Das Thema ist bei mir aktuell … das Patientengeheimnis. Ich habe darüber schon verschiedentlich geschrieben.
Was mir bei der Ebola-Berichterstattung auffällt: Da schreiben viele Medien nicht nur Krankenschwester neuster Ebola Fall in XY, oder Hilfsarbeiter hat sich in ABC angesteckt, wird in DEF behandelt … sondern da wird gleich noch ein Name dazu geliefert und in einigen Fällen sehen wir sogar Fotos von der erkrankten Person.
Was ist damit? Fallen diese Fälle auf einmal, weil Ebola eine „gefährliche Krankheit mit Pandemierisiko“ ist nicht mehr unter das Patientengeheimnis?
Es gibt eine Liste von Krankheiten, die gemeldet werden müssen (siehe Wikipedia Artikel hier, da ist auch Ebola drauf). Aber das gilt für Meldungen an Behörden (Gesundheitsamt) – bis auf die statistischen Auswertungen und eventuell getroffenen Massnahmen wie Information über einen erneuten Masernausbruch oder neueingeführte Hygienerichtlinien in den Spitälern bekommt die Öffentlichkeit das nicht mit.
Und jetzt? Eine neue (naja, nicht wirklich, aber lassen wir das mal so stehen) schreckliche Erkrankung hat die Chance sich auszubreiten und da hat die Öffentlichkeit und einfach jeder auf einmal ein Recht auf die Namen der betroffenen Personen?
Mir stösst das sauer auf.
Natürlich tritt das jetzt auf, weil es einzelne Fälle sind. In Ländern, wo das eingeschleppt wird. Von den paar Tausend schon Erkrankten (und man rechnet demnächst mit 1000 pro Woche mehr) in den bisher betroffenen Ländern hört man dafür immer weniger.
Trotzdem? Was soll daran gut sein? Das ist eine zusätzliche Belastung für die betroffenen Erkrankten – und ihre Familien, auf die sich die Medien teils stürzen. Es hilft niemandem – es geht nicht (mehr) darum, die Kontaktpersonen und eventuellen Neuinfizierten zu finden. Das kann man auch durch Befragen des Patienten und indem man die Wege nachvollzieht, die er gemacht hat.
Ist das reine Öffentlichkeitsarbeit für eine Pandemievorsorge um der Erkrankung ein „Gesicht“ zu geben? Auch wenn – das passiert auf dem unwilligen Rücken der betroffenen Personen, die auch nichts für ihre Ansteckung können und hoffentlich wieder genesen.
Ich weiss es nicht, aber … ich finde das bedenklich.
wahre Worte :(
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Ich dachte, das wäre typisch USA. Da gibts doch auch Internetseiten, wo Hinz und Kunz die Photos (mit Namen?) aller derjenigen angucken kann, die festgenommen wurden. (Nicht mal verurteilt).
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Das stimmt – allerdings handelt es sich dabei ja nicht um Patienten, also weiss ich auch nicht, wie das rechtlich aussieht.
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Gute frage, denn HIPAA ist eigentlich kein Zuckerschlecken und ein Verstoss dagegen hat normalerweis handfeste Folgen. http://www.hhs.gov/ocr/privacy/hipaa/understanding/summary/
Sucht man mit den Stichworten HIPAA und Ebola findet man mehrere kritische Beiträge zu dem Thema.
http://www.poynter.org/latest-news/mediawire/275445/journalists-struggle-to-balance-reporting-on-ebola-with-hipaa/
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In den USA sind diese „mug shot“-Bilder verhafteter Personen öffentlich zugängliche Daten. Namen und Geburtsdatum inklusive. Obwohl es aus der Sicht von uns Europäern eigenartig erscheint – die Bevölkerung kann so nachvollziehen, wie die Polizei arbeitet.
Ob zum Beispiel jemand aufs Revier mitgenommen wurde, nachdem er wegen häuslicher Gewalt angezeigt wurde. Oder ob man ihn zwei Strassen weiter hinten wieder laufengelassen hat.
Allerdings ist eine regelrechte mug-shot-Industrie aus dem Boden geschossen: Erstens Portale, bei denen man sämtliche mug shots einer bestimmten Person auffinden kann. (Alle Behörden müssen zwar die Bilder herausgeben, aber insbesondere in ländlichen Gegenden muss man persönlich vorbeigehen für eine Kopie des Bilds.)
Zweitens Portale, wo man für $$$ die Entfernung der eigenen mug shots veranlassen kann. Angeblich würden dann die doch etwas peinlichen mug shots von den ersteren Portalen verschwinden…
Wegen dieser Industrie haben einige Bundesstaaten Gesetze erlassen. Einige erlauben es, die Bilder zu zeigen, bis der Verdächtige rechtskräftig freigesprochen wurde, während es andere Bundesstaaten verbieten, Bilder von Leuten zu zeigen, die noch nicht rechtskräftig verurteilt wurden.
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Wie die Irrationalität sich hier viel, viel schneller ausbreitet als die Seuche, wird auch da gut beschrieben: http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Wie-ein-Aussaetziger/story/17005598
Da reist ein Journalist nach Liberia, und bei seiner Rückkehr wird er wahrhaftig wie ein Aussätziger behandelt. Und hinzu kommt, dass seine Frau ebenfalls wie eine Aussätzige behandelt wird. Freunde und Bekannte kriegen es mit ihrer Angst zu tun. Angst essen Vernunft auf.
Also, bei uns am Institut hielt mal jemand einen Vortrag – der Saal war gerammelt voll – und der Vortragende war ein Arzt, der eine Woche vorher gerade Ebolakranke behandelt hatte. Andere Leute wären schreiend davongerannt…
Und es sind tatsächlich schon einige Scherzkekse aufgetreten, die bei der Polizei anrufen und sagen, es gäbe da einen „Verdacht“ auf Ebola. In einem Restaurant. In einem Kino. Wird dann für einige Stunden gesperrt, Feuerwehr tanzt mit ABC-Schutzanzügen an, die Leute werden befragt, Fieber gemessen…
Man kann etwas dagegen tun: Sich die Ebola-Symptome merken. Die Inkubationszeit – wenn du 21 Tage nach einer möglichen Ansteckung immer noch gesund bist, dann hattest du garantiert was anderes als Ebola. Die Übertragungswege. Und gerade weil Ebola eine Basisreproduktionsrate von nur 2 besitzt und Übertragung körperlichen Kontakt voraussetzt, wissen die Leute, wo sie sich angesteckt haben. Funktioniert bei HIV auch erstaunlich gut. Es ist also niemals so, dass mans einfach so plötzlich bekommt.
Und registriert euch, genauso wie ich es getan habe! Es werden nicht nur Ärzte gesucht!
http://lstmliverpool.ac.uk/about-lstm/news-and-media/latest-news/lstm-ebola-response-register
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Nein das ist es nicht, die Medien sind doch schon lang über öffentlichkeitsarbeit hinaus. Das war und ist nicht mehr deren bestreben. Sondern Sensationsgeile Stories zu liefern, und teilweise bewusst Angst zu schüren. Denn nur dadurch kriegt man die Leute dazu am Ball zu bleiben.
Das fängt doch schon damit an wie Ebola hingestellt wird. Ansteckend wir Grippe und zu 99% tödlich wenn man auch nur in de Nähe (500 Meter Umkreis) eines Patienten kommt.
Einschaltquoten, leserzahlen, alles andere ist irrelevant. Das ist doch spätestens klar seit der Panik die um H5N1 verbreitet wurde vor einigen Jahren.
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Stimmt, das ist wirklich nicht richtig – nicht, dass es mich überrascht. In die Mainstream-Medien habe ich schon lange kein Vertrauen mehr. Ich finde das Ganze auch problematisch, weil es sicher Leute gibt, die in einer Panik (ob diese nun gerechtfertigt ist oder nicht) zu Untaten fähig wären. In den USA hat angeblich schon ein Ex-Politiker dazu aufgerufen, mit Ebola infizierte Menschen umzubringen: http://aattp.org/pro-life-tea-party-christian-todd-kincannon-execute-all-ebola-patients-screenshots/ (!!!) Es sollte vermieden werden, dass so verrückte Typen die Namen von erkrankten oder eventuell angesteckten Personen aus den Medien erfahren können.
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Hallo zusammen,
ich gebe denjenigen recht, die beklagen, dass Helfer oder jeder, der bloß in einem der betroffenen Länder war, wie Aussätzige behandelt werden. Und ich kann auch verstehen, wenn man bedauert, dass Betroffene in die Öffentlichkeit gezerrt werden.
Wenn jedoch bekannt ist, dass ein Patient in infektiösem Stadium mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Kontakt mit unbekannten Personen hatte, ist bei einer Seuche mit derart großer Gefahr, der Schutz der Allgemeinheit höher einzuschätzen als der Schutz der Privatsphäre des Patienten.
Es muss eine Balance zwischen unsinniger Panik und ebenfalls unsinnigem übertriebenem Schutz der Privatsphäre gefunden werden. Möglicherweise ebenfalls durch einen erkannten Patienten Infizierte müssen gefunden werden können, auch wenn das nur um den Preis der Veröffentlichung von Namen und Bild der erkannten Betroffenen geht. Was bei harmlosen oder gut behandelbaren Krankheiten undenkbar ist (die Bekanntmachung von Namen und Bild), ist bei hochgefährlichen und schlecht behandelbaren Krankheiten mit hoher Mortalität (leider) unvermeidbar, wenn man nicht die Kontrolle verlieren will.
Je früher man Kontaktpersonen findet, je früher man sie als Betroffene ausschließen kann , je früher man Betroffene isolieren und behandeln kann, desto besser für alle!
Natürlich ist es aber nicht mehr in Ordnung, wenn Medien (wie z. B. die deutsche Blödzeitung u. a) schiere Panik schüren. Dies nur zur Klarstellung, dass mir der schmale Grat durchaus bewusst ist.
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Ja, aber die Situation haben wir ja hier definitiv nicht: Bei den Personen, bei denen Namen veröffentlicht wurde, wusste man schon (und hat man schon gehandelt) um die möglichen Kontakte.
Manche von denen haben von sich aus ihren Namen freigegeben – aber nicht alle. Und ich bin ziemlich sicher, dass die keine Ahnung haben, was da auf sie (und Familien) noch zu-kommt.
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Im Einzelfall hast Du sicher recht und wenn es keine „übergeordnete Interessen“ gibt, ist es sicher nicht okay. Aber für mich klang Dein Artikel sehr generell, und nur darauf bezog sich mein Kommentar, die (wohlbegründeten, schützenswerten) Interessen eines Einzelnen in einem konkreten Bedrohungsszenario über die Interessen der Gemeinschaft zu stellen. Wenn Du es so nicht gemeint hast, sorry!
Und nochmal zur Klarstellung: Ich würde so eine Abwägung zu Lasten eines Einzelnen nicht in einem abstrakten Szenario so treffen! Die allgemeine, durch Geheimdienste und Regierungen geschürte Terrorhysterie z. B. fällt für mich eher unter „abstrakte Bedrohung“.
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„Auch Panik ist eine Edpidemie“.
Nur da Ebola vielleicht zu uns kommt, sind „alle“ dem Wahnsinn verfallen. 10.000 sind NICHTS, mit der Schlafkrankheit sind aktuell nach WHO über 500.000 Menschen infiziert und 2-3 Millionen gefärdet. Aber die wird halt nicht zu uns kommen, also ist es uns wurscht, So wie viele andere Krankheiten in Afrika und Co.
Nicht falsch verstehen, natürlich ist Ebola gefährlich und natürlich sollte man aufpassen und natürlich muss man es bekämpfen, ABER es nervt wie unqualifiziert die meisten labern.
Unter einem Artikel (einer renommierten Zeitung), stand letztens dann tatsächlich sowas wie, dass die Krankenschwester dann ja in dne Raum geht und angesteckt wieder raus geht.
Klar, in die Krankenzimmer von infizierten spaziert man einfach so rein, sicher noch tausend Besucher und Co.
Dass Namen veröffentlich werden, ist absolut indiskutabel!
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Tja, ich kann Ihnen nur vom ersten bis zum letzten Wort voll zustimmen…
:(
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