Verfälscht

Rezepte werden nicht nur gefälscht, sondern auch verfälscht. Das bedeutet, dass man ein (korrekt vom Arzt ausgestelltes) Rezept nimmt und dann darauf etwas ändert oder anbringt. Das ist genauso verboten, wie ein Rezept komplett nachzumachen und zu fälschen.

Hier ein aktuelles Beispiel. Samstag bekommt die Pharmaassistentin ein Rezept vorgelegt. Das Rezept ist von jemandem, die das Medikament selber bezahlt, ein Dauerrezept für 3 Monate, auf dem Rezept stehen 3 Mittel, 2 davon wurden schon bezogen laut der Kennzeichnung daneben.

Auf dem Rezept steht Tretinac 20mg, 100 Stück, Lubex Waschlotion, Acnatac Gel (abends anzuwenden)

So weit so normal. Die Schrift des einen (obersten) Medikaments – das Tretinac – sieht allerdings etwas anders aus. Wie doppelt geschrieben. Das ist auch das einzige, das noch nicht bezogen wurde.

Tretinac ist ein Mittel, das Isotretinoin enthält, wie die anderen Sachen auf dem Rezept ein Mittel gegen Akne. Es würde die anderen (Waschmittel und Creme) ergänzen, macht also eigentlich Sinn. ABER: Das Mittel unterliegt diversen Verschreibungs- und Abgabeeinschränkungen. In Kurz: Eigentlich ist es bei Frauen im Gebärfähigen Alter kontrainduziert und darf nur verschrieben werden, wenn strenge Schwangerschaftsverhütungsmassnahmen eingehalten werden (es mach Missbildungen bei Babies). Es darf nur für jeweils einen Monat verschrieben werden (dann sollte wieder eine Kontrolle und Schwangerschaftstest beim Arzt stattfinden) und in der Apotheke darf ich es nur bis 7 Tage nach Ausstellungsdatum abgeben.

Auf dem Rezept: Es ist für eine Frau „im gebärfähigen Alter“. Das Ausstellungsdatum ist im September gewesen (zu lange her). Es soll ein Dauerrezept und grosse Packung sein (geht beides nicht).

Zudem ist Samstag (Arzt nicht erreichbar). Interessant aber: die Patientin war mit dem Rezept im September bei uns. Wir haben die Abgabe (wie von jedem Rezept) festgehalten, sowohl auf dem Rezept als auch im Computer. Das Dauerrezept für das Waschmittel und die Creme ist festgehalten, das Isotretinoin aber nicht.

Wir erklären der Person in der Apotheke (nicht die Patientin selber, sondern ein Familienmitglied) weshalb wir das nicht abgeben können, dass wir aber am Montag beim Arzt anrufen können und es nach Bestätigung dann machen. Das Rezept wurde dann wieder zurückverlangt (wir haben aber noch eine Kopie gemacht).

Montag haben wir den Scan des alten Rezeptes nachschauen können. (Siehe Bild unten: links alter Scan vom September, rechts Kopie des gebrachten Rezeptes).

Ja, das bestätigt unseren Verdacht: Das Tretinac wurde selber ergänzt. Wenn man das anschaut, ist das sogar eine ziemlich gute Verfälschung, die Schrift ist ziemlich ähnlich. Trotzdem dürfte jede Apotheke, die sich an die Vorschriften hält, die Isotretinoin Kapseln nicht abgeben.

Den Arzt haben wir auch informiert. Er bestätigte ebenfalls, dass er das Tretinach nicht verschrieben hat.

9 Kommentare zu „Verfälscht

    1. Ich bezweifle auch, dass sie wieder zum selben Arzt gehen. Am Telefon hat er mir gesagt, dass er Gründe hatte, das Isotretinoin nicht zu verschreiben. Scheint, als ob jemand damit nicht einverstanden war …

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    1. Wirklich.
      Und ich sehe viel zu häufig Rezepte in der Apotheke ausgestellt vom Hausarzt, der das auf Wunsch verschreibt … und dann auch grad eine Grosspackung oder als Dauerrezept. :-(
      Das sollte wirklich nur vom Hautarzt verschrieben werden, der sich damit auskennt.

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    1. Zur ersten Frage: In der Schweiz ist die Fälschung von Arztrezepten ein Offizialdelikt. Es reicht, wenn jemand diese Blogbeitrag dem nächsten Polizeiposten e-mailt…

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    2. Bei einer Medikamentenabhängigkeit (Opioide, Psychopharmaka) würde ich ja lieber eine Bestrafung verhindern, sondern sicherstellen, dass die Person die nötige Beratung und Hilfe bekommt.

      Bei dieser Frau kann man vielleicht annehmen, dass sie ihre Akne als zu schlimm ansieht, und die Rezeptfälschung ein Hilfeschrei ist. Auch niemand, der ich eine Bestrafung wünsche.

      Gibt vielleicht auch Fälle, wo der „Patient“ das Medikament bezieht, um es nachher zu verkaufen…

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    3. Bei so einem (wahrscheinlich) ersten Mal und für den „Eigengebrauch“ setze ich mehr auf Aufklärung. Dem Patient ist sich wahrscheinlich nicht bewusst, dass das Medikament nicht ganz unproblematisch sein kann.

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