Der schmale Grat zwischen Sparsamkeit und Geiz

… wurde bei dieser Geschichte für mich ziemlich eindeutig überschritten.

Es kommt in die Apotheke eine jüngere Frau mit ihrem Freund. Er -offensichtlich aus Nordafrika- kann kein Deutsch sondern nur etwas Englisch und Französisch, so dass sie übersetzt.

Sein Problem ist, dass er eine Entzündung am Nagelrand hat, das, was wir einen Umlauf oder Panaritium nennen. Es ist rot, entzündet und offenbar klopft es schon, meist ein schlechtes Zeichen. Ein Umlauf ist sehr unangenehm, ausserdem sind die Bakterien, die ihn verursachen recht hartnäckig. Man muss versuchen sie und den Eiter, in den sie sich einkapseln herauszubekommen. Das macht man im Normalfall mittels einer Zugsalbe. Eine dicke, schwarze Salbe, die man auf der Entzündung lässt und die dem Eiter den Weg nach aussen öffnet und die Stelle desinfiziert. Das funktioniert gut mit Sprissen, die man nicht anders herausbekommt und auch mit Fremdkörpern wie dem Eiter. Die Salbe kostet etwa 13 Franken.

„Zuviel“, sagt die Frau (offensichtlich muss sie bezahlen, da er kein Geld hat). „Was gibt es sonst noch?“

Ok, da wäre noch die Möglichkeit den Finger in warmer, verdünnter Käslikraut Lösung mit Kamillenextrakt zu baden. Das ist aufwändiger: mehrmals täglich für je 10 Minuten, das hat denselben Effekt wie die Zugsalbe. Preis etwa 8 Franken.

„Ok, gibt es da noch etwas günstigeres?“

Kurzes Überlegen von mir: „Sie können die Lösung zum Fingerbaden auch selbst mit Käslikraut Tee herstellen, das ist dann aber nicht mehr desinfizierend“. Preis für 1 Packung Malven-Tee 3.70 Franken.

„Ok, kann ich auch nur 1 Teebeutel haben?“

Ummmm …. Nein.

Die Frau wirft mir einen wütenden Blick zu, dann fasst sie ihren Freund am Arm und stürmt mit ihm im Schlepptau aus der Apotheke.

Sie lässt mich staunend zurück: soviel – oder sowenig- ist ihr Freund ihr also wert!

Und das nachdem ich ihr am Anfang noch erklärt habe, dass ihr Freund Gefahr läuft eine ernsthafte Infektion zu bekommen, wenn sie nichts macht. Im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung, jedenfalls wird er Antibiotika brauchen und eventuell muss man sogar den Finger aufschneiden, um an den Infektionsherd heranzukommen. Das wird sicher teurer.

Irgendwie bin ich immer noch ganz baff, wenn ich daran zurückdenke.

Geiz ist geil? Ich denke nicht.

7 Kommentare zu „Der schmale Grat zwischen Sparsamkeit und Geiz

    1. Auch möglich, das ist schwer zu sagen, aber … sie waren im etwa gleichen Alter und ziemlich jung. Betreuer sind in meiner Erfahrung meist (etwas) älter. Ausserdem fände ich die Kombination in dem Fall mit einer (jungen) Frau als Betreuerin eher ungewöhnlich.

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  1. Wenn zum Hintergrund also NICHTS bekannt ist… dann finde ich es doch recht gewagt der Frau „Geiz“ zu unterstellen…

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  2. Frage mich, warum Sie dann in eine Apotheke geht. Die genannten Preise erscheinen mir nicht hoch, gerade wenn das Preisniveau in der Schweiz bedenkt. „Hex hex“ funktioniert üblicherweise nur bei Bibi Blocksberg.

    Sollte es nur schnell gehen weil man keinen Bock auf Warten beim Arzt/Ärztin hat wo man evtl. nur eine Karte vorlegen muss und den Rest dann auf Rezept kostenfrei in der Apotheke oder direkt in der Praxis erhält (nehme mal die preislich bestmögliche Situation an)?

    Käslikraut ist übrigens ein fürchterlich niedlicher und irgendwie sehr schweizerischer Name.

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    1. Oha! Schweizer Preisniveau, da hast du recht. Ich habe jetzt einfach mal das jeweils erste Google-Ergebnis für Malvensamen genommen, weil ich mir dachte, so ein nützliches Kraut, das kannst du dir doch selber ziehen. Also Schweiz 4.75 CHF für 1 Gramm Samen, Deutschland 2.99 Euro bzw. 2.93 CHF.

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