Byebye handmade Kosmetika – die neue Kosmetikverordnung

Anfang Mai ist (für die Öffentlichkeit wohl unbemerkt) die Übergangsfrist zur neuen Kosmetikverordnung abgelaufen. Das heisst, dass die neue Kosmetikverordnung (von 2013 in der EU und angepasst 2017 in der CH) jetzt verbindlich ist … und das bedeutet wohl das Aus für einige in den Apotheken und Drogerien selber hergestellte Kosmetika. Another one bites the dust – denke ich da. Noch etwas, das wir nicht mehr machen dürfen oder können. Das neue Chemikaliengesetz hat die Vorschriften so hoch angesetzt, dass viele Drogerien und Apotheken kaum noch selber Sachen abfüllen. Die Pharmakopöe schliesst das Wiederauffüllen bei Arzneimitteln aus (alles was auf die Haut angewendet wird oder eingenommen wird braucht eine neue Packung). Und nun gehen also die selbstgemachten Kosmetika.

Hier der Link zur neuen Kosmetikverordnung in der Schweiz.

Ein Kosmetikum ist definiert als: „Stoffe oder Gemische, die dazu bestimmt sind, äußerlich mit den Teilen des menschlichen Körpers (Haut, Behaarungssystem, Nägel, Lippen und äußere intime Regionen) oder mit den Zähnen und den Schleimhäuten der Mundhöhle in Berührung zu kommen, und zwar zu dem ausschließlichen oder überwiegenden Zweck, diese zu reinigen, zu parfümieren, ihr Aussehen zu verändern, sie zu schützen, sie in gutem Zustand zu halten oder den Körpergeruch zu beeinflussen“

Wie in der EU muss für jedes Produkt ein Sicherheitsbericht erstellt werden. Dafür sind Verträglichkeitstests und gegebenenfalls Wirksamkeits-/Leistungsnachweise erforderlich. Zudem muss eine Produktinformationsdatei (PID) in einer Amtssprache des Bundes oder in Englisch ausgearbeitet werden. Diese muss nicht zwingend in der Schweiz aufbewahrt werden, aber muss schnell zugänglich sein. Sicherheits- und Warnhinweise müssen nur noch in einer Amtssprache (anstelle bisher 3) angebracht werden.
Die Anhänge der EU-Kosmetikverordnung werden vollständig übernommen (Sicherheitsbericht, Liste der Stoffe, die in kosmetischen Mitteln verboten sind, Liste der Stoffe, die kosmetische Mittel nur unter Einhaltung der angegebenen Einschränkungen enthalten dürfen, Liste der in kosmetischen Mitteln zugelassenen Farbstoffen, Liste der in kosmetischen Mitteln zugelassenen Konservierungsstoffe, Liste der in kosmetischen Mitteln zugelassenen UV-Filter, auf Verpackungen / Behältern verwendete Symbole, – Verzeichnis der validierten Alternativmethoden zu Tierversuchen)
Werbeaussagen in Form von Texten, Bezeichnungen, Marken, Bildern oder anderen figurativen oder sonstigen Zeichen dürfen weder explizit noch implizit verwendet werden, um auf Eigenschaften oder Funktionen der Erzeugnisse hinzuweisen, die diese nicht besitzen.
Zur Meldung von Unverträglichkeiten („Cosmetovigilance“) wird in der Schweiz kein eigenes System aufgebaut. Solche Fälle sind in die PID und den Sicherheitsbericht einzubeziehen. Die Schweiz wird sich nicht dem europäischen Notifizierungsportal CPNP anschliessen und auch kein eigenes nationales System zur Meldung von Produkten aufbauen.

Was bedeutet das nun für uns?

Ab dem 1.5.21 müssen für alle selbst hergestellten Kosmetika gemäss VKos Art 4-5 eine Produktinformationsdatei (PID) und ein Sicherheitsbericht (VKos Anhang 5) vorliegen. Dies gilt sowohl für individuelle Herstellungen als auch für auf Vorrat hergestellte Kosmetika, welche in kleine Einheiten abgefüllt werden. Das Erstellen dieser beiden Dokumente ist äusserst aufwändig und darf nur durch eine Person durchgeführt werden, die im Besitz eines Diploms oder eines anderen Nachweises formaler Qualifikationen ist, der nach Abschluss eines theoretischen und praktischen Hochschulstudiengangs in Pharmazie, Toxikologie, Medizin oder einem ähnlichen Fach oder eines als gleichwertig anerkannten Studiengangs erteilt worden ist. Also Apotheker können das. Nur braucht das dermassen viel, dass es sich nicht lohnt, das zu machen – ausser man verkauft genug von so einem Produkt (So ab CHF 4000 könnte man das anschauen).

Es gibt aber (wenige) Umgehungsmöglichkeiten in der Apotheke dafür:

Eigenherstellungen kann man eventuell ersatzweise dem Heilmittelgesetz unterstellen. In diesem Falle dürfen nur Rohstoffe in Pharmakopöequalität verwendet werden und den Produkten muss eine wissenschaftlich belegbare Indikation zugeordnet werden. Einer Handcreme kann z.B. die Indikation „gegen Schrunden“ zugeordnet werden, einem Badesalz „gegen Nervosität“, einem Massageöl „gegen Muskelverspannungen“. Diese nichtzulassungspflichtigen Arzneimittel sind dann Hausspezialitäten gemäss HMG Art 9.2.c und man muss sie (je nach Kanton kostenpflichtig) der Aufsichtsbehörde anmelden oder bewilligen lassen. Wenigstens sind diese Kosten in der Regel sehr viel tiefer als das Erstellen eines Sicherheitsberichtes für Kosmetika. Aufwändig ist auch das.

Abgefüllte Rohstoffe wie Vaseline, fette Oele oder Wachse können Sie als verwendungsfertige Produkte einkaufen und abgeben oder falls dazu eine Monografie in der Pharmakopöe existiert (z.B. Vaseline, Mandelöl, Wollwachs) in Pharmakopöequalität als „formula officinals“ nach HMG Art 9.2.b in Verkehr bringen. Hier ist eine Indikationsangabe fakultativ. Bei Rohstoffen, welche sich nicht in der Pharmakopöe finden (z.B. Hamameliswasser) bleibt einem nichts anderes übrig als auf ein Fertigprodukt auszuweichen.

Alles keine Option für das selber hergestellte (und verkaufte) Kosmetikum? Per sofort sind diese nicht mehr verkehrsfähig. Es bleibt nur noch die Produktinformationsdatei (PID) und den Sicherheitsbericht für jedes einzelne Produkt zu machen und einzureichen. Mitglieder des Schweizerischen Drogistenverbandes können dort Hilfsmittel mit Vorlagen und Beispielen verlangen. Für den Rest: Informationen und Erklärungen aus der EU zum Ausfüllen des Sicherheitsberichtes (VKos Anh 5) und zur Erstellung der Produkteinformationsdatei (PID) findet man hier: Link 1 und Link 2. Hier hat sich eine Rechtskanzlei damit beschäftigt (ist noch gut als Erklärung/Übersicht): https://www.it-recht-kanzlei.de/kosmetika-rechtssicher-verkaufen-kennzeichnen.html

Das gilt alles natürlich auch für nicht in Apotheke oder Drogerie hergestellte Kosmetika!

Ausnahmen: handwerklich hergestellte und lokal, in kleinem Rahmen vertriebene kosmetische Mittel. Das bedeutet: die Dauer des Verkaufes muss Ausnahmecharakter haben, es muss sich um kleine Mengen an Kosmetika handeln, der Verkauf ist zeitlich eng begrenzt und es muss ein persönlicher Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer stattfinden. So eine Ausnahme wäre zum Beispiel ein Schulfest oder Basar an dem die selbstgemachten Kosmetika verkauft werden.

All die privaten Hersteller und Verkäufer auf Etsy und Co und eigenen Websiten (also kein persönlicher Kundenkontakt) sowie diejenigen, die die Sachen in Läden oder von zu Hause aus verkaufen (also länger) fallen nicht unter diese Ausnahme und müssen demnach auch die Produkteinformationsdatei und den Sicherheitsbericht machen (oder machen lassen – es gibt Anbieter, die das machen).

Cremen, Salben, Deos, Duschmittel, Badezusätze, Badeperlen, Badebomben, Lippenstifte, Pommadenstifte, Lippgloss, Bodylotion, Peeling, Seifen, Zahnpasta, Nagellack, Shampoo … selber herstellen für sich und Familie geht immer noch, aber … da sind gerade wohl einige Hersteller sozusagen illegal geworden (und die wissen wahrscheinlich noch nicht mal davon).

Die Creme ist zu scharf!?!

Ist mir gerade wieder eingefallen, als ich mir einen griechischen Joghurt mit Honig und Nüssen gemacht habe – ihr werdet gleich sehen, warum…

Die Kundin zu Donna in der Kosmetikabteilung: „Sie haben mir das letzte Mal eine Salbe zum testen abgefüllt, die ist mir zu scharf!“

Donna (etwas „gebranntes Kind“ nach der Zyrtec Tropfen-Geschichte letztens): „Zu scharf? Was meinen sie damit genau?“

(nachfragen, wenn einem etwas auch nur ansatzweise seltsam vorkommt lohnt sich).

Kundin: „Ich habe den Deckel abgeschleckt.“

Donna: „……“ (oh-nein!-Gesicht hier einfügen)

Kundin: „Die Creme kommt ja ins Gesicht und auch an die Augen, so teste ich das!“

Donna (gefasst): „Ah – auch wenn das eine Gesichtscreme ist – die Augenpartie wird normalerweise ausgespart. Und … bitte essen sie keine Cremen zum einreiben.“

Nein, ich weiss nicht, welche Gesichtscreme das war und ich habe auch keine Absicht alle durchzutesten, ob andere etwas milder schmecken.

Möchten Sie noch Pommes dazu? – Samstags Re-Run

Ich habe eine Drogisten-Kollegin, die mit viel Freude und Enthusiasmus Leute über Kosmetika berät. Ich kenne niemanden, der mehr Geduld hat. Das sollte ich vorherschicken bei der folgenden Begebenheit:

Wir haben einen Halb-Preis-Tisch mit diversen Sachen: da hat es Lippenstifte, Lidschatten, Makeup und noch vieles mehr. Es ist darum Halbpreis, weil es die Produkte nachher nicht mehr gibt und wir Platz brauchen … da verkauft man etwas auch mal unter dem Einkaufspreis, besser als die Rückgabebedingungen der Firmen ist es trotzdem.

Jedenfalls …

zieht das Kosmetik-Kunden an, die man vorher noch nie gesehen hat. Und was die alles wissen wollen! Da war diese eine, die meine oben erwähnte Kollegin fast zum Platzen brachte:

Kundin nimmt einen Lidschatten in die Hand, dessen Tester offen und gut sichtbar direkt daneben liegt: „Was ist das für eine Farbe?“

Drogistin -wirft einen Blick auf die Packung: „Das ist Fuchsia“.

Kundin: „Nein, das kann ich sehen, aber was ist das für eine Farbe??“

Drogistin: „Das ist eine Mischung zwischen Rosa und Violett“.

Kundin: „Könnten Sie mir das auftragen?“

Drogistin (die noch oft und gerne Leute schminkt): „Natürlich, kommen sie doch bitte zum Schminkstuhl …“

Kundin: „Nein, auf die Hand!“

Drogistin denkt sich: also das könnte sie ja auch Problemlos selber … „Ja. Klar.“

Die Kundin sieht sich das ein paar Sekunden an, dann: „Haben sie mir ein Abschminktuch?“ (Auch das steht mitten auf dem Tisch).

Die Drogistin reicht es ihr.

Kundin: „Und wie sieht es aus mit Make-up-Entferner?“

Und in dem Stil ging es noch fast 20 Minuten weiter, ohne dass die Kundin dann etwas gekauft hätte.

Danach brauchte meine Kollegin dringend eine Pause.

(Original vom 16.8.2009)

Kosmetik herstellen

Fand ich süss letzte Woche:

altes Frauchen bei uns: „Grüetzi. Machen Sie auch Produkte von Clarins?“

:-)

Für diejenigen, die das nicht wissen: das ist eine Kosmetikmarke. Die vertreiben wir vielleicht, aber „machen“ tun wir die nicht.

Kosmetika – Bekenntnis

Ich arbeite ja in einer Apotheke/Drogerie mit Kosmetikabteilung, aber ich muss zugeben, dass ich viel lieber die Leute bezüglich ihrer Gesundheitsprobleme und Medikamente berate als über Kosmetika und Hautpflegeprodukte.

Das hängt natürlich in erster Linie damit zusammen, dass ich ersteres besser kann, weil ich es gelernt habe, mich regelmässig weiterbilde und einige Jahre Erfahrung habe – dagegen habe ich wenig eigene Erfahrung und nur bruchstückweise Weiterbildungen mit den Kosmetika. Zum anderen aber habe ich auch echt Mühe mit manchen Aussagen der Branche. Ich selbst kann nicht wirklich mit ernstem Gesicht und voller Begeisterung sagen: „Diese Hautcreme macht ihr Gesicht 10 Jahre jünger!“ – sicher, Hautpflege ist wichtig und man sieht es den Leuten schon an, ob sie das machen oder nicht. Manche sind erstaunlich … gut erhalten. Aber Wunder oder Zeitreisen habe ich noch keine gesehen.

Ich war schon an Weiterbildungen und dem Vorstellen neuer Produkte. Vieles hört sich gut an, bei anderen Sachen jedoch muss ich mir ein Grinsen verkneifen. Z.B. wenn eine Firma behauptet, sie habe „3 Arten von Vitamin C in ihrer Creme, eines davon Fettlöslich.“ Ok, der Wirkstoff ist vielleicht mit Vitamin C verwandt, aber so ich weiss, gibt es nur 1 Vitamin C (Ascorbinsäure) und alles andere ist … etwas anderes. Oder wenn eine andere Firma sagt, sie benutze „Tiefseewasser“ in ihrem Produkt, weil das viel wertvoller ist als normales Wasser oder Meerwasser. Oder eine Creme, die laut Prospekt etwas enthält das „die Haut strahlen lässt, weil es Licht streut, Licht reflektiert und Licht emitiert.“ Soso, die Creme strahlt also von selbst Licht aus? Die leuchtet demnach auch im Dunkeln?

Ok, vielleicht bin ich einfach zu kritisch.

Ganz unglaublich finde ich die Bilder der Frauen in der Werbung – sei das jetzt im Fernsehen oder Print – da wird nachbearbeitet, dass es am Schluss wirklich nur noch ein Kunstprodukt ist – in England haben sie jetzt offenbar sogar eine Werbecampagne zurückziehen müssen, bei der sie es mit dem Photoshop übertrieben haben (s. Bilder oben). Kein Mensch hat solche Haut! Ohne Cremen nicht und auch mit schmieren und salben nicht. Unmöglich. Und dabei meine ich nicht nur die Fältchen, da ist kein Fleckchen und keine Pore mehr sichtbar. Und die Werbung weckt (unrealistische) Erwartungen.

Ich bin jedenfalls den überzeugten Drogisten dankbar, die mir die Kosmetikberatungen abnehmen. Die kennen ihr Handwerk und können die richtige Creme aussuchen – und sie mit den richtigen Worten auch verkaufen.

Waaas ist da drin??

Kundin: „Ich brauche etwas gegen harte Hornhaut an den Füssen.“
Drogistin: „Da kann ich ihnen diese Hühneraugentinktur empfehlen …“
Kundin: „Hat es da etwas vom Huhn drin??“

Nein, hat es nicht. Genauso wenig wie im Tiger Balsam Tiger drin ist.

Aber es gibt andere Produkte, die tatsächlich tierisches enthalten (oder enthalten haben).

zum Beispiel:


Hirschtalgbalsam von Scholl – die fettende Salbe für die Füsse enthält wirklich adeps cervinus. Anscheinend fettet das länger als Vaseline.

Nerzölshampoo – von  Klorane. Inzwischen ausser Handel, aber vorher habe ich mal angerufen und gefragt. Es enthielt wirklich Nerzöl. Keine Ahnung wie das gewonnen wurde, aber für die Nerze dürfte das nicht angenehm gewesen sein.

Maniwell – enthält  Purcellin, das Fett vom Pürzel der Ente als Spreitmittel – also, dass die Handcreme besser verteilbar ist und auch leicht wasserabstossend.

Einige andere Produkte enthalten Proteine aus Milcheiweiss oder Rinderfett oder Gelatine, ausserdem Seidenproteine – nur für die, die es noch nicht wissen: Seide kommt vom Kokon der Seidenraupe.

Kosmetika enthält gelegentlich ganz erstaunliche Sachen, siehe hier.