Sieht das normal aus? – Triage in der Apotheke

Ich habe langsam wirklich Übung darin, Leute zu verarzten, die mit einer Wunde zu mir kommen. Mir macht auch Blut und derartiges nichts aus. In den letzten Wochen hatten wir wieder vermehrt solche, die gestürzt sind und sich etwas geschürft/aufgeschlagen/aufgeplatzt haben.

Dann gibt es solche, die mit eher ungewöhnlichem kommen – ja, man kann sich beim Inhalieren mit heissem Wasser tatsächlich das Gesicht verbrennen. Dampf enthält viel Energie und wenn man zu nahe ran geht … die Person hatte im ganzen Gesicht eine Verbrennung ersten Grades – analog einem Sonnenbrand. Autsch.

Aber es gab noch mehr (wann nicht?):

Zur Frage: „Sieht das normal aus?“

– Nein, ihr Arm ist bedeckt von einer Pilzinfektion. Schmieren sie da Canesten, Pevaryl, Lamisal oder was sie an Antipilzcreme finden können darauf. Wenn es damit nicht besser wird innert 1 Woche – zum Arzt.

– Nein, das ist Eiter, was da aus ihrem Auge kommt. Ihr nächster Stop sollte der Augenarzt sein.

– Nein, das sieht aus wie eine üble Verbrennung auf ihrem Bein. Ich kann schon fast Brathühnchen riechen.

– Nein, der Schnitt geht durch bis auf den Knochen – das braucht wahrscheinlich einen Stich oder zwei – gehen Sie in den Notfall.

… Triage ist die Abklärung, was zum Arzt gehört und wo man noch selbst behandeln kann. *Das* sind die Extremfälle – aber eigentlich machen wir das tagtäglich.

10 Kommentare zu „Sieht das normal aus? – Triage in der Apotheke

  1. also bei Hautpilz hilft auch Brottrunk oder (Apfel)Essig, einfach immer weider mit nem Wattebällchen auftragen. Hab selber das Ergebnis gesehen.

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  2. Uuaaah, schauder. Das waren immer die Momente, vor denen es mich gegruselt hat. Am besten ohne Vorwarnung mit einem zeitgleichen „Könnsemalgucken“ irgendeine fiese Geschichte unter die Nase gehalten bekommen. Manch einer fragt wenigstens „Isschon voll vereitert, wollnsemal sehen?“. Das vermisse ich definitiv nicht.

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  3. Ich erinnere mich dabei immer an die Geschichte, die sich in der Abfallabgabe bei uns im chemischen Praktikum zugetragen hat. Das war ein festes Ritual am Ende des Labortages, bei dem ein – nicht sehr beneidenswerter – HiWi oder Doktorand den pH-Wert der wässrigen Schwermetallabfälle kontrollieren musste und andere Sonderabfälle (wie Cyanide) entsprechend verschliessbar sammeln musste. Es begab sich aber, dass ein Student des ersten Semesters diesem „Opfa“ ein offenes Becherglas … hinhielt (also ausgestreckter Arm vor die Nase), dies seien genannte Cyanid-Abfälle. Es bizzelte ordentlich, pH-Wert wurde geprüft, knallrotes pH-Papier (was dann irgendwie keiner mehr witzig fand…

    Es stellte sich dann zum Glück heraus, dass der Student nur Acetat mit Cyanid verwechselt hatte, wie mir der Abfallentsorgungsbeauftrage dann bei einem Beruhigungsbier recht langwierig erzählte (offensichtlich standen sie kurz davor, die Studenten sicherheitshalber ärztlich untersuchen zu lassen)…

    Dagegen sind Pilzinfektionen doch fein.

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    1. Ach ja, erstes Semester. Bei uns war das Trennungsgänge kochen. Trotz Einsatz von Thioacetamid statt H2S aus der Flasche roch das ganze Labor und der Gang davor ständig nach faulen Eier. Zitat Praktikumsleiter (mit Doktortitel): „Wenn man nichts mehr riecht, DANN wird’s gefährlich.“.
      Der Doktorand in Deinem Fall hat vermutlich sein Gehirn auch schon chemisch beeinträchtigt. Cyanid im quietschsauren Milieu hätte man organoleptisch leicht identifizieren können.

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      1. Ich sag doch: „Labor ist gefährlich!“
        Wir mussten mal das Labor evakuieren, weil einer Kollegin der Schütteltrichter mit Ether runtergefallen ist. Etwa 1 Liter Ether …
        *das* war auch ziemlich geruchsintensiv.

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        1. Ich oute mich mal als ehemaliger Assistent der pharmazeutischen Chemie des dritten Semesters (organische Chemie):
          Wir waren öfters mal in der Notaufnahme mit dem ein oder anderen Studenten. Ich hatte mir auch irgendwann die Nummer der Notaufnahme im Handy standardmässig gespeichert und kannte die Leute.
          Habe ich sicherheitstechnisch was falsch gemacht?

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          1. Das 3. Semester organische Chemie ist aber auch potentiell gefährlich: Komplexe Apparaturen unter Vakuum, heisse Ölbäder, Aufschlüsse mit elementarem Natrium usw…
            Ob ihr was falsch gemacht hat, weiss ich nicht. Allerdings klingt „öfter Notaufnahme“ nicht sehr vertrauenserweckend. Ich erinnere mich an die ein oder andere kleinere Verbrennung oder Schnittwunde, aber wenig ernste Sachen.
            Der Höhepunkt war allerdings ein Notarzteinsatz, auch im 3. Semester. Da eine Kommilitonin beim Anblick ihrer Verbrennung sich dazu entschied, ihr Bewußtsein kurzfristig auszuschalten und die Notrufzentrale beim Stichwort „Chemisches Institut“ ohnehin Akademikerbegleitung losschickt, kamen wir in Genuß von reichlich Action.

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          2. Keine Sorge, die Studenten haben es alle überlebt. Das Härteste war wohl eine etwas größere Schnittwunde, die genäht werden musste.
            Wir hatten von unserem Chef halt die Auflage, lieber etwas vorsichtiger zu sein. Damit wurde jeder Student, der sich nur an einer Pipette geschnitten hatte, schon mal in das Verbandbuch eingetragen, egal ob er das wollte oder nicht (viele Studenten wollten gerade das nicht, es könnte ja der Prof. sehen; Mein Satz: Keine Sorge, das interessiert niemanden!). Das ist auch zwecks der Versicherung von Vorteil, es könnte ja theoretisch eine Tetanusinfektion zurückbleiben.
            Aber etwa einmal pro Semester hatten wir immer den Fall, dass wir da jetzt als Nicht-Arzt nicht mehr die Verantwortung übernehmen wollten, dann sollte das ein Arzt beurteilen. Das konnte auch bei einer Schnittwunde eine fehlende Tetanusimpfung sein, also der Satz: „Ich weiß nicht, ob ich dagegen geimpft bin“ oder der Satz: „Ich habe gerade meinem Kopf bei der Einleitung von H2S im Abzug gehabt, mir geht es gerade etwas komisch.“ Dann ging es ab zur Notfallambulanz ums Eck.

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      2. Wie das halt so ist, reagiert man nicht immer zuerst ruhig und überlegt; es kann auch passieren, dass der ein oder andere Adrenalin-Kick das Gehirn benebelt.

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  4. Triage kenne ich nur von anderem Zusammenhang; eine „gare de triage“ ist ein Rangier- oder Verschiebebahnhof.
    Natürlich wird da auch zusammengestellt, wer nachher wohin gehen wird. ;)

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