Explosive Retouren

Wir nehmen in der Apotheker Medikamente retour zum entsorgen – und gelegentlich auch Chemikalien. Eigentlich hauptsächlich Putzmittelartiges, aber gelegentlich kommt auch nach einer Haushaltsauflösung …. interessantes anderes zu uns.

Sowas wie im Bild oben. Da stehen 3 Fläschchen, von Hand angeschrieben mit „Berlinerblau„, „Natriumbichromat -Poison/Gift“ und „Vorsicht Zündstoff

Es stammt aus einem alten Labor (Privat?) und ist zwar angeschrieben, aber weit vom heutigen Standard entfernt. Das meiste was da zurückkam musste ich nachschauen, ob und wie giftig das ist – und ich hatte einen guten Teil Chemie in der Ausbildung. Als die Sachen abgegeben wurde, habe ich gefragt, ob da etwas explosives drin sei, vor allem, nachdem ich gehört hatte, dass er meinte, dass das meiste flüssige verdunstet sei. … Ich dachte an Pikrinsäure, die trocken sehr explosiv ist und schon für die Räumung diverser Labors und auch Apotheken gesorgt hat.

Pikrinsäure habe ich zum Glück nicht gefunden, aber was den „Zündstoff“ in dem langen, schmalen Glas angeht, bin ich doch unsicher. Ich habe keine Ahnung, was das ist. Ganz ungefährlich scheint es nicht zu sein, wenn schon „Vorsicht“ mit drauf steht. Es scheint aber zumindest nicht ausgetrocknet zu sein, sondern von Anfang an als grobkörniges Pulver vorgelegen zu haben. Es sind grobe, sandartige Kristalle in durchgehend silbrig-grau-schwarzer Farbe. Sie glänzen sogar leicht metallisch.

Ich dachte erst an Schwarzpulver, aber das müsste eine heterogenes Gemisch mit schwarzen Kristallen drin sein. Jemand eine Ahnung hier, was das sein könnte?

Experimentierset: die kleine Apothekerin

Der schweizerische Apothekerverein feiert sein 175jähriges Bestehen und hat dafür ein kleines Geschenk für die kleinen Besucher der Apotheke (und eventuellen zukünftigen Kollegen) entwickelt. Es ist ein komplettes Chemie-Set, gut für 8 verschiedene Experimente. Da ist fast alles drin: die Chemikalien (Zitronensäure, Natron), Reagenzgläser und Halter, Pipette, Schutzbrille(!), Ballone und natürlich die Beschreibung. Seit Mitte Juni ist das für interessierte Kinder in ausgewählten Apotheken erhältlich. Gratis.

Ich habe es Junior testen lassen. Er war begeistert!

Im Film die Experimente Brausender Ballon und Farbiger Tröpflitanz. Das einzige was im Set nicht enthalten ist und was man braucht / vorher herstellen muss ist der Rotkrautsaft. Wir haben geschummelt und ihn mit Rotkraut aus der Dose hergestellt, das ging (wie man sieht) auch.

Die Experimente sind ungefährlich, kleinere Kinder sollte man trotzdem beaufsichtigen und die Schutzbrille braucht es zwingend… auch wir hatten einen kleinen „Unfall“ mit spritzendem Rotkrautsaft, aber bis auf ein paar bunte Flecken ist nichts passiert.

Hier findet ihr mehr Info zum Experimentierset: http://www.ihr-apotheker.ch/experimentierset – und schaut Euch, wenn ihr da seid, doch auch die Hauptseite an. Dein Apotheker kann mehr, als Du vielleicht denkst :-). Und wir brauchen Nachwuchs.

Cannabis, THC und CBD in der Schweiz (und vor allem: in der Apotheke)

Einiges hat sich getan mit Cannabis und dessen Inhaltsstoffen seit ich das letzte Mal darüber gebloggt habe. In Deutschland ist es inzwischen verordnungsfähig – auch das Kraut zum rauchen, braucht aber ein Rezept. In der Schweiz ist die Lage noch etwas kompliziert …

Ich versuche mich mal an einer Zusammenstellung und ein Einblick in die aktuellen rechtlichen Grundlagen. Wenn jemand mehr Infos hat (oder davon abweichende), möge man das in den Kommentaren gerne bringen. Cannabis ist eine Nutzpflanze die seit langem bekannt ist, aber bis vor noch nicht allzu langer Zeit vor allem im Osten für medizinische / rekreationale Zwecke eingesetzt wurde.

THC (Tetrahydrocannabinol) ist für die meisten pharmakologischen Wirkungen, vor aller der psychischen Effekte der Hanfpflanze verantwortlich. Es fällt unter das Betäubungsmittelgesetz. Der unbefugte Umgang mit Produkten, die einen Gehalt über 1% aufweisen ist verboten.

Dronabinol ist der Internationale Freiname von THC. Es ist oft halbsynthetisch hergestellt.

CBD (Cannabidiol) ist das wichtigste nicht psychotrope Cannabinoid der Hanfpflanze (es gibt noch über 80 weitere). Es unterliegt nicht dem Betäubungsmittelgesetz.

THC-arme Cannabisprodukte, also solche mit weniger als einem Prozent THC fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Darunter fallen die meisten Extrakte in Form von Ölen und Pasten, Kapseln, Liquids für E-Zigaretten, Duftöle, Kaugummis … Da diese auch keine Heilversprechen haben dürfen, sind sie als Nahrungsergänzungsmittel oder Pflegeprodukte im Handel.

Cannabisharz (Haschisch) fällt unter die verbotenen Substanzen, selbst wenn es weniger als 1% THC enthält.

Was gibt es in der Schweiz – und wie sind die gesetzlichen Grundlagen?

Sativex ist ein Medikament, ein fertiges, zugelassenes Arzneimittel in Form eines Sprays, das in den Mund gesprüht wird. Es enthält einen standardisierten Cannabisextrakt mit THC und CBD. Es ist rezeptpflichtig – ein Betäubungsmittelrezept reicht dafür. Es ist zugelassen für die Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Spastik aufgrund von Multipler Sklerose bei Patienten, die nicht angemessen auf eine andere anstispastische Arzneimitteltherapie angesprochen haben. Es ist nicht auf der Spezialitätenliste – das bedeutet, die Krankenkasse muss das nicht bezahlen. Es kann aber (bei Anwendung gemäss der Indikation) vom Rezept-ausstellenden Arzt eine Kostengutsprache veranlasst werden, dann wird es bei einzelnen Patienten trotzdem von der Kasse übernommen. Der Preis ist hoch: 690.- für 3 Fläschchen zu 10ml

Dronabinol-Lösungen (2.5 und 5%) und normierte Cannabis-Tinktur (10mg THC/ml) und Cannabis-Öl (10mg THC/ml) brauchen um es in der Apotheke zu beziehen ein Betäubungsmittel-Rezept sowie eine Ausnahmebewilligung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Damit kann es von der Apotheke oder dem Patienten selber bei der Bahnhof Apotheke in Langnau AG oder der Apotheke zur Eiche in Herisau bezogen werden. Da diese Mittel keine Zulassung als Medikament haben ist die Anwendung automatisch off-label use. Eingesetzt werden sie häufig bei Krämpfen oder Schmerzen. Die Krankenkasse bezahlt das als Nicht-Medikament auch nicht. Auch diese sind recht teuer. 10ml normierte Cannabis-Tinktur kosten 120 Franken.

Mittel mit CBD (und niedrigem THC Gehalt) Da CBD nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt, sind sie praktisch frei verkäuflich. Sie dürfen aber nicht mit Heilanpreisungen beworben werden, da sie sonst unter das Heilmittelgesetz fallen, entsprechend kontrolliert werden müssen und Studien zur Anwendung liefern müssten.

Das BAG hat einen Leitfaden erstellt, in dem man nachlesen kann, als was THC arme Produkte / CBD zugelassen werden kann / unter was für Gesetze es fällt.

CBD als Rohstoff – ohne Zweckbestimmung- Z.Bsp. Hanfblüten, CBD Pasten, reines CBD. Ohne Kenntnis der Dosierung rsp. des Endproduktes kann man das nicht Einstufen. Das ist ähnlich wie bei Coffein oder Nikotin: alle haben eine pharmakologische Wirkung, aber sie finden in unterschiedlichen Produktkategorien Verwendung. Gewisse Rohstoffe können legal z.Bsp zur Herstellung von Duftölen verwendet werden. Verkehrsfähig ist das nicht.

CBD als Arzneimittel – sobald etwas medizinische Zweckbestimmung hat / so angepriesen wird, gelten CBD-haltige Produkte als Arzneimittel und fallen unter das Heilmittelgesetz. Dann dürfen sie ohne Zulassung nicht in Verkehr gebracht werden. Die Zulassung erteilt die swissmedic. Momentan gibt es da keine – die Studien die dafür verlangt werden sind langwierig und teuer und die Kontrollen der Qualität rigoros.

CBD in Magistralrezepturen (Herstellungen aus der Apotheke) – Da CBD weder in der Schweiz noch in einem anderen Land als Monopräparat zugelassen ist, ist eine Verwendung in von der Apotheke hergestellter Rezeptur nicht möglich, da es sich damit um einen nicht zulässigen Wirkstoff gemäss Verordnung über die Arzneimittel handelt. Daran ändert (leider) auch nichts, dass für CBD eine Monografie ins DAC/NRF (Deutscher Arzneimittel-Codex/Neues Rezept Formularium) aufgenommen wurde.

CBD in Lebensmitteln (CBD angereicherte Hanfextrakte, Hanfsamenöl mit Zusatz CBD, Nahrungsergänzungsmittel mit CBD) – Als Lebensmittel gelten alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu vestimmt sind, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand vom Menschen aufgenommen werden. Nicht als Lebensmittel zählen u.a. Arzneimittel, Betäubungsmittel und psychotrope Stoffe. Grundvoraussetzung ist, dass sie sicher sind (nicht gesundheitsschädlich). Wenn etwas aber vor 1997 nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurde braucht das eine Bewilligung durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), rsp. eine Zulassung der europäischen Kommission. CBD-angereicherte Lebensmittel benötigen also eine Zulassung durch das BLV und werden auf den Höchstgehalt von THC kontrolliert.

CBD als Kosmetika – Da Cannabis auf der Tabelle I des Einheitsübereinkommens über Betäubungsmittel (verbotene Mittel) aufgeführt ist und gemäss Definition die Blüten- oder Fruchtstände der Hanfkrautpflanze beinhaltet und da CBD aus Cannabis gewonnen wird, ist die Anwendung in Kosmetika untersagt. Ausnahmen für die Anwendung von Cannabis in Kosmetika sind die Extrakte aus Samen und Blättern ohne untergemischte Blütenstände.

CBD als Gebrauchsgegenstand – Liquids für e-Zigaretten? Da es sich bei den Liquids um Gegenstände handelt, die mit den Schleimhäuten in Berührung kommen, fallen sie unter das Lebensmittelgesetz. Dementsprechend dürfen sie nur Stoffe in Mengen enthalten, die gesundheitlich unbedenklich sind. Verboten ist der Zusatz von Substanzen, die den Erzeugnissen pharmakologische Wirkungen verleihen, deshalb ist der Zusatz von CBD in Liquids für e-Zigaretten in wirksamer Dosierung nicht zuverlässig (gleicher Grund, weshalb in der Schweiz keine Nikotinhaltigen e-Liquids zugelassen sind!). Ebenfalls verboten sind jegliche Hinweise, dass es sich um ein Heilmittel handelt.

CBD als Chemikalie – Duftöle. Das Chemikalienrecht regelt vor allem Verpackung und Kennzeichnung chemischer Produkte. Die Hersteller sind vor Inverkehrbringen zur Selbstkontrolle verpflichtet, dazu gehört eine Beurteilung ob das chemische Produkt das Leben oder die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt gefährden kann. Es muss nach den Bestimmungen der Chemikalienverordnung ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden. CBD-haltige Produkte können als Duftöle also legal in Verkehr gebracht werden, die Aufmachung muss allerdings auch entsprechend sein. Verkauf in Kartuschen für E-Zigaretten geht da genau so wenig wie wenn es aussieht, als ob es zum Einnehmen wäre …

Hanf mit einem Gesamt THC Gehalt von unter 1% gilt als nicht psychotrop wirksam und kann auch als Tabakersatzprodukt verkauft werden. CBD ist kein Betäubungsmittel und darf auch in Tabakersatzprodukten enthalten sein. Heilanpreisungen wie „beruhigende und sedierende Wirkung“ und ähnliches sind verboten. Die Produkte müssen gemäss Tabakverordnung (im Lebensmittelgesetz) gemeldet werden. Hanf fällt auch unter die Tabaksteuer.

Hier noch ein Einschub wegen der Anwendung von Tabakersatzprodukten mit CBD und dem Strassenverkehr: Es gilt die gesetzliche Vermutung, dass bei Vorliegen bestimmter Substanzen (wie THC) eine Fahrunfähigkeit vorliegt. Auch sehr geringe Mengen können dazu führen, dass der erlaubte Blut-Grenzwert von 1.5 microgramm THC pro Liter Blut überschritten wird.

Was bekomme ich an Cannabis/THC/CBD in der Apotheke?

Sativex: Mit Betäubungsmittelrezept vom Arzt. Vom normalen Lieferanten. Das einzige, wo man auch eine Chance hat, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Aber nur bei Schmerzen/Krämpfen aufgrund von MS

Dronabinol-Lösungen (2.5 und 5%), normierte Cannabis-Tinktur (10mg THC/ml) und Cannabis-Öl (10mg THC/ml): Mit Betäubungsmittel-Rezept und Ausnahmebewilligung vom BAG. Bezug via die Bahnhof Apotheke Langnau AG.

CBD-Tropfen zum einnehmen – Firmen mit pharmazeutischer Qualität:

Panakeia (Bahnhof Apotheke Langnau AG) macht CBD Tropfen in 5% und 10% in den Grössen 10, 20 und 50g. Dafür verlangen sie aber ein Rezept und eine schriftliche Dokumentation der Indikation, wenn es für etwas anderes als Epilepsie verwendet wird.

Supair / Medropharma macht 4 verschiedene Tropfen (zu finden als Cannabis sativa L. extrakt / öl), zwei auf öliger Basis-> Sesamöl ( Eher für Kinder und Tiere geeignet) und zwei auf alkoholischer Basis ( für Erwachsene). Sie haben einen Pharmacode und sind über den Grossisten bestellbar. Nicht ganz klar ist mir, als was die zugelassen sind?

Drogovita GmbH in Thun: Extrahiert aus Schweizer Hanf, sie verwenden für ihre Tropfen Sonnenblumenöl. Zulassung als Nahrungsergänzung – Vergleichsweise günstig. Die 5% und 10% Tropfen haben einen Pharmacode, sind momentan aber nicht beim Grossisten bestellbar. Direktbestellung möglich.

Es gibt sicher noch mehr. Ausserhalb der Apotheke gibt es jetzt ja auch einige Hanfläden, die das anbieten – in mehr oder weniger gesicherter Qualität.

 

Auffallende Kundenwünsche

chemgesetz

Die neuste Anfrage von Herrn Timber vor Fasnacht. Ihr erinnert Euch noch an Herrn Timber? Das ist der Herr mit den lustigen Anfragen bezüglich Chemikalien und Co. Von weitem betrachtet mag das tatsächlich suspekt erscheinen … aber so wie ich ihn kennengelernt habe, hat er einfach interessante Hobbies und ist nicht ein Fall für eine Meldung an die Fedpol.

Was? Ihr habt das noch nicht mitbekommen? In der Schweiz wurden die Apotheken nun offiziell dazu aufgerufen, dem Bundesamt für Polizei verdächtige Chemikalienkäufe zu melden. Terrorismusprävention und so.

Nun … ich weiss ja nicht, wie es bei Euch ist, aber bei uns verkaufen wir nicht mehr sehr viele Chemikalien an Privatpersonen. Und vor allem keine grösseren Mengen. Ich bin sicher, das hängt damit zusammen, dass es vieles jetzt nicht mehr wie früher nur in der Drogerie und Apotheke, sondern auch im Supermarkt gibt (Brennsprit, Ablaufreiniger, WC Reiniger, Nagellackentferner) oder im Gartenzenter (Düngemittel) oder im Internet. Es kommen nicht mehr viele bei uns Chemikalien kaufen. Grössere Mengen schon gar nicht. Da fällt so praktisch jeder auf. Aber auffallen heisst nicht unbedingt verdächtig. Das haben sie zumindest hierzulande erkannt, weshalb die Meldung auch freiwillig ist. Das finde ich noch gut – denn … wir kennen unsere Kunden. Herr Timber war sicher sehr auffallend mit seinem Wunsch nach mehreren Litern Wasserstoffperoxid … hatte aber auch eine gute Erklärung für seinen Wunsch und gar nichts dagegen, dass ich mir (auch damals schon) seine Daten habe geben lassen.

Diesmal will er aber keine Chemikalien – das hat er anscheinend schon.

Er streckt mir ein kleines Metallröhrchen von etwa 1,5 cm Länge hin und erklärt mir, dass das etwas zum „Rauch machen“ ist bei der Modelleisenbahn. Man füllt Rauchmittel ein und mit ein bisschen Strom raucht das dann … aber leider nur für etwa 5 Minuten.

Herr Timber: „Ich brauche irgendetwas damit das ein paar Stunden raucht. Ich habe gedacht, wenn ich so ein Infusionsbesteck und eine Flasche daran hänge, geht das vielleicht. Bekomme ich so etwas von ihnen?“

Zur Info: Natriumchloridlösung mit Infusionsbesteck ist eigentlich rezeptpflichtig. Liegt an der Anwendungsart, nicht an dem was drin ist. Aber … hier wendet er es ja nicht intravenös an …

Ja, er hat von mir die NaCl Flasche mit Infusionsbesteck bekommen. Und eine Nadel, damit das mit dem Metallröhrchen verbunden werden konnte.

Anscheinend hat es geklappt, denn als nächstes brauchte er noch eine grosse Spritze zum nachfüllen der Flasche.

Ich sag ja: Interessante Hobbies.

Historische Chemikalien Gefässe

Fingerhut schickt uns Bilder von seiner Sammlung:

ich liebe alte und historische Flaschen aus Apotheken, wie man sie hier und da nochmal sieht, und habe eine kleine Sammlung daheim. Vielleicht sind die Fotos ja was für deinen Blog!

Liq. Kal. Arsen.“ heißt auch Fowlersche Lösung und besteht aus einer Lösung von Kaliumarsenit mit Lavendelwasser. Es wurde meines Wissens nach bis in die 60er Jahre hinein als Fiebersenker oder Aphrodisiakum verwendet.

Acid. Sulfur. Pur.“ steht für Schwefelsäure.

Hexamethylentetramin“ auch Urotropin gennant. Ich habe keine Ahnung wofür man das in einer Apotheke braucht / gebraucht hat. Der Inhalt sind noch original, weiße und leicht fischig riechende Kristalle.

Zur Konservierung vielleicht? In der Analytik? Oder auch als Antiperspirans? (Offensichtlich ist das in Antihydral enthalten)

Aluminium chloratum depurat. cryst.“ Diese Flasche ist etwas ganz besonders und wird so wohl nicht so häufig zu finden sein. Es handelt sich um ein Chemikaliengebinde der Firma Merck. welches – anhand dem Wachssiegel erkennbar – noch nie geöffnet wurde.
Darin befindet sich der Stoff Aluminiumchlorid Hexahydrat. Ich kann leider nichts zum Alter sagen, tippe jedoch auf 1920-1950. Den Stoff könnte man sicher auch heute noch für die Apotheke verwenden.

Ja das Aluminiumchlorid – findet sich in praktisch jedem Deo.

 

 

 

 

 

Glycerin. Borat.“ steht wohl für eine Lösung von Borax (Natriumtetraborat) in Glycerin. Auch hier kann ich leider nicht sagen wofür man das verwendet hat.

das Glycerinborat kennen wir heute auch noch – da gibt es ein paar alte Ärzte, die sind einfach nicht davon abzubringen das aufzuschreiben (obwohl die Borsäure heute als Desinfektionsmittel als obsolet gilt)- in Mundwasser zum Beispiel, oder in Vaginaltabletten (brrr)

Nicht ganz richtig angeschrieben

Dass wir gelegentlich unabsichtlich auf der nicht ganz legalen Seite operieren in der Apotheke und Drogerie habe ich schon beschrieben im Bereich Heilmittel und Nahrungsergänzungen. Wie kompliziert die Chemikalien nach neuem Chemikaliengesetz angeschrieben werden müssen auch schon.

Nun. Hier haben wir ein Problem, das in beide Kategorien fällt: Zitronensäure

Zitronensäure brauchen wir noch gelegentlich in der Drogerie. Es wird für verschiedenen Sachen eingesetzt. Einerseits als Konservierungsmittel (dann fällt es unter das Lebensmittelrecht), andererseits zum Putzen / Entkalken (dann fällt es unter das Chemikalienrecht), selten auch in Rezepturen (dann fällt es unter das Arzneimittelrecht).

So wie im Bild wird es verkauft. Wir beziehen die 40g Päckchen von unserem Chemikalien- und Tee-Lieferanten. Aber eigentlich sind sie so nicht korrekt angeschrieben.

Mal sehen, was wir da alles drauf haben:

„Zitronensäure wasserfrei“ in 3 Sprachen. – nach Chemikalienrecht

Acidum citricum anhydricum PhEur – nach Arzneimittelrecht

E-330 – nach Lebensmittelrecht

„Diese Substanz ist nicht zur direkten Einnahme bestimmt, Verwendung als Konservierungsmittel …“ in 3 Sprachen – Lebensmittelrecht

Das Gefahrensymbol für Reizend, samt Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge in 3 Sprachen – Chemikalienrecht

Es ist ja schön, dass da alles drauf steht, aber eigentlich … darf es das nicht. Es ist entweder nach Chemikalienrecht ODER nach Lebensmittelrecht ODER nach Arzneimittelrecht anzuschreiben – und nicht alles gleichzeitig. Eigentlich müsste ich den Kunden jeweils fragen: „Für was brauchen sie es?“ und müsste es dann nach einem der 3 Varianten anschreiben.

Und die Zitronensäure ist nicht das einzige,

Wundbenzin ist ein Arzneimittel, Etikette gemäss Arzneimittelrecht (Pharmakopöa) (keine Chemikalienetikette)

Fleckenbenzin fällt unter das Chemikalienrecht, also Chemikalienetikette mit Gefahrensymbolen