicht nicht gebrochen. Man kann da von einer stillschweigenden Einwilligung ausgehen, wenn jemand ein Rezept für eine andere Person einlöst [es stellt sich dann eher die Frage, ob der Arzt die Schweigepflicht gebrochen hat, wenn er Euch Auskunft gegeben hat (je nachdem, wie stark ihr verwandt seid)].
Letztlich ist das so ein Fall: Wo kein Kläger, da kein Richter. Euer Bekannter, der hoffentlich wieder genesen ist, wird wohl froh gewesen sein, dass Ihr Euch um die Formalien gekümmert habt. Ich nehme an, dass er Euch auch selbstverständlich Eure Kosten ersetzt hat.
Eng wäre es für die Apotheke und den Mitarbeiter bei der Krankenkasse geworden, wenn Euer Bekannter ein Problem mit Eurer Vorgehensweise gehabt hätte und geklagt hätte (und ja: sowas gibt es!). Letztendlich hätte es dann ein Richter entscheiden müssen, ob die Vorgehensweise korrekt und legal war.
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Ja. Und zwar sollte absolut jeder eine Patientenverfügung haben. Egal wie alt- jeder kann einen Unfall haben, akut schwer erkranken o.ä. Leider. Dann sollten Angehörige wissen, was man möchte, wen man als Betreuer möchte (und wen nicht). In meiner Patientenverfügung steht z.B. „kein gewerblicher Betreuer“. Da hab ich schlimme Dinge erlebt (auch wenn das sicher schwarze Schafe waren, aber das hat man nicht mehr in der Hand).
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Hmmm. Wenn jemand so lange nicht in der Lage ist, seine Geschäfte zu regeln wird zumindest bei uns von den Intensivärzten über das Vormundschaftsgericht eine Betreuung eingerichtet. Es sind ja auch medizinische Entscheidungen zu treffen, Aufklärungen zu unterschreiben usw. Und ihr musstet, während der Angehörige auf Intensiv war, Medikamente selbst bezahlen, über die Apotheke?? In Deutschland war das dann jedenfalls nicht, oder?
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Doch, es war in Deutschland und es ging um eine private Krankenversicherung. Es war auch nicht geplant, dass sämtliche nur denkbaren Komplikationen den Aufenthalt so lange hinziehen. Die Apotheke hatte vorher Nahrung & Co. geliefert und dann natürlich Rechnungen geschickt, ebenso Ärzte, Labore, etc.
Wir haben den verwaltungstechnischen/finanziellen Teil geregelt und es war auch jemand da für die medizinschen Entscheidungen. Insofern war ein Vormundschaftsgericht nicht nötig.
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Im Stationszimmer der Ärzte wurde regelmäßig Auskunft über diverse Dinge am Telefon gegeben. Ich habe das dann nicht gemacht und eine Einwilligung des Pat. verlangt, gerne auch per Fax, und wurde sehr böse angekeift. Dabei kann ja jeder anrufen und behaupten, die Tochter zu sein. Auch bei den Ergometrien, wenn wir Befunde vom Kardiologen angefordert haben, war es so, daß anstandslos gefaxt wurde, wobei ich da stets Namen und Geburtsdaten hatte (aber auch das ist ja kein Garant, und die Info sind auch beschaffbar, wenn man sie wirklich ahben möchte). Nur einmal hat eine Praxisassistentin gefragt, wer denn überhaupt dran sei, warum wir das haben wollten etc., und daß das so nicht ginge. Ich habe ihr dann eine Einwilligungserklärung gefaxt. Es ist aber schon klar, daß in diesem Graubereich (zwischen schweigepflichtiger Person Eins zu schweigepflichtiger Person Zwei, die beide denselben Patienten behandeln, allerdings nicht im selben Haus) bei Einhaltung aller Pflichten tatsächlich starke Verzögerungen mit z.T. Neueinbestellungen resultieren. Daher bläue ich den Pat. immer im Vorgespräch ein, daß sie doch bitte alles mitbringen sollen und lasse von der Sekretärin einen entsprechenden Zettel mitgeben.
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Na ja, einbläuen… ich weise nett aber bestimmt darauf hin, meinte ich natürlich. :-)
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also du … haust sie nicht? :-)
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Ja, man eckt da wirklich übel an, wenn man sich an die Vorschriften hält. Trotzdem ist das nötig – oder zumindest muss ein Weg gefunden werden, der ohne rechtliche Konflikte machbar ist.
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Oh ja, das Problem kenne ich auch noch… Ich habe über mehrere Jahre in der Telefonzentrale einer Lebensversicherung gearbeitet, und wir hatten tagtäglich mit diesen Anrufen zu kämpfen. Lang, lang ist’s her, dass ich da auch mal drüber gebloggt habe… http://ozyan.wordpress.com/2010/04/06/datenschutz-und-anderer-quatsch/
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Ich bin Ärztin, vor Angehörigengesprächen gehe ich normalerweise zum Patienten und hole mir die Erlaubnis, über ihn mit seiner Familie sprechen zu dürfen, v.a. wenn es am Telefon ist (sonst ist man ja meist eh beim Patienten während dem Gespräch). Ich versuche Telefonate nur mit den Angehörigen zu führen, die ich auch persönlich kenne-
ABER-was mache ich, wenn Angehörige weit weg sind? Nicht kommen können, weil sie z.B. einfach auch arbeiten? Die Auskunft zu verweigern finde ich da, vor allem bei Patienten, die selbst nicht mehr so klar erzählen können, was los ist, unmenschlich. Also erzählt man eher allgemein, aber natürlich verstößt das gegen die Schweigepflicht.
Genauso- Patienten kommen in die Klinik, versterben oder sind nicht ansprechbar auf Intensivstation- wenn ich Angehörige anrufe, sag ich ihnen immer was los ist. Die erst ins Krankenhaus zu zitieren und sie auf die schlimme Nachricht noch warten zu lassen, finde ich auch unmenschlich.
Gestern hatte ich den Fall, dass der Ziehbruder einer dementen Patientin Auskunft wollte. Sie kannte ihn offensichtlich und freute sich, dass er da war, aber die Erlaubnis konnte sie nicht mehr erteilen. Die gesetzliche Betreuung hat ein Berufsbetreuer, weil der „Bruder“ nicht hier lebt. Natürlich hab ich ihm gesagt, was los ist.
Rechtlich alles nicht in Ordnung, aber einfach oft ein Zwiespalt.
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Ich denke auch, daß in manchen Fällen eine Auskunft – auch wenn es rechtlich nicht einwandfrei ist – menschlich die richtige Entscheidung ist. Die Entscheidung muß man eben immer individuell abwägen, wichtig ist doch nur, daß man nicht pauschal jedem telefonisch Auskunft über alles gibt, v.a. wenn es um nicht Dringliches geht. Es kann ja auch mal sein, daß sich ein Partner bewußt dafür entscheidet, einem Ex-Partner oder Schwager nichts zu sagen, daher würde ich auch alles einzeln abwägen. Ärzte sind vor Allem auch Menschen, aber eben mit besonderen Auflagen. Ein Verstoß gegen geltendes (Patienten-)Recht ist rein juristisch immer falsch, obwohl es manchmal dann eben doch das ethisch/moralisch/menschlich Richtige ist. Die einzigen, die ich nicht leiden kann, sind diejenigen, die immer bagatellisieren und immer – ohne es je hinterfragt oder bewußt durchdacht zu haben – Auskunft geben, weil Ihnen das Patientenrecht schnurzpiepegal ist, so nach dem Motto „ist doch eh egal“.
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