Test, Test, Test … Covid-Test in der Apotheke?

Seit dem 2. November dürfen die Apotheken Covid-Tests machen in der Schweiz. Wir sind eine Apotheke … aber machen wir das? Aktuell nein.

Der Apothekerverband hatte die Testmöglichkeiten schon länger im Visier und arbeitete darauf hin. Allerdings (und das ist hier etwas verwirrend) erst mal für die Antikörpertests auf Covid – also den Nachweis einer vergangenen Infektion. Die Haltung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) gegenüber den Antikörpertests ist, dass diese derzeit aufgrund der begrenzten Aussagekraft zur Immunität nicht empfohlen, sind. In der Bevölkerung besteht jedoch ein Interesse und von Seiten der Behörden könnte es sein, dass das Interessant wird, sobald ein Impfstoff verfügbar ist. In 4 Apotheken wurde die geplante Dienstleistung getestet – und sie entspricht den Qualitätsanforderungen und kann im Rahmen der geltenden Gesetze durchgeführt werden. Das gibt es immer noch (in den Pilotapotheken dafür), weitere werden in Zukunft folgen.

Aber was am 2. November von der BAG „freigegeben“ wurde sind die Antigentests auf Covid. Das kam eher kurzfristig. Die Antigen-Schnelltests für den direkten Nachweis von akuten Infektionen mit Sars-CoV-2 reagieren qualitativ auf spezifische Virusproteine und liefern normalerweise innert 30 Minuten ein Ergebnis. Dafür wird ähnlich wie beim PCR-Test ein Abstrich an der hinteren Nasenwand genommen. Die Sensitivität/Spezifität ist allerdings tiefer als beim PCR-Test. Der Vorteil der Antigen-Schnelltests gegenüber den PCR-Tests ist neben der Nachweisgeschwindigkeit der tiefere Preis und die Unabhängigkeit von teuren Laborgeräten. Grundsätzlich wäre eine Durchführung solcher Tests in Apotheken eine ideale Möglichkeit zur Ausweitung der Testkapazitäten und Entlastung von Spitälern, Arztpraxen und Testcentern … die Durchführung musste bisher aber in einem mikrobiologischen Labor mit einer Bewilligung von Swissmedic erfolgen. Eben das hat die BAG jetzt für die Apotheken aufgehoben.

Das hat dann (1-2 Wochen vorher) eine Reihe von Aktivitäten zur Organisation ausgelöst, dazu gehören Koordination mit Softwareanbietern und BAG wegen Meldesystem, Koordination wegen Bevorratung mit Test-Kits, Erarbeiten von Musterdokumenten (angepasstes Schutzkonzept, Prozessdokumente, Triagefragebogen), Organisation von Weiterbildung für die praktische Schulung des Nasen-Rachen-Abstrichs, Abklärungen bezüglich Rahmenbedingungen inklusive Abgeltung …

Dadurch wussten wir dann bald, wann die Schnelltests empfohlen sind / gemacht werden:

Personen mit Symptomen, die folgende Kriterien erfüllen

  • Symptombeginn vor weniger als 4 Tagen (Test möglichst rasch nach Symptombeginn)
  • UND: Nicht zu den besonders gefährdeten Personen gehörend
  • UND: Nicht im Gesundheitswesen mit direktem Patientenkontakt arbeitend
  • UND: Ambulante Behandlung

Personen ohne Symptome, die potentiell SARS-CoV-2 ausgesetzt waren:

  • Meldung einer Begegnung mit einem COVID-19 Fall durch die SwissCovid App. Ein einziger Test sollte frühestens ab dem 5. Tag nach Kontakt erfolgen ODER
  • Im Rahmen einer Ausbruchsuntersuchung und -kontrolle (ärztlich angeordnet)

Ein negatives Testergebnis bei symptomlosen Personen hat keine Auswirkung auf die Dauer der Quarantäne (!)

Dann kamen nach und nach die Gesundheitsdienste der Kantone, die vorgaben, was die Bedingungen für die Apotheke sind, damit man die Tests machen darf. Denn: Ich muss nicht nur mich selber als testende Person schützen (mit Schutzausrüstung wie Einmal-Anzug, Handschuhen, FFP-Maske, Brille und ev. Gesichtsvisier) sondern auch die Patienten, die normal in die Apotheke kommen. Man sollte hier im Hinterkopf behalten, dass diejenigen die wir testen sollen wahrscheinlich Covid haben. Das bedeutet, dass man sie beim warten und testen von den anderen Patienten (in der Apotheke viele Risikopatienten) trennt. Dafür braucht es einen zweiten Eingang zur Apotheke (nur für das) und ein Testraum, der nach jedem Patient gut desinfiziert werden kann. Und einen ausgebildeten Apotheker (oder auch Pharmaassistentin unter Aufsicht), die während der Testzeit dann nicht für etwas anderes (wie Rezeptkontrolle) gebraucht werden können. Multitasking geht da nicht.

So – daran scheitert es bei uns. Zu wenig Personal und kein zweiter Eingang. Darum machen wir das nicht, auch wenn das Interesse der Bevölkerung sicher vorhanden ist. Noch etwas hält mich davon ab das anders zu organisieren (zum Beispiel mit einem Raum ausserhalb der Apotheke und der Organisation von zusätzlichem Personal): die Abgeltung der Tests. In der Apotheke (wie auch beim Arzt etc.) muss abgeklärt werden, ob der Patient unter die vorgegebenen Kriterien fällt (dann ist der Test für sie gratis, ansonsten müssen sie zahlen), dann der Test durchgeführt und der Patient über das Ergebnis orientiert. Dafür bekommen wir CHF 57.50. Der Arzt bekommt dafür übrigens etwa 82 Franken, denn er darf zusätzlich noch ein Beratungshonorar (nach Tarmed) verlangen. Offenbar ist das BAG der Meinung, dass wir Apotheker den Patienten wohl das Ergebnis des Tests mitteilen können, aber ihnen nicht sagen, was das jetzt genau bedeutet für sie, respektive, was sie zu tun haben damit. Das Beratungsgespräch zum Test ist also in Apotheken faktisch gratis. Und das weiss ich auch ohne selber zu testen: das gibt IMMER Diskussionen und Beratungsbedarf.

Wer wissen will, welche Apotheken die Antigentests auf Covid durchführen, findet die Liste hier auf der Seite Ihre-Apotheke.ch

Um die ganze Sache noch etwas zu verkomplizieren gibt es noch eine weitere Art Test, die Von Reiseveranstaltern angeboten werden. Sie geben den Kunden Testkits mit nach Hause, nach denen sie den Nasenabstrich selber machen und das Teststäbchen an ein Labor einschicken, welches dann nach etwa 12-24 Stunden das Ergebnis mitteilt. Das ist dann wieder ein PCR-Test (wie in den offiziellen Testzentren), allerdings finde ich die Aussagekraft hier trotzdem extrem fragwürdig: eigentlich sollten bei diesen Tests die Probeentnahme durch medizinisch geschultes Personal erfolgen (wie Ärzte oder ausgebildete Apotheker etc.) und nicht durch Laien. Es ist dann auch fraglich, ob das im Zielland als gültiger Test anerkannt wird. Bezahlen muss man den als Patient komplett selber (mit einem Preis um die 160 Franken).

Die nächste „neue Dienstleistung“? orale Kontrazeptiva verschreiben?

Es liegt vielleicht nicht weit oben auf meiner „Wishlist“ für die Apotheke, aber es ist eine Möglichkeit, die aktuell diskutiert wird: Apotheker sollen als neue Dienstleistung die oralen Kontrazeptiva verschreiben / abgeben dürfen.

Mara hat mich kontaktiert, da sie als Apothekerin und Doktorandin an einem Projekt dran ist, ein Teilprojekt ihrer Dissertation ist eine Umfrage, ob Schweizer Apotheker/innen interessiert sind, die Dienstleistung «Verschreibung von hormonellen Kontrazeptiva» anzubieten. Sie sucht weiterhin Apotheker*innen, die an der Umfrage teilnehmen, damit sie auch Aussagekräftig ist – ihr findet sie im aktuellen Pharmajournal (oder schickt mir rasch eine mail an pharmama08(at)gmail.com für den Link dazu).

Grundsätzlich finde ich das interessant – in anderen Ländern (wie den UK, den USA, Neuseeland, tatsächlich laut WHO in 35 von 147 Ländern) wird das schon praktiziert und angeblich sind nach Umfragen auch eine Mehrheit der deutschen Ärzte einem Klassenswitch der oralen Kontrazeptiva nicht abgeneigt. Die „Pille“ gehört neben dem Kondom (immer noch) zu den meistverwendeten Verhütungsmitteln … und auch ich hatte in der Apotheke schon Situationen, wo ich froh gewesen wäre, wenn ich das hätte anbieten können. Im Rahmen des „Pille danach“ Gespräches zum Beispiel. Ausserdem weiss ich, wie lange es dauert, wenn es kein Notfall ist, einen Termin beim Frauenarzt zu bekommen. 3-4 Monate (meinen Juni Termin habe ich im Februar abgemacht).

Aber zuvor brauche ich etwas mehr. Wenn ich als Apothekerin so etwas machen soll, dann gilt das wie für die anderen neuen Dienstleistungen und Kompetenzen, die man erwerben kann: ich muss das nötige Wissen dafür haben (zum Teil auch neu lernen: es ist schon etwas her, seit meiner Ausbildung und es hat doch einiges geändert).

Dann fände ich Richtlinien gut, anhand derer man die Abgabe macht.

Dokumentation – im Rahmen, aber für die Absicherung finde ich das sinnvoll. Ich gebe ja auch kein Viagra ab, ohne das zu machen …. Oh, das habt ihr noch nicht mitbekommen? Sildenafil ist seit neustem auf der Liste der rezeptpflichtigen Medikamente, die die Apotheke ohne Rezept abgeben darf. Bevor jetzt mitlesende interessierte Männer die Apotheke stürmen: Eine vorhergehende Abklärung ist nötig (und sinnvoll – ich will den Patienten ja nicht ins Grab bringen, weil er nicht selber erwähnt, dass er auch Nitrate nimmt) und die Zeit und der Aufwand dafür ist nicht gratis. Günstiger vielleicht als beim Arzt, aber ich bin danach auch eingeschränkt in der Menge, die ich abgeben darf – 4 Tabletten einmalig.

Jedenfalls zurück zu den oralen Kontrazeptiva ohne Rezept direkt in der Apotheke: Wär das was? Unter welchen Voraussetzungen?