Woher kommen unsere Medikamente? Am Beispiel Bacitracin

Bacitracin ist ein Antibiotikum – es wirkt vor allem gegen Grampositive Erreger wie Staphylokokken oder Enterokokken – die machen zum Beispiel Mittelohrentzündungen, Augeninfektionen und Nasennebenhöhlenentzündungen.

Es wird äusserlich und in Salbenform verwendet – innerlich ist es nephrotoxisch, also nierenschädigend.

Die meisten Quellen, die ich fand schreiben einfach, dass der Wirkstoff aus dem Erreger Bacillus subtilis extrahiert wird – das finde ich schon interessant genug: ein Mittel gegen Bakterien wird von anderen Bakterien hergestellt. Aber noch spannender ist die ganze Geschichte dahinter:

Es ist 1943 – der zweite Weltkrieg noch in vollem Gang … und deshalb sind auch viele Ärzte und andere Forscher auf der Suche nach neuen Antibiotika: um die paar wenigen, die man schon hat zu ergänzen. Andere suchten nach Möglichkeiten die Antibiotika wirksamer zu machen – zum Beispiel, indem man Probenecid dazu nahm. Das ist ein Mittel gegen Gicht, das die Ausscheidung von Harnsäure steigert … dabei aber die Ausscheidung anderer Mittel hemmt. So macht es zum Beispiel auch, dass das Penicillin via Niere nicht so rasch ausgeschieden wird – es wirkt länger. Man braucht weniger.

Im Juni 1943 also kam ein junges Mädchen in ein Spital in New York. Ihr Name würde schliesslich im Namen eines topischen Antibiotikums landen, das noch im 21. Jahrhundert in Gebrauch sein würde.

Es war Margaret Tracy, 7 Jahre alt. Sie wurde in den Notfall gebracht mit einem offenen Schienbeinbruch – wo sie von einem Auto angefahren worden war,

Die Verletzung war infiziert und eine Kultur der Bakterien wurde ins Labor geschickt.

Am nächsten Tag fand der Chef des Labors, Bakteriologin Balbina Johnson, dass die Staphylococcus Aureus, die sie noch am Tag zuvor in der Kultur mit dem Mikroskop nachgewiesen hatte … verschwunden war. Wieso?

Auf der Suche nach der Lösung fand sie zusammen mit dem Chirurgen Frank L. Meleney, dass der S. aureus von einer anderen Microbe gekillt wurde – Bacillus subtilis.

Man isolierte das Bakterium, züchtete es in verschiedenen Nährmedien und fand, dass es ein neues Antibiotikum produzierte. Erfreulicherweise war das isolierte Mittel nicht nur stark wirksam gegen verschiedene Bakterien, sondern ausserdem nicht toxisch auf den Menschen. Zumindest, wenn äusserlich angewendet.

Das Antibiotikum wurde dann Bacitracin genannt – als Kombination aus Bacillus und Tracy. Noch heute wird es verwendet.

Heute ist es leider wegen der Resistenzentwicklung nicht mehr so wirksam und es macht Allergien (was nicht?) – aber man findet es noch als Kombinationsprodukt. In Cicatrex – der einzigen Salbe mit Antibiotika, die in der Schweiz frei verkäuflich ist. In Bacimycin, Nebacetin und in der Augensalbe Neotracin – die wahrscheinlich noch einige Mütter und Väter hier kennen, da es noch gelegentlich bei Kindern eingesetzt wird. Das ist mir jetzt noch vom Namen her sympatisch – ist das Tracy doch auch da noch drin …

Quellen; https://files.nyu.edu/jmm257/public/other/bacitracin.html und http://en.wikipedia.org/wiki/Bacitracin

mehr Artikel der Reihe „Woher kommen unsere Medikamente?“

Schreibgehler

Telefon.

ein Mann am Apparat.

"Ich muss wissen, was dieses Medikament, das mein Zahnarzt aufgeschrieben hat kostet."

Pharmama: "Wie heisst es?"

Mann: (buchstabiert) "C-i-p-r-o-g-l-a-x-a-c-i-n"

Pharmama: "Meinen Sie Ciprofloxacin?"

Mann: "Nein, da steht deutlich Ciproglaxacin"

Pharmama: "Ist es ein Antibiotikum?"

Mann: "Ja."

Pharmama: "Ich bin sicher, das soll Ciprofloxacin heissen. Ein f kann manchmal aussehen wie ein g …"

Mann: (in abwertendem Tonfall) "Ich bin sicher, es ist richtig geschrieben. Wenn Sie es nicht haben, dann gehe ich einfach woanders hin."

Pharmama: "Aber wir…"

*Klick*

und die Pharmaassistentin fragt sich, warum ich jetzt einfach nur dastehe mit dem Hörer noch in der Hand.

Was ist da eben passiert?

Medikamentennamen sind schwierig (6)

Patient: "Ich brauche mein Gabastatin vom Dauerrezept."

Pharmama: "Meinen Sie Gabapentin oder Simvastatin? Ich sehe beides bei ihnen im Dossier."

 

Ja, Medikamentennamen sind schwierig. Und wenn ich mir die Namen der neusten anschaue – das wird nicht einfacher: Onglyza? Kadclya? Xelijanz? Hört sich nach ausserirdischen Bösewichten an.

Aber auch die klassischen machen Probleme. Wie die:

Amotrampolin – Amitryptyline

Aldente – Albuterol

Metaform – Metformin

Metamorfin- Metformin

Vipaparu – Vicks Vaporub

Tramdanol – Tramadol

 

Medikamentennamen sind schwierig (1)

Medikamentennamen sind schwierig (2)

Medikamentennamen sind schwierig (3)

Medikamentennamen sind schwierig (4)

Medikamentennamen sind schwierig (5)

Was darf es denn sein?

Wenn Sie ein Medikamente von ihrem Dauerrezept wiederholen müssen:

(Oder auch sonst, wenn sie in der Apotheke über Medikamente reden):

Optimale Methode, das Medikament zu bezeichnen: „Aspirin cardio“, „das Generikum vom Sortis“, „meine Verhütungspille“

Sub-optimal, aber immer noch akzeptabel: „Meine Schlaftablette“, „Mein Blutdruckmittel“, „Ato.. Atro…vas..atin?“

Unakzeptabel: „das einzige Mittel das sie bei mir im Computer haben“ (es ist nie nur eines), „Das Medikament, das mein Neurologe gefaxt hat – (gefolgt von) Oh, ich weiss seinen Namen nicht mehr …“, „Das Mittel für’s Herz“ (gegen den hohen Blutdruck? Das Antiarrhythmikum? das Cholesterinmitel? Der Blutverdünner?)

Da könnte ich schreien: „die rote Pille, von der ich keine mehr habe.“ „Die, die ich täglich nehme“, „Eine von den weissen, runden“ …

Ein Extasy

Junger Mann in der Apotheke: „Ein Extasy*, bitte.“

Habe ich richtig gehört? Habe ich was verpasst und das gibt es seit neustem beim ‚legalen Drogendealer‘?

Besser nachfragen.

Pharmama: „Für was brauchen sie es denn?“

junger Mann: „Für die Füsse.“

Ah – er meint Etiaxil! Das ist ein Mittel gegen Schweiss. Nicht *ganz* dasselbe :-)

 

(*Ja, ich weiss, eigentlich schreibt sich das Ecstasy – aber so hat es sich angehört)

Medikamentennamen sind schwierig (5)

Gestern zu einem Patienten mit Rezept:

Pharmama: „Ja, ich sehe auch, dass der Arzt „geben Sie ihr ein Generikum“ auf das Rezept geschrieben hat. Leider bedeutet das nicht, dass es für das Medikament auch schon ein Generikum gibt.“

… das erinnert mich an eine Situation, die mich letzthin schmunzeln lies. Schreibt der Arzt auf das Rezept:

Atova (durchgestrichen)

Atrova (nochmals durchgestrichen) …

das Generikum von Sortis!

Ja, neu gibt es auch Generika vom Sortis – und Ja, Medikamentennamen sind schwierig. Das geht den Ärzten nicht anders als uns. Richtig heisst es: Atorvastatin.

Medikamentennamen sind schwierig (1)

Medikamentennamen sind schwierig (2)

Medikamentennamen sind schwierig (3)

Medikamentennamen sind schwierig (4)