Buchrezension: Medikamentenabhängigkeit

Einmal wieder ein Fachbuch, das ich vom Schattauer Verlag zum anschauen bekommen habe: Medikamentenabhängigkeit Entstehungsbedingungen – Klinik – Therapie.

Der Autor Prof. Dr. med. Michael Soyka ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie und seit 2006 Ärztlicher Direktor der Privatklinik Meiringen in der Schweiz – und mit diversen Forschungsprojekten und Publikationen im Bereich der Medikamentenabhängigkeit sehr qualifiziert, darüber zu schreiben.

  • Das Buch beginnt mit zwei (kurzen) Fallvorstellungen;
  • Beantwortet Fragen der Epidemiologie (Verbreitung dieser Störungen);
  • Geht auf die einzelnen Substanzen ein, die abhängig machen können: von Analgetika, Tranquilizer und Hypnotika, Anxiolytika und andere psychotrope Substanzen, Psychostimulantien und auch weitere Substanzgruppen: Laxantien, Potenzmittel, Diuretika, Rhinologika;
  • Zeigt die Ätiologie (Grundlagen) von Missbrauch und Abhängigkeit;
  • Listet die Diagnostischen Kriterien für Missbrauch und Abhängigkeit
  • Und gibt Einblick in die Psychotherapie bei Missbrauch und Abhängigkeit.

Es ist dabei ausgiebig mit Quellen, Grafiken, Listen und Formularen belegt und hat einen grossen Anhang mit weiterführender Literatur sowie zahlreiche Adressen von Schmerzkliniken und anderen hilfreichen Institutionen – diese für Deutschland, leider nicht für die Schweiz.

Das Buch richtet sich vor allem an Ärzte – nicht nur die, die speziell in diesem Bereich arbeiten, sondern auch die Hausärzte, denn in der Prävention von Suchterkrankungen sind alle gefragt. Für mich als Apothekerin waren neben dem Erkennen von Missbrauch und der Prävention vor allem die Teile interessant, die sich mit den frei verkäuflichen, abhängig machenden Mitteln befassen: Abführmittel, Nasenspray, OTC-Schmerzmittel.

Speziell fand ich noch diesen Absatz unter Psychotherapie bei Missbrauch und Abhängigkeit, wo es im Kapitel 6.3 Apotheker um ein Modellprojekt von 2013 geht: „Ambulanter Entzug von Benzodiazepin-abhängigen Patienten in Zusammenarbeit von Apothekern und Hausarzt“ (in Auszügen:)

Der Apotheker hatte als kurzfristig und ortsnah verfügbarer Ansprechpartner in diesem Projekt eine Schlüsselrolle. … Apotheker und Ärzte wurden vor Beginn geschult. Am Anfang stand ein ausführliches Beratungsgespräch zwischen Apotheker und Patient in der Apotheke … dann wurde in Absprache mit dem behandelnden Arzt ein Abdosierungsplan erstellt (Entscheidung beim Arzt) und der Verlauf dokumentiert.

83% beendeten die Abdosierung innert 24 Wochen. Nachuntersuchungen nach 3 Monaten zeigten, dass von den 30 Patienten, die im Verlauf der Intervention das Medikament vollständig abdosiert hatten 24 nicht erneut Benzodiazepine konsumiert haben (80%).

Bei Apothekern betrug der Zeitaufwand pro Patient insgesamt bei 6.5 Stunden, bei Ärzten im Mittel bei einer Stunde. Insgesamt stand das gute Bewertungsergebnis der Zusammenarbeit mit dem Apotheker durch die Ärzte im Widerspruch zur Erreichbarkeit und Aufgeschlossenheit der Mehrzahl der Ärzte. Die Initianten des Modells stellten fest, dass die Bereitschaft zur Teilnahme bei den Ärzten zunächst niedrig war, diejenigen Ärzte, die teilgenommen haben aber die Zusammenarbeit mit dem Apotheker sehr wertschätzten.

Das lässt hoffen. Gerade bei Benzodiazepinen und Z-Substanzen sehe ich in der Apotheke heute viel Missbrauch – oft gefördert durch indifferenziertes Verschreiben auch als Dauermedikation.

Das Buch bietet eine Menge an Fakten. Ich fand es etwas trocken, aber interessierte Personen finden darin alles, was sie an Grundlagen zur Erkennung von Abhängigkeit und Behandlungsansätze dazu brauchen.


Follow my blog with Bloglovin

Ready Player One – Buchrezension

Ready Player One von Ernest Cline – Das war mal wieder ein Buch, das ich einfach geliebt habe zum lesen (und im Moment lese ich mich grad noch einmal durch). Dabei war ich anfangs kritisch eingestellt … ich mag meinen Computer und ich habe Computerspiele gespielt, aber … nicht genug, dass mich ein Buch darüber interessieren würde. Gut, dass es nicht darum geht … oder nicht nur.

Das Buch spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft: 2044. Die Ölvorräte sind aufgebraucht, die meisten Menschen leben in Armut und relativem Hunger und in unschöner Umwelt … keine guten Aussichten, aber nicht alles ist so trostlos. Es gibt die OASIS, praktisch eine Parallelwelt, die sich aus Internet und Multiplayer Games entwickelt hat, wo jeder gratis Zugang hat – sofern man die nötigen Utensilien: Computer, Brille und Handschuhe hat. Diese Zweitwelt bietet nicht nur jede Menge Abwechslung, sondern auch Bildung, so wie dem Schüler Wade, der in einem Trailerpark (die inzwischen aus Platzmangel in die Höhe gebaut haben) von seiner Tante aufgezogen wird. Wade ist ein „gunter“ – einer der vielen Leute, die in OASIS nach dem Easter Egg suchen, das dessen Entwickler Halliday hinterlassen hat. Wer die Rätsel löst, die drei Schlüssel findet, die Tore öffnet und das Ei findet, dem hat er sein gesamtes Vermögen hinterlassen und die Kontrolle über OASIS. Halliday ist vor 5 Jahren gestorben und ausser den vielen „gunters“ ist auch der Mega-Konzern IOI hinter dem Osterei her – damit könnten sie für OASIS eine monatliche Gebühr von den Nutzern verlangen und ausserdem viel mehr Werbung einbringen.

Doch trotz deren Geld und Ressourcen ist es Wade, der den ersten Schlüssel findet und das dazugehörige Tor. Aber er bleibt nicht alleine. Sein Freund Aech, Bloggerin Art3mis sowie die Japaner Shoto und Daisho kämpfen sich ebenfalls in OASIS durch die Rätsel und Spiele und Hinweise, die allesamt aus den 80er Jahren stammen, von denen Halliday ein grosser Fan war … Es wäre alles Spass und Spiel, wenn da eben nicht die skrupellosen Sixer wären, die für IOI alles tun, um das Ei zuerst zu erreichen. Alles.

Das Buch macht einfach Spass zu lesen. Es bleibt spannend, auch mit den ganzen 80er Jahren Tributen (von denen ich erstaunlich viele kenne – ich stelle fest, ich bin ein bisschen ein Nerd).

Nach dem lesen ein bisschen gegoogelt … und: der wird verfilmt! Von Spielberg. Passt. Finde ich. – Aber wer nicht bis 2018 warten will, der sollte das Buch lesen.

Also: absolute Empfehlung für Leute, die Science Fiction, Computer und Filme mögen und vielleicht sogar ihre Kindheit in den 80ern gehabt haben (wobei das keine Voraussetzung ist).



(links: englisch, rechts: deutsch)

Buchrezension: The Martian – der Marsianer

Nachdem mir Amazon das Buch The Martian von Andy Weir beharrlich vorgeschlagen hat und es jetzt auch einen Film im Kino davon gibt (den ich aber noch nicht gesehen habe), habe ich mich überreden lassen.

Und das war super. Schon die ersten paar Worte saugen einen ins Buch.

I’m pretty much fucked.

That’s my considered opinion.

Fucked.

Six days into what schould be the greatest two months of my life, and it’s turned into a nightmare.

Man lernt als Leser schnell, was passiert ist. Der Ich-Schreiber Mark Watney hinterlässt das als Aufzeichnung, obwohl er alles andere als sicher ist, dass das jemand lesen wird. Die Sache ist die: Aufgrund bedauerlicher Umstände wurde er als Mitglied einer Crew der 3. Marsexpedition auf dem Mars überhastet als tot zurückgelassen.

Er lebt aber noch. Und hat das Glück, dass ein Grossteil der Ausrüstung auch zurück gelassen wurde. Die war für einen 2 Monatigen Aufenthalt ausgelegt … und er wird ganz sicher nicht innert der Zeit abgeholt oder bekommt Ausrüstung wie das nötige Essen. Er hat keine Möglichkeit zur Kommunikation, aber er lebt … und da er ein ausgesprochen anpackender Mensch ist – als Crewmitglied hatte er 2 Aufgaben: er war der Biologe und der Mechaniker – und ausserdem ein ausgesprochener Optimist … macht er sich daran nach Möglichkeiten zu seinem Überleben zu suchen – und der Erde mitzuteilen, dass er noch lebt.

Hier muss ich einfügen, dass allein das Titelbild vom Buch mit dem Filmdarsteller Matt Damon einen sehr beeinflusst darin, wie man Mark Watney „sieht“ – ich finde er passt wunderbar, mit seiner etwas burschikosen Art … auch wenn es schon einige „Rettet Matt Damon-Filme“ gibt.

Das hier ist (zumindest im Buch) etwas anders: hier muss er sich vor allem selber retten. Hilfe von aussen ist bis auf nicht-absehbare Zeit nicht zu erwarten und er braucht Nahrung, Wasser, ein funktionierendes Habitat und Kommunikation mit der Erde, die Monate entfernt ist.

Wie er das schafft und die Rückschläge, die er dabei erleidet lasse ich hier aus. Aber es ist ein spannendes Buch. So spannend, dass ich es von Zeit zu Zeit aus der Hand legen musste. Ich weiss, das hört sich widersprüchlich an, aber ich lese vor dem Einschlafen (und wenn mich etwas zu fest dabei aufregt … und bei manchen in dem Buch, vor allem bei den Hindernissen und …ja, schon gut, ich sag nichts weite) jedenfalls brauchte ich gelegentlich Abstand, nur um es später wieder aufgeregt in die Hand zu nehmen um weiter zu lesen.

Mir gefielen dabei natürlich auch die „Wie geht das“-Erklärungen. Mit (natur-)wissenschaftlichem Hintergrund versteht man ein bisschen besser, was da abgeht, aber auch so … super Ideen, und nicht wirklich weit von dem entfernt, was wir jetzt schon haben. Dass dazwischen auch die Seite der Erde eingeschoben wird, empfand ich anfangs noch als „doofe Unterbrechung“, aber für die Geschichte war das nötig. Mein einziger Wermutstropfen in dem Buch ist das etwas abrupte Ende. Ich hätte da gerne noch mehr …

Aber kurz: sehr lesenswert! Sehr spannend. (Muss ich jetzt doch noch den Film schauen gehen?)

Buchrezension von Avogadro Corp: The Singularity Is Closer Than It Appears

Auf das Buch Avogadro Corp The Singularity Is Closer Than It Appears von William Hertling bin ich gekommen, weil ich etwas zu lesen gesucht habe für die Ferien. Es ist gut – flüssig geschrieben, logisch aufgebaut … realitätsnah – aber dazu später mehr. Trotz all dem hatte ich phasenweise etwas Mühe, es zu lesen. Ich bin nicht sicher an was es lag – vielleicht daran, das (für mich) ziemlich vorausschaubar war, wo die Geschichte als nächstes hinging? Dass dieses Vorausschauen mit einem guten Teil schlechter Vorahnung verbunden war (das kann nicht gut enden?), vielleicht auch, weil die jetzige Realität gar nicht mal so weit von der im Buch vorgestellten entfernt ist … oder anders gesagt: so nah, dass man Angst bekommen könnte, wenn …

Aber über die Geschichte selber: Bei einem grossen Anbieter für Computertechnologie und Programme für Firmen ist … dabei ein Zusatzprogramm für mails zu entwickeln, dass dabei helfen soll die mails zu schreiben – nicht eine einfache Wortkorrektur, sondern es soll dabei helfen, sie so zu formulieren, dass es optimale Wirkung auf den Empfänger hat. Zu diesem Zweck hat das Programm Zugriff auf bisherige mails von Sender und Empfänger … und vielen mehr aufgrund dessen es mittels geeigneter Algorithmen die Informationen dafür extrahieren kann. Das Problem ist, dass dadurch enorm Speicher und Rechnenkapazität belegt wird. Zu viel, weshalb das Projekt in Gefahr ist abgebrochen zu werden. Der Entwickler schreibt deshalb spätnachts eine kleine aber wichtige Änderung in das Programm, das dem Programm erlaubt nicht nur Vorschläge für mails zu machen, sondern mails im Hintergrund zu ändern mit dem Ziel das Projekt zum grösstmöglichen Erfolg zu führen.

Das Programm macht sich darauf im wahrsten Sinne des Wortes selbstständig und zeigt alle Zeichen einer künstlichen Intelligenz. Die ersten Hinweise darauf sind dezent genug, dass das lange nicht auffällt, dass da nicht nur mails im Hintergrund geändert, sondern eigenständig welche verschickt werden. – Zeit für die A.I. sich weiter zu verbreiten und mit (unwissender) Mit-Hilfe der Menschen in der Firma über das simple mailprogramm heraus zu wachsen. Die Firma profitiert davon: es wird weltweit erfolgreich verkauft und gebraucht wird. Sogar Kriegsgeschehen nehmen ab – letztlich bedeutet friedliche Zusammenarbeit mehr Handel, Wohlstand und dann auch grösseren Erfolg für Firmen wie Avogadro und ihr mailprogramm. Trotzdem gibt es zunehmend beunruhigende Ereignisse. Der grösste Widersacher des Projektes verschwindet, es wird viel Geld intern umgeleitet um mehr Server zu bauen, Sicherheitsfirmen angestellt und automatische Waffen aufgestellt um diese zu schützen … Als das auffällt werden diese Personen, darunter auch der Entwickler und der Buchhalter und ein IT-Spezialist, denen das nicht mehr geheuer ist aus der Firma geschmissen. Es formiert sich ein Widerstand gegen das A.I. – doch es wird zunehmend schwierig gegen es anzugehen. Und die Frage ist immer: ist diese A.I. gut oder böse? Kann sie überhaupt etwas davon sein?

Das Buch war also okay, auch wenn ich nicht speziell beeindruckt war zu dem Zeitpunkt … aber es hat Nachwirkungen. Zum Beispiel macht es mich auf derartiges sehr viel aufmerksamer:

die letzte Nutzungsbestimmungen von google erhalten diesen Passus:

aidaten

und dann war da noch dieser Artikel hier bei mentalfloss:

Google Will Start Using A.I. To Automatically Generate Email Responses

„Google beginnt künstliche Intelligenz zu nutzen um automatische email-Antworten zu generieren“

Das macht mich nachgerade nervös nach der Lektüre oben.

Ah, brrrr. Also – doch ein gutes Buch. Immerhin hat es mich sehr nachdenklich gemacht.

Leserstimmen zu „Einmal täglich“: Nickel

Danke an Nickel für Ihre Rezension zu Einmal täglich, die ich gerne auszugsweise hier bringe: den kompletten Bericht findet man auf ihrer Seite: Brüllmaus :

Erstes Lesen

Beim ersten Lesen ist für mich wichtig, ob man sich gut ins Buch einfinden kann, wie es sich liest, ob sich das Lesen gut anfühlt oder ob man jedes dritte Wort nachschlagen muss, weil der Autor sich mit Fremdwörtern profilieren wollte.
Pharmama beweist, dass man etwas gut erklären kann, ohne auf die Fachwortpauke zu hauen. Ich kam sehr gut rein, befand mich gedanklich an Pharmamas Seite und schaute ihr über die Schulter, als sie im ersten Kapitel auf die Kunden einging.

Der Inhalt

Wie gesagt gibt es im Buch viele Zeichnungen. Sehr viele sogar, denn fast auf jeder Seite ist eine zu finden und darunter beziehungsweise auf der Seite daneben der dazugehörige Text. Dadurch hat man so gesehen schon ein Beispiel, noch bevor etwas erklärt wird, was das Verständnis sehr steigert. Tatsächlich braucht man für die Lektüre keine Vorkenntnisse und wird auch als absoluter Neuling an die Hand genommen und durch allerhand Wissen begleitet. Fremdwörter, die später im Text auftauchen, werden vorher stets kurz und knapp aber einleuchtend erklärt, sodass niemand befürchten muss etwas nicht zu verstehen.
Und ja, es stimmt, was im Text auf dem Buchrücken steht: „So ganz nebenbei lernt man noch etwas über die richtige Anwendung der Medikamente.” Übrigens auch z.B. über Selbstdispensation, Generika oder pflanzliche Heilmittel.

Fazit

Ich finde das Buch toll und kann jedem, der auch Pharmamas Blog gerne liest oder einfach an der Apothekenarbeit interessiert ist die Lektüre empfehlen. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass es für solche, die gerade in einer Apotheke zu arbeiten anfangen gleichermaßen erheiternd ist wie für jene, die schon jahrelange Erfahrung mitbringen und sicher öfter ein „Das kenne ich!” – Erlebnis haben werden. Das Augenzwinkern, das auch an kritischen Stellen zu finden ist, mag ich persönlich auch im Blog sehr gerne.

Und für alle, die täglich auf ihrem Blog sind: ja, die eine oder andere Zeichnung gab es bei Pharmama schon zu sehen, doch der bekannte Anteil ist verschwindend gering und daher zu vernachlässigen. Also nur zu – ich versichere euch, dass der Anteil an unbekanntem Inhalt groß genug ist, um den Buchkauf zu rechtfertigen.

Also: Kauft euch das Buch oder lasst es euch schenken. Der Preis von aktuell rund 10€ ist mehr als angemessen.

Sagt Brüllmaus … da kann ich mich anschliessen :-)

Rezension: Altered Carbon / das Unsterblichkeitsprogramm

Altered Carbon von Richard Morgan ist eine Cyberpunk Detektivgeschichte. Es geht um einen Selbstmord, der wahrscheinlich ein Mord ist … denn das Opfer glaubt nicht daran, dass er sich selbst umgebracht haben könnte … und holt deshalb den speziell ausgebildeten ehemaligen UN-Gesandten Takeshi Kovacs aus seiner elektronischen Verwahrung.

Tatsächlich wird der Hauptprotagonist (zu meiner nicht geringen Überraschung) schon im Prolog erschossen, nur um „kurz“ darauf in einem anderen Körper wieder aufzuwachen … aber diese Verwirrung wirft einen direkt in die Realität einer zukünftigen Welt:

Eine Welt in der jeder Mensch einen Speicher in seinem Hirnstamm implantiert hat, der jegliche seiner Erfahrungen (und damit sein „ich“) aufzeichnet und den man herunterladen, über Millionen Kilometer zwischen Planeten verschicken kann, in andere Körper-„Hüllen“ laden oder auch für Jahre (oder Jahrhunderte) irgendwo in einem Speicher auf Eis legen kann. Wer genug Geld hat, kann mittels dieser Technologie praktisch ewig leben und das in jeweils neuen (geklonten, gezüchteten oder aufgemotzten) Körpern. Die meisten Menschen wählen jedoch – auch wenn sie via Versicherung genug Geld für einen weiteren Körper zusammengespart haben, weil sie jeweils das Altern bis zum Ende durchmachen müssen, diesen Weg nicht und lassen sich nach ein, zwei solchen Durchgängen in einem externen Speicher „ablegen“. Und nur noch gelegentlich für Familienzusammenkünfte zurückholen. Katholiken führen auch in der Zukunft nur ein Leben, da sie der Meinung sind, dass die Seele nicht so gespeichert werden kann und eine solche Wiederauferstehung deshalb Sünde ist.

Der „richtige Tod“ ist also nur mit der Zerstörung dieses Speichers im Hirnstamm möglich.

Dem Superreichen Bancroft, einem „Meth“ (Abkürzung für Methusalem), der schon über 350 Jahre auf der Erde ist, ist das fast wiederfahren … wenn er nicht einen automatischen Backup hätte. Nur fehlen ihm jetzt 48 Stunden und er will wissen, wer ihn umgebracht hat. Takeshi Kovacs wird aus seiner elektronischen Straf-Verwahrung wegen brutaler Gesetzesüberschreitungen von seinem Heimatplaneten Harlans World auf die ihm fremde Erde übertragen und für die Dauer des Auftrages Bancrofts Verantwortung unterstellt. Bei seiner Suche nach der Wahrheit hat er Hilfe von der Polizei,– speziell Kristin Ortega, zusätzlich kompliziert wird die Beziehung dadurch, dass Kovacs den nikotinsüchtigen Köper ihres Ex-Partners trägt, der momentan in elektronischer Verwahrung ist.

Auf der Suche nach der Wahrheit geht Kovacs nicht gerade zimperlich vor. Streckenweise ist das Buch nachgerade brutal – was sicherlich auch mit der dystopischen Umgebung zusammenhängt. Der Tod ist nicht mehr das, was er war. Das ändert einiges grundlegend. Ein Hotel, das eine künstliche Intelligenz ist, Folter in der virtuellen Welt, Low- und High-class Prostitution, Katholiken, die aufgrund ihrer Einstellung zu beliebten Mordopfern werden (die kommen nicht zurück um auszusagen) und mehr findet man in diesem Buch.

Das Buch ist durchweg spannend zu lesen und stimmig in der Wechselwirkung von Detektivarbeit und futuristischer Umwelt – ein Lesemuss für jeden SciFi Fan – der ein bisschen Gewalt nicht scheut.

Ich hab’s in englisch gelesen, aber das gibt es auch in deutsch: