Soviel zum Recht am eigenen Bild

Die kenne ich doch! – fuhr mir durch den Kopf, als ich im Internet über diese Werbung gestolpert bin:

Die sympatische Apothekekerin im Bild hat fast zeitgleich mit mir studiert. So viel ich weiss hat sie an einer Fotosession (des Apothekervereins) teilgenommen und ein Teil der Fotos wurden verwendet um Werbung für den Apothekerberuf zu machen. Das ist jetzt bald 20 Jahre her – die Fotos finde ich gerade nicht mehr im Netz, aber … ich frage mich: weiss sie das, dass und wo ihre Fotos heute verwendet werden?

Sie wäre ja bei weitem kein erster Fall dafür. Bekannt ist vielleicht die Geschichte von Shubnum Khan:

Sie hat als Studentin in Südafrika an einem Fotoshooting teilgenommen – der Fotograf versprach ihr (und anderen Teilnehmern) professionelle Bilder, die sie auch behalten durften. Die Rechte der Bilder aber haben sie ihm im Vertrag dafür übertragen. Eigentlich dachten sie, das sei nur für sein Portfolio. Tatsächlich wurden die Bilder später in die ganze Welt verkauft. So findet sich Shubnum Khan heute auf Werbung für so ziemlich alles: von MacDonalds, Creme gegen Tränensäcke, sie ist das Gesicht für Einwanderung in Kanada, wird als Lehrerin einer Schule vorgestellt und gibt Kurse in San Franzisco. Denn … laut der Einverständniserklärung darf man auch ihre Persönlichkeit verzerren.

Wow. Ganz wichtig für so etwas ist also: Man lese auch das Kleingedruckte.

Manchmal aber gibt es nicht einmal das. Mit Entsetzen musste ich mir vor einiger Zeit die Geschichte einer unserer alten Patientinnen anhören, deren Bild auch im Internet gelandet ist:

Frau Tales (nicht ihr Name), ist über 80 hat verschiedene Organisationen, die ihr helfen im Haushalt und für die Rechnungen etc. Sie ist zwar nicht mehr sehr mobil, aber alles andere als Dement. Deshalb hat sie sich zwar gewundert (und etwas geärgert), als sie auf einmal vermehrt Telefonanrufe bekommen hat von unbekannten „entfernten Verwandten“ oder Leuten, die ihr etwas verkaufen wollten oder als sie Rechnungen bekommen hat für Sachen, die sie nie bestellt hat. Ihr Sohn (auch schon über 50) ist dann irgendwann per Zufall im Internet über ihr Bild gestolpert. Er hat ihren Namen in die Suchmaschine eingegeben – und Ihr Bild kam mit vollem Namen auf einer Seite so einer Haushilfe auf: Unterschrift in etwa: „Frau Tales in (Ortschaft), 85 Jahre alt, nimmt unsere Hilfe gerne in Anspruch“.

Uh. Davon wusste sie nichts. Dass das Bild gemacht wurde schon, aber man hat ihr gesagt, das sei für „internen Gebrauch“. Und jetzt steht sie mit vollem Namen und Adresse (einfach googelbar Dank der Tatsache, dass ihre Telefonnummer gelistet ist) – im Internet. Das schreit nach: Hier gibt es eine hilflose, alte Frau – sucht ihr ein Opfer für Eure Betrügerreien?

Ein paar Telefonanrufe (und involvierte Polizei) später ist das Bild verschwunden. Entschuldigt haben sie sich auch. Halt nur mit: „Da hat jemand wirklich nicht nachgedacht.“

Nein. Gut ist nichts passiert.

Habt ihr schon Bilder von Euch im Netz gefunden, die da so nicht sein sollten?

Ein Medikament ist kein Wunschkonzert – oder etwa doch?

Situation: In die Apotheke in München kommt eine Patientin mit einem Rezept über eine herzustellende Salbe (in der Fachsprache Rezeptur genannt). Sie will diese herstellen lassen. Die Apothekerin nimmt die Rezeptur an und nennt einen Zeitpunkt zum abholen.

Bei einer Herstellung muss in Deutschland zuerst geprüft werden, ob die Rezeptur plausibel ist*. Dabei fällt auf, dass die Dosierung ausserhalb des vernünftigen Bereiches liegt – es ist eine Salbe mit Progesteron, verschrieben mit 10% -für eine Frau.

Der Wirkstoff ist verschreibungspflichtig (den bekommt man nicht ohne Rezept vom Arzt) – deshalb nimmt die Apothekerin mit der Ärztin Kontakt auf, äussert ihre Bedenken und schlägt ihr eine niedrigere Dosierung von 5% vor. Die Ärztin ist damit einverstanden und dankt der Apothekerin für ihre Aufmerksamkeit.

Die Apothekerin stellt die Salbe her – eine aufwendige Sache (als Beispiel wie so etwas geht hier wie man Kapseln herstellt)- der Preis für die Spezialmischung kommt in diesem Fall auf ca. 80 Euro.

Und jetzt kommt es: Als die Patientin die Salbe abholen will und erfährt, dass sie nicht die gewünschten 10% Progesteron enthält, verweigert sie die Annahme.

Begründung: „Die Apotheke hat das Rezept ohne Rücksprache mit mir geändert und in anderer Zusammensetzung als mein Auftrag lautete hergestellt“. Also: Das sei nicht das, was sie gewünscht hat und was verschrieben wurde, sie trete deshalb vom Kaufvertrag zurück (Ja – sie ist Juristin) und zahle gar nichts. Die Apotheke bleibt auf der Rezeptur sitzen, denn die kann als speziell hergestelltes Arzneimittel auch nicht einfach an eine andere Patientin abgegeben werden.

Der BAV (bayerische Apothekerverband) gibt jetzt der Apothekerin Recht:

Der Kauf von Arzneimitteln unterscheidet sich in rechtlicher Sicht von echten zweiseitigen Vertragsabschlüssen, die nur vom Willen der beiden Parteien Käufer und Verkäufer abhängen. Da die Ärztin die das Mittel ja verschreiben musste – sonst hätte es die Patientin nicht kaufen können – die Entscheidung der Apotheke mitgetragen hat, ist für den Abschluss des Kaufvertrages über die Rezeptur nur entscheidend, dass die Patientin der Apotheke den Herstellungsauftrag gegeben habe.

Natürlich wäre es schön gewesen, wenn die Patientin vor der Herstellung darüber informiert worden wäre, andererseits: die Rezeptur entspricht dem, was aus fachlicher Sicht geeignet ist und die Rezeptur wurde nicht wesentlich verändert – also keine neuen Wirkstoffe hinzugefügt etc.

Laut BAV darf eine Rezepturverordnung nicht beliefert werden, wenn nach der Plausibilitätsprüfung pharmazeutische Bedenken bestehen. Die APoBetrO gibt vor, dass solche Fälle erst geklärt werden müssen – was die Apothekerin getan hat: die Ärztin hat ihre Bedenken angenommen und die Rezeptur entsprechend abgeändert.

„Dies ist Wesen der Verschreibungspflicht, weil die Ärztin im Ergebnis final bestimmt, was therapeutisch sachgerecht ist.“ schreibt BAV-Justiziar Klaus Laskowski.

Die Patientin ist da anderer Meinung, das Präparat sei zuvor schon ohne Probleme von anderen Apotheken „widerspruchslos hergestellt worden“.

Ja, da prallen Welten aufeinander. Wie im Kommentar zum Artikel hier zu lesen ist: Das Ursprungsproblem ist wohl, dass die Patientin beim Arzt eine Wunschverordnung für ein „Geheimrezept aus dem Internet“ auf Privatrezept erhalten hat. Tatsächlich werden so hochprozentige Progesteron-Salben von Heilpraktikern und Wechseljahrberatern und als Anti-Aging empfohlen – man fragt sich, wie die Haftung des Arztes, der da mitmacht aussieht. Sehr sicher war der verschreibende Arzt sich der Sache wohl auch nicht, wenn er auf Anraten der Apothekerin die Rezeptur dann ändert.

Was meint ihr dazu?

Ist so ein (medizinisches) Wunschrezept total in Ordnung und der Arzt (und die Apothekerin) haben dazu nichts mehr zu sagen?

* Die Vorgaben für die Plausibilitätsprüfung: Die AATB gibt … 17 konkrete Fragestellungen vor, die die Prüfung umfassen muss. Sowohl pharmakologische, regulatorische, galenische, mikrobiologisch-chemische und patientenindividuelle Aspekte müssen dabei beachtet werden. Apotheker müssen etwa eine Nutzen-Risikoabwägung durchführen, Primär- und Sekundärverpackung bewerten und Instabilitäten untersuchen. Quelle Apotheke ad-hoc