automatischer Refill-Service

Frau Kehraus etwa 55 Jahre, wohnt in der Nähe – nicht weiter als 2 Querstrassen weg – und kommt bei uns regelmässig ihre Rezepte einlösen. Sie möchte auch, dass wir ihr Sachen vorbeibringen – ein, zwei Mal monatlich oder so.

Das ist in Ordnung. Wir machen das auch als Kundendienst … nur manchmal frage ich mich: Warum? – wenn sie schon mindestens jede Woche einmal sowieso in der Gegend ist. Sie kommt dann auch in die Apotheke um dies und das zu kaufen.

Aber was bei ihr am schwierigsten ist: Ihre Dauermedikamente. Sie will, dass wir ihr die Sachen automatisch bringen – also dann, wenn sie ihr auslaufen – und zwar ohne, dass sie sie verlangen muss – Wir ‚sollten schliesslich wissen, wann meine Tabletten ausgehen und sie mir dann bringen’. Sie will nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie genug zu Hause hat.

Pharmama: „Das kann ich nicht. Ich habe nicht das Computersystem dafür … und kann auch nicht ständig nachschauen gehen. Vielleicht könnte ich noch ein Computerprogramm basteln, das mich daran erinnert, aber auch dann weiss ich nicht mit Sicherheit, ob Sie nicht noch welche haben – manche der Dinge sind je nach Bedarf zu nehmen.“

(Und ich weiss ja auch nicht, ob sie die wirklich so nimmt, wie sie sollte).

„Es ist wichtig, dass Sie uns jeweils den Auftrag geben. So wie die andern auch. Das geht auch telefonisch.“

Sie will davon nichts hören.

Ich erkläre ihr: „Das ist dasselbe wie man schauen muss, dass man immer Brot, Milch oder Toilettenpapier zu Hause hat.“

Nichts nützt.

Sie erklärt mir dass ihre Gesundheit tatsächlich meine Verantwortung (!) ist. Immerhin ist es ja auch meine Verantwortung, dass Sie die richtigen Tabletten bekommt, also soll ich auch schauen, dass sie die rechtzeitig bekommt. Lies: Automatisch.

Ich habe das Gefühl, mich jetzt hinsetzen zu müssen.

„Nein. Nochmal: Ihre Gesundheit ist Ihre Verantwortung!“

Was ich noch machen könnte ist, ihr ein Dosett richten lassen. Dann wären die Medikamente bei mir und sie würde wöchentlich das Dosett gerichtet bekommen und auch nach Hause geliefert.

Das will sie aber auch nicht, schliesslich sei sie ’noch nicht so tüdelig, dass ich die Tabletten nicht selber aus den Packungen nehmen könnte!‘ Der wahre Grund dürfte aber sein, dass Sie für den Service bezahlen müsste.

Mir scheint manchmal, die Leute heute wissen immer mehr von ihren Rechten und immer weniger von ihrer Verantwortung oder „Pflichten“.

Frau Kehraus war mehr als erstaunt, dass ich ihrer Argumentation nicht folgte. Wahrscheinlich war sie so überrascht wie ich, dass sie meinen Erklärungen nicht folgen konnte.

Ich habe ihr gesagt, was ich tun kann für sie – dass Ihre Medikamente gebracht werden, wenn Sie sie verlangt. Auch telefonisch. Und wenn das nicht genug ist … nun ja. Sie kann ja noch versuchen, ob eine andere Apotheke das macht.

(Kaum).

24 Kommentare zu „automatischer Refill-Service

  1. Kennst du ihren Hausarzt? Frag sie doch mal, ob du dem Hausarzt davon erzählen darfst. Bei uns in D sind die eigentlich recht großzügig was das Verordnen vom Medikamente richten angeht. Stellen nicht so, aber richten ist problemlos. Ist ja auch im Sinne der Compliance

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      1. Stellen: Dosette packen bzw auch einfach nur die aktuelle Portion ausblistern
        Richten: jeweilige Portion in die Hand drücken

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  2. …pfüüüh.

    Auch wenn du deinen Apotheker-Beruf nicht als „Wir verkaufen nur Medikamente“ verstehst – erklär ihr mal, dass ihr doch nur Medikamente verkauft. Für alles andere seid ihr nicht zuständig.

    Und dass die Migros auch nicht automatisch weiss, wann bei ihr das Milch und die Brot ausgegangen ist.

    Und als weitere Gemeinsamkeit habt ihr beide einen Lieferdienst.

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  3. Sagmal, hast du ein leichtes Helfersyndrom? ;-)

    Bei so einer, Entschuldiging, dummdreisten Forderung würde ich einfach Nein sagen.

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    1. Wenn dir ihr Helfersyndrom erst jetzt auffällt… bist du noch nicht lange Gast auf diesem dollen Blog. ;)

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  4. Wenn diese Patientin ein Smartphone hat, würde ich unsere App my-Medibox empfehlen. Dort sieht sie, welche Medikamente sie wann einnehmen muss und sie kann auch direkt via App nachbestellen, wenn sie merkt, dass die Packung leer wird. Alle Medikamente, welche sie in einer my-Medibox Apotheke bezogen hat, werden automatisch in die App geladen.

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    1. Ja, aber dann müsste sie selbst aktiv werden, sobald bei ihr die Medikamente ausgegangen sind – nämlich per App bestellen.

      Vielleicht wäre es für sie sogar ein geringerer Aufwand, wenn sie:
      – einmal im Monat Medikamente nach Hause liefern lässt.
      – einmal im Monat persönlich in der Apo vorbeiwatschelt – mit einem Bestellzettel. Ich brauche das und das und das und das und dann noch gerne eine gelbe Quietscheente mit Lebkuchengeschmack. Der Bestellzettel gilt jeweils bis auf Widerruf.
      – und sie zu Hause Medikamente vorrätig hält, für den Fall dass sies mal nicht gecheckt hat, wann sie neue Medikamente bestellen muss. So dass sie immer einen ganzen Monat überbrücken kann, falls es mal nicht geklappt hat mit dem bestellen bzw. liefern.

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        1. Hmmm.

          Dann bleibt wohl nur noch die Taktik „Tu doch, was die anderen Leute von dir wollen“:

          Ihren Wunsch erfüllen wir ganz gerne. Wir kommen wöchentlich bei Ihnen zu Hause vorbei, und schauen, welche Medikamente Sie gerade benötigen.

          Diese Dienstleistung dürfen wir aber aus gesetzlichen Gründen aber nicht mit der Krankenkasse abrechnen. Deshalb müssen Sie dafür aufkommen. Ich bin mir aber sicher, dass andere Apotheken diesen Dienst nicht anbieten, oder wenn schon, deutlich teurer.

          Wir sind ein Geschäft. Wir sind nicht Ihre Freunde. Und wir ersetzen Ihnen auch nicht, was Verwandte für Sie tun.

          Deshalb kostet es etwas.

          So. Haben wir Ihre Zusage?

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  5. In Deutschland findet sich im fünften Sozialgesetzbuch (das regelt die gesetzliche Krankenversicherung und auch die Leistungen der Parteien im Gesundheitssystem) als erster Paragraf:
    „§ 1 Solidarität und Eigenverantwortung
    Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewußte Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.“
    Eigenverantwortung!

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    1. Das ist ja ein tolles Fundstück! Ich bin aber ziemlich sicher, dass sie das „mitverantwortlich“ nicht gleich interpretieren würde, wie ich oder Du.

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    2. Hier lohnt sich auch ein Seitenblick auf die lebenspraktischen Fähigkeiten des Patienten.

      Soviel ich weiss muss man in der Krankenpflege den Patienten dazu bringen, möglichst viele Tätigkeiten selbst auszuführen.

      „Frau Kehraus, dass Sie die Medikamente selbst holen müssen, solange Sie selbst dazu in der Lage sind, gehört zum gesamtheitlichen Therapiekonzept Ihres Arztes. Es ersetzt ihnen eine teure Ergotherapie, für die er Sie sonst anmelden muss.“

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  6. Als nächstes kommt ein Kunde auf die Idee, dass du morgen und abends anrufen sollst, um an die Einnahme zu erinnern^^

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  7. Ich finde Bestellen per Mail am gäbigsten für mich. So kann ich die Bestellung ohne Wartezeit zu jeder Tageszeit aufgeben.
    Als stabile Langzeitpatientin, habe ich zudem den Vorteil, dass ich sehr selten Änderungen bei den Medikamenten habe und diese deshalb Hamstern kann. So, dass spätes Bestellen, Betriebsferien in der Apotheke, Verkehrsunterbrüche oder der Verlust von Medikamenten kein Problem sind.

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    1. Aber – wenn du’s per mail bestellst, kannst du’s hier genauso per Telefon bestellen. Braucht genau dieselbe „Menge Arbeit“. Und das will sie ja nicht.

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      1. Mail der letzten Bestellung anpassen (xyz habe ich noch viel da, deshalb ein Pack weniger als letztes mal) und senden dauert einige Sekunden. Telefonieren dauert ca. eine Minute, ausrechnen wieviel ich benötige (brauche 7-8 verschiedene Medikamente) bzw. finden des Zettels wo dies draufsteht dauert länger.
        Der Hauptgrund ist jedoch, dass ich nicht gerne telefoniere.

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  8. LIebe Pharmama,
    wenn sie nochmals kommt und damit anfängt, können Sie mal Folgendes ausprobieren:

    „Hallo Frau Kehraus, wissen Sie: dass Sie wieder und wieder mit diesem Anliegen zu mir kommen, zeigt mir, dass Sie es langsam daheim nicht mehr schaffen, sich alleine zu versorgen. Soll ich Ihren Hausarzt anrufen, und ihm Bescheid geben, dass er Ihnen hilft, in einem Altersheim oder Pflegeheim unterzukommen? Dann wäre eben diese Versorgung mit Medikamenten sicherlich einfacher!“

    Nein, ich bin nicht böse. :D
    Und auch ich habe oft genug ein Helfersyndrom. :)
    Aber irgendwann mal ist doch Schluss, oder?!

    Liebe Frau Pharmama,
    meine Hochachtung vor Ihrem Geduldsfaden.
    Ist bei Ihnen wohl eher ein Geduldsdrahtseil… :)

    Liebe Grüße
    Medimaus

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