Die Impfung ist da! (Ein Weihnachtsgeschenk)

Gestern, Samstag die kleine Sensation – und ein Hoffnungsschimmer in dieser wirklich düsteren Zeit: Die Schweiz hat den Covid-Impfstoff zugelassen. Und zwar – im Gegensatz zu anderen Ländern – NICHT als Notfallzulassung, sondern nach dem geregelten üblichen Verfahren. Damit sind wir weltweit die ersten. Es ist ein Impfstoff (der von Pfizer/Biontech) von mehreren, die aktuell in der letzten Studien-Phase sind und es ging deshalb so schnell, weil es ein „rollendes“ Verfahren war: die Pharmafirma lieferte laufend alle verfügbaren Daten, die sie zum Impfstoff hatten. Da auch die letzte Phase mit über 40’000 Teilnehmern und auch erste Erfahrungen in anderen Ländern (mit inzwischen über 100’000 geimpften) saubere und gute Ergebnisse lieferte, wurde der Impfstoff durch die swissmedic und das BAG zugelassen.

Das wissen wir:

Es braucht 2 Impfungen im Abstand von (mindestens) 3 Wochen. 1 Woche nach der 2. Impfung besteht ein über 90% Impfschutz gegen das neue Coronavirus. (Das ist phantastisch gut – besser als man sich das hätte vorstellen können. Ausserdem nicht mal ein Jahr nach Beginn der Pandemie. Da wurde wahnsinnig geforscht weltweit und man konnte auf bereits bekannte Forschung und Erkenntnisse mit RNA-Impfstoffen aufbauen.)

Der Impfschutz besteht ausdrücklich auch für die älteren Personen und solche mit (kontrollierten) Vorerkrankungen.
(Die Studien hat man diesmal auch mit nicht-gesunden und älteren Personen gemacht!)

Die Nebenwirkungen entsprechen etwa denen von anderen Impfungen, hauptsächlich lokale Reaktionen am Einstichort (Schmerzen, Rötung), vielleicht 1-2 Tage generalisierte Beschwerden wie Krankheitsgefühl, Gliederschmerzen, Fieber etc, vor allem nach der 2. Impfung.
(Sie sagen, es kann etwas heftiger sein als bei zum Beispiel der Grippeimpfung, die sie mit einem „Mückenstich“ vergleichen. Etwa wie ein „Bienenstich“.)

Die Impfung ist nicht zugelassen für Schwangere und unter 16 Jährige, da hier die Datenlage zu dünn ist. Ausserdem gehören die jüngeren nicht zu den durch Covid gefährdeten Personen.

Jetzt geht es weiter. In den Kantonen sind sie schon seit ein paar Wochen dran die nötige Infrastruktur für die Impfungen aufzubauen. Die Logistik ist hier etwas komplizierter als bei anderen Impfstoffen, da der Covid-Impfstoff von Pfizer bei Temperaturen von -70°C transportiert und gelagert werden muss. Deshalb wird es vorläufig auch keine Impfung in der Apotheke geben, die meisten Kantone scheinen auf Impfzentren und mobile Impfgruppen zu setzen. Noch im Dezember beginnen die Kantone der Innenschweiz: Uri, Schwyz, Nidwalden, Obwalden, Luzern und Zug – und Freiburg. Der Rest folgt im Januar. Wir bekommen monatlich etwa 250’000 Impfungen – die wollen möglichst sinnvoll eingesetzt werden.

Wer wird geimpft? Die Impfung ist prioritär für folgende Zielgruppen vorgesehen:
1. Besonders gefährdete Personen (ohne schwangere Frauen)
2. Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt / Betreuungspersonal von besonders gefährdeten Personen
3. Enge Kontakte (Haushaltsmitglieder) von besonders gefährdeten Personen
4. Personen in Gemeinschaftseinrichtungen mit erhöhtem Infektions- und Ausbruchsrisiko (mit altersdurchmischten Bewohnern).
Im weiteren Verlauf wird auch eine Impfung für alle anderen Erwachsene, die nicht unter 1.-4. fallen, möglich sein. – Das kann ein paar Monate dauern.

Ich weiss noch nicht, ob wir in der Apotheke zur 2. Gruppe gehören und dann geimpft werden, aber ich bin froh, dass meine Eltern voraussichtlich bald drankommen. Dann kann ich mich etwas sicherer fühlen, auch wenn ein paar Fragen betreffend der Impfung noch offen sind: kann das Virus durch geimpfte Personen noch übertragen werden? Wie lange hält der Impfschutz an? Die geltenden Hygienemassnahmen müssen auf jeden Fall noch eine ganze Weile weiter durchgeführt werden.

Für das Gesundheitssystem ist das aber sicher eine Entlastung – eine dringend benötigte ausserdem. Inzwischen sind die Spitäler voll, das Pflegepersonal am Anschlag (und darüber) – die Situation ist wirklich furchtbar, auch wenn das trotz gelegentlicher Meldungen in den Medien immer noch nicht zu den Leuten auf der Strasse durchgedrungen ist. Aktuell will ich nicht krank werden oder einen Unfall haben und im Spital landen müssen. Nach aussen „verhält“ das noch als Sicherheitsnetz, aber … nein. Eigentlich will ich nicht mal drüber schreiben. Wir sind vielleicht noch knapp nicht am „sterbende Leute in den Spital-Gängen liegen lassen“, aber soooo weit davon auch nicht mehr. Denkt mal darüber nach und (Bitte) passt euer tägliches Verhalten danach an. Grad jetzt in der Ferien- und Feier-Zeit. Übrigens: Man kann sich jetzt immer noch gegen die Grippe impfen lassen. Bitte tut das – das macht grad jetzt noch Sinn.

Aber konzentrieren wir uns auf die guten Dinge. Wir haben jetzt eine wirksame und sichere Impfung. Meine Familie ist gesund: immer noch alle, wofür ich wahnsinnig dankbar bin. Sogar meine Eltern haben dieses Jahr überstanden (und das sah aus verschiedenen Gründen zeitweise nicht gut aus). Wir haben mehr als genug zu essen, eine warme Wohnung (die aufgeräumter sein könnte), Kontakt mit den Liebsten – halt nicht mehr so häufig und vor allem meist nicht mehr als Treffen, sondern mit Telefon, Chat etc. Dafür bin ich dankbar.

In dem Sinne: Euch allen schöne Festtage und bleibt gesund!

Man lässt sich nicht nur für sich selbst impfen

Grippe- und Erkältungszeit und ich erinnere daran, wie wichtig es ist, dass gerade Pflegepersonal geimpft ist. Nicht nur für sich oder damit sie weniger Stunden ausfallen für den Arbeitgeber. Nein, ich meine vor allem für die Leute, die sie betreuen und für deren Gesundheit sie mit-verantwortlich sind. Ich weiss, dass das immer noch keine Voraussetzung ist in vielen Spitälern und Heimen. Und es wird auch kaum freiwillig gemacht. Gerade dort ist die „das ist chemisch“ und kommt von „Big Pharma“ und „hast Du gesehen, was da sonst noch alles drin ist?“ und „übersteht man ja auch ohne Impfung problemlos“ „natürlich“ – Fraktion sehr hoch. Und ich würde hier mal behaupten bei der Haushilfe (der Spitex hier) ist das auch genau so.

Das sollte man mal überdenken, denn das sind die Leute die genauso in Kontakt mit älteren, polymorbiden und hilfsbedürftigen Personen kommen – und das bei ihnen zu Hause. Und wenn das Pflegepersonal krank wird, dann bringen sie dies direkt zum Patienten, der sonst vielleicht kaum mehr Kontakt nach aussen hat.

Diesen Herbst konnte ich so einen Fall gut beobachten. Unsere Patientin, – nennen wir sie Frau Moller – fast 90jährige Frau, hausgebunden und erhält Unterstützung durch die Spitex. Und eine dieser (meist) Frauen kam total erkältet, rotzend und fast dauerhustend zu ihr nach Hause. Darauf von Frau Moller angesprochen machte sie noch Scherze im Sinne von wie aufopfernd es von ihr ja wäre, dass sie überhaupt kommt und arbeitet. Dass das ja nur ein bisschen Husten sei und der Körper damit problemlos umgehen kann sie hätte das jetzt schon eine Zeitlang …

Auf Bitte der Patientin hat sie dann zumindest eine Maske angezogen.

Zu spät. Ein paar Tage später hatte Frau Moller ziemlich übel beginnende Erkältungssymptome, Fieber, Gliederschmerzen, nächtliche Hustenattacken halt so allgemeines Krankheitsgefühl. Da sie dann bei der Spitex reklamiert hat, hat sie zumindest nicht mehr diese Pflegehilfe bekommen, aber es dauerte lange, bis der Husten und das Krankheitsgefühl dann weg ging. Eine Zeitlang sah das gar nicht gut aus für Frau Moller.

Plot-Twist: Im Endeffekt hat sich dann übrigens noch herausgestellt, dass das Keuchhusten war, nicht mal die Grippe … Aber auch dagegen kann man sich impfen (Pertussis gehört zu den Grundimmunisierungen) und man sollte das bei Umgang mit kleinen Kindern und oder sonst kranken Personen auffrischen lassen.

Warnung vor gefährlicher Krankheit

Es fängt an, wie eine normale Erkältung. Laufende Nase, etwas Fieber … nicht untypisch für Herbst / Winter. Und dann entwickelt dein Kind oder dein Freund plötzlich Schwäche in Arm oder Bein. Das sind Lähmungserscheinungen. Manchmal hört es da auf. Manchmal geht es weiter – bis zur Lähmung der Atemmuskulatur und Ersticken. Die Krankheit ist erst seit ein paar Jahren bekannt. Sie betrifft hauptsächlich Jugendliche und Kinder unter 18 Jahren – mit einem Mittelwert von 4 Jahren. Inzwischen werden in den USA Eltern darauf aufmerksam gemacht, dass sie bei (plötzlichem) Auftreten von Schwäche nach einer Erkältung sofort mit dem Kind ins Spital gehen müssen. Aufhalten kann man es nicht, aber im Spital kann man bei Beeinträchtigung der Atemmuskulatur die Kinder beatmen. Es gibt weder eine Behandlung der Ursache, noch eine wirksame Prophylaxe.

Man weiss inzwischen, dass der Krankheitserreger die Nerven in Wirbelsäule und das Gehirn befällt – um was es sich dabei genau handelt, ist trotz ausgiebigen Tests noch nicht klar. Im Verdacht waren erst Enteroviren von denen es Vertreter gibt, die ganz ähnliche Symptome machen (davon später mehr), aber das hat sich nicht komplett bestätigt.

Frage an die Eltern unter Euch: Wie fühlt ihr Euch, wenn ihr das lest? Eine unbekannte, aber gefährliche Krankheit, die übertragen werden kann wie eine normale Erkältung, deren Verlauf (rasch) lebensgefährlich werden kann und die, wenn das Kind überlebt, lebenslange Folgen haben kann: Lähmungen, eventuell Bettlägerigkeit und Beatmung bis an das Lebensende? Es gibt keine Vorbeugung (bis auf die allgemeine Empfehlung, häufig die Hände zu waschen) und keine Medikamente oder Behandlung ausser Beobachtung und Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen.

Die Krankheit gibt es – sie wird acute flaccid myelitis genannt. Zum Glück ist sie (noch?) wirklich selten – in den letzten 4 Jahren sind etwa 390 Fälle bekannt geworden, die meisten davon in den USA.

So beunruhigend das für mich klingt … ich musste daran denken, dass wir bereits eine Krankheit haben, die einiges gefährlicher ist, die jährlich abertausende Menschen betraf, vor allem auch Kinder, die daran starben oder mit dauerhaften körperlichen Folgeschäden leben mussten: Polio. Kinderlähmung. Die Folgen sind sehr ähnlich wie oben beschrieben … und es gibt Leute heute, die mit den Lähmungen nach überstandener Krankheit leben. In der Apotheke sehe ich die noch, sie sind heute alt … überlebende sozusagen. Und wer sie fragt, erfährt, wie übel das war. Jeder konnte angesteckt werden – und einmal angesteckt war es für 10% ein unglückliches „Roulettespiel“ wie weit die Lähmungen gehen würden und ob man vielleicht in der eisernen Lunge landen würde und sein Leben liegend und extern beatmet verbringen würde oder ob es „nur“ ein Bein oder eine Hand war, die nie mehr richtig gebraucht werden konnten. Selbst wer die Infektion mit wenig Problemen überstand … Jahre später treten bei den meisten Spätfolgen auf mit extremer Müdigkeit, Muskelschmerzen und Muskelschwund.

Es wundert nicht, dass bei jährlich mehreren 100.000 Fällen alles daran gesetzt wurde, etwas dagegen zu finden. Bei Viren ist das schwierig (heute noch) – aber es wurde ein Impfstoff entwickelt. Nach 1960 nahmen die Fälle dank konsequenter Impfungen weltweit so weit ab, dass die WHO sich 1988 das Ziel gesetzt hat, Polio (wie die Pocken) komplett auszulöschen. Der Mensch ist das einzige Reservoir für den Virus … und sich kaum verändert. Ausserdem sind die Folgen einer Erkrankung deutlich erschreckend.

„Leider“* sieht man das heute nicht mehr live. Deshalb ist es unsicher, ob das klappt. Einerseits dank dem Nicht-impfen der Impfgegner (die sollten sich wirklich mal mit Polio-Überlebenden unterhalten) andererseits wegen dem Widerstand in islamischen Ländern, wo die Verschörungstheorie verbreitet wird, dass der Polio-Impfstoff zur Sterilisierung von Muslimen dienen würde.

Aber vielleicht … erleben wir live, wie eine neue gefährliche Krankheit epidemisch wird. Und ich frage mich … wie reagieren Impfgegner auf etwas, das man dann selber sehen kann und als akute Gefahr für sein Kind empfinden … nicht nur etwas, mit dem man nur via Bücher, (fake) news und unglaubwürdigen Vertretern der bösen Big Pharma in Kontakt gekommen ist?  Würde das die verdrehte Risikoabschätzung Impfen (seltene Nebenwirkungen, Inhaltsstoff-Spuren, angebliche Folgeschäden?) gegenüber der akuten und reellen Gefahr der Krankheit korrigieren?

*Nicht, dass ich das sehen würde wollen.

Politische Geschenke an Apotheke und Arzt? Impfen und Selbstdispensation

In Deutschland wirft die Politik den Apothekern das Impfen praktisch als Zückerchen hin, in der Hoffnung vielleicht, dass die Apotheker dafür den Medikamenten-Versand so wie er ist durchgehen lassen. Dabei ist das definitiv nicht die Rettung der Apotheken, die wegen der ungerechten Bevorzugung der ausländischen Versandapotheken vielerorts noch mehr darben als bisher schon.

Also: Ich bin absolut pro Impfen durch die Apotheker, aber wenn ich sehe, wie in Deutschland an sich gute Ansätze im Gesundheitssystem zu nichte gemacht werden, teile ich die Bedenken der Apotheker dort. Beispiel Pille danach: das dürfen die Apotheker seit letztem Jahr in Deutschland – wie in der Schweiz schon davor. Aber statt zur Kompetenzerweiterung beizutragen und als echte Dienstleistung abgegolten zu werden, wird der Apotheker auch hier wieder nur als «Dispensator» heruntergestuft. Wenn ich in der Schweiz das in der Apotheke abgebe, passiert das nur nach einem persönlichen Beratungsgespräch mit dem Apotheker, wird protokolliert und ich darf dafür etwas verlangen. Das mache ich auch. Hochpotente Medikamente (die vorher aus Grund rezeptpflichtig waren) schiebe ich nicht einfach über den Ladentisch.

Dasselbe gilt für das impfen – so sicher und wirksam es ist. Wir impfen in der Apotheke. Das darf ich unter bestimmten Voraussetzungen. Dazu gehört ein spezieller Ausbildungstitel: Apotheker FPH Impfen und Blutentnahme. Dazu gehören Weiterbildungen alle 2 Jahre. Geeignete Räumlichkeiten (mit einer Möglichkeit den Patienten hinzulegen). Notfallequipment (Adrenalinpens, Beatmungsmaske, ev. Sauerstoff). Dazu gehört die Patientenvorbereitung und Protokollierung: Vor der Impfung klären wir ab, ob die Voraussetzungen gegeben sind. Wir impfen nur Erwachsene, keine Kinder (bis 16 Jahre), keine Schwangeren, keine Immunsupprimierten. Wir impfen nicht unter Blutverdünnern (ausser Aspirin cardio). Wir impfen nicht, wenn Allergien gegen Impfstoff oder Bestandteile vorhanden sind oder bei vorherigen Impfungen Reaktionen aufgetreten sind. Wir sind wirklich vorsichtig … und genau. Und wir können nur gegen einzelne Sachen impfen: Grippe, FSME, ev. Hep A, Hep B, MMR … (kantonal unterschiedlich).

Darum machen wir das auch nicht gratis. Neben dem Impfstoff verlangen wir etwas für die Arbeit drumherum. Das mag tatsächlich in einigen Fällen mehr sein als beim Arzt … andererseits: Bei uns ist kein Termin nötig und kaum Wartezeit. Damit entlasten wir Hausärzte und Notfallaufnahme der Spitäler.

Mit dem Impfen in der Apotheke wird die Apotheke weiter als einfach zu erreichende und kompetente Anlaufstelle für Gesundheitsfragen der Bevölkerung etabliert. Der Beitrag zur Gesundheitsprävention hilft auf weite Sicht auch die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen. Impfen in der Apotheke erhöht die Durchimpfungsrate … wir wollen gesunde Menschen impfen, die sich und andere schützen wollen.

Was die Politik häufig übersieht – und was wichtig ist, festzuhalten – Apotheken sind Unternehmen. Wir bieten Arbeits- und Ausbildungsplätze. Gerade in dörflichen und ländlichen Gegenden erhöht eine Apotheke die Lebensqualität und die Wohnattraktivität der Gemeinden. Als Unternehmen muss eine Apotheke jedoch rentieren – bedeutet: erweiterte Kompetenzen (die durch teure Ausbildungen erworben werden müssen) müssen auch entsprechend vergütet werden.

Übrigens: Die deutschen Ärzte drohen ja jetzt damit, dass wenn die Apotheker impfen «dürfen», sie praktisch im Gegenzug die Selbstdispensation (SD) einführen möchten, also selber Medikamente verkaufen. Mal abgesehen davon, dass ich denke, dass sie nicht wissen, was sie sich da aufhalsen (mit den damit zusammenhängenden Rabattverträgen und Retaxationen in Deutschland), war es bei uns so, dass es die SD schon vor dem Impfen der Apotheker gab. Und die SD wird zwar gerne von den Ärzten als Grund für das «Geschenk» der Politik an die Apotheker angegeben … aber so ein «Geschenk» ist das nicht – es bedeutet auch viel Aufwand. Leider hat sich gezeigt, dass Kommunikationsprobleme zwischen Ärzten und Apothekern oft von den Ärzten ausgehen, häufig im Zusammenhang mit der Einführung der SD, da sie die Apotheker dann als Konkurrenz ansehen und nicht mehr als Mitstreiter im Gesundheitswesen.

(Diese Aussage mache ich aufgrund von eigener Erfahrung in den letzten 20 Jahren und nach Aussagen diverser Apothekerverbände an Sitzungen und Meetings – und ja: ich wünschte es wäre anders).

Und mit dem Impfen sind wir halt noch mehr Konkurrenz. Obwohl … In meinen Augen nehmen wir da den Ärzten nicht viel weg. Die «gesunden» die sonst wahrscheinlich nicht nur wegen dem zum Arzt gegangen wären. Aber die Schwangeren, Kinder, die Kranken und die älteren … all die können bei ihrem Arztbesuch geimpft werden. Dazu muss man als Arzt vielleicht aber auch etwas aktiver werden und wirklich den Impfstatus im Blick haben. Ausserdem wird die Impfung von der Krankenkasse im Normalfall nicht bezahlt ohne Rezept … diejenigen, die das wollen oder müssen gehen ebenfalls in die Praxis impfen.

Also: Wer da von «Geschenken» redet und «Zückerchen» sollte sich bewusst sein, dass das nicht ganz so ist. Egal, ob es um Impfen oder SD geht. Den Ärzten … denen geht es auch nicht viel besser als den Apothekern und prinzipiell streiten sie um dasselbe: eine gerechte Vergütung der gebrachten Dienstleistungen. Die Forderung nach der SD ist auch nur ein Ausdruck desselben.

Apotheken in der Schweiz und Impfungen

Donna und ihr Mann gehen auf Weltreise und ich schaue dafür ihre Impfungen an. Wir haben in der Apotheke ein tolles Programm dafür, in dem man die bisherigen Impfungen und Impfdaten eintragen kann, ausserdem, was man schon durchgemacht hat, und ob man auf Reisen geht oder es sonstige Umstände gibt, für die weitere Impfungen empfohlen sind. Es zeigt einem dann an, welche als nächstes empfohlen sind. Interpretieren muss man es dann allerdings selber. Für ihren Mann war Tetanus wieder nach, ausserdem Hepatitis A, (für sie ebenfalls) und Gelbfieber. Da sie nach Südamerika gehen, da ist es schwer empfohlen und für manche Länder sogar vorgeschrieben.

Ich schlage ihr deshalb vor, die Impfungen am Tropeninstitut zu machen. Die haben zwar seltsame Öffnungszeiten, aber sie dürfen gegen Gelbfieber impfen (nicht alle Ärzte dürfen das) und machen dann grad die anderen nötigen Impfungen mit.

Als Donna ihren Mann informiert, meint der, er hätte schon einen Termin dafür bei seinem Hausarzt gemacht und sie auch gleich mit angemeldet. Also ruft sie beim Arzt an und fragt, ob sie diese Impfungen dann machen können – sie zählt sie auf. Antwort: „Ja!“.

Donna: „Sind Sie sicher, dass sie alle machen können? Die Apothekerin hat gemeint Gelbfieber sei manchmal nicht möglich?“

„Da muss ich nachfragen.“ … (etwas später) „Nein. Gelbfieber impfen wir nicht.“

Beide Termine wieder abgesagt und sie sind doch ins Tropeninstitut gegangen.

Ich wollte das nur zeigen: so ein Umweg über die Apotheke zur Reisevorbereitung ist manchmal auch eine Abkürzung. Wir können die Impfpässe kontrollieren und anhand des Reiseziels die benötigten Impfungen empfehlen (Ja – eine kostenpflichtige Dienstleistung), so dass das nachher der Arzt nicht mehr machen muss. Das ist eine Zeitersparnis: bei uns in der CH wird ja der Arztbesuch nach Tarmed und gebrauchter Minuten abgerechnet. Und wir vermeiden Folgebesuche: nicht nur, dass man vorher schon dem Arzt mitteilen kann, was für Impfstoff bestellt werden muss, sondern manchmal (wie hier) auch direkt den Spezialisten zuweisen. Und seit neuerem dürfen wir gewisse Impfungen ja auch in der Apotheke selber machen: so wie Hepatitis A und B oder FSME. Sehr praktisch, finde ich!

Welche Apotheke wo was dürfen findet man auf Impfapotheke.ch

In der Mehrheit der Kantone können Apothekerinnen und Apotheker nun unter gewissen Umständen gesunde Erwachsene impfen. Die Impfbewilligungen für Apothekerinnen und Apotheker vergeben die Kantone. Derzeit ist das Impfen in der Apotheke in 19 Kantonen möglich. Im Tessin erfolgt das Impfen vorerst noch mit ärztlichem Rezept für den Impfstoff. Schwangere Frauen und Patienten, die sich in regelmässiger ärztlicher Behandlung befinden, sollen sich weiterhin bei Ihrem behandelnden Arzt impfen lassen.

Ein Hundebiss in Thailand

So … das ist passiert. Ruhig bleiben, Pharmama. Durchatmen.

Ein Hund hat mich gebissen. Mist!

Am morgen sind wir aus dem Hotel in Khao Lak ausgecheckt und zum Khao Sok Nationalpark hochgefahren, wo wir in ein neues Hotel eingecheckt haben. Für den nächsten Tag haben wir eine Tour mit Übernachtung auf dem Chieow Lan Lake gebucht, weshalb wir relativ früh Nachtessen gegangen sind.

Nach dem Nachtessen (Pizza für Junior, morgen gibt’s nur thailändisches Buffet) sind wir zurück zum Hotel gelaufen. Keine Sache: ca. 1 Kilometer, „Hauptstrasse“ vor dem Parkeingang, natürlich kein Trottoir (Gehweg). Ich habe den Hund noch gesehen. Er lag in einer Einfahrt, wie so viele andere Strassenhunde auch. Er rührte sich nicht, wir sind vorbeigelaufen.

Auf einmal ein plötzlicher Schmerz in der Wade. Ich drehe mich verwirrt um und der Hund steht hinter mir. Da dämmert es mir, dass ich gerade gebissen wurde! Mein Puls geht auf über 180 – ich hab‘ das blöde Vieh angeschrien. Vor allem auch um die anderen (vor mir laufend) drauf aufmerksam zu machen, dass sie nicht zu nahe kommen. Der Hund lief dann fast gemütlich weg – keine Spur von Angst. Und wir liefen den nur noch kurzen Weg zum Hotel, wo ich mich in der Reception hinsetze um den Schaden zu begutachten.

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Ja, er hat durch die Hosen gebissen. Stark genug, dass es blutet. Das sieht jetzt nach nicht viel aus (und schmerzt noch kaum), aber es ist ziemlich tief.

Mit einem feuchten Tuch reinige ich die Wunde. Im Hirn rattert es.

Thailand hat (immer noch) ziemlich viel Tollwut. Vor allem bei Hunden. Ich bin (wie die ganze Familie) so ziemlich gegen alles geimpft, aber nicht gegen Tollwut – ein Grund, weshalb ich bei allen immer auf grossen Abstand vor den Tieren bestehe. Jetzt hat es mich trotzdem erwischt. Ich habe 24 Stunden Zeit etwas zu machen, danach kommen Massnahmen meist zu spät. Tollwut ist nach Ausbruch der Symptome zu fast 100% tödlich … und die paar, die es überlebt haben, kann man an einer Hand abzählen und haben meist Hirnschäden. Googelt das mal, wenn ihr mehr über die Tollwut erfahren wollt. „Mein“ Hund muss nicht unbedingt die Tollwut haben – tatsächlich habe ich gelesen, dass die Chance von einem tollwütigen Hund gebissen zu werden, von knapp 25% auf knapp 10% gefallen ist. Immer noch zu viel für mich. Vielleicht war er ja auch geimpft? Vielleicht war es ein Haushund? Ich frage die Hotelmanagerin, ob sie den Nachbar, dem der Hund vielleicht gehört kennt – dann könnte man fragen, ob der Hund geimpft ist. Ihre Reaktion ist nicht vielversprechend: der lasse nicht mit sich reden …Nein.

Okay – wo ist das nächste Spital? Takua Pa. 50 Kilometer entfernt. Die sollten auch Tollwutimpfungen machen.

Es war 7 Uhr, als wir losgefahren sind, etwa 8 Uhr als wir ankommen – zum Glück haben wir selber ein Fahrzeug. Inzwischen ist es Stockdunkel und nach einem kurzen Regenguss vorher ist die Strasse nass und mit Nebelschwaden überzogen. Abenteuerliche Fahrt. Junior haben wir mitgenommen, ihn alleine im Hotel zu wissen fand ich auch nicht optimal.

Wir fahren beim Notfall:  „Emergency“ vor. Die sieht so aus: Nach rechts ist der Vorraum offen – praktisch wie eine Veranda. Eine Krankenschwester (?) sitzt am Schreibtisch mit den Plastikstühlen davor. Mobile Betten stehen in der Gegend, 2 davon belegt mit Patienten. Auf Stühlen sitzen mehrere Leute: Patienten? Angehörige? und warten. Ich gehe zur Krankenschwester und zeige ihr mein Problem: „A dog bit me.“

„Oh“ sagt sie: „New Patient?“ – Ich nicke.

Sie schickt mich in das Gebäude nebenan – dort muss ich mich anmelden.

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Im Nebengebäude finde ich (auch aussen) einen kleinen Schalter, bei dem ich ein Formular ausfüllen muss: Name, Adresse, Alter, Altergien. Die Frau tippt alles in den Computer und ich bekomme mein Formular und ihren Ausdruck mit. Zurück zum Notfall.

Die Krankenschwester nimmt das Formular entgegen, nickt und bittet mich mich zu setzen, um den Blutdruck zu messen. Der ist (erstaunlich) in Ordnung. Dann fragt sie nochmals nach meinem Problem, ob ich geimpft bin: „Not against rabies“ – Ich drücke ihr meinen Impfausweis, den wir mitgenommen haben in die Hand. Sie bittet mich zu warten – sie meint in etwa 15 bis 30 Minuten komme ich dran. Ich setze mich zu den anderen Wartenden – Mein Mann und Junior haben inzwischen das Auto parkiert und setzen sich dazu.

Tatsächlich werde ich nach etwa 20 Minuten aufgerufen. Vorher konnte ich sehen, wie das geht: Wer aufgerufen wird, geht zur Krankenschwester, bekommt seine Formulare und geht damit durch die Tür in den eigentlichen Behandlungsraum. Die Nagehörigen dürfen nicht mit. Hinter der Tür ist ein kleiner Saal ohne wirkliche optische Abtrennungen. Mobile Behandlungsbetten stehen in Abständen – auf eines davon soll ich mich setzen, während meine Unterlagen angeschaut werden. Dann kommt die Ärztin zu mir und fragt mich nochmals aus. Ich zeige ihr den Hundebiss. Nein, ich bin nicht geimpft gegen Tollwut. (Mit dem Impfausweis kann sie nicht viel anfangen – unterschiedliche Namen der Produkte). Sie geht, sie kommt wieder und zeigt mir diese Packung und erklärt mir, dass sie mir das jetzt spritzt:

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Ja, der Tollwutimpfstoff. Ich nicke.

Sie gibt mir ausserdem noch eine Karte dazu, auf der steht, wie ich mit der Behandlung weiterfahren muss. Einmal spritzen reicht nämlich nicht – Ich muss an Tag 3, 7, 14 und 28 weitere Impfungen haben. Unbedingt! Ich nicke. Ich erkläre ihr, dass wir in 3 Tagen abreisen, dass ich aber die nächste Spritze hier noch machen kann und dann zu Hause weiter machen werde.

Ich bekomme die Impfung in den linken Arm, danach kommt eine Krankenschwester und verarztet mir die Bisswunde: Abwischen mit NaCl Lösung und desinfizieren mit Jod. Gaze drauf.

Der nächste Schritt findet am Computer statt: Ein junger Mann hat mir die Rechnung erstellt und erklärt sie mir: Impfstoff, Arzthonorar (200 Baht?!), Bearbeitungsgebühr, Antibiotikum und Paracetamol. Auf das Schmerzmittel verzichte ich – davon habe ich genug dabei. Das Antibiotikum schaue ich mir noch an, ob ich es wirklich einnehme … (ich will wissen, was das ist).

Mit der Rechnung in der Hand werde ich durch eine weitere Tür geschickt, dahinter liegt die Apotheke des Spitals. Um diese Zeit (9 Uhr inzwischen), ist da fast niemand, so dass ich rasch dran komme. Erst darf ich zahlen (etwa 30 Franken insgesamt), dann bekomme ich in der Ausgabe meine Medikamente:

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Damit darf ich das Spital wieder verlassen.

Wir fahren zurück ins Hotel – nach 10 Uhr sind wir da. Ich kann noch nicht schlafen, deshalb arbeite ich das grad mal auf. Vor allem schicke ich ein Whatsapp an meine zu Hause gebliebenen Apothekerkolleginnen: bitte checkt doch ab, ob der Impfstoff auch in der Schweiz verfügbar ist. Nicht, dass ich die Behandlung wegen dem nicht abschliessen kann. Die Entwarnung kommt rasch: Man bekommt zumindest den problemlos.

Das Antibiotikum ist auch interessant. Typisch für Thailand habe ich das im Minigrip als Blister ohne Packungsbeilage bekommen. Dicloxacillin 250mg 20 Kapseln. 4 x täglich je 1 Kapsel (vor dem Essen und vor dem Schlafen zu nehmen). Den Wirkstoff gibt es in der Schweiz nicht, es gehört aber zu den Penicillinen und wird (laut Internet) bei Wundinfektionen auch zur Vorbeugung bei Hundebissen eingesetzt. Das mit dem 4 x täglich finde ich jetzt nicht so prickelnd, aber ich mache das jetzt. Morgen geht es wirklich in den Nationalpark und teils ins Wasser, da muss ich wirklich gut Sorge tragen zu der offenen Wunde.

Ich bin etwas beruhigter. Das Gesundheitssystem ist ziemlich in Ordnung, wie ich sehen konnte/musste. Ich hoffe, das kommt gut.