Retax-Story

Von P.sycho.T.A.nte habe ich nach meinem Aufruf folgende selber erlebte Retaxations-Geschichte bekommen:

Besonders gerne retaxieren uns diverse Krankenkassen wegen Hilfsmitteln. Hilfsmittel haben wir in der Apotheke darum schon besonders gerne und sind schon fast froh, wenn der Patient das dann vielleicht doch lieber im Sanitätshaus besorgen geht. Für die meisten haben wir keinen Vertrag mit den Krankenkassen, oder bekommen Preise vorgeschrieben, die teilweise noch unter unserem Einkaufspreis liegen, oder so knapp drüber, dass nach Abzug der MwSt. eine Spanne von ein paar Cent übrig bleibt.

Ein beliebtes Hilfsmittel, das immer noch gerne in der Apotheke besorgt wird, sind Kompressionsstrümpfe und Strumpfhosen. Nun haben wir inzwischen zum Glück von den Krankenkassen die „gnädige“ Erlaubnis bekommen, die zu Festpreisen mit ihnen abzurechnen – auch wenn einige zwischendurch soweit waren uns die Erlaubnis für derartiges, sehr zur Freude unserer Patienten (haha) ganz zu entziehen.

Vor einem Jahr etwa, war es aber noch so, dass einige Krankenkassen vor Abgabe von Kompressionsware von uns eine Genehmigung wollten.

Das lief dann etwa so ab:
Oma Fienchen kommt mit ihrem Rezept über eine Strumpfhose in die Apotheke. Ein kurzer Blick in die Kartei sagt sie hat die bei uns noch nie bekommen, also muss ein Termin zum Abmessen ausgemacht werden. Nun ist sie aber in einer besagter Krankenkassen, die vorher eine Genehmigung fordert. Zum beantragen selbiger braucht es die zur Strumpfhose gehörige Hilfsmittelpositionsnummer, die steht dann an der fertigen Strumpfhose … was doof ist, da wir die dazu ja erst einmal bestellen müssen … bei einer Maßanfertigung natürlich noch besser, wenn man die im Falle einer Nicht-Genehmigung nicht zurück schicken kann. Wir haben uns dann immer mit einer Vorab-Genehmigung über allgemeine HM-Nummern beholfen. Ging meistens… irgendwie.

1-2 Wochen später haben wir dann auch endlich mal eine Genehmigung bekommen und Oma Fienchen kann zum Abmessen kommen.
Das dauert unterschiedlich lange, kennt man ja. Strümpfe gehen schneller als Strumpfhosen, bei der jungen Frau, die die provisorisch wegen der Schwangerschaft bekommt geht’s meistens schneller, als bei der 80-jährigen Omi, die sich nicht mehr so gut bewegen kann.
Strumpfhose wird bestellt, kommt in 5 Tagen bis 2 Wochen, je nach Ausfertigung, Farbe, was auch immer.

Oma Fienchen holt glücklich ihre Hose ab und wir schicken dieses Paket an die Krankenkasse.
– Rezept, bedruckt mit Hilfsmittelnummern, idealerweise noch unter Angabe einer Diagnose, die im schlimmsten Fall mit Stempel und Unterschrift vom Arzt nachgefordert werden muss und natürlich unter Angabe der Genehmigungsnummer und dem Vermerk unserseits, dass die Verordnung von der Kasse genehmigt ist
– Eine Kopie des Maßblattes, damit man uns auch glaubt, dass wir da wirklich was abgemessen haben und nicht einfach eine Maßgröße abrechnen und eine viel günstigere Seriengröße bestellen (Oder was weiß ich)
– Eine Kopie der schriftlichen Genehmigung der Krankenkasse – Sicher ist sicher

3 Monate später drückt mir el Cheffe dann einen Brief der Krankenkasse in die Hand … Inhalt kurzgefasst: Ihr habt eine Strumpfhose abgegeben ohne sie vorher genehmigen zu lassen, damit nehmen wir uns heraus für eure erbrachte Leistung nichts zu bezahlen. Alter Abrechnungsbetrag 149,55€, neuer Abrechnungsbetrag: 0,00€
……

Für mich hieß es jetzt also hinsetzen, Schreiben an die Krankenkasse fertig machen, ihnen noch einmal belegen, dass sie uns für eben jene Verordnung selbst eine Genehmigung erteilt hätten und das ganze wieder einschicken.

In diesem Fall ist es gut gegangen und nach noch einmal 2 Monaten haben wir das Ding dann doch erstattet bekommen.

Das ist vielleicht keine ganz so dramatische Story, weil es anscheinend „nur“ ein Formfehler() bei der Krankenkasse war …
(
) Na aber wehe der Apotheke oder dem Arzt passiert mal „nur“ ein Formfehler ><

Ja, siehe Post von gestern. Wer selber noch solche Geschichten hat, darf sie mir gerne schicken!

15 Kommentare zu „Retax-Story

  1. seufz Ooooh ja… eingereichte Kostenvoranschläge über Seh-Hilfsmittel dauern auch von Pontius zu Pilatus und wieder retour. Wenn der Sachbearbeiter nen guten Tag hat, wirds genehmigt. Wenn nicht, halt nicht. Ich gestehe, ich bin mehr als heilfroh, mir das nicht mehr als 1-2x im Jahr antun zu müssen…
    (Gab auch mal so ne lustige hust Geschichte zum Thema Kantenfilter. Es gibt diverse Diagnosen, wo diese Filter dem Betroffenen das Sehen wesentlich erleichtern. Einige werden von der KK bezahlt, andere nicht. Nichtsdestotrotz müssen wir jedesmal einen KV schreiben und ich wurde einmal von einer Sachbearbeiterin angemotzt, warum ich denn einen KV einreiche, dafür würde es doch Festbeträge mit Positionsnummern geben. Ich so: aha, und wo? In unseren aktuellen Unterlagen stehen keine Beträge oder Posnr. sonst würde ich ja nicht so ein Gedöns veranstalten. Nunja… es gab tatsächlich keine und wir bekamen den KV genehmigt – mit ner Art Sammel-Posnr. :D )

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  2. Jaja, die Retaxationen… In Apothekenkreisen ein wirklich „bliebtes“ Thema. Ich weiß ja nicht, wie das bei Euch in der Schweiz ist, aber hier in D kommt erst so richtig Freude bei den Retaxationen von Medikamenten auf. Auf welche Ideen die Retaxstellen der kranken Kassen kommen ist schon faszinierend (zumindest für Außenstehende). Und mit jeder neuen Regelung kommt ein kleiner Fallstrick hinzu.

    Beispiel gefällig:
    „Frage:
    Folgende Verordnung liegt uns vor: „Syntaris Nasenspray NAS 2 x 24 ml Emra Med Arzneimittel GmbH“. Der erwachsene Patient ist bei der AOK Bayern versichert. Was darf man in diesem Fall abgeben?“
    Klingt eigentlich ganz einfach, wären da nicht neben den so beliebten Rabattverträgen auch noch die Reimportregelung und die Packungsgrößenverordnung. Die Antwort auf diese Frage ist deshalb nicht ganz so einfach und führt zu folgendem Ergebnis:
    „Antwort:
    …. (gekürzt) … Bei allen Syntaris-Importen (2 x 24) handelt es sich damit um nicht erstattungsfähige Jumbopackungen!
    Möchte der Arzt, dass Syntaris zulasten einer GKV abgerechnet werden kann, dann muss er das Originalprodukt mit 2 x 20 ml oder aber einen Import mit 24 ml verordnen, was aber letztendlich teurer wird.“

    Die genaue Erklärung und noch viele weitere Retaxprobleme gibt es im
    Deutschen Apothekenportal (www.deutschesapothekenportal.de/tza_archiv.html?&action=detail&id=2065)
    Kein Wunder also, wenn wir in der Apotheke gefühlte Stunden benötigen, um ein lausiges Rezept zu beliefern.
    So, das musste mal raus.

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  3. Auch nett:
    Rezept der Notfallpraxis, Samstag Nachmittag, Insulin und auf dem 2. Rezept Insulinspritzen.
    Versichert bei AOK Bayern ( Ort der Handlung in Baden-Württemberg), nach 6 Monaten Retax der Insulinspritzen mit dem Kommentar: die AOK Bayern hat nur Verträge mit bayrischen Apotheken.
    Fürs nächste mal: Insulin abgeben, Spritzenrezept an Patient zurück : “ Da musch nach Bayern, mir derfets nemme abgebe“

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    1. is nich wahr! O.o Ich dacht immer, die AOK Hessen wär so ein Kniefiesel, aber die Bayern toppen des ja noch… Schande!
      WAs macht denn der AOK-Bayern-Versicherte im Urlaub? Darf er net fahren? :D

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    2. Nachträglich genehmigen lassen von der Kasse? Wir hatten den Fall man mit einer Patientin, Techniker Krankenkasse versichert, Stoma-Versorgung. Retaxation über drei Monate; die TK hat aber anstandslos nachgenehmigt (allerdings waren wir dem notwendigen Vertrag bereits zuvor beigetreten, nur die Genehmigung fehlte uns für das einzelne Rezept) und die TK hat anstandslos alle Rechnungen, die sie retaxiert hatte, beglichen.

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  4. Bahhhh.. o.O

    Liebe Apotheker – was nehmt ihr so gegen Retaxations-induzierte Kopfschmerzen, Motivationsprobleme und Mordgelüste?

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    1. Ganz ehrlich? Bei uns gibt es sicher auch Retaxationen, die kann ich pro Monat allerdings an einer Hand abzählen und sehr oft handelt es sich dabei um Zuzahlungsfehler, wenn der Patient versehentlich als „befreit von der Zuzahlung“ angegeben hat, was er letztendlich nicht war. Diese Kosten können dem Patienten in Rechnung gestellt werden.

      Andere Retaxationen, die wirklich ins Geld gehen, hatten wir in jetzt 7 Jahren meiner Leitung der Filiale nur ein einziges Mal und da waren wir selbst schuld, weil das Rezeptdatum leider abgelaufen war.

      Diskussionen bezüglich Rabattverträge gibt es auch kaum noch. Sicher, es gibt die Patienten, die sich auch durch das fünfte Mal erklären lassen, nicht einsichtig zeigen, aber im Großen und Ganzen haben wir weder großartig viele Beschwerden diesbezüglich (die sich nicht anderweitig klären lassen) und wir haben auch kaum Retaxationen bezüglich falscher Abgabe eines Rabattartikels, weil wir uns a) an die Verträge halten oder b) anscheinend so stichhaltig begründen, warum wir etwas anderes abgeben, dass wir da wirklich (fast) nie Probleme hatten.

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      1. Darf man fragen, wo deine Apotheke liegt? Vielleicht in einer Gegend, wo die Kassen nicht ganz so problematisch und die Kunden sehr verständnisvoll (und jung?) sind?

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        1. Ich muss zugeben, dass wir auch relativ wenig „gruselige“ Retaxationen dabei haben. Das liegt einerseits an den „Haupt“-Krankenkassen, mit denen man so zusammenarbeiten muss, andererseits aber auch sehr an der Schulung des Personals durch den „internen Rezept-Retax-Beauftragten“ – in unserem Fall mir. Ich lasse mir JEDES Rezept vorlegen, bei dem eine Unsicherheit identifiziert wurde. Und bearbeite das dem entsprechend. Nicht erstattungsfähige Jumbo-Packungen habe ich mindestens 4 pro Woche auf Rezepten. Würden die alle so beliefert wie verordnet, sähe die Finanzlage schon ziemlich mies aus für uns. Auch T-Rezepte laufen NUR durch meine Hände. Und auf BtMs werfe ich (fast) immer einen ziemlich kritischen Blick.

          Heute habe ich erst wieder ein Rezept mit einer (theoretisch nicht möglichen) Stückelung aus verordneten aber nicht lieferbaren Reimporten in den Händen gehalten. Gesamtrezeptwert (bei Null-Retax der Stückelung) ca. 8.000 € – Retaxwert der nicht belieferten Reimporte ca. 150€. Ich hab´s dann halbwegs retaxsicher nachbearbeitet und nachbeschriftet (wurde ein halber Roman).

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        2. Entschuldige, jetzt erst den Post gesehen. Unsere Apotheke liegt in einer mittelgroßen Stadt (100.000 Einwohner), zentrumsnah mit viel Konkurrenz, viel Laufkundschaft und hohem Ausländeranteil. Altersdurchschnitt vielleicht etwas jünger als auf dem Land, aber deswegen nicht weniger komplex in den Behandlungen.

          Ich gebe zu, ein T-Rezept hatten wir noch nie, dafür viele Hilfsmittel, Inkontinenzprodukte, Bandagen, etc.

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  5. Wegen einer drohenden Retaxation wegen eines der Krankenkasse nicht vorliegenden Befreiungsausweises musste ich mal zwölf Monate nach Einlösung des Rezepts meine Krankenkasse anrufen, um eine Bescheinigung zu bekommen, damit ich meiner Krankenkasse beweisen kann, dass ich wirklich von den Zuzahlungen befreit bin (und war). Ich fand das mehr als absurd, denn normalerweise hätte ja die Krankenkasse selbst in der entsprechenden Abteilung nachfragen können, ob ich nun befreit war oder nicht.
    Seitdem hebe ich die Befreiunsgsausweise immer mindestens ein Jahr länger auf, als sie gültig sind.

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