Versehentlich ruiniertes Eheleben. Eine blaue Pille aufs Mal.

Gestern hatte ich es im Post über Leute, die für andere Medikamente abholen kommen.

Das ist wirklich auch ein bisschen ein Problem wegen dem Patientengeheimniss – gut, wenn die Person die notwendigen Infos hat, dann *kann* ich davon ausgehen, dass das mit dem Einverständnis des Patienten passiert. Aber eigentlich gilt das Patientengeheimnis auch gegenüber dem Ehepartner und gegenüber den Eltern / Kindern.

Wir geben zum Beispiel auch nur die Medikamente heraus von der Person, die es abholen kommt. Ausser sie verlangt noch ausdrücklich die vom Partner. Selbst wenn die Medikamente vom Partner auch bereitstehen.

Wieso? Man sollte nie annehmen, dass der Ehepartner alles weiss über die Medikamente.

Im Folgenden 2 Beispiele aus einer amerikanischen Apotheke.

Die Frau (eine Mutter auf Einkaufstour) kommt zur Theke um ihre Medikamente abzuholen. Die PA sieht, dass für deren Mann auch Medikamente auf der Seite sind und nimmt die gleich mit nach vorne. Die Frau ist etwas überrascht, da sie nichts davon wusste – und noch überraschter, dass sie dafür etwa 80 Dollar bezahlen soll, da diese nicht über die Krankenkasse gehen.

Frau: „Was ist das für ein Medikament?“

PA: „Vivanza“

Frau; „Das sagt mir nichts. Für was ist das?“

PA: „Das ist ein Generikum von Levitra …“

Frau: „Das sagt mir auch nichts.“

PA (vorsichtig): „Das ist wie Viagra. Ein Mittel bei … Potenzstörungen?“

Die Frau wird knallrot und fängt an zu beben. In einer wirklich schrillen Stimme schreit sie: „Nun, das braucht er sicher nicht bei mir!“

Auch schön: Der Vater der kommt, um das Medikament für seine Tochter abzuholen. Er hat Name, Geburtsdatum, sogar Ausweis dabei.
Was er erwartet hat ist das Antibiotikum, das der Arzt faxen sollte. Das hat er aber nicht gesagt.
Und das einzige, was die Tochter sonst noch auf Rezept und offen hatte, war die Pille.
Als er das zahlen musste war er auch einigermassen irritiert – und noch mehr, als er herausfand für was das ist. Dass seine 16 jährige Tochter schon die Pille nimmt hat er nämlich nicht gewusst …

11 Kommentare zu „Versehentlich ruiniertes Eheleben. Eine blaue Pille aufs Mal.

  1. Wobei die Pille ja gelegentlich auch zu anderen Zwecken als Verhütung verschrieben wird (und X:enius zeigte neulich, daß sie vor allem für andere Zwecke beworben wird, wie „bessere Haut“ oder auch „schönere Brüste“…)

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  2. Das ganze ist rechlich ein heikles Thema. In D gilt meines Wissens nach die Regelung, dass zumindest eine sorgeberechtigte Person bzw. der Vormund die volle Datengewalt über das „Mündel“ hat, und somit zumindest bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (also dem 18. Geburtstag) die Herausgabe der Daten nicht ohne weiteres verweigert werden kann.

    Bei Ehepartnern ist es meines Wissens nach ähnlich geregelt, aber das ganze wird schon dadurch durchbrochen, als dass der Ehepartner (unter dem Umstand einer schwersten Verletzung/Erkrankung) eine Entscheidung auch nur treffen darf, wenn er in der Patientenverfügung als „Entscheidungskompetenzträger“ angeführt ist. Was mich zugegebener Maßen verwundert zurückläßt, da durch diese Ausnahme eigendlich die gesamte „Gleichberechtigungsregel“ der Ehe konterkariert wird. Das ganze wird natürlich durch das potentielle Vorhandensein eines „Ehevertrags“, in dem man so ziehmlich alles „anders“ regeln kann, als es der Gesetzgeber urspünglich vorsah, nicht vereinfacht – weil wem sieht man den Ehevertrag schon von außen an.

    Ähnlich schwierig ist eine de fakto noch vorhandene Ehe, die sich aber „in Trennung“ befindet. Auch da kann man sich hervorragend in die Nesseln setzen, und im Beispiel mit dem Potenzprodukt der einen Nochehe-Seite natürlich (ungewollt) herrlich Munition für den Scheidungskrieg liefern…

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    1. Anmerkung: Ab dem 14 Lebensjahr greift in D das Selbstbestimmungsrecht des Kindes (ist ab da nicht auch von „Jugendlichen“ die Rede?)
      was bedeutet, dass die Herausgabe von Daten OHNE Zustimmung des Betroffenen, eine Straftat nach §203 StGB ist.

      Das gilt auch bei Ehepaaren, da die Heirat ja noch lange nicht bedeutet, dass man sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung aufgibt / an den Partner abtritt.

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      1. Das Selbstbestimmungsrecht des Kindes steht aber meiner Meinung nach nicht höher in der gesetzlichen Hirarchie als die Verantwortungspflicht/Vormundschaft der Erziehungsberechtigten (Achtung: nicht „Eltern“!). Das liegt darin begründet, dass man Minderjährigen, also per Definition „nicht volljährigen“ Menschen ein Verständnis der Welt (in gestaffelter Abstufung) in Abrede stellt, und somit diesen Menschen nicht zugesteht, völlig selbstverantwortlich zu handeln. Dabei habe ich nicht gesagt, dass z.B. ein Arzt „verpflichtet“ ist, die Unterlagen eines minderjährigen Patienten an dessen Vormund auszuhändigen. Aber er kann durchaus von einem Gericht dazu verpflichtet werden, wenn es im Sinne des Minderjährigen liegt, weil dieser die Folgen seines Handelns nicht (komplett) abschätzen kann. Gewöhnlicher Weise wird man natürlich versuchen, das Problem vorher gütlich auszuräumen. Schließlich ist der Erziehungsberechtigte der „gesetzliche Vertreter“ des Mündels, dem (in unserem Fall mit 14 Jahren) noch keine „vollständige Geschäftsfähigkeit“ vom Gesetzgeber zugesprochen wird. Also so ohne weiteres §203 StGB auf Minderjährige anzuwenden geht meiner Meinung nach dann doch nicht ganz…

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        1. Hier gefunden:
          http://www.schweigepflicht-online.de/Seite_Psychotherapie.htm

          Dort steht dann folgendes:
          „Die noch vereinzelt vertretene Ansicht, bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestehe keine Schweigepflicht gegenüber Eltern bzw. gesetzlichen VertreterInnen oder Schweigepflichtsentbindungen gegenüber Dritten könnten nur von den Eltern erteilt werden (z.B. Berns 1998, S. 412) ist insoweit unzutreffend, als sie pauschal für Minderjährige formuliert wird. Zwar besteht eine aus dem Erziehungsrecht der Eltern (vgl. Art 6 Grundgesetz, §§ 1626, 1631 Bürgerliches Gesetzbuch) abgeleitete Offenbarungspflicht der schweigepflichtigen Personen im Hinblick auf die ihnen von Minderjährigen anvertrauten Informationen, diese ist jedoch durch das Selbstbestimmungsrecht des Kindes – welches ab dem 14. Lebensjahr einsetzt – begrenzt (vgl. Pulverich 1996, S. 273; BverfG 1982, S. 387 ff). Da die hierfür notwendige Einsichts- und Urteilsfähigkeit in diesem Alter in der Regel vorliegt, ist die Weitergabe von Informationen und Geheimnissen an Eltern oder dritte Personen nur mit ihrer ausdrücklichen oder konkludenten Einwilligung zulässig. Der verfassungsrechtlich geschützte Informationsanspruch der Eltern (abgeleitet aus Art. 6 Abs. 2 Satz 12 Grundgesetz) tritt hier mit der zunehmenden Fähigkeit des Kindes über die es betreffenden Angelegenheiten selbständig zu bestimmen zurück.[…]“

          Ist ein spannendes Thema!

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          1. Es ist insofern ein spannendes Thema, als dass ja gerade die psychologische Behandlung implementieren könnte, dass die Einsichts- und Urteilsfähigkeit gerade nicht durch Anwesendheit glänzt. (Womit sich bei gegebener Diagnose natürlich jeder fähige Psychologe die Hände in Unschuld waschen könnte…)
            Ich würde mal vermuten, da entscheidet jeder Richter anders, und die Urteile sind so vorhersehbar wie Lottozahlen von Oberbayern für Juli 2020.

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          2. Spannendes Thema, allerdings ist das zitierte Verfassungsgerichtsurteil nicht wirklich zutreffend, weil es sich mit der Verfassungskonformität eines bremischen Schulgesetzes befaßt und die ärztliche Schweigepflicht nicht berührt. Das beanstandete bremische Gesetz hatte erstmalig eine Schweigepflicht für Lehrer eingeführt… und ist außerdem Landesrecht, was mit zur Ablehnung der Beschwerde geführt hat.

            Das hier ist näher am Thema:
            http://www.bvdd.info/jsp_public/cms2/index.jsp?did=3508
            Ein Arzt kann demnach mit Minderjährigen keine Verträge abschließen, und darf auch ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter eines Patienten, der nicht für sich selbst entscheiden kann (das betrifft nicht nur Minderjährige, sondern auch beispielsweise demente Volljährige), keine Behandlung durchführen… andererseits darf er auch nicht systematisch die Eltern informieren. Dilemma.

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  3. Ehrlich gesagt nehmen es meine beiden Apotheken hier vor Ort da auch nicht sehr genau mit dem Patientengeheimnis. Ich wohne im selben Ort wie meine Eltern, allerdings in einer eigenen Wohnung mit anderer Adresse (seit 14 Jahren).
    Es kommt immer wieder vor das meine Mutter in einer der beiden Apotheken ein Rezept einlöst und dabei auch gleich noch mein Medikament ausgehändigt bekommt, obwohl sie gar nicht wußte, das etwas für mich dort bereitliegt. Umgedreht funktioniert das auch.
    Bei einer Apotheke ist es bisher erst 2 Mal vorgekommen und da sie dort ansonsten supernett sind, alles fix bestellen und einen wirklich tollen Lieferservice haben, scheue ich mich ein wenig, deswegen Streß zu machen. Aber glücklich bin ich nicht darüber, auch wenn ich jetzt nichts zu verheimlichen habe.
    Bei der anderen Apotheke passiert es sehr häufig, weswegen ich da mittlerweile schon gar nicht mehr hingehen mag. Dort habe ich das sogar schon kritisiert, aber beim nächsten Mal hat man das scheinbar wieder vergessen.

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  4. Hallo @gedankenknick,

    ich denke, das läuft so wie beim Briefgeheimnis: Eltern dürfen auch die Briefe ihrer Kinder nicht ohne weiteres öffnen, sondern nur, wenn wirklich ein begründeter Verdacht auf Probleme vorliegt.
    Geschützt wird ja nicht grundsätzlich der Brief, sondern die Privatsphäre, deswegen halte ich das übertragbar auf Medikamente.
    Auf jeden Fall halte ich es so (meine Tochter ist 12, und ich würde nicht ohne triftigen Anlass ihre Briefe öffnen).

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    1. Das ist aber auch eine Frage der „bewußten Selbstbestimmung“, oder? Immerhin ist die Tochter mit 12 Jahren erst begrenzt geschäftsfähig. Und insofern ist der Brief mit Absender vom Klassenkameraden sicher Privatsphäre, der Brief der Bank, der Krankenkasse oder des Abmahnanwalts fällt aber unter – ich nenn das jetzt mal im Bewußtsein fehlender Fachworte – „Bevormundung wegen begrenzter Geschäftsfähigkeit“, und da habe ich kein Problem, meine Vormundschaft durchzusetzen, und zumindest auf gemeinsame Öffnung des Briefes zu bestehen. Schließlich ist man als Erziehungsberechtigter auch haftpflichtig für den Unsinn, den die eigenen Kinder so anstellen.

      Da sollte man das rohe Ei nicht mit dem Omlett verwechseln…

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