Assistenzzeit (2) Erste Wochen

Schon ein Monat vorbei und ja, wir sind einiges vorwärts gekommen. Unserer Assistentin das Computerprogramm mit dem wir arbeiten näher gebracht, so dass sie die Kasse bedienen und auch schon Rezepte eingeben kann. Wir fangen klein an, indem wir sie ausserhalb der Sicht der Patienten üben lassen: erst mal Rezepte lesen (bei gewissen Arztschriften braucht das Jahre Übung, aber andere gehen zum Glück besser). Dann Sachen zusammensuchen lassen. Dann selber gefaxte oder gemailte Rezepte vorbereiten und eingeben lassen.

Daneben gehen wir zu Randzeiten die wichtigsten Medikamente zu den aktuell wichtigsten Indikationen durch. Sachen, die OTC (freiverkäuflich) sind und auch rezeptpflichtige Sachen. Wir fangen an mit Schmerzmitteln und dann mit Allergien.

Ich mache das gerne mit einer Auslegeordnung auf dem Tisch: Wirkstoffe gruppieren und ob rezeptpflichtig oder nicht … und dann erzähle ich dazu etwas und stelle Fragen. Optimalerweise weiss die Assistentin am Schluss, wann man was einsetzen kann (Schwangere, Kinder, Empfehlungen OTC, wann darf ich rezeptpflichtiges auch ohne Rezept abgeben?).

Ich staune über die Lernmethode meiner Assistentin. SIe ist sehr organisiert und benutzt ein iPad. Dort hat sie zu so Indikationen ein Riesen-Spread-Sheet wo alles festgehalten wird. Ich hätte das *damals* vielleicht auch so gemacht – ich bin jemand, der sehr „optisch“ lernt, also viel indem ich es aufgeschrieben habe, dann zusammengefasst, dann Kärtchen … So geht es sicher schnell(er) – vor allem macht sie von manchen Sachen einfach mal ein Foto und schreibt dann dazu.

Nach den ersten 2 Indikationen haben wir sie dann auch schon auf die ersten Patienten losgelassen. Dabei stehen wir natürlich anfangs noch nebenbei und machen es gemeinsam, dann unter Aufsicht, dann stehe ich in den Hintergrund. Funktioniert auch ganz gut, jedenfalls so lange es nicht grad ein Ansturm an Patienten ist vorne.

Mit der aktuellen Zugangsbeschränkung geht das … ich habe ein bisschen Bammel, dass sie nächste Woche nicht untergeht, wenn der Ansturm auf die „Gratis-Selbsttests“ losgeht. Momentan sind wir am Abfüllen derselben im Labor – 5 Stückweise in Mingripps jeweils mit Bedienungsanleitung. Eine ganze Pallette will abgepackt sein. Abgabe nur gegen Krankenkassenkarte. Merke: gratis ist nie gratis, jemand zahlt immer – wir mussten die Dinger auch einkaufen. Und der Grosshändler Migros beklagt sich, weil nur Apotheken die Tests abgeben dürfen. Nun, ich denke, dass sie die verkauft hätten, nicht abgegeben – und jetzt ist das auch uninteressant für sie weil sie das nicht abrechnen können. Ob uns der Aufwand (jetzt schon gross und ab dem 7. April schwer einschätzbar) dafür irgendwie entgolten wird, weiss ich immer noch nicht. Der Apothekerverband spricht von einem Ansehensgewinn für die Apotheke und Chance die Apotheke als erste Anlaufstelle im Gesundheitswesen weiter zu positionieren.

Nun, Ein Anlauf wird das geben….

Assistenzzeit in der Apotheke (1)

Die erste Woche mit der neuen Apothekerin im Assistenzjahr ist vorbei – und ich bin sehr zufrieden. Gut gewählt oder Glück – wir haben wieder jemanden sehr engagierten und aufmerksamen bekommen.

Was macht sie bei uns? Die Assistenzzeit ist Bestandteil des Masterstudiums und bietet die Gelegenheit, die praktische Arbeit in der Offizin- und Spitalapotheke kennen zu lernen.

Montag morgen Arbeitsbeginn, Schurz, Namensschild und Spind / Fächli sind vorbereitet. Nachdem ich sie den Mitarbeitern vorgestellt habe, zeige ich, was wo ist; Toilette, Wareneingang, Büro, Verkaufsraum – davon wird sie vorerst nicht allzu viel sehen, da die erste Zeit mehr hinten gearbeitet wird. Es dauert noch etwas, bevor ich sie auf die Kunden und Patienten loslassen kann. Wie lange kommt auf sie an. Die mutigeren lasse ich unter Aufsicht bald mal nach vorne, andere brauchen mehr Sicherheit und Hintergrundwissen.

Dann folgt auch schon das erste längere Gespräch, oder vielleicht besser Monolog von mir –

Thema 1: Das Patientengeheimnis. Die Kurzfassung ist: Apotheker unterstehen dem Berufsgeheimnis. Patientendaten sind besonders schützenswert. Darunter fällt so ziemlich alles, was wir in der Apotheke erfahren, eigentlich sogar „dass“ jemand bei uns Patient ist. Wenn sie für die Uni Kopien oder derartiges machen muss, müssen die Patientendaten entfernt werden. Wir sammeln und vernichten/enstorgen Dokumente mit Patientendaten darauf separat. Wir sind vorsichtig bei Anfragen nach Auskünften.

Thema 2: Eigenverantwortung der Assistentin. Das ist etwas, was schon beim Bewerbungsgespräch angesprochen wurde, aber weil es so wichtig ist, wiederhole ich das hier jeweils noch einmal. Wir als Ausbildungsapotheke sind dazu da, der Assistentin jegliche Möglichkeiten zu bieten, damit sie lernen kann, was es heisst, eine Apothekerin zu sein. Wir bieten Infrastruktur (Apotheke, Labor, Geräte, Bücher, Programme …), das Wissen langjähriger Mitarbeiter (teils mit Ausbildnerweiterbildung), die Zeit bei uns und die Selbstlerntage (zum Teil zu Hause). Aber lernen muss die Assistentin selber. Ich bringe ihr gerne bei, was ich weiss und wie es in der Apotheke läuft: all die praktischen Dinge über Medikamente, Beratung, Anwendung von Gesetzen und Vorschriften, die Anwendung der verschiedenen Programme, Herstellung von Rezepturen im Labor … Ich werde Vorschläge machen, wenn von ihr nicht selber etwas kommt (welche Themen als nächstes angeschaut werden, was für Aufgaben sie übernehmen kann um zu profitieren), aber ich finde es grundsätzlich besser, wenn von der Assistentin selber die Themenvorschläge kommen. Sie weiss besser, was gerade an der Uni Thema ist, das hilft beim Verküpfen der Informationen von verschiedenen Seiten. Am Schluss der Assistenzzeit sollen dann möglichst viele, wenn nicht alle der Themen durchgegangen worden sein. Ich mache auch keine Vorträge über Wirkungsmechanismen, nur über Beratung und Triage, halt das was ich in der Apotheke „brauche“. Ich warne die Assistentin auch, dass es sein kann, dass wir viel zu tun haben und sie dann wirklich aktiv kommen muss, wenn ich oder jemand anders etwas erklären soll – und nicht warten, bis wir auf sie zu kommen. Ich weiss, es ist viel – und es ist auch nicht die Idee, dass man das grad sofort alles kann oder sofort alles macht, aber: am Schluss sollte möglichst viel davon bekannt und gemacht sein.

Pharmasuisse (der schweizerische Apothekerverband) stellt auf ihren Seiten einige Hilfsmittel zur Verfügung. Sie können hier angeschaut werden. Dazu gehört:
Checkliste Arzneimittel und Rezeptvalidierung (Das sind die verschiedensten Indikationen und Medikamente und ihre Anwendung am Patient)
Checkliste Triage (dazu gehört die Beratung bei verschiedenen Gesundheitsfragen, das Erkennen von Krankheiten, Anamnese und Umgang mit Patienten)
Checkliste Herstellung in kleinen Mengen (Von Arzneimitteln natürlich: Rezeptur und Defektur)
Checkliste Apothekenbetrieb und Berufsausübung (Gesetze, Vorschriften, Krankenkassen, Abrechnung, Lagerhaltung, Wirtschaftlichkeit etc.)

Ich bin hocherfreut, als ich feststelle, dass die Studenten dieses Jahr die 300er Medikamente schon lernen mussten. Das ist eine Liste von Medikamenten, die häufig gebraucht werden: Inhaltstoffe, Indikationen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen inklusive. Das ist ziemlich beeindrucken und hilft doch sehr, auch wenn natürlich jetzt noch bei weitem nicht alles sitzt und die Informationen rein theoretischer Natur sind. Aber für die Praxis sind wir jetzt ja da.

So eine Apothekerin im Assistenzjahr hat eine etwas kuriose „Stellung“ in der Apotheke. Sie kommt mit ziemlich viel theoretischem Wissen, auf dem man aufbauen kann, so dass sie eigentlich rasch „aufsteigt“. Sie beginnt wie ein Lehrling, geht über Pharmaassistentin zu Apothekerin unter Aufsicht – und das Ziel ist, dass sie am Schluss selbständig als Apothekerin in der Apotheke steht, und genug weiss und kann, dass sie verantwortungsvolle Entscheidungen treffen kann. Bis jetzt haben wir das noch mit jeder geschafft und es ist immer eine Freude, dieser Entwicklung zuzusehen.

Meine stürzt sich auf die Arbeit … vielleicht ist sie auch nur einfach froh, mal wieder „raus“ und unter Leute zu kommen. Die Corona-Zeit und Home-Schooling hängen auch bei den Studenten langsam an. Ich übergebe sie dem Lehrling die ihr zeigt, wie der Wareneingang funktioniert und wie und wo man die Sachen dann versorgt. Auch hier sehe ich wieder ihr Engagement: sie nimmt einzelne Medikamente in die Hand und schaut was drin ist – und geht teils nachschlagen im Computer und ihren Büchern. (WOW!)

Apothekerin im Assistenzjahr

Apothekerin* im Assistenzjahr, so nennt man heute die Studierenden der Pharmazie im Praktikum, das man in der Apotheke während des Master-Studiums machen muss. 33 Wochen in der Apotheke, bei der die Studentin alles über die Arbeit in der Apotheke nicht nur lernen, sondern praktisch erfahren darf. Seit einigen Jahren ist auch unsere Apotheke dabei und nimmt pro Jahr eine Studentin (oder Student – *ich schreibe hier zwar vor allem in der weiblichen Form, aber die Männer sind immer mitgemeint). Aktuell bin ich grad am Vorbereiten der Aufnahme unserer neusten (und leider immer kürzesten) Mitarbeiterin.

Bisher habe ich hier im Blog nicht viel von meinen Praktikanten geschrieben – obwohl ich mit ihnen meistens wirklich sehr glücklich war und es mir viel Spass macht, sie in die Offizin einzuführen. Vielleicht ändere ich das jetzt mal – auch wenn das Studienjahr wegen Corona sicher anders aussieht für die Studierenden, in der Apotheke machen wir (bis auf Änderungen im Hygienemanagement) weiter wie gehabt.

Hat da jemand Interesse daran? Irgendwelche Pharmaziestudenten grad unter den Mitlesern? Ich muss etwas vorsichtig sein, um Rückschlüsse auf meine Apotheke zu vermeiden – und ich weiss, dass da draussen Spezialisten sind, die …. schon mal recht nahe dran waren. Deshalb werde ich Geschichten über die Apotheker im Assistenzjahr „mischen“ – es muss nicht die aktuelle Person sein, die im Blogpost erscheint.

Wie gesagt, bin ich aktuell am Vorbereiten. Ausgesucht wurde sie schon letztes Jahr – wir hatten Glück und jemand sehr motiviertes hat sich gemeldet, hat Probe gearbeitet und ist auch von den anderen Mitarbeitern gut aufgenommen worden. Die Verträge sind unterschrieben und sie an die offiziellen Stellen gemeldet, Namensschild bestellt, Spind und Postfach vorbereitet, Organigramm geändert, Visumliste vorbereitet, Pflichtenheft vorbereitet, Einführungsplan parat, Arbeitspläne für die ersten 2 Wochen mal geschickt. Sie kann kommen.

Von Mitte Februar bis etwa Dezember haben wir Zeit aus dem theoretischen Wissen auch praktisches zu machen. Einmal pro Woche hat die Studentin einen Selbstlerntag – an dem Tag muss sie nicht in der Apotheke sein, sondern kann ihr Wissen selber zu Hause vertiefen. Daneben haben die Studenten weiter Vorlesungen (oder momentan wahrscheinlich eher Online-Kurse) an der Uni, sowie gelegentlich Prüfungen und weitere Kurse, wie die von CAP angebotenen.

Der CAP (Centre d’Animation des Pharmaciens) ist eine schweizweite Vereinigung von Apothekerinnen und Apothekern, die ihren Beruf vor allem in der Offizinapotheke ausüben. Der CAP zählt mehr als 1000 Mitglieder aus allen Regionen der Schweiz; die Mehrheit davon aus der Suisse romande, dann aus der Deutschschweiz und aus dem Tessin. Von ihnen gibt es einen ausgezeichneten Ordner zur Ausbildung in der Apotheke und Kurse, die ich angehenden Apothekern sehr ans Herz lege.

weitere Links zum Pharmaziestudium:
pharmasuisse – Ausbildung zum Apotheker in der Schweiz
asep – Verein schweizerischer Pharmaziestudierenden
epsa – European Pharmacy Student Association
ipsf – International Pharmaceutical Students Federation
scrubsmag – das Studentenmagazin der apobank (Deutschland)