Das ist eine Geschichte aus meiner Praktikumszeit, einer Apotheke in der noch ziemlich viel Rezepturen gemacht wurden (dank einiger älterer Hausärzte in der Umgebung).
Auf dem Rezept stand: „Castellani solutio colorata 50 ml, 1 – 2 x täglich mit dem Wattestäbchen auftragen.“
Nun denn. Die farbige Castellani – Lösung wird bei Ekzemen, nässendem Hautpilz mit eventuell zusätzlicher Bakterieller Infektion und ähnlichem eingesetzt. Es ist eine unglaublich dunkelrote Lösung, die wenn man nicht aufpasst, Flecken macht, die nie mehr rausgehen – speziell aus Stoffen, aber auch sonst…
Wir hatten tatsächlich alles da, was ich für die Herstellung brauchte, also sagte ich dem Kunden, er solle am späteren Nachmittag wiederkommen, denn die Herstellung, die dauert ziemlich.
Das ist übrigens die Herstellungsvorschrift: (entnommen aus www.magistralrezepturen.ch):
Menge berechnet auf 100 g:
A Aceton 4,00g
B Ethanol 96% V/V 15,60g
C Fuchsin Stammlösung NRF 0,40g
D Wasser gereinigt 68,00g
E Resorcin 8,00g
F Phenol verflüssigt 80% 4,00gHerstellung
1. A und B mischen, darin C lösen.
2. E separat in D lösen und diese Lösung der Fuchsinlösung zugeben.
3. F hinzufügen und 30 Min. kräftig mischen.
4. Anschliessend filtrieren.
1 Stunde später habe ich es tatsächlich geschafft, die Castellani-Lösung in eine kleine Glasflasche abgefüllt, alles protokolliert, die Etikette geschrieben …
Am Abend kommt der Kunde. Ich zeige ihm die Flasche, warne ihn vor den möglichen Flecken und erkläre die Anwendung, verpacke es ihm in einen Plastiksack und der Kunde geht. Er macht die Tür auf (noch keine automatische) und auf dem Weg hinaus schwingt er den Plastiksack … direkt an den Türrahmen!
*Klirr!* – *Schepper* – *Tropf*
….
Das Fläschchen ist kaputt, die knallrote Lösung tropft durch die zerschnittene Plastiktasche an Türrahmen und Boden …
Ich glaube man sieht die Flecken heute noch.
…
Auf der positiv-Seite: Weil es genauso viel Arbeit macht 50ml wie 100ml herzustellen, habe ich einen 100ml Ansatz gemacht – eigentlich für eine mögliche Wiederholung des Rezeptes – das habe ich grad dann brauchen können. :-)
Kleiner Nachtrag: Heute sollte die Castellani Lösung eigentlich nicht mehr eingesetzt werden, da sie einige Inhaltsstoffe enthält, die heute als obsolet angeschaut werden, da sie mehr schaden als nutzen.
Obsolet ist klasse ;-)
Lass mich raten:
* Resorcin
* Phenol
* Aceton
Wenn man was haben will, das gegen Ekzeme wirkt und so eine richtig große Sauerei geben soll, wenn man es an die Klamotten bringt, empfehle ich Ichthyol… Stinkt zustätzlich noch wie Hölle! ;-)
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fuchsin ist ja auch nicht gerade der sympathischste zeitgenosse…
aceton dagegen ist ja jetzt nicht so schlimm.
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Au ja, Steinkohleteer. Das musste ich letzthin in ein Shampoo mischen. Keine Ahnung, wie lange der Kunde das angewendet hat – Ich habe ihn vor dem Geruch gewarnt :-)
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Ich würde ja auf Phenol und Resorcin tippen. Gerade bei ersterem habe ich gerade doch etwas gezuckt, da es einer der fieseren Stoffe ist, mit denen wir im Labor regelmässig zu tun haben,
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Ich nutz castellani gern, wenn meine ohrläppchen mal wieder irritiert sind – also die Löcher, die mir da mal meine Oma vor Jahren einstechen hat lassen.
Das Zeug ist prima und kühlt gleichzeitig noch gut.
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Und dann hast du rote Ohren?
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nee, die tinktur ist farblos. Also, wohl ohne den farbstoff halt.
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Tja manchmal sind die Mittel die helfen eben mit Belastungen verbunden und ich persönlich finde Castellani nur weil man dadurch alles erst mal rot färbt nicht schlechter. Hauptsache es wirkt.
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Gut, gleiche Argumentation:
Quecksilber wurde früher auch mal gegen Infektionen gegeben.
Das hat auch ziemlich gut geholfen: Das Quecksilber hat die Bakterien ziemlich sicher abgetötet. Und zur Sicherheit den Patienten gleich mal mit… ;-)
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Das rote Castellani wurde zu DDR Zeiten von der Firma Dr. Hollborn& Söhne hergestellt
Alte Adresse Hardenbergstr.3- heute Brahestr. 13
Zutaten vom roten Castellani waren Rg : 13/38/246 auf 100 ml
0,5 g Rosanilinchlorid
5 g Resorcin
4,50 g Phenol
15,50 g Ethanol 96 %
4,00 g Aceton
70,5 g gereinigtes Wasser
Das rote Castellani hat zwar verfärbt, aber war wesentlich besser als das Farblose. Zudem konnte man genau sehen ,welche Hautstellen betroffen waren ,vom Pilz ect. ,da diese kranken Stellen sich dunkelrot färbten. Gesunde Haut blieb hellrot .Das das eingestellt wurde, bedaure ich sehr . Ich fand das Präparat einfach KLASSE .
Ich suche eine Apotheke,welche die nötigen Zutaten noch besitzt.
Rico Thiele
Güstelitzer Str.35
18581 Putbus / Insel Rügen
0173-9890000
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An die Zutaten zu kommen ist nicht das Problem. Mehr das Problem ist, dass die verwendeten Stoffe teilweise als bedenklich (§ 5 Arzneimittelgesetz, Phenol) und/oder als obsolet (Resorcin, Rosaniliniumchlorid) eingestuft sind. Dadurch ist es jeder deutschen Apotheke verboten diese Rezeptur herzustellen.
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wenns bunt sein soll:
malachitgrün
gentianaviolett
methylenblau
(wehe dem, der um labor ein, zwei körnchenl auf dem arbeitstisch fallen lässt!)
die kinderärzte bei uns um die ecke verschreiben immer gentianaviolettlösung für die wunden kinderpopos…
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Der Hautarzt an der letzten Weiterbildung meinte, er würde das alles nicht mehr benutzen, eben auch weil obsolet – höchstens noch zum schauen, ob sein Patient seine Anweisungen befolgen kann … wenn ja, sieht man das ziemlich „deutlich“ :-)
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in unseren agarplattin wird auch kein fuchsin mehr genommen-kreeeebserregend, so sagte man uns
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