5 (gefährliche) Fehler, die Du vielleicht mit freiverkäuflichen Schmerzmitteln machst

Die meisten Leute benutzen freiverkäufliche Medikamente, wenn sie Schmerzen haben. Wendet man sie korrekt an, dann sind diese Medikamente im Normalfall sicher und effektiv – aber viele Leute sehen sie als harmlos an und lesen deshalb auch nicht die Packungsbeilage oder informieren sich bei einer Fachperson darüber. Das ist ein Fehler! Auch wenn heute propagiert wird, dass Schmerzmittel auch bei uns im Supermarkt oder gar am Kiosk zu kaufen sein sollten … das sind wirkliche Medikamente mit wirklichen Konsequenzen.

Hier sind 5 weitverbreitete Fehler, die man mit den Schmerzmitteln machen kann – und was dann passiert.

Schmerzmittel Fehler Nr. 1: Du nimmst zu viele Tabletten

Die allgemeine Ansicht ist immer noch: Viel hilft viel. Also: wenn ich mehr Tabletten nehme, ist auch die Schmerzstillung besser. Was aber passiert ist, dass man die Chance auf Nebenwirkungen erhöht … und man kann sich wirklich damit vergiften. Zu viele Leute lernen das nur auf die harte Tour. Zu viel Paracetamol (einem häufig verwendeten Schmerzmittel sowohl freiverkäuflich als auch in rezeptpflichtigen Medikamenten) ist eine der Hauptursachen für Vergiftungsfälle weltweit. Sie sind sicher (und effektiv) bei den in der Packungsbeilage angegebenen Dosierungen. Man muss unbedingt unter der Maximaldosierung bleiben – und die beträgt (nur) 4000mg (4g) pro Tag. Höhere Dosierungen und man riskiert nicht nur Übelkeit und Magenprobleme, sondern Nieren und vor allem Leberschäden.

Schmerzmittel Fehler Nr. 2: Du nimmst die Schmerzmittel zu häufig

Ausser auf Anweisung eines Arztes sollte man auch freiverkäufliche Tabletten nicht häufiger als ein bis zwei Tage pro Monat einnehmen. Wer ein Schmerzmittel länger braucht als die (eine freiverkäufliche) Packung enthält sollte einen Arzt aufsuchen. Paracetamol zum Beispiel täglich oder auch wöchentlich genommen kann das Risiko für Leberversagen und auch Tod erhöhen. Und auch wenn niedrigdosiertes Aspirin helfen kann, wenn man schon ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme hat – kann es der Magenschleimhaut und dem Darm schaden. Magengeschwüre und ähnliches sind die Folge. Tatsächlich erhöht das täglich genommene Aspirin das Risiko von ernsten inneren Blutungen um 55%.

Wer also Schmerzmittel täglich oder wöchentlich nimmt, sei das für Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen oder andere chronische Beschwerden – sollte zum Arzt gehen um das Problem abklären zu lassen und um die beste Lösung zur Behandlung zu finden.

Wer Schmerzmittel während mehr als einer Woche pro Monat nimmt (auch verteilt), hat ausserdem das Risiko, dass er sogenannte Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen auslöst: Also (Kopf)Schmerzen wegen der Schmerzmittel.

Schmerzmittel Fehler Nr. 3: Du denkst alle Schmerzmittel sind gleich

Der Wirkstoff von Dafalgan (Tylenol, Panadol etc) unterscheidet sich vom Wirkstoff in Saridon (Algifor …) oder von dem in Aleve oder Aspirin. Wenn man ein Schmerzmittel für sich aussucht, sollte man deren spezifische Wirkungen mit einbeziehen – besser, als einfach zu nehmen, was man gerade im Schrank hat.

Ibuprofen zum Beispiel wirkt entzündungshemmend, ist also besser für Arthritis und Schmerzen wegen Schwellungen. Paracetamol ist nicht entzündungshemmend kann aber besser sein bei Kopfschmerzen und macht keine zusätzlichen Magenprobleme.

Verschiedene Schmerzmittel können eben auch unterschiedliche Nebenwirkungen haben. Aufgrund der persönlichen medizinischen Vorgeschichte – wie zum Beispiel ob man einen hohen Blutdruck hat oder viel Alkohol trinkt – gilt es auch manche dieser Medikamente zu vermeiden.

Leute, die viel Alkohol trinken (oder getrunken haben) sollten kein Paracetamol nehmen, weil das ihr Risiko für Nieren- und Leberschäden noch mehr erhöht. Dagegen sollten Leute mit einem hohen Blutdruck in betracht ziehen, dass Naproxen (wie in Aleve) oder auch Ibuprofen das Risiko von einem Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen kann.

Schmerzmittel Fehler Nr. 4: Du nimmt freiverkäufliche Schmerzmittel zusammen mit rezeptpflichtigen Schmerzmitteln (oder anderen Medikamenten)

Fast die Hälfte der Leute die Schmerzmittel kaufen denken nicht daran, dass sie auch rezeptpflichtige Medikamente nehmen, die einen Einfluss haben könnten. (Studie der US Schmerzstiftung). Viele verschriebene Medikamente enthalten schon Paracetamol, zum Teil auch in Kombinationen (Zaldiar, Co-Dafalgan). Nimmt man die zusammen mit den frei verkäuflichen Mitteln mit Paracetamol, kann das rasch zu Problemen wegen Überdosierung führen.

Andere Medikamente wie Blutverdünner, Betablocker, Antidepressiva können, wenn sie zum Beispiel mit Ibuprofen oder Naproxen genommen werden das Risiko für Magengeschwüre, Nierenschäden, Herzinfarkt oder weitere schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen.

Schmerzmittel Fehler Nr. 5: Du mischt verschiedene freiverkäufliche Medikamente

Bis 65% der Schmerzmittel-Verwender bedenken nicht, dass ihr Schmerzmittel auch mit anderen freiverkäuflichen Medikamenten interagieren kann. Aber auch viele von diesen enthalten denselben Wirkstoff wie die Schmerzmittel.

Zum Beispiel dieses Szenario: Ein Mann nimmt regelmässig sein vom Arzt verordnetes Aspirin Cardio (oder ein anderes ASS 100). Das ist Acetylsalicylsäure in niedriger Dosierung zur Vorbeugung von Herzproblemen. Jetzt wird er krank und kauft ein Erkältungsmittel – ohne nachzuschauen, ob das ebenfalls Acetylsalicylsäure enthält. Da gibt es einige. Dasselbe kann passieren, wenn man regelmässig Dafalgan 1g  (auf Rezept) erhält und dann ein „Grippemittel“ wie NeoCitran oder Pretuval dazu nimmt. Beides enthält Paracetamol.

Deshalb ist es wichtig und richtig, dass es diese Medikamente nicht im Supermarkt gibt – und auch bevor man sich das im Internet bestellt: Reden Sie am besten mit ihrem Arzt oder Apotheker darüber. Apotheken sind die besten Quellen was Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und die richtige Anwendung der Medikamente angeht.

Artikel inspiriert von: http://www.foxnews.com/health/2016/11/21/5-dangerous-mistakes-make-with-your-over-counter-painkillers.html

Schwerwiegende Dosierungsprobleme

Auf dem Rezept für ein Kind, Geburtstag Mitte 2008 – also 7 Jahre alt. Das Kind ist nicht anwesend, nur der Vater, der das Rezept gebracht hat:

BenUrOn Saft D.S: 20 ml 4 x täglich

Hmmm.

 

BenURon enthält Paracetamol. In der Dosierung 30mg/ml =

Also sind 20ml = 600mg.        600mg x 4 = 2400mg pro Tag

Die Packungsbeilage sagt:

für 7 jährige empfohlen 250-500mg pro Dosis, maximal pro Tag 1.5g = 1500mg!

Holla die Waldfee. Gut, so mancher Arzt im Kinderspital und anderswo berechnet das inzwischen nach Gewicht und nicht nach Alter. Aber wenn das so abweicht, wäre eine Gewichtsangabe auf dem Rezept schön.

Aber wir haben ja den Vater in der Apotheke.

Ich frage den Vater: „Wieviel wiegt das Kind?“

Er weiss es nicht.  :-(

„Ist es 25 kg? 30 kg?? 40 kg???“

Mein Junior ist 8 Jährig und wiegt etwa 30 kg. Das ist noch praktisch – habe ich doch so eine in dem Fall aktuelle Vergleichsmöglichkeit.

Vater: „Vielleicht um die 35?“

Okay. Das passt nicht zur Dosierung.

Auch wenn das Kind etwas mehr wiegt. 50mg pro kg Körpergewicht ist die Obergrenze. Im Umkehrschluss müsste das Kind für die Dosierung von 2400mg also 48kg wiegen.

Aber Ummm – 48kg? 7 Jährig??

„Ich rufe lieber dem Arzt an wegen der Dosierung.“

Der war echt Dankbar für den Anruf und ist dann auf 15ml bis 4 x täglich runter … das sind immer noch 1800mg pro Tag – er meinte auch, das Kind sei „etwas“schwerer. Genaueres hat er mir aber nicht gesagt.

Gut, rechnen wir so Sachen immer nach.

Also: lieber Kinderarzt (auch im Spital): Du machst unsere (und damit dann auch Deine) Arbeit leichter, wenn Du auf das Rezept bei Kindern gleich das Gewicht drauf schreibst! Danke!

Nachtrag:

Die gehen im Spital schon von anderen Grundlagen aus. Für meinen Junior mit Armbruch haben sie vom Algifor Sirup auch 14ml 3 x täglich aufgeschrieben …

Empfohlen sind für 7 Jährige um die 30kg 3 x 12.5ml
Aber beim Ibuprofen ist das auch nicht so ein so grosses Problem wie beim Paracetamol, wo man mit einer Überdosierung ziemlich rasch Leberschäden macht.

(Nachrechnen kann man auch selber. Dosierungsangaben in der Packungsbeilage oder unter Compendium.ch)

Dreinreden bei der Therapie

Frau Dolores bekommt schon eine Zeitlang Dafalgan vom Arzt verschrieben – zusammen mit Novalgin Tropfen und etwas zum einreiben – offenbar hat sie ziemliche Schmerzen.

Einmal bekommt sie die Tabletten verschrieben, einmal die Brausetabletten. Wir schreiben die Dosierungen auf die Packung – und hier sind wir seeehr vorsichtig und schreiben: Maximaldosis pro Tag 4 x 1 Tablette ODER 4 x 1 Brausetablette Dafalgan.

Ja, das ist schon hoch. Aber entspricht dem, was die Ärzte hier üblicherweise verschreiben. Und ja, man weist sie noch einmal darauf hin, dass das beides denselben Wirkstoff enthält und dementspechend Entweder das eine Oder das andere zu nehmen ist, nicht beide.

Trotzdem bleibt Frau Dolores eine Kundin, die wir gut im Auge behalten – auch weil ihre Novalgin-Bezüge tendenziell häufiger werden.

Als das Dauerrezept ausläuft, macht man ihr einen Vorbezug für Dafalgan, mit der Bitte, bald zum Arzt zu gehen und anzuschauen, wie das mit dem Novalgin weiter geht, speziell, da die Schmerzstillung zu wenig zu sein scheint.

Es wundert es wenig, wenn der Arzt neu Co-Dafalgan aufschreibt. Das ist auch Paracetamol, zusammen mit Codein.

Blöderweise schreibt der Arzt keine Dosierung auf das Rezept – aber die Patientin versichert, er habe das genau mit ihr besprochen.

Auf das Rezept mit dem Co-Dafalgan hat er geschrieben: „Kein Dafalgan mehr.“

Das halten wir so auch im Computer fest.

Es vergehen ein paar Wochen, ich gehe in die Ferien und habe eine Vertretung und als ich zurückkomme und die Rezepte vom Freitag kontrolliere, erschrecke ich etwas, denn da drauf ist eine Wiederholung auf ein altes Dafalgan-Rezept.

„Das soll Frau Dolores doch nicht mehr nehmen! Das habe ich doch selber extra so vermerkt“ gehe ich damit zur Pharmaassistentin.

„Ja, ich habe es gesehen. Aber sie hat die Nachbarin geschickt, das zu holen und … Du weißt, dass man auch mit ihr selber kaum reden kann wegen den Dosierungen und so. Die Nachbarin bestand darauf, deswegen sei sie geschickt worden. Sie hat selber auch einmal gesagt, dass sie das Co-Dafalgan nicht so gut verträgt. Vielleicht nimmt sie wieder das Dafalgan stattdessen?“

Pharmama: „Ja, aber trotzdem. Wenn der Arzt das so aufgeschrieben hat …“

Pharmaassistentin: „Wir haben ja auch versucht den Arzt zu erreichen – aber der ist erst am Montag wieder in der Praxis.“

Also rufe ich (leicht Zähneknirschend) dem Arzt an. Und frage ihn – respektive die Praxisassistentin wegen dem Dafalgan für Frau Dolores.

Praxisassistentin: „Bei uns steht nichts mehr von Dafalgan.“

Pharmama: „Ja, sie hat auch kein Rezept mehr, aber ich wollte wissen, ob sie das eventuell weiter nehmen muss.“

„Nein.“

Also rufe ich Frau Dolores an. Die Patientin, die immer so gereizt auf Nachfragen wegen der Dosierung ihrer Schmerzmittel reagiert.

Ich erreiche sie erst nach mehreren Versuchen.

„Guten Tag Frau Dolores, hier ist Pharmama von Pharmama’s Apotheke. Ich habe die Rezepte vom Freitag angesehen und dabei ist mir aufgefallen, dass ihre … Nachbarin? Eine Packung Dafalgan geholt hat für sie?“

Frau Dolores: „Ja. Und?“

Pharmama: „Laut der letzten Nachricht von ihrem Arzt, die wir haben sollten sie nur noch das Co-Dafalgan nehmen.“

Frau Dolores: „Ah, nein. Das reicht mir nicht. Und der Arzt hat das mit mir genau durchgerechnet, wieviel ich wovon nehmen darf.“

Pharmama: „Okay. Könnten Sie mir bitte sagen, wieviel er gesagt hat?“

Frau Dolores: „Also – er hat mir das vorgerechnet, weil ja der Wirkstoff, der eine gleich ist …“

Pharmama: „Ja, das Paracetamol.“

Frau Dolores:  „Genau. Also … ich darf von den grünen (Anm: das sind die CoDafalgan) pro Tag maximal 3 x 2 Tabletten nehmen …“

Pharmama: „Okay…“

Frau Dolores: „Und dann in der Nacht von den roten (den Dafalgan)– weil das sonst nicht reicht wegen den Schmerzen noch maximal 3“

–       ich bin so verschreckt von der Auskunft das mir ein „Das ist viel zu viel!“ entfährt.

Für nicht Pharmazeuten: CoDafalgan 1 Tablette enthält 500mg Paracetamol, 3×2= 3x1g = 3g. Von den Dafalgan hat sie die 1g Tabletten also nochmals 3g … Das sind 6g innert 24 Stunden!

Pharmama: „Wenn Sie die so nehmen, dann nehmen sie eine Menge, die an der Vergiftungsgrenze liegt. Sie machen ihre Leber kaputt.“

Frau Dolores: „Aber der Arzt hat mir das so gesagt!“

Pharmama: „Ich denke, er meinte anstatt und nicht und.“ 

Frau Dolores:  „Nein, nein, er hat mir das genau vorgerechnet. Und nur mit den grünen reicht das nicht. Ich habe ja die Schmerzen auch Nachts“

Pharmama: „Sie nehmen auch noch die Novalgin, oder?“

Frau Dolores: „Ja, jetzt wieder etwas weniger.“

Pharmama: „Ich denke, wir müssen unbedingt etwas machen mit ihrer Schmerztherapie. So wie es aussieht, ist sie momentan nicht ausreichend. Ich denke, am besten ist es, ich setze mich mit Ihrem Arzt in Verbindung, damit der Ihnen anruft und sie zusammen eine bessere Schmerztherapie finden. Da müssen Sie wohl ein paar Medikamente wechseln.“

Frau Dolores:  „Ich will aber nicht zu starke Mittel.“

Das ist eine interessante Bemerkung. Einerseits sagt sie, dass ihre Schmerzmittel nicht ausreichen in der Wirkung, andererseits hat sie keine Bedenken von denen, die sie hat mehr zu nehmen. Die sind ja nicht so stark = demfall auch nicht gefährlich? Das scheint etwas zu sein, das noch bei einigen Mitteln, die als „sanft“ gelten so ist.

Pharmama: „Ja, okay, aber wir müssen etwas finden, dass ihnen genug die Schmerzen nimmt und dabei ihre Leber leben lässt. Die Dafalgan und CoDafalgan, das ist viel zu viel.“

Sie verspricht mir, nur noch die Co-Dafalgan und Novalgin zu nehmen, bis der Arzt sich meldet.

Ja, wenn ich denke, dass mein Kuschelbär nach nur 5 Tagen 3g/Tag schon ziemlich erhöhte Leberwerte hatte … Brrrrr.

Als nächstes also wieder zum Arzt. Der ist allerdings inzwischen (da nach 17 Uhr) im Feierabend. Ich schreibe einen Fax und beschreibe das Problem – es ist wichtig, dass er dem baldmöglichst nachgeht.

Die Praxis reagiert – und so bekomme ich am nächsten Morgen die Info, dass man die Medikamente umstelle … sie bekommt jetzt ein Opiat; dass die Tochter neu auch involviert ist – damit das mit den Dosierungen in Zukunft richtig läuft, denn: „So habe ich das ganz sicher nicht gesagt mit den CoDafalgan und den Dafalgan!“ Der Arzt hört sich leicht verärgert an, dass ich ihm sowas unterstelle. Tue ich nicht. Ich weiss, dass manches, das man sagt, ganz anders vom Patienten aufgenommen wird, als man das gedacht hat.

Am nächsten Tag kommt dann noch die Patientin selber und retourniert das Dafalgan. Von dem sie einige genommen hat. Aber sie will jetzt eine Gutschrift dafür – immerhin habe der Arzt gesagt, dass sie das nicht mehr brauche.

Und dann beklagte sie sich noch bei der Kollegin über mich, dass ‚Sie ja wisse, wie sie ihre Medikamente nehmen muss.‘ … und ich da ihr nicht reinzureden habe.

Hmpf-

Sie realisieren es wohl nicht, aber eventuell habe ich gestern ihre Leber und damit ihr Leben gerettet. Weil ich so unhöflich war und nachgefragt habe, wie Sie die Sachen nehmen.

Rückruf Dafalgan Tabletten

Es könnte sein, dass falls Ihr (in der Schweiz) in den nächsten Tagen in eine Apotheke geht und Dafalgan Tabletten verlangt es dann heisst: „Tut mir leid, im Moment haben wir keine.“

Der Grund dafür ist ein Chargenrückruf – bei uns hat es fast alle Packungen, die wir an Lager haben betroffen :-(

Aber keine Sorge, diejenigen, die ihr schon zu Hause habt, sind absolut unbedenklich zum nehmen. Der Grund für den Chargenrückruf war kein Produktionsfehler oder mangelnde Qualität des Produktes, sondern ein Fehler im italienischen Teil der Packungsbeilage. Bei der Übersetzung wurde ein Wort vergessen.

Das hat ziemliche Folgen für die Firma – vom Rückruf dürften einige tausend Packungen betroffen sein. Und einfach haben sie es in der Schweiz auch nicht- muss die Packungsbeilage hierzulande ja grad in 3 Sprachen abgefasst sein (und hat die entsprechende Grösse). Erstaunlich finde ich aber, dass die das neu verfasst haben müssen, oder aber etwas am Design geändert – denn bisher ist vom Rückruf nur eine einzelne Charge der kleinen und eine der grossen Packung betroffen.

Aber auch wenn das jetzt vielleicht eine Zeitlang nicht mehr erhältlich sein sollte: es gibt noch genug andere Tabletten, die ebenfalls Paracetamol 500mg enthalten – und gleich günstig sind. Ben-U-Ron, Acetalgin, Becetamol, Contra Schmerz P oder Paracetamol Sandoz/Mepha/Actavis/Grünenthal … und natürlich das Original Panadol (einiges teurer).

Unbeabsichtigte Überdosierung?

Die ältere Stammkundin kauft 2 Packungen Dafalgan Brausetabletten.

Pharmama: „Wissen Sie, wie man sie anwendet?“

Ich frage grundsätzlich etwas nach – speziell, wenn mehr als 1 Packung von etwas verlangt wird. Das hat seine Gründe – und bei Paracetamol ist das fast noch wichtiger als sonst.

Kundin: „Die sind nicht für mich, sondern für meinen Mann. Er nimmt die noch gerne. Nachts. Er denkt, sie tun ihm gut.“

Pharmama: „Wieviel nimmt er denn?“

Kundin: „Das weiss ich nicht so genau.“

Pharmama: „Er soll, vor allem, wenn er er häufiger nimmt, nicht mehr als 3 g, also maximal 6 Tabletten in 24 Stunden nehmen. Ansonsten ist das nicht gut für die Leber.“

Kundin: „Oh. Das ist nicht gut. Er hat schon Leber-Probleme.“

Pharmama: „Hmm … sie sollten ihm das unbedingt sagen. So harmlos ist das Medikament nämlich nicht – auch wenn es so günstig ist.“

Kundin: „Das bringt nicht viel. Er hat … Probleme mit dem Gedächtnis. Altersdemenz oder Alzheimer.“

Jetzt wo sie es sagt: das erklärt, warum ich ihn selber noch nie hier gesehen habe.

Pharmama: „Oh. Und sie sagten, er steht Nachts auf, um sie zu nehmen?“

Kundin: „Ja, ich glaube mehrmals.“

Pharmama: „Dann … könnte es sein, dass er mehr nimmt, weil er vergessen hat, dass er schon gehabt hat?“

Kundin: „Oh. Ja, das könnte sein.“

Pharmama: „Und wenn sie die Brausetabletten verstecken würden? Oder nur so viele herauslegen abends, wie er nehmen darf in einer Nacht? – Also … maximal 3?“

Kundin: „Das habe ich mit anderen Sachen schon versucht, das mit dem Verstecken. Er fängt dann an zu suchen, wenn sie nicht mehr da sind.“

Pharmama: „Ja, aber wenn Sie nur eine bestimmte Menge herauslegen, dann wissen Sie – wenn er zu suchen anfängt- dass die jetzt weg sind. Dann wissen wir zumindest, wieviel er da genommen hat.“

Kundin: „Das könnte ich machen. Aber was, wenn er dann mehr will?“

Pharmama: „Ich würde sie ihm nicht geben, wie gesagt, das ist nicht gut für die Leber – und damit für ihn selber.“        

Kundin: „Hmm. Und wenn ich etwas anderes in Brausetablettenform hinlegen würde?“

Pharmama: „Vielleicht niedrig dosierte Vitamin Brausetabletten?“

Irgendwelche Gedanken dazu?

Leber Ade!

Also – ich finde es wunderbar, dass das Spital es offensichtlich geschafft hat, den Patienten von seinen MST, die er jahrelang genommen hat wegzubekommen (das sind starke Schmerzmittel auf Opioidbasis, die bei falschen Gebrauch gerne abhängig machen).

Nicht so doll finde ich aber, dass man ihm danach erst auf einem Rezept Zaldiar aufschreibt – mit der Maximaldosis: „Zu nehmen bei Bedarf, bis maximal 8 Tabletten pro Tag“ (was alleine ok ist) und dann auf dem nächsten Rezept zusätzlich Dafalgan 500 aufgeschrieben wird: „Zu nehmen bei Bedarf, bis maximal 6 pro Tag“. Die Dosierung wäre alleine auch ok, aber wenn man weiss, dass Zaldiar auch Paracetamol enthält (325mg pro Tablette) und im Dafalgan 500mg pro Tablette drin ist – dann kommt man, wenn man sie wirklich so nimmt auf 5,2 g Paracetamol pro Tag.

Die Empfehlungen liegen bei Maximal 4 g pro Tag – neueste Empfehlungen gehen sogar auf maximal 3 g pro Tag runter. 5.2 Gramm …das ist eher schlecht für die Leber – vor allem, wenn er es auch eine Zeitlang so nimmt.

Und der Patient nimmt das so – davon bin ich überzeugt. Er hat entweder starke Schmerzen (das MST hat er auch nicht zum Spass bekommen) und/ooder ein leichtes Suchtproblem. Inzwischen hat er schon wieder eine neue Packung Zaldiar geholt (nach 6 Tagen – in einer Packung sind 60 Stück drin).

Ich habe also den Patienten darauf hingewiesen (schriftlich zur Sicherheit) und den Arzt informiert.

Ich hoffe das reicht.

Nachtrag: Ja. Das Dafalgan wurde wieder gestrichen.

Im Moment ist man ja in Deutschland daran zu diskutieren, alles mit Paracetamol rezeptpflichtig zu machen – eben weil es, wenn man zuviel nimmt, die Leber kaputt macht. (Siehe auch mein Artikel über Paracetamol: Wundermittel oder Teufelszeug?)

Ein erster Schritt, die Menge Tabletten, die man ohne Rezept bekommt auf maximal 10 g pro Packung zu reduzieren hat wohl nicht den gewünschten Erfolg gebracht – diejenigen, die mehr nehmen wollen, holen sich ihre Packungen dann einfach in verschiedenen Apotheken.

Es ist schon ein Problem: da hat man ein Mittel, das in den Augen der Öffentlichkeit als „harmlos“ angesehen wird – ist es doch auch das einzige, was auch schwangere Frauen und Kinder nehmen können … und dann hat man auf der anderen Seite Vergiftungsfälle wegen Überdosierungen. Viele. In Deutschland waren es letztes Jahr 360 – das ist etwa 1 pro Tag und etwa 5% aller Fälle laut dem Giftnotruf. (Quelle)

Auf der anderen Seite: was sind die Alternativen? Noch mehr Arztbesuche wegen Bagatellerkrankungen? Andere Schmerzmittel (NSAR) – ok, aber die haben ihre eigenen Probleme: Magenblutungen und Nierenprobleme …

Was meint ihr? Paracetamol in die Rezeptpflicht?