
Ja, das ist passiert. Mittwoch bei der Pressekonferenz wurden vom Bundesrat praktisch alle Massnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus aufgehoben. Es braucht in der Schweiz keine Zertifikate mehr, es gibt keine Einschränkungen in der Anzahl Leute, die sich treffen können, die Maskenpflicht ist aufgehoben – bis auf im Öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen wie Spitälern. Donnerstag war unser „Freedom Day“.
Dem Bundesrat nach ist die Pandemie in der Schweiz beendet: Es war eine schwierige Zeit, aber wir haben sie gut überstanden. Wir seien gut aufgestellt, die Intensivstationen waren nie überlastet gewesen. Die Immunität in der Bevölkerung sei gross. Die Corona-Taskforce wird per Ende März aufgelöst.
Friede, Freude, Eierkuchen überall. Alles ist bestens – und wo es noch nicht ist, wird es das bald werden.
Aber ist das so? Die Statistik zeigt sinkende Ansteckungszahlen. Es wird aber wohl auch weniger getestet. Die Krankenhauseinweisungen bleiben stabil. Sterbefälle sinken. Alles schön, aber ich habe trotzdem starke Bedenken.
Long Covid wurde mit keinem Wort erwähnt. Wie viele da schon betroffen sind und noch sein werden ist unbekannt (10% oder mehr?) und kann eine ziemliche Belastung für das Gesundheitssystem darstellen … einfach nicht grad jetzt. Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit kann stark und lange (Monate, Jahre) beeinträchtigt sein.
Die „grosse Immunität in der Bevölkerung“ halte ich für zweifelhaft. Die Impfung zeigt Wirkung – im Sinne, dass Ansteckungen harmloser verlaufen und Long Covid vielleicht nicht so häufig auftritt nach einer Infektion. Infizieren kann man sich trotzdem. Bei der aktuell vorherrschenden Variante offenbar sogar mehrmals hintereinander und im Abstand weniger Wochen. Geimpft sind etwa 70% der Leute. Aber wir haben einen Teil der Bevölkerung, bei der der Impfschutz nicht so gut ist (ältere Leute, Immunsupprimierte etc.) und einen Teil, der noch gar nicht geimpft ist oder werden konnte, da zu jung (oder wegen verzögerter Impfzulassung für die Altersgruppe). Und dann gibt es da noch die (für mich) sehr beunruhigenden) Berichte, was eine Covid-Infektion mit unserem Immunsystem anrichten kann. Ähnlich wie nach einer Maserninfektion kann das Immunsystem beeinträchtigt werden (Nachzulesen hier über die Masern https://infekt.ch/2019/11/wenn-eine-maserninfektion-das-immunsystem-vergesslich-macht/ und hier über Covid: https://healthcare-in-europe.com/de/news/so-veraendert-covid-19-das-immunsystem.html ). Kurz: eine Herdenimmunität gegen die Coronaviren gibt es nicht und wird als wie unwahrscheinlicher. Vor diesem HIntergrund halte ich die aktuelle „Durchseuchungsstrategie“ für sehr bedenklich!
Sterbefälle – wenn man die Entwicklung in anderen Ländern mit hohen Omicron Zahlen anschaut, fällt auf, dass die Todesfallzahlen einige Wochen später ansteigen. Vielleicht so viel später, dass der Zusammenhang mit der Covid-Infektion nicht mehr festgehalten wird? Blutgerinnungsstörungen nach Covid können noch später auftreten.
Ich bin keine Immunologin, ich bin nur Apothekerin. Aber mit meinem Hintergrund beurteile ich die aktuelle Situation weder als wieder normal, noch als sicher. Ich will eine Infektion mit Covid auch weiterhin vermeiden. Deshalb bleibt die Maske auf.
Es ist mir klar, dass das bei einigen nicht gut ankommen wird. Vermutlich wird das an manchen Orten bald als „öffentlichen Alarmismus“ oder „Panikmache“ angegriffen werden. Zumindest erwarte ich „freundliche Hinweise“ wie: „Sie müssen hier keine Maske mehr tragen“.
Hier ein paar Schlagfertige Antworten darauf (sucht Eich die für die Situation passende aus):
– Müssen nicht, aber dürfen schon.
– Hat das dem Virus auch jemand gesagt, dass die Pandemie vorbei ist?
– Ich mache das Masketragen ja nicht (nur) für mich.
– Man nennt das Anstand und Rücksicht.
– Richtig, muss man nicht, aber das ist nun diese Verantwortung, die der Bundesrat erwähnt hat.
– Ich nenne das Eigenverantwortung.
– Ich lasse mir nicht vorschreiben, keine Masken zu tragen.
– Ich bin halt nicht so autoritätsgläubig wie sie.
– Ich folge lieber der Wissenschaft als den Regeln des BAG.
– Machen Sie alles, was die Regierung sagt, sie Schlafschaf? Selber denken und sich selber schützen!
– Ich hab ein Masken-Attest.
– Libertee! (laut Brüllen)
– Hab‘ vielleicht akut COVID und will niemanden anstecken.
– Hatte Knoblibrot, wollen sie mal riechen? (mit Griff an die Maske…)
– Denken sie die Menschen in Malariagebieten schlafen mit Moskitonetz, weil der Staat das vorschreibt?
– Ja, Hosen muss man ja auch nicht tragen, das machen trotzdem die meisten und ich finds nett, dass sie auch eine anhaben!
– Wenn sie wüssten, wie ich aussehe …
– Hab keinen Lippenstift an (für Männer)
– Hab mich nicht rasiert (für Frauen)
(darf gerne in den Kommentaren ergänzt werden!)
Und nun noch etwas Realsatire zum Abschluss. Der Herr im Twitter-Clip unten ist Bundesrat Ignazio Cassis. Er war Arzt. Offenbar hat er da und in 2 Jahren Pandemie (trotzdem) nicht den richtigen Umgang mit Masken gelernt. Schaut ihn an, wie er die Maske abzieht, sich freut, die Maske überall antatscht, in die Hand hustet (!), sich an die Nase fasst (!) … und an genau der Pressekonferenz das Ende der Maskenpflicht verkündet! Nun, wenn man sie SO anwendet …
Nachtrag: Am Tag danach wurde er positiv auf das Coronavirus getestet und hat sich in Isolation begeben.