MiGeL Updates – jetzt mit 2 HVB!

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Die MiGeL – Mittel-Gegenstände-Liste … bleibt ein Thema. Sie wird zunehmends komplizierter, sie listet immer noch auf, was zu wie hohem Preis maximal von der Versicherung übernommen wird, aber es gibt immer mehr Einschränkungen, Limitationen und Differenzierungen. Alleine 2021 gab es 6 MiGeL Änderungen. Es ist schwierig da aktuell zu bleiben, aber wichtig für die Arbeit in der Apotheke.

Bisherige MiGeL-Artikel zum nachlesen:
zum weitergruseln: die MiGeL Änderungen (2019)
Au weh – Pflege und MiGeL (und Spitex!) (2018, wurde jetzt Okt 2021 wieder geändert)
MiGeL oder Mich gruselt es langsam? (2018)
Sparpotential auf dem Rücken der Apotheken (2017)

Hier ein paar der (für die Apotheke relavanten) Änderungen der letzten Zeit:

In der neusten MiGeL wurden die Mietpreise für Inhalationsgeräte weiter gesenkt. Seit einer der älteren Änderung dürfen sie nur vom Lungenarzt verschrieben werden und wir allgemein immer weniger verlangt … Aber bei nur noch 20 Rappen, die die Apotheke pro Tag verlangen darf (für maximal 90 Tage), dürften kaum noch Apotheken das anbieten. Vorher war der Mietpreis bei CHF 1.15. Immerhin … wir dürfen noch eine Pauschale von 25 Franken bei der Rückgabe verrechnen. Auf der anderen Seite gibt es da eine Menge Inhalationsgeräte mit neuen Technologien, die man auf Rezept verkaufen darf … das wird jetzt attraktiver.

Verbandsmaterial: Alle mit Silber beschichteten Wundverbände werden nicht mehr vergütet. (Aber die Silber-Salben die in der Spezialitätenliste sind schon noch). Der Preis pro Kompresse bei Wundverbänden ist weiter runter gegangen. Von manchen Kompressen wird nun pro Packung unter einem Franken vergütet … der Rest ist selbst zu bezahlen, respektive falls vorhanden kann es noch über die Zusatzversicherung versucht werden oder es gibt eine Rechnung.

Wärmetherapie: es werden nur noch 2 Stück wiederverwendbare Wärmetherapiekissen pro Jahr vergütet. HBV CHF 10.60/Stück kleine und CHF 18.90 für grosse (ab 300cm2). Alle nur einfach zu gebrauchenden Pflaster fallen da nicht mehr drunter. Also kein Thermacare mehr auf Rezept (und auch keine Capsicain-Pflaster) – das ist alles nicht wiederverwendbar.

Krückenmiete: Mieten ging ja nur noch für Kinderkrücken – jetzt wurde dort die Grundgebühr gestrichen und dafür der Mietpreis pro Tag etwas erhöht (auf CHF 1.15) und eine maximale Mietdauer von 6 Wochen eingegeben.

Pulsoxymeter (max 1) zur ambulanten Überwachung von akuten Covid-19-Patientinnen und -Patienten zuhause, Kauf
Limitation: Nur für Covid-19-Patientinnen und -Patienten, welche mindestens eines der folgenden Kriterien aufweisen:
Bestehende Schwangerschaft, Bestehende Vorerkrankung, welche einen schweren Verlauf von Covid-19 begünstigen kann (Bluthochdruck; Herz-
Kreislauf-Erkrankungen; Diabetes; Chronische Atemwegserkrankungen; Krebs; Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen;
Adipositas Grad III (morbid, BMI ≥ 40 kg/m2), Relevante körperliche Beeinträchtigung durch Covid-19, so dass als Alternative nur eine Hospitalisation möglich wäre

Immer noch nicht drin in der MiGeL (und häufig verschrieben von den Ärzten): Blutdruckmessgeräte. Der Patient kann versuchen die Rechnung dafür selber einzuschicken. Viele verzichten dann einfach auf den Kauf oder holen sich etwas billiges vom Discounter.

Blutzuckerteststreifen haben seit der Änderung im April 21 diese Limitation: Bei nicht insulinpflichtigen Diabetikern max. 200 Reagenzträger pro Jahr. Man will offenbar einschränken, dass nicht exzessiv gemessen wird bei den Diabetikern, die nur Tabletten nehmen. Dafür wird ein Ausnahmekatalog aufgeführt, wann doch mehr vergütet wird:
In speziellen medizinisch begründeten Fällen kann bei folgenden Indikationen bis maximal die doppelte der genannten Anzahl Reagenzträger
pro Jahr vergütet werden (mindestens eine der folgenden Indikationen muss erfüllt sein):
– Einstellungsphasen (höhere Anzahl Reagenzträger während 6 Monaten), – HbA1C > 7.5 % bei Personen mit wenigen koexistierenden chronischen Krankheiten und intakter kognitiver Funktion, – HbA1C > 8 % bei Personen mit mehrfach koexistierenden chronischen Erkrankungen, kognitiven Beeinträchtigungen oder Pflegebedürftigkeit, – Therapie mit Medikamenten mit erhöhtem Hypoglykämierisiko, – Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY), – Mitochondrialer Diabetes, – Diabetesbeginn vor dem Alter von 30 Jahren, – Hämoglobinopathien, bei welchen die HbA1C-Bestimmungen nicht verlässlich sind

Aber die grösste Änderung: Es gibt jetzt 2 Höchstvergütungsbeträge (HVB) für fast jedes gelistete Produkt, je nachdem, ob die Mittel von Privatpersonen oder im Heim durch Fachpersonal angewendet werden.

Für die Apotheken heisst das, dass wir an die Krankenversicherungen der OKP rechtmässig den „HVB Selbstanwendung“ verrechnen dürfen, da wir als sogenannte „nichtberuflich an der Untersuchung oder Behandlung mitwirkende Personen“ gelten. Auch für Patient:innen, die durch eine Krankenpflege oder Hilfe zu Hause (Spitex eingeschlossen) behandelt werden, gilt das, da wir in der Apotheke nicht zur Sicherstellung der Anwender:in des Pflegematerials verpflichtet sind. Bewohnende einer Institution, die nicht direkt an die Krankenkassen abrechnen, sowie Patienten von Kliniken zur Rehabilitation, Kur und Akutbehandlung gehören ebenfalls dazu und erlauben die Verrechnung des «HVB Selbstanwendung» durch die Apotheke.

Was man für die Anwendung im Heim abgibt, hat nun einen niedrigeren HVB. Einerseits ist es schön, dass die Sachen wie Verbandsmaterial, Katheter etc. nun endlich wieder für die Spitex von der Krankenkasse übernommen wird. (Man erinnere sich: vor ein paar Jahren hiess es, dass das auch bei denen bei der Hauspflegehilfe mit den Pflegepauschalen die sie bekommen bezahlt sei). Andererseits habe ich nun das Problem, dass ich nicht weiss, ob das Heim (Altersheim, Wohnheim) in dem der Patient wohnt, schon der Krankenkasse die Pflegepauschalen verrechnet und ich die niedrigere HBV anwenden muss. Eigentlich müsste der Patient mir das selber mitteilen … und ob der da informiert ist? Ich kann nach der offiziellen Heimliste des Kantons gehen – aber auch dann habe ich das Problem: auf der Krankenkassenkarte ist nicht angegeben „Heim X“, sondern nur die Adresse wo Heim X steht. Eigentlich müsste ich also all die Adressen der Heime im Kopf haben und aufmerksam werden, wenn ein Patient kommt.

Frage an die mitlesenden Apotheker: wie macht ihr das?

Die Spitex leidet (und die Apotheke leidet mit)

Die Spitex (das ist die Haushilfe) tut mir ja leid. Trotzdem … schiebt das Problem bitte nicht an die Apotheke weiter!

Darum geht es (zusammengefasst von der Spitex Aargau):

• Mittel und Gegenstände: z.B. Verbandmaterial, Inkontinenzhilfen, Gehhilfen.

• Seit 2011 konnten Pflegeheime und Spitexbetriebe die Mittel und Gegenstände den Krankenversicherern zusätzlich zu den Pflegebeiträgen in Rechnung stellen.

• Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2017 stellte fest, dass die Kosten für Mittel und Gegenstände Bestandteil der Pflegeleistung sind und somit mit den Pflegebeiträgen der Krankenversicherer bereits abgegolten sind.

• Die Folge davon sind Ertragsausfälle ab 2018 in der Höhe von jährlich über 4 Millionen Franken für die Pflegeheime sowie in unbekannter Höhe für die Spitexbetriebe.

Wir schreiben 2019 – und die Haushilfe leidet. Viele Spitex haben sich entschlossen das Material für Wundversorgung und bei Inkontinenz selber zu besorgen und zentral zu lagern um günstiger einkaufen zu können. Das bedeutet einen Mehraufwand, nicht nur zur Bestellung, sondern auch das vom Lager zum Patienten zu bringen. Mindereinnahmen und Mehraufwand … es zeigt sich jetzt, dass das für die Spitex bald nicht mehr stemmbar ist.

Deshalb versuchen jetzt offenbar manche das an die Apotheken zurückzugeben. So hatten wir heute eine Anfrage – nein, eigentlich war es eher eine Forderung:

Inkontinenzeinlagen für eine Patientin. Das Rezept würde uns später geliefert werden.

Okay – Nur weiss ich bei der Patientin, dass sie die Inkontinenzeinlagen ganz sicher nicht mehr selber anwenden kann. In der MiGeL 2019 steht inzwischen auch sehr konkret:

Mittel und Gegenstände, die im Rahmen einer medizinischen Behandlung durch einen Leistungserbringer nach Artikel 35 KVG (Arzt/Ärztin, Spital, Pflegefachperson oder andere medizinisch-therapeutische Fachpersonen wie Physiotherapeut/Physiotherapeutin) oder im Rahmen der Pflege in Pflegeheimen oder durch die Spitex angewandt werden, dürfen nicht über die MiGeL abgerechnet werden.

Nach einem langen Telefon mit der Verantwortlichen Person bei der Spitex (die ich wirklich bedauere) hat man mir direkt gesagt:

  • dass sie mir keine schriftliche Bestätigung ausstellen können, dass die Produkte vom Patient angewendet werden können (weil das eben nicht so ist),
  • dass sie aus personellen und finanziellen Gründen jetzt systematisch die Patienten wieder auf Bezug in der Apotheke umstellen (müssen),
  • und dass es von jetzt an wieder unser Problem sein soll, das zu besorgen, zum Patienten zu schaffen und der Krankenkasse abzurechnen.

Ich habe das dann abgelehnt. Die Patientin tut mir noch mehr leid als die Spitex, aber – ich kann genauso wenig gratis arbeiten, wie sie, brauche für das Material Geld, Platz und zum abgeben Personal – und einfach zu hoffen, dass das der Krankenkasse nicht auffällt, mache ich nicht. Am Ende trage ich hier als Apotheke das ganze Risiko. Wenn ich das beliefern soll und die Situation ist wie beschrieben, dann muss ich das der Spitex direkt in Rechnung stellen können. Das wollten sie dann auch nicht.

Ich bin sicher, das werden noch andere in der nächsten Zeit versuchen – das als kleine Warnung an andere Apotheken.

Und für die Patienten und anderen in der Schweiz wohnenden Leute: DAS ist einer der übereilt durchgedrückten Sparmassnahmen und deren Auswirkungen. Ich habe keine Ahnung, wo das noch hinführt – aber um so etwas in Zukunft möglichst zu vermeiden … unterschreibt bitte die Petition hier! Noch bis Ende Mai möglich.

Man lässt sich nicht nur für sich selbst impfen

Grippe- und Erkältungszeit und ich erinnere daran, wie wichtig es ist, dass gerade Pflegepersonal geimpft ist. Nicht nur für sich oder damit sie weniger Stunden ausfallen für den Arbeitgeber. Nein, ich meine vor allem für die Leute, die sie betreuen und für deren Gesundheit sie mit-verantwortlich sind. Ich weiss, dass das immer noch keine Voraussetzung ist in vielen Spitälern und Heimen. Und es wird auch kaum freiwillig gemacht. Gerade dort ist die „das ist chemisch“ und kommt von „Big Pharma“ und „hast Du gesehen, was da sonst noch alles drin ist?“ und „übersteht man ja auch ohne Impfung problemlos“ „natürlich“ – Fraktion sehr hoch. Und ich würde hier mal behaupten bei der Haushilfe (der Spitex hier) ist das auch genau so.

Das sollte man mal überdenken, denn das sind die Leute die genauso in Kontakt mit älteren, polymorbiden und hilfsbedürftigen Personen kommen – und das bei ihnen zu Hause. Und wenn das Pflegepersonal krank wird, dann bringen sie dies direkt zum Patienten, der sonst vielleicht kaum mehr Kontakt nach aussen hat.

Diesen Herbst konnte ich so einen Fall gut beobachten. Unsere Patientin, – nennen wir sie Frau Moller – fast 90jährige Frau, hausgebunden und erhält Unterstützung durch die Spitex. Und eine dieser (meist) Frauen kam total erkältet, rotzend und fast dauerhustend zu ihr nach Hause. Darauf von Frau Moller angesprochen machte sie noch Scherze im Sinne von wie aufopfernd es von ihr ja wäre, dass sie überhaupt kommt und arbeitet. Dass das ja nur ein bisschen Husten sei und der Körper damit problemlos umgehen kann sie hätte das jetzt schon eine Zeitlang …

Auf Bitte der Patientin hat sie dann zumindest eine Maske angezogen.

Zu spät. Ein paar Tage später hatte Frau Moller ziemlich übel beginnende Erkältungssymptome, Fieber, Gliederschmerzen, nächtliche Hustenattacken halt so allgemeines Krankheitsgefühl. Da sie dann bei der Spitex reklamiert hat, hat sie zumindest nicht mehr diese Pflegehilfe bekommen, aber es dauerte lange, bis der Husten und das Krankheitsgefühl dann weg ging. Eine Zeitlang sah das gar nicht gut aus für Frau Moller.

Plot-Twist: Im Endeffekt hat sich dann übrigens noch herausgestellt, dass das Keuchhusten war, nicht mal die Grippe … Aber auch dagegen kann man sich impfen (Pertussis gehört zu den Grundimmunisierungen) und man sollte das bei Umgang mit kleinen Kindern und oder sonst kranken Personen auffrischen lassen.

Der Twitter-Tag

Der Twitter-Tag zum nachlesen – in chronologischer Reihenfolge, leider ohne genaue Zeitangaben.

Erläuterung: «normale» Rezepte (ohne pharmazeutische Probleme) und Verkäufe erwähne ich heute nicht, ihr könnt Euch aber vorstellen, dass die dazwischen nicht nur vereinzelt stattfinden.

Start 7.45 Uhr

Am Vorbereiten die Apotheke zu öffnen. Kassen nach vorne, Anrufbeantworter abschalten, schauen, ob schon etwas anfällt (Sieht gut aus). Emails durchgehen, Twitter und Blog vorbereiten … das nur heute :-)

Wir öffnen. Die eine Stammkundin mit der kontrollierten Abgabe steht schon vor der Türe und wartet. Verstehe ich nicht wirklich, weshalb man um 8 Uhr morgens schon «sein Stilnox» haben muss? Das ist ein Schlafmittel.

Kurz vor seinem Arbeitsbeginn kommt ein Mann zum Impfen vorbei: FSME – die zweite. Er war im Sommer schon mal da. So schlecht scheine ich das nicht zu machen :-)

Inzwischen sind auch die andern nicht untätig: Wareneingang im Gange.

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Nitroglyzerin Kapseln für einen älteren Mann. Abgabe im Ausnahmefall ohne Rezept. Er war noch nie bei uns, deshalb längere Abklärungen. Ist für Notfälle zu Hause, war letztens beim Arzt, hat vergessen Rezept ausstellen zu lassen.

Telefonanruf eines erbosten Mannes unbestimmten Alters: «weshalb wir seiner Tochter kein Makatussin abgegeben haben?!» Sie war deutlich unterhalb unserer Altersgrenze für den Codein-Sirup. Schlage vor, dass wir es abgeben, wenn er ihr einen Ausweis von sich mitgibt.

Nachtrag zum Makatussin: Das Zeug wird wirklich häufig missbraucht. Und so alt (und krank) hörte sich der Mann auch nicht an. Bin gespannt, ob sie (oder er) nochmal kommt.

Telefon wegen Videoüberwachung die vor ein paar Tagen ausgefallen ist. Sie schicken jemand vorbei das anschauen. Hoffentlich bald. Im Moment scheint der 5-Fingerrabatt wieder aktuell zu sein vor allem bei der Kosmetik

Bestellung Wintervorrat Erkältungsmittel direkt bei der Firma. Brauche ich wirklich 60 Packungen Vicks Medinait? Wie entwickelt sich das wenn das ab nächstem Jahr pro Forma «rezeptpflichtig» wird bei uns?

Kontrolle der Bestellungen im Wareneingang. Der Arzt will wirklich Isotretinoin einer 11 jährigen geben und verschreibt grad eine 100er Packung mit „sic“. Ui.

Grippeimpfung – ich würde ja gerne mal Striche an die Wand des Beratungsraums machen zum zeigen, die wievielte das ist … aber das sieht wahrscheinlich etwas doof aus? (überleg)

Grad noch eine Grippeimpfung. Online eingeben für die offizielle Statistik muss ich das später, wenn ich Zeit habe. Die nächsten Patienten warten.

Spitex (Haushilfe) Fax-Bestellung für Patient den ich nicht im Computer habe und angehängt Rezept für einen bekannten Patienten für ganz andere Medikamente? Telefon an die Spitex um das auseinander zu beineln. Sie rufen zurück.

Kundin will Bürgermeister Zink Tabletten für die Kollegin und ist verwirrt, dass ich ihr Burgerstein Zinkvital bringe, nimmt es aber doch. Die Autokorrektur des Smartphone ist ja amüsant.

ca. 10 Uhr

Telefon mit der Arztpraxis wegen einer unserer Patientinnen mit Wochendosett, die eine Medikamentenumstellung wünscht, aber partout nicht in Kontrolle will. Sie rufen zurück. Irgendwann. Versprochen.

Es riecht verbrannt … respektive wie wenn etwas zu heiss wird. Wo kommt das her? Ich irre schnüffelnd in der Apotheke herum, finde aber nichts. Rauchgeruch macht mich immer noch nervös, auch über 10 Jahre nach dem Feuerwehrdienst.

Die Spitex ruft zurück, das erste Fax sollte an eine andere Apotheke. Beim Rezept klären sie noch ab, ob grad etwas gebraucht wird. Sie rufen wieder an. Sobald sie es herausgefunden haben.

Computer frei von der PA, die die Krankenkassenabrechnung gemacht hat. Versuch Rezepte vom Vortag zu kontrollieren. Versuche – weil: neue Patienten und Kunden.

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Anruf der Stammkundin, die wieder über ihren schlecht funktionierenden Stuhlgang reden will. Muss sie abklemmen wegen Patienten in der Apotheke.

Abgabe des Isotretinoins aus der Bestellung an die Mutter der jungen Patientin und ausführliche Beratung wegen Nebenwirkungen und dass Off Label use (und deshalb ev. von Krankenkasse nicht übernommen.

Kundin fragt nach Kohlensäure-Bad. Sie hätte das in der Reha empfohlen bekommen und will das für zu Hause zum Selbermachen. Finde nach längerer Recherche etwas in Deutschland, das ich besorgen könnte. Ist ihr zu teuer.

Aber das Kohlensäure-bad hat eine wirklich interessante «Packungsbeilage» – vor Ersticken wegen dem Entstehenden Kohledioxid wird gewarnt. Wieder was gelernt. (Ich wusste gar nicht dass Kohlesäurebäder ein Ding sind – ausser Badebomben …)

Mir fällt auf, dass bisher niemand Makatussin mit Ausweis holen gekommen ist …Hmmmhmm.

ca. 12 Uhr

Hatte gerade eine Pille danach Beratung. Unspektakulär: vernünftige Frau mit kaputtem Kondom – nur blöd, wenn man deswegen fast versäumt die Mittagsbestellung durchzugeben. Grad noch.

Die Ultracortenol Augensalbe auf Rezept ist mal wieder nicht lieferbar. Der Patient will aber nicht in die andere Apotheke (die es noch hat) wir sollen beim Arzt nach Ersatz fragen. Der hat Mittagspause. Wir versuchen es später wieder.

Der Arzt hat dem 7jährigen Kind Nasivin 0.1% aufgeschrieben auf Rezept. Eigenständig dem Alter entsprechend auf 0.05% gewechselt – wahrscheinlich hat er das mit Xylometazolin verwechselt. Nasivin gibt es nur in 0.01, 0.025 und 0.05%. Wenn alles so einfach wäre …

Versuche ein Sandwich und eine Cola möglichst rasch zu verdrücken, bevor der nächste Kunde kommt. Klappt nicht. Ja, ich finde es auch nicht so schön, noch kauend vor dem Kunden zu stehen …

Mir fällt ein, dass ich der Stammkundin mit dem ungenügenden Stuhlgang noch zurückrufen muss! 15 Minuten am Telefon mit TMI (too much info) und einem Versuch der Anpassung ihrer Medikation. Abführmittel hat sie schon genug zu Haus.

Für den Patienten hätte ein Rezept für ein Antibiotikum gefaxt werden sollen (nach Telefonischer Konsultation). Es ist nichts gekommen. Jetzt ist niemand erreichbar – Mittagspause. Machen die Ärzte hier.

Kundin will mit mir diskutieren wegen dem „Wundermittel“ kolloidalem Silber und der bösen Pharmaindustrie. Ich aber nicht mit ihr – im übrigen kann (und will) ich das nicht bestellen. Sie geht’s im Internet kaufen. Ok!

Ernsthaft, kolloidales Silber: das Zeug ist weder besser noch harmloser als ein Antibiotikum – und die Pharmafirmen sind nicht der (einzige) Grund, weshalb das nicht mehr offiziell verwendet wird, sondern das schlechte Nutzen-Risiko-Verhältnis, vor allem bei der Einnahme.

Schon wieder Vitamin D auf Rezept. Das zehnte allein heute? Das Zeug ist der Renner. Jeder muss es haben, alle wollen es verschrieben. Nur scheinen manche Ärzte sich nicht wirklich auszukennen. Nein, die öligen VitD-Tropfen kann man nicht in Wasser einnehmen!

Wenn wir grad beim Vitamin D sind: Es macht finanziell wenig Sinn die 30ml Flasche zu verschreiben (VP CHF16.15 plus Pauschalen! da rezeptpflichtig) mit Dosierung «1/3 Flasche im Monat», wenn eine OTC 10ml Flasche VP 4.25 hat Auch das ändern wir selbständig.

ca. 14 Uhr

Bald Mittag vorbei – ich versuche wegen dem Antibiotikum-Rezept in die Praxis anzurufen. Noch zu. Der Anrufbeantworter meldet, dass sie ab 14 Uhr «wieder für Sie hier sind»

Noch eine Grippeimpfung. Da nützt jemand seine Mittagspause. Interessant ist, wie häufig ich höre „der Impfstoff ist dieses Jahr hoffentlich wirksamer als letztes Jahr?“ … aber keiner der dort schon geimpften hat wirklich die Grippe bekommen.

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Meine Pharmaassistentin versucht es nochmals bei der Praxis wegen dem AB-Rezept. Immer noch der Anrufbeantworter? Hey! Es ist 2 Uhr vorbei!

Die andere Praxis mit dem Ultracortenol Rezept nimmt dafür ab. Die Praxisassistentin muss wegen dem Ersatz beim Arzt nachfragen, der grad beschäftigt ist. Sie rufen zurück.

Endlich erreicht meine PA die Praxis. Sie faxen uns das AB-Rezept … nochmals (sagen sie)? Das Rezept kommt fast sofort. Wir geben es an die inzwischen wartende Patientin ab.

Die Stuhlgang Stammkundin ruft wieder an. Sie will jetzt doch etwas Neues probieren (die Nachbarin hat empfohlen) und wir sollen ihr das bringen. Und beim Arzt ein Rezept verlangen.

Nur damit ihr nicht denkt, dass ich hier alleine am arbeiten bin. Neben den Rezepten und Beraten wurden auch die Wochendosette befüllt. Jetzt muss ich sie nur noch kontrollieren.

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Mann kommt mit Rezept für Frau über Antibiotika (offensichtlich gegen Chlamydien Infektion) plus Partnerbehandlung. Er kann schlecht Deutsch (aber besser als die Frau wahrscheinlich). Dauert etwas, die Anwendung für beide zu erklären.

Ausserdem hat er noch den abgelehnten Bescheid der Kostengutsprache der Krankenkasse für … eine operative Fettschürzenentfernung dabei und fragt was das ist. Uh …

Die Patientin mit dem Ultracortenol Rezept ist wieder da. Die Praxis hat noch nicht zurückgerufen wegen dem Ersatz. Die Patientin nimmt das Rezept wütend wieder mit und versucht jetzt woanders das Ultracortenol zu bekommen … Viel Glück.

Was meine PA nicht lesen konnte auf dem Rezept ist Wobenzym. Ich kenne das, in der CH ist das aber nur im Kanton Appenzell verkehrsfähig. Ich darf es nicht mal importieren aus D. Ein ungeeigneter Versuch Traumanase zu ersetzen, das seit langem nicht lieferbar ist?

Das Faxgerät spukt ein Faxrezept für Antibiotikum aus … das mir sehr bekannt vorkommt. Es ist dasselbe das wir schon bekommen haben. Absender: eine andere Apotheke. Offenbar ist es falsch dort gelandet. Wann??

Kundin will Magnesiumöl bestellen. Ich stelle erstaunt fest, dass es tatsächlich einen Artikel gibt der bestellbar ist. Sie fragt mich, was ich davon halte. Ich sag‘s ihr (das wird kaum über die Haut aufgenommen). Sie nimmt etwas zum einnehmen das wir da haben.

Rezept vom Hautarzt für Clarelux Schaum. Weiss der immer noch nicht, dass das seit Monaten nicht lieferbar ist?

Übergabe an meine Kollegin, die heute Spätdienst hat. 1) Der Arzt hat wegen der Dosett-Umstellung nicht zurückgerufen. Naja – theoretisch hat das noch Zeit bis nächsten Mittwoch.

Übergabe 2) Die Spitex hat wegen dem Rezept noch nicht wieder zurückgerufen ob sie es wirklich brauchen. Das «kann» in dem Fall auch warten.

Übergabe 3) Das Abführmittel für die Stammkundin muss man noch bringen. Zusammen mit anderen Sachen, die noch zum ausliefern sind.

Übergabe 4) Den Rest wird sie dann anhand der Rezepte beim Kontrollieren selber sehen. Ich überlasse ihr Dankbar die Apotheke für heute – sie ist ja mindestens so gut wie ich.

16.10 Uhr Erschöpft nach Hause fahren.

(Alles nachlesbar auch auf Twitter unter dem Hashtag #apothekelive )

Au weh – Pflege und MiGeL (und Spitex!)

Der neuste Gerichtsentscheid im Streit Krankenkassen gegen Altersheime hat … unerwartete Auswirkungen auf die Arbeit in der Apotheke.

Ihr erinnert Euch noch, was ich über die MiGeL und Leute im Altersheim geschrieben habe?

Zur Erinnerung: Offenbar haben die Krankenkassen Verträge mit Alters- und Pflegeheimen, in denen steht, dass MiGeL Produkte (Sachen wie Inkontinenzwindeln, Verbandsmaterial, Nadeln, Blutzuckerteststreifen) in der Pauschale, die die Krankenkasse den Institutionen zahlt pro Person und Tag enthalten sind. Damals hatte ich einen Fall, wo die Krankenkasse mir die Blutzuckerteststreifen auf Rezept nicht zahlen wollte, da der Patient ein Heimbewohner war … und das mit der Pauschale abgegolten sein sollte. Ich konnte das noch abwehren, da mir nicht bekannt war, dass der Patient da drunter fällt.

Aber heute ist das so: wenn der Patient in einem Alters- oder Pflegeheim lebt, dann gebe ich (auch auf Rezept) besser keine MiGeL-Produkte ab: das muss das Heim machen. Ich bekomme es nämlich nicht zurückerstattet von der Krankenkasse. Das Heim kann was nicht von der Krankenkasse übernommen wird dem Kanton in Rechnung stellen (und hoffen, dass sie es dann bekommen, ich kann mir vorstellen, dass die Pauschalen für viele Fälle nicht ausreichend sind).

So weit so schlecht.

Nun wird es schlimmer: Anscheinend gilt das auch für die Betreuung durch die Haushilfe / Spitex.

Nochmal: Wenn die Spitex den Patienten betreut / pflegt / dafür MiGeL-Artikel braucht, muss sie für das dafür benötigte MiGeL-Material aufkommen. :-o

Und wenn ich als Apotheke das abgegebe – dann muss ich das der Haushilfe / Spitex / Heim verrechnen, nicht der Krankenkasse oder dem Patienten. – Und dafür brauche ich einen Liefervertrag mit der Haushilfe.

Das Ganze stellt mich momentan noch vor viele offene Fragen. Ein paar davon können mir eventuell auch mitlesende Spitex/Haushilfe-Angestellte erläutern?

  • Hat die Spitex (gibt ja auch einige Zweigstellen) überhaupt schon Verträge mit Apotheken betreffend Rechnungsstellung MiGeL-Produkte?
  • Oder liefert die Spitex das in Zukunft selber dem Patienten? Das würde bedeuten, dass sie ein ziemliches Lager anlegen müssten. Wo bestellt die Spitex/Haushilfe das?
  • Gilt das Ganze jetzt für jeden von der Spitex/Haushilfe betreuten Patienten? Viele davon benötigen ja nicht für alles Hilfe oder Pflege.
  • Und wenn das nicht für jeden gilt: woher weiss ich, ob das auf den Patienten, den ich in der Apotheke stehen habe (mit einem Rezept) jetzt zutrifft?

Ich finde das ausgesprochen undurchdacht: eine Betreuung in einem Pflegeheim ist ja wirklich nicht dasselbe wie eine Betreuung ausserhalb durch jemanden, der gelegentlich vorbeikommt und kleinere Arbeiten erledigt.

Neu muss ich also bei jeder Bestellung der Spitex für einen Patienten (egal ob bei Lieferung an die Spitex oder Abholung durch dieselben)  davon ausgehen, dass ich das MiGeL-Produkt nicht der Krankenkasse verrechnen kann …. und der Spitex/Haushilfe dafür eine Rechnung stellen oder sie gleich zahlen lassen. Oder zumindest fragen, ob das Produkt vom Patienten SELBER angewendet wird.

Bei den Patienten die selber bei mir in der Apotheke stehen mit einem Rezept für MiGeL-Produkte mache im momentan weiter wie bisher: Ich rechne das der Krankenkasse ab.

Auf der Seite der Pharmasuisse findet sich übrigens eine Vorlage, die man bei Rückforderungen der Krankenkasse – und die wird es geben, jetzt noch mehr – brauchen kann, wenn man nicht wissen konnte, dass der Patient pflegerisch betreut ist.

Man denke auch an den Aufwand, den die Spitex damit hat: eine Rechnungsstellung gibt es ja jetzt schon in 3 Teilen geben: einmal an die Krankenkasse, einmal an den Patienten und eine noch an den Kanton? Nun kommt einfach noch die Aufteilung der Sachen aus der Apotheke darauf hinzu.

Na das gibt ja was.

Aber Hauptsache, die Krankenkasse hat wieder etwas gefunden, wo sie sparen kann.

Siehe auch: MiGeL – oder mich gruselt es langsam und MiGeL- der Krankenkassenverband ortet Sparpotential

Verantwortungsabgabe (nicht ganz freiwillig)

Eine etwas traurige Geschichte.

Dosette finde ich etwas unglaublich praktisches. Nicht, weil ich den Leuten nicht zutrauen würde, ihre Medikamente selber zu verwalten – Dosette kann man übrigens auch gut selber richten – aber bei mehr als 3 oder 4 Medikamenten, die man über den Tag verteilt nehmen muss, würde es auch für mich schwierig werden, da wirklich Einnahme-treu zu bleiben.

In der Apotheke richten wir Dosette für Leute, die damit auch Mühe haben – ab 3 Medikamenten regelmässig pro Woche können wir das der Krankenkasse verrechnen.

Wir haben einer Patientin – einer älteren herzigen, kleinen Dame – nennen wir sie Frau Seniorita – seit Jahren das Dosett gerichtet. Angefangen hat das auf ihren eigenen Wunsch, da sie selber merkte, dass sie immer mehr Mühe bekommt, ihre Medikamente richtig zu nehmen. Kein Wunder, sie hat etwa 8 verschiedene.

Wir haben dann alles eingefädelt und den Arzt kontaktiert, damit er ein Rezept dafür ausstellt und von da an haben wir ihr einmal in der Woche das Dosett vorbereitet.

Sie kam dann auch schön regelmässig – Anfangs beklagte sie sich noch ein bisschen, weil sie sich so „dumm“ vorkäme, da sie die Tabletten nicht mehr selber richtet. Sie ist definitiv nicht „dumm“, sie wird einfach nur auch älter und sie ist jemand, der die Dinge gerne selber in der Hand hat. Aber sie hat sich dann daran gewöhnt und ist immer offensichtlich gerne in die Apotheke gekommen um das Dosett abzuholen und ein bisschen mit uns zu reden.

Über die Zeit hat man schon gemerkt, dass das eine vernünftige Entscheidung war, dass wir ihre Medikamente richten: auch so vergass sie gelegentlich Tabletten, verwechselte Tage, wusste nicht mehr, für was ein Medikament das jetzt war. Noch nicht wirklich etwas tragisches – sie kam regelmässig zu uns und wir sortierten das so gut es ging aus und unterstützten sie dabei. Aber es wurde schlimmer. Der Arzt verschrieb ihr dann ein Mittel gegen Demenz, das wir neu einrichten mussten.

Schliesslich bekam sie eine Haushaltshilfe zur Unterstützung – und die meldete sich kaum eine Woche nach „Dienstantritt“, dass sie das Dosett richten wolle, da sie ja sonst keine Übersicht habe, was Frau Seniorita nehme und ihr ohne das auch nicht sagen könne, dass sie die Tabletten nehmen muss.

Ich fand das dann etwas kurios. Nicht nur, dass wir Frau Seniorita einen Plan mitgegeben haben mit all den Medikamentennamen und wann was im Dosett ist – sie hatten also alle Info – war die Haushilfe jeden Tag bei ihr und hätte so sicher die beste Einsicht, was und ob Frau Seniorita die Medikamente auch genommen hat.

Wir telefonierten ein paar Mal und ich versuchte ihr das so zu erklären, auch dass Frau Seniorita wohl gerne selbständig bleiben möchte und dass ihr regelmässiger Besuch bei uns ihr da doch noch mehr das Gefühl gäbe das zu sein, ausserdem kam sie so etwas raus – Das Abholen war ja auch nie das Problem, mehr dass einzelne Tabletten nicht genommen waren.

Beim nächsten Besuch von Frau Seniorita hörten wir, dass sie etwas niedergeschlagen war – die Haushaltshilfe nahm ihr viel Arbeit ab, was half, aber liess sie fast nichts mehr selber machen. Auch das Dosett abholen war schon ein Thema.

Die Haushilfe blieb hartnäckig. Mir ist schon klar, dass das für sie auch ein Zusatzverdienst ist – Dosette richten kann man auch als Haushaltshilfe verrechnen. Schliesslich überzeugte sie den Arzt davon, dass Frau Seniorita nicht mehr dazu imstande sei, für ihre Medikamente selber zu sorgen, dass sie Anzeichen von Depressionen zeige und praktisch nicht mehr aus dem Haus ginge und sie als Haushaltshilfe von jetzt an auch die Dosette richten sollte, dann hätte sie das alles im Griff – Frau Seniorita wurde nicht mehr dazu befragt.

Also haben wir (widerstrebend und leicht unglücklich) nach Anweisung des Arztes alle Medikamente und Unterlagen dazu weitergegeben. An die Haushaltshilfe, denn Frau Seniorita haben wir seitdem nicht mehr gesehen. Dass sie noch lebt, weiss ich nur, weil die Haushaltshilfe gelegentlich die Medikamente bei uns holt.

Ich finds traurig. Und irgendwie vermisse ich die wöchentlichen kleinen Unterhaltungen mit Frau Seniorita.