Was würdest Du tun ?

Es gibt manchmal so Situationen in der Apotheke, da weiss man nicht recht, was man machen soll. Die Situation ist moralisch und/oder rechtlich … zwiespältig.

Beispiel gefällig?

Hatte ich vor ein paar Wochen.

Eine Frau um die 40 kommt in die Apotheke. Sie will einen dieser Drogenscreening-Tests für Zuhause bestellen.

Sie erklärt, dass sie damit ihren Sohn testen will. Der benimmt sich seit längerem seltsam und widerspenstig und sie vermutet stark, dass er irgendwelche Drogen nimmt – was er abstreitet.

Gut, Drogentests haben wir sowieso nicht an Lager, auch nicht den 6-fach Test, den sie will, das muss ich besorgen … das gibt uns etwas Zeit, darüber nachzudenken.

Also mal abgesehen von der persönlichen Situation – das Vertrauensverhältnis in der Familie scheint ja schon ziemlich angeknackst zu sein – darf die Mutter ihren Sohn überhaupt testen?

Ich nehme jetzt mal an, er ist noch minderjährig, kann aber nicht sicher sein.

Ohne sein Wissen wird sie ihn nicht testen können – das ist ein Urintest.

Und falls sie nicht darf … wie sieht das denn bei mir hier aus – darf ich den überhaupt verkaufen, wenn ich weiss, was sie damit vorhat? Ich meine … ein Drogentest … auch wenn sie das jetzt nicht so ausdrücklich erwähnt hätte…

Und: machen ist das eine, Auswerten ist das andere.

Hmmm …

Gedanken?

Was würdet ihr machen?

Was der Frau empfehlen?

Erinnert mich auch an diesen Post von vor 2 Jahren.

Ein Extasy

Junger Mann in der Apotheke: „Ein Extasy*, bitte.“

Habe ich richtig gehört? Habe ich was verpasst und das gibt es seit neustem beim ‚legalen Drogendealer‘?

Besser nachfragen.

Pharmama: „Für was brauchen sie es denn?“

junger Mann: „Für die Füsse.“

Ah – er meint Etiaxil! Das ist ein Mittel gegen Schweiss. Nicht *ganz* dasselbe :-)

 

(*Ja, ich weiss, eigentlich schreibt sich das Ecstasy – aber so hat es sich angehört)

Me: Drogenhändler?

So komme ich mir fast vor, nach dem letzten SMS  von unserem Kollegen:

Die Wirklichkeit ist etwas profaner. Er hat ein Dauerrezept für sehr gewöhnliche Medikamente bei mir in der Apotheke hinterlegt …

Den Test bestehen

Kundin – leicht panisch: „Was kann ich machen? Ich habe morgen einen Drogentest und … ich hab da etwas genommen, das ich nicht sollte … und das muss ich irgendwie aus meinem Körper kriegen.“

Pharmama (vorsichtig): „Soweit ich weiss, kann man da gar nichts machen.“

Kundin: „Und was ist mit Preiselbeersaft?“

Pharmama: „Ah, probieren können sie es ja.“

Einen Urintest zu manipulieren (um einen solchen handelt es sich wahrscheinlich) ist nicht ganz so einfach. Was sie mit dem Preiselbeersaft wohl wollte, ist „spülen“ – schliesslich braucht man den Saft auch bei Blasenentzündungen. Nur: Preiselbeersaft wirkt nicht diuretisch. Und selbst wenn … die Tests heute sind doch recht schnell ansprechend. Im Labor kann auch festgestellt werden, wenn (und oft: warum) der Urin sehr verdünnt ist…

 

Hier noch ein paar Sachen, die ich über Urintests gelernt und gelesen habe:

Extacy lässt sich zwar im Urin nachweisen, aber die Level müssen recht hoch sein (v.a. verglichen mit der Ansprechbarkeit der Tests auf andere Substanzen).

Ranitidin, Fluoxetin und Atenolol können falsch positive Resultate geben beim Test auf Amphetamine.

Schwierig zu finden im Test auf Opiate sind: Hydrocodein, Oxycodon, Methadon, Fentanyl, Buprenorphin und Tramadol

Levaquin, Ciprofloxacin, Dextromethorphan (in vielen freiverkäuflichen Hustenmitteln enthalten), Rifampicin und Verapramil können falsch positive Resultate geben beim Test auf Opiate.

und wenn wir grad bei den Opiaten sind: Ja, das Mohnsamenbrötchen könnte angeben im Test.

 

Wer denkt, er könnte die Info jetzt missbrauchen … die meisten der genannten Medikamente, die den Test verfälschen sind rezeptpflichtig – und das bekommt man rasch heraus, ob man die wirklich nimmt. Ausser dem einfachen Urintest gibt es noch andere, genauere Methoden, die man im Verdacht anwenden kann. Dann macht man z.B. statt dem Teststreifen eine Gaschromatographie. Interessierte können hier weiterlesen (in englisch).

Fiktive Medikamente und Drogen in Buch und Film

Passend zum Post heute morgen: In Büchern und Filmen kommen noch gelegentlich Medikamente oder Drogen vor, die es nicht gibt.

Hier ein paar prominente Beispiele:

Soma in Schöne neue Welt (Brave New World) geschrieben 1931. In der Zukunft wird die (herangezüchtete und psychomanipulierte) Bevölkerung durch Designer Drogen wie Soma ruhig gehalten. Soma ist eine psychedelische Substanz mit mild euphorisierender Wirkung. Unglücklicherweise gibt es ein paar Leute, bei denen sie nicht wirkt – und bei denen schlägt die Realität unangenehm durch…so wie bei Bernard Marx.

Retinax V in Star Trek II, die Rache des Khan (1982): dieses Medikament wird Leuten mit Weitsicht im 23. Jahrhundert gegeben.  Manche Leute – so wie Captain Kirk sind allergisch dagegen … und müssen darum weiterhin auf die Hilfe von Lesebrillen zurückgreifen.

Lot Six in der Feuerteufel (Firestarter) (1984) Eine mild-halluzinogene Substanz, entwickelt um eventuelle seherische Fähigkeiten zu steigern. 1969 wurde sie von Staatsangestellten an 12 Freiwilligen (aber Unwissenden) getestet. Nebenwirkung: Veränderungen des Genmaterials … was 2 der freiwilligen, die dann heirateten und ein Kind hatten feststellen mussten. Das Mädchen war dann in der Lage Sachen anzuzünden ohne sie zu berühren – was für den Staat (resektive das Militär) wieder interessant war.

Spice oder Melange in Dune (1984), eine Droge gewonnen aus dem Sand des Wüstenplaneten Arrakis die lebensverlängernd wirkt und in manchen, empfindlichen Leuten seherische Fähigkeiten weckt. Ausserdem ist es aus dem Grund wichtig für die Raumfahrt. Nebenwirkungen: es macht abhängig, die Augen werden durchgehend blau und wenn man es wirklich oft benutzt – wie die Raumpiloten, verändert es auch den Körper in etwas Schneckenähnliches. Ausserdem: Sapho, das die Mentaten (die menschlichen Computer) nehmen zur geistigen Leistungssteigerung. Macht auch abhängig und färbt die Lippen rot.

Novril in Misery (1990) ja, noch einmal Stepben King. Ein starkes, abhängig machendes Schmerzmittel (wahrscheinlich mit Codein) das Schriftsteller Paul Sheldon von seinem „grössten Fan“ Annie Wilkes verabreicht bekommt, nachdem er unglücklicherweise nach einem Autounfall mit gebrochenen Beinen in ihren Händen gelandet ist. Novril kommt in Kapselform und hat wahrscheinlich seinen Ursprung in dem Schmerzmittel, das der Schriftsteller ebenfalls nach einem Autounfall bekam.

Ladder in Jacob’s Ladder (1990) Eine aggressivitätssteigernde Droge entwickelt vom amerikanischen Militär in Saigon während dem Vietnam-Krieg. Sie wurde an amerikanischen Truppen im Mekong-Delta getestet – mit fürchterlichen Resultaten. Das Ganze basiert aber wahrscheinlich auf realen Experimenten, die mit der halluzinogenen Droge BZ durchgeführt wurden.

Provasic in Auf der Flucht (the Fugitive) (1993). Eine Wunder-Medikament zur Behandlung von Sehnenschäden, entwickelt von Devlin-MacGregor Pharmaceuticals. Nebenwirkung: Hepatitis, aber die Entwickler fälschten die Unterlagen und liessen Beweise verschwinden, damit das Medikament zugelassen wird … wie Dr. Richard Kimble auf der Suche nach einem Beweis seiner Unschuld am Mord an seiner Frau entdecken muss.

Rote Pille, blaue Pille in die Matrix. (1999) Diese Pillen sind allerdings nur philosophische Symbole: Die rote Pille wird Neo die Antwort geben zu „Was ist die Matrix?“ – und ihn aus ihr entfernen und die blaue Pille lässt einen einfach weiter das Leben führen wie bisher.

Neuroin in Minority Report (2002) – Selbst Zukunfts-Polizist John Anderton ist abhängig und er inhaliert das Zeug bevor er Videos von seinem verschwundenem Sohn ansieht. Neuroin hat etwa den Effekt von Heroin, wirkt also gegen die Melancholie und euphorisch.

Prozium in Equilibrium (2002)- Prozium wurde entwickelt in der Hoffnung den 4. Weltkrieg zu verhindern. Es bringt menschliche Gefühle zu einem abrupten Stopp – man dachte, wenn niemand starke Emotionen hat, dann gäbe es auch niemanden, den in den Krieg ziehen würde. Prozium muss injiziert werden und zwar regelmässig – alle Einwohner Librias müssen die Droge nehmen – aber wenn man auch nur eine Injektion verpasst, kommen die Gefühle zurück, wie John Preston selbst entdeckt. Der Name ähnelt Prozac – das es wirklich gibt und das als Antidepressivum verwendet wird.

Pax in Serenity (2005)– Entwickelt von der Allianz und auf dem Planeten Miranda getestet. Pax sollte Aggressionen mindern und den Planeten frei von Gewalt machen, hatte aber die Nebenwirkung, dass die Bevölkerung aufhörte zu arbeiten, zu essen oder sich sonst um irgendetwas zu kümmern – inklusive zu Leben, Schlimmer noch, bei etwa 0.1% hat die Droge den gegenteiligen Effekt und die etwa 300’000 wurden extrem aggressive und geistig instabil. Diese verliessen den Planeten und wurden zu den gefürchteten Reavers.

Das sind natürlich noch lange nicht alle. Wikipedia hat z.B. eine schöne Auflistung.

Und was fällt Euch noch ein? Welche ist Euch im Kopf geblieben?- egal ob Medikament oder Droge: was war es?