Weniger Diskutieren, mehr zuhören, Bitte.

Was ist los? Haben die Leute die Fähigkeit verloren zuzuhören? In den letzten Tagen häufen sich in der Apotheke die Anfragen bei denen ich während (zu) langer Zeit etwas erklären und wiederholen muss. Zwei Beispiele?

Gestern:

Ein Mann kommt mit dem Abriss einer Packung Vinyl-Handschuhe in die Apotheke – zu mir. Ich nehme den Abriss, sehe, dass das von einer Packung Handschuhe war, die wir (bis die Lieferprobleme wegen Corona anfingen) an Lager hatten … aber jetzt natürlich nicht mehr.

Pharmama: „Genau die habe ich nicht mehr – aber ich habe andere. Moment.“ Ich gehe und hole eine Packung Handschuhe in L. Nitril, nicht Vinyl, aber auch kein Latex.

Mann: „Das sind nicht die, die ich hatte. Ich will die hier.“

Pharmama: „Tut mir leid, aber wir bekommen diese aktuell nicht mehr.“

Mann: „Aber ich hatte sie von hier!“

Pharmama: „Das stimmt, wir hatten die – aber ich habe im Moment haben wir keine von diesen mehr.“

Mann: „Können Sie bestellen?“

Pharmama: „Ich versuche eigentlich alle paar Tage Handschuhe zu bestellen, aber diese hier bekomme ich nicht. Sie sind nicht lieferbar. Seit längerem.“

Mann: „Bitte bestellen sie welche für mich.“

Pharmama: „Wenn sie möchten, aber …“

Mann: „Wann sind sie da? In ein paar Tagen?“

Pharmama: „Nein, eher nicht …“

Mann: „In einer Woche? Zwei?“

Pharmama: „Wenn, dann wahrscheinlich in ein paar Monaten. Aber ich habe hier welche, wenn sie vorher welche brauchen.“ Zeige ihm nochmal die Packung.

Mann: „Die sind wahrscheinlich nicht gross genug.“

Pharmama: „Das ist auch Grösse L, wie die, die sie hatten.“

Mann: „Aber das sind nicht dieselben. Sie haben sie also nicht und können sie nicht bestellen?“

Pharmama: „Nein.“

Mann: „Sicher nicht? Ich kann auch zahlen?“

Pharmama: „Das ändert leider nichts daran.“

Mann: „Ich versuche es woanders.“

Heute:

Telefon, ich nehme ab mit „Pharmamas Apotheke, Pharmama?“ Startet die Frau am anderen Ende der Leitung damit, dass wir eine Weinlieferung für (Name) haben, die sie morgen ausliefern.

„Wein? Sind sie sicher? Wir bestellen eigentlich keinen Wein – und ich glaube auch nicht, dass das für einen unserer Kunden ist.“

Doch, doch, versichert sie mir, wir hätten das auch schon gemacht. (Das wüsste ich aber). Sie war voll überzeugt – ich gar nicht … bis ich sie schliesslich gefragt habe: „Sind Sie sicher, dass Sie an der richtigen Adresse sind? Hier ist Pharmamas Apotheke. In (Ort)“

„Pharmamas Apotheke in (Ort)…? Oh. Nein. Da bin ich wohl falsch. Ich wollte eigentlich nach (total anderer Ort).“ – und wahrscheinlich auch keine Apotheke.

Echt jetzt? Ich meine, ich melde mich. Deutlich und langsam.

Das waren in beiden Fällen 15 Minuten, die ich gerne zurück hätte.

22 Kommentare zu „Weniger Diskutieren, mehr zuhören, Bitte.

  1. Ich bin sicher, wenn alle immer zuhören würden, hätte ich nur halb so viel zu tun (bzw evtl meinen Job nicht, weil wir weniger Leute dafür brauchen würden) – und bei mir in der Beschwerdehotline eines großen Unternehmens sind es nicht nur die Kunden, die oft ganz andere Dinge gehört oder gelesen haben als tatsächlich waren, sondern gern auch die Kollegen anderer Abteilungen, die uns Kunden weiterleiten, weil es doch angeblich unser Thema sei.

    Aber ich verstehe daher auch sehr gut, daß du das nervig findest! Gerade solche Menschen sorgen bei uns auch oft für die langen Wartezeiten anderer Kunden, weil man sie schlecht wieder loswird, sondern nur sich argumentativ im Kreis dreht!

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    1. Dieses „argumentativ im Kreis drehen“ – genau das! Im allerschlimmsten Fall verkommt es fast zu Kindergarten-Niveau: Nein – doch – nein – doch …

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        1. Schön wär es, dann wär das ja nach der „Ohh“- Antwort vorbei! :D Aber diese Erkenntnis gibt es ja leider bei den „im Kreis dreh“-Kunden nicht. Besonders schön, wenn dann auch noch Dr jur. Google (bei Pharmama vermutlich auch Dr med Google) oder das Nachbarschaftskaffeekränzchen argumentativ mit eingebunden werden …

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  2. Jeden Tag:
    Sie hatten da diese Handschuhe, Desinfektionsmittel, Fieberthermometer, schwarze Stoffmaske, Spray etc.
    Ja – wann?
    Ah, das war aber früher.. Das ist aktuell nicht lieferbar. Jetzt habe ich das als Alternative.
    Nein, ich habe keine Ahnung, wann und ob es wieder lieferbar sein wird.
    Wieso?
    Hm.. 2020
    Sie warten lieber. Auch gut..
    Ich würde ja lieber die Alternative nehmen, solange es diese hat.

    Aber auch ohne Lieferengpässe:
    Nein, das führen wir nicht im Sortiment. Ich kann schauen, ob ich es bestellen kann.
    – Ich komme wieder..
    Wir führen dies Produkt nicht. Möchten sie, dass ich abkläre, ob ich es bestellen kann?
    – Was kostet es?
    Das muss ich abklären. Wir führen dieses Produkt nicht.
    – Ich warte (worauf?) und komme ein anderes Mal wieder. Haben sie es dann?
    Nein, wir führen das Produkt nicht im Sortiment aber ich kann schauen, ob ich es für sie bestellen kann.
    – Ich komme nächste Woche wieder, vielleicht haben sie es dann.
    ???

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    1. Das zweite erlebe ich auch regelmäßig. Die Menschen gehen davon aus, dass ich dieses Produkt auf EINE Nachfrage hin bestelle und mir ans Lager lege. Das ist natürlich wirtschaftlicher Unsinn. Als sage ich dann:
      Ich würde das jetzt NUR FÜR SIE bestellen. Wenn Sie es nicht möchten, werde ich es auch nicht bestellen, und dann habe ich es auch nächste Woche nicht vorratig.

      Es hilft nichts! In solchen Fällen spreche ich in einem Modus, für den mich Erzieher aus jeden Kindergarten rausschmeißen würden… ;-)

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    2. Das ist ein weiterer klassischer Fall, den ich inzwischen gelernt habe zu umgehen. Wenn ich sage „Ich kann das bestellen“ und nur ein „Okay“ zurückbekomme, während man schon fast wieder weg ist, halte ich die Leute inzwischen nochmal auf indem ich deutlich sage: „Ich kann das bestellen – FÜR SIE- wenn sie das möchten. Möchten sie das?“ …

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  3. Ungefaehr die Haelfte der Eintraege in ‚Not always right‘ behandeln das Thema ‚Zuhoeren‘. Das wird also auch in Europa noch schlimmer …

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  4. Der zweite Fall könnte aber auch eine neue Masche sein, jemandem eine Bestellung unterzujubeln.

    Wir hatten in der Praxis vorletzte Woche einen Anruf von einer Firma, die uns unbekannt war. Man wolle uns daran erinnern, dass wir wegen einer Lieferung schlechter Masken im Frühjahr ja noch ein Guthaben hätten, ob wir das jetzt nicht bei einer erneuten Bestellung einlösen wollten.

    Wir haben natürlich sofort erkannt, was da läuft, aber wie ist das wohl in grösseren Praxen/Firmen? Erinnert schon fast an die Masche, einfach irgendwelche Druckerpatronen, die man nie bestellt hat, samt Rechnung zu schicken, in der Hoffnung, dass irgendjemand den Empfang quittiert und die Rechnung anweist.

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    1. Das stimmt. Zu Hause hatte ich auch schon Anrufe wegen angeblich bestelltem Wein, die sich dann als „Bestellbestätigung per Telefon“ herausstellten. Deshalb vermeide ich es da überhaupt „Ja“ zu sagen bei so einer Anfrage. Und die Masche mit den Druckerpatronen kenne ich auch aus der Apotheke. Das mit den Masken ist neu … aber vielleicht jetzt zu erwarten. Es gibt immer so Opportunisten.

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  5. Liebe Phamama

    Habe manchmal auch das ich wohl chinesisch rede oder sowas. Besonders lästig finde ich die Telefonieren, die uns etwas andrehen wollen und dann immer „den Chef“ verlangen, für irgend so Büromaterial usw. Habe mein Team ersucht, immer nachzufragen, um was es eigentlich geht. In 99,99% aller Fälle braucht es gopfridstutz „den Chef“ einfach nicht. Dass wir keinen Toner wollen, für das im Namen des Geschäfts mitzuteilen- sorry, darüber können also alle Mitarbeitenden Auskunft geben. Diese könnten in diesem Fall auch mit einer Betonmauer reden. Entweder sind solche Leute einfach unbelehrbar oder grenzdebil.
    Und ja, ich bin „der Chef“. Auch wenn ich ’ne Frau bin. Und ja. Ich kann manchmal auch als Frau dann im Kasernenhofton herumblaffen.
    Ich vergeude meine Zeit nicht für sowas. Das Leben ist zu kurz und es gibt genug Leute, die echte Anliegen haben und uns alle als Apothekenteam brauchen und nicht nur „den Chef“. Ich finde das einfach despektierlich gegenüber allen Mitarbeitenden. Wo sind wir hier eigentlich? Im 19. Jahrhundert?
    Es sind die Momente wo ich dann am Telefon manchmal verbal ein wenig entgleise. Manchmal hänge ich einfach auch brutal schnell auf. Mitten in einem Satz. Ich finde man darf das. Auch wenn man ein sogenanntes Dienstleistungsunternehmen ist. Oder frei nach Mark Twain: „Bist du wütend, zähl auf vier. Nützt das nichts, dann explodier‘!“

    Manchmal ist es auch einfach ein Witz. Es darf gelacht werden. Lange und intensiv. Das können wir zum Glück auch noch!

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    1. Chef = Männlich. Immer noch. Vor allem bei so Anfragen aus Ländern wie Indien (wo viele Callcentren sind). Ich habe schon verleugnet, dass bei uns überhaupt ein Mann arbeitet, dass jemand da ist, der das entscheiden kann und wenn die englisch reden habe ich schon behauptet (auf englisch :-) ) dass ich kein englisch spreche. Damit wird man sie fast am raschesten los.

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  6. Richtig lustig (=nervig) fand ich immer die Anrufe aus irgendwelchen indischen Callcentern, die einem auf englisch irgendwelche Aktienbeteiligungen andrehen woll(t)en. Ich bin in der Zwischenzeit zu folgender Vorgehensweise übergegangen:
    [Anrufer]: blablabla…. we want to tell You intresiting things…
    [Ich]: This is a pharmacist shop. So if You have a pharmaceutical problem, perhaps I can help You. Do You have a pharmaceutical problem?
    [A]: Yes! I want to show You a intresting company…
    [I]: This is NO pharmaceutical problem! I cant help You with this. So if You have a pharmaceutical problem, perhaps I can help You. Do You have a pharmaceutical problem?
    [A]: Yes! i want to talk with You about this company…
    [I]: This is NO pharmaceutical problem! I cant help You with this. So if You have a pharmaceutical problem, perhaps I can help You. Do You have a pharmaceutical problem?
    … (noch 3 oder 4 Runden, wenn dann der Anrufer nicht aufgegeben hat)…
    [I]: I think You don´t have any pharmaceutical problems. So I can´t help You anyway, because I have t help ill people! Have a nice day! [auflegen]

    Dabei werde ich zugegebener Maßen immer lauter und ungehaltener. Was solls, ist ja nicht mein Problem. Andererseits glaube ich, dass sich das langsam rumgesprochen hat, denn in letzter Zeit habe ich keine solchen Anrufe mehr erhalten.

    Ich lauere ja immernoch auf einen Anruf, wo der „Chief Officer of Execution“ verlang wird, um zu antworten, dass bei uns niemand exekutiert wird weil das gesetzlich verboten ist, und dass wir hier auch keine Offiziere haben, aber ich gerne zur Bundeswehr weitervermittle… Seit ich mir das bei „Nobelix“ abgeschaut habe, habe ich keinen solchen Anruf mehr bekommen. Ich glaube, da ist ein Hellseher am Werk. ;-)

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    1. @ knick:

      Vergiss nicht die ebenfalls mit indischem Akzent vorgetragenen Anrufe „Hi, this ist Peter from Windows. You have problemn with computer.“ Da kommt auch jedes Mal Freude auf.

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    2. Und natürlich nicht zu vergessen die netten Zeitgenossen, die mir gerne meine Telefongespräche billiger machen wollen. Sogar trotz meiner Flatrate.

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    3. Ja die englischen Anrufe find ich auch immer lustig..
      Gerade diese Woche wieder.. Chef ist in den Ferien.
      – unterdrückte Nummer –
      Hello,…
      dann irgendwas unverständliches..
      Und dann.
      Where am I?
      Ja sie rufen ja an..
      Ich: I think you’ve got the wrong number!
      Are you sure?
      Ich: aufgelegt.
      Adieu merci!
      Bei Computerproblemen (die sich zwar tatsächlich aktuell häufen) hänge ich gleich sofort auf. Meine Service Nummer kenne ich.

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      1. Nur dass die dann manchmal nochmals anrufen. Das mit dem gleich aufhängen habe ich auch schon probiert. Seitdem reagiere ich gleich beim ersten Versuch des „window-suppoRt“ giftig.

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        1. Wenn ich weiß, dass ein Anruf vom „Microsoft Support“ kommt (ich habe mehrere Festnetznummern, da häuft sich das manchmal), dann melde ich mich einfach so:
          „Mircrosoft Corporation, Department for Fraud Prevention. My name Dan, how can I help you?“
          Wenn ich bei „my name“ bin, hat der Anrufer schon aufgelegt.

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  7. Der Glaube an die Konsumgesellschaft und kapitalistische Produktion ist schon umwerfend. „Nicht lieferbar“ kann überhaupt nicht gehört werden.

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