Vielleicht wird es Dich überraschen, aber in Apotheken gibt es neben den normalen Medikamenten auch so Sachen wie Kokain oder Morphium.
Dass einige Apotheken Methadon abgeben (auf Rezept natürlich), dürfte schon bekannter sein, aber was machen wir mit den anderen Sachen?
Morphium brauche ich in Form von Tropfen als Schmerzmittel für sehr starke Schmerzen. Das ist etwas was ich immer mit gemischten Gefühlen mache, denn es bedeutet in den meisten Fällen, dass der Patient Krebs hat und zwar in einem Stadium wo es nicht mehr wichtig ist, dass das gegebene Medikament abhängig macht. Gut, dass es das gibt und es nützt. Schlecht, dass man es braucht.
Und Kokain? Kokain (oder Cocain) ist ausser einem Aufputschmittel ein Lokalanästhetikum – darauf deutet die Endung -ain auch hin, wie in Lidocain oder Tetracain. Aber im Unterschied zu den anderen lokalen Nervenbetäubungsmitteln wirkt Cocain nicht Gefässerweiternd sondern Gefässverengend. Es ist also gut, wenn es nicht bluten soll. Konkret brauchte ich Cocain schon um Augentropfen herzustellen für eine Augenärztin, die es dann für kleinere Operationen am Auge braucht – etwa um Fremdkörper rauszuholen.
Die Substanz selbst ist übrigens überhaupt nicht teuer. So eine 5g Dose Reinsubstanz kostet nur ein paar Franken. Was es auf der Strasse so teuer macht (wohl 70 Franken und aufwärts pro Gramm), ist die Nachfrage und natürlich dass es illegal ist.
Heute sind wir ja super Vorsichtig mit diesen Substanzen – aber früher war man da grosszügiger und sorgloser. Interessierte finden hier ein paar Beispiele (unbedingt ansehen und staunen!)
Die Flasche stammt von Bayer (ja, dem Aspirin-Hersteller). Heroin wurde als nicht-süchtig (!) machender Morphium Ersatz angeboten und als Hustenmedizin für Kinder!
So was.
okain kenne ich auch aus dem OP. Das verwenden die HNO-Ärzte als Lokalanästhetikum und als Vasokonstriktor.
Mit Opiaten habe ich sowieso jeden Tag zu tun (Fentanyl, Piritramid, Remifentanil, Alfentanil)
Die Tatsache, dass Opiate bei unsachgemäßem Gebrauch abhängig machen erschwert übrigens auch die Schmerztherapie. Viele Patienten wollen keine Opiate einnehmen, da sie Angst vor der Abhängigkeit haben. Dabei ist das Suchtpotenzial sehr niedrig, wenn wirklich starke Schmerzen bestehen.
Auch 20% der Ärzte und Pflegepersonen denken, dass Opiate auf jeden Fall abhängig machen.
Ein Arbeitskollege von mir (Leiter der Schmerzambulanz) kämpft schon seit langem gegen solche Ansichten, die vor allem in der Palliativmedizin schädlich für die Patienten sind.
Laut seinen Aussagen gibt es nur einen geringen Toleranzeffekt von Opiaten auf den Schmerzrezeptoren. Die kontinuierlich nötige Dosissteigerung ist seiner Aussage nach in der Steigerung der Schmerzen begründet.
Es gibt natürlich noch andere Pharmaka, die abhängig machen (und zwar ziemlich schnell). Insbesondere fallen mir da Benzodiazepine ein.
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„Laut seinen Aussagen gibt es nur einen geringen Toleranzeffekt von Opiaten auf den Schmerzrezeptoren. Die kontinuierlich nötige Dosissteigerung ist seiner Aussage nach in der Steigerung der Schmerzen begründet.“
– Denkt er, das ist für alle Arten von Schmerzen so?
Hmm, und was ist mit der psychischen Wirkung? Ich vermute ein Teil der Dosissteigerungen hängt auch damit zusammen – v.a bei Schmerzen, die nicht unbedingt lebensbedrohliche Ursachen haben.
Ist ein Schwieriges Thema.
Aber meiner Meinung nach sind manche Ärzte heute besonders bei Krebsschmerzen zu zurückhaltend mit der Schmerztherapie.
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Er sprach dabei vor allem von Tumor-Durchbruchschmerzen und anderen onkologisch bedingten Schmerzen.
Bei anderen Schmerzpatienten könnte das anders sein nehme ich mal an.
Kleines Beispiel dazu:
Als ich als Anästhesiepfleger anfing war ich in der postoperativen Schmerztherapie noch recht vorsichtig mit Opiaten. Auch in meinem Kopf schwirrten die Nebenwirkungen Abhängigkeit und Atemdepression herum.
Ein Arzt sagte mir aber dann: Solange ein Mensch Schmerzen hat verträgt er auch das Opiat.
Bei uns sieht man ja die Wirkung des Schmerzmittels direkt auf dem Überwachungs-Monitors. Ich kann also überprüfen, ob die Atmung abnimmt.
Dabei habe ich bemerkt, dass bei Patienten, die starke Schmerzen angaben die Sauerstoffsättigung auch bei hohen Dosen Piritramid hoch bleibt. Erst wenn der Schmerz nachlässt und dann noch weiter Opiate zugeführt werden sinkt die Sättigung.
Die psychische Abhängigkeit mag in bestimmten Fällen eine Rolle spielen, bei chronischen Schmerzpatienten und vor allem Tumorpatienten dürfte sie aber zu vernachlässigen sein. Wenn jemand so starke Schmerzen hat, dass er Opiate braucht dürfte eine eventuelle Abhängigkeit sein geringstes Problem sein.
Leider gibt es auch solche Menschen, die sich „zum Spaß“ starke Schmerzmittel verschreiben lassen oder auf anderem Weg besorgen.
Ein Patient unserer Schmerzambulanz hat die verschriebenen Fenta-Lollies direkt am Bahnhof zu Geld gemacht. Und ich nehme an, so etwas ist kein Einzelfall.
Solche Leute schaden natürlich auch den Patienten, die wirklich Schmerzmittel brauchen und der ernst gemeinten Schmerztherapie insgesamt.
Aber wie du schreibst: es ist ein schwieriges Thema
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Als ich meinen Zivildienst auf einer palliativmedizinischen Station abgeleistet habe, wurde mir auch gesagt, dass bei jenen Patienten das Risiko einer Abhängigkeit eben nicht im Vordergrund stünde, weil die Schmerzen entsprechend groß genug wären und zudem Palliativpatienten Opiate als Schmerzmittel verstünden und daher die Missbrauchsgefahr sehr klein wäre.
Daneben sollte man solche Risiken gerade bei präterminalen Patienten in Kauf nehmen.
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So soll es sein!
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wo kriegen apotheken denn ihr kokain her
und wieviel wird in europa medizinisch gebraucht?
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Woher? Vom Drogenhändler :-) der beliefert uns auch mit Chemikalien, nicht nur mit Tees.
Aber für Kokain braucht es eine spezielle Bewilligung und diverse Formulare – immerhin fällt es unter das Betäubungsmittelgesetz.
Wieviel verwendet wird? Keine Ahnung.
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für so eine dose reinsubstanz würde ich einen haufen geld hinlegen
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Ich nicht, mir sind andere Dinge wichtiger.
Aber da sieht man, wie die Prioritäten unterschiedlich sind.
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ein heidengeld ! (Email Adresse entfernt. Auch wenn *ich* dadurch nicht in Versuchung komme, andere sollen es auch nicht :-) )
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