Pharmaziestudenten mit dem neuen HMG nicht in die Arbeitslosigkeit schicken!

Das neue Heilmittelgesetz (HMG) kommt – aber Gesetze sind das eine und wie sie dann ausgelegt werden, das andere. Ausser vielen interessanten und fordernden Änderungen für die Apothekerschaft (wie zum Beispiel die praktische Aufhebung der Liste C und mehr bisher rezeptpflichtige Medikamente, die man mit den entsprechenden Kompetenzen abgeben darf) könnte auch eine weniger schöne Änderung kommen. Je nachdem, wie dieser Passus für die Apotheker ausgelegt wird:

Art. 5 Abs. 2
Der Bundesrat bestimmt die eidgenössischen Weiterbildungstitel für die universitä-
ren Medizinalberufe, für deren privatwirtschaftliche Berufsausübung in eigener
fachlicher Verantwortung eine Weiterbildung nach diesem Gesetz erforderlich ist.

Im schlimmsten Fall (und der wird laut Kantonsapothekerinnen anscheinend wirklich diskutiert) haben wir danach wieder den „Fall Basel“ – über den ich 2013 geschrieben habe: Bewilligung zur Berufsausübung – nach dem Studium nicht zu erlangen?

In kurz: Apothekerinnen direkt nach dem Studium dürfen dann (immer noch) nicht alleine in der Apotheke stehen und arbeiten, sondern benötigen 2 Jahre Berufserfahrung (oder ähnliche „Weiterbildung“).

Dabei meint „alleine“ natürlich nur ohne andere gleichzeitig anwesende Apotheker – Pharmaassistentinnen (egal wie kompetent und schon lange im Betrieb arbeitend) „zählen“ dafür nicht.

Mir ist schon klar, dass damit eine Verbesserung der Qualität erreicht werden soll – Nur … auch die Apothekerin frisch ab Studium (nach 5 Jahren intensiver Ausbildung) hat schon ein Praktikum in der Apotheke von 33 Wochen hinter sich. Und es geht ja nicht darum, selber eine Apotheke zu leiten – dafür braucht man heute schon die mindestens 2 Jahre Berufserfahrung.  Nach bald 20 Jahren im Beruf (selber so angefangen) und einigen Apothekern, die bei uns (auch direkt nach dem Studium) gearbeitet haben, kann ich sagen: Die Apotheker haben direkt nach dem Studium die nötigen Kompetenzen und das Wissen und nach dem Praktikum auch die Erfahrung, dass sie ohne Aufsicht eines anderen Apothekers in der Apotheke arbeiten können. Nehmt ihnen das nicht weg!

Die Auswirkung einer solchen Auslegung wäre ein (noch grösserer) Mangel an für eine Stelle verfügbaren Apothekern – Denn: wieviele Apotheken können es sich leisten, mehr als einen Apotheker gleichzeitig arbeiten zu haben? (Bahnhofsapotheken mal ausgenommen).

Darum der Aufruf an die Pharmaziestudenten, Apotheker (angestellt, leitend, pensioniert) und alle sonst: Unterschreibt die Petition als Aufruf an Alain Berset:

Schicken sie die Pharmaziestudenten nicht in die Arbeitslosigkeit

 

4 Kommentare zu „Pharmaziestudenten mit dem neuen HMG nicht in die Arbeitslosigkeit schicken!

  1. Bei uns Ärzten ist es doch noch schlimmer – wir brauchen nach dem Studium (mind. 6 Jahre) erst noch 5-6 Jahre Facharztausbildung. Und dort stehen wir zwar offiziell unter der ständigen Aufsicht eines Kaderarztes, machen de facto jedoch den Grossteil der Arbeit selbstständig.

    Dennoch ist diese Berufserfahrung extrem wichtig, vor allem um Routine zu erlangen. Und Sicherheit – die einen der (zumindest theoretisch) immer für Rückfragen zur Verfügung stehende Kaderarzt geben soll (ob der dafür kompetent genug ist, ist ein völlig anderes Problemfeld). Und das Ganze obwohl wir im Studium insgesamt fast eineinhalb Jahre Praktikum absolvieren mussten und – zumindest theoretisch – fast alles, was da in der Klinik kommt, schon mal irgendwann gelernt haben.

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    1. Bei Ärzten ist es aber etwas anders. In der Facharztausbildung im Krankenhaus ist man nachts auch öfters alleine, aber immer einen Hintergrunddienst oder anderen Ärzte im Haus. Ihr könnt am Menschen arbeiten.
      In der Schweiz scheint es jetzt so zu sein, dass die fertig studierten Apotheker/innen zukünftig nichts mehr alleine machen dürfen wenn kein/e Apotheker/in mit >2 Jahren Erfahrung anwesend ist. Damit werden diese Frischlinge als Angestellte weniger interessant, speziell für kleine Apotheken. Dann bräuchte der Leiter ja noch einen zweiten Approbierten mit >2 Jahren damit er beide Apotheker auch nur mal kurz alleine lassen kann. Das ist schon nicht wirklich durchdacht.

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      1. „In der Facharztausbildung im Krankenhaus ist man nachts auch öfters alleine, aber immer einen Hintergrunddienst oder anderen Ärzte im Haus.“

        Der Hintergrund ist nicht in jedem Spital im Haus. Und rein theoretisch darf man als Assi gar nichts allein. Wird nur nicht umgesetzt (ginge auch gar nicht). Von daher ist die Situation durchaus vergleichbar.

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  2. Wieder einmal zeigt sich: Leider ist gut gemeint nicht immer gut gemacht.
    Mit dem Notfallsanitätergesetz in Deutschland hat der Gesetzgeber auch erheblichen Druck auf die Neu- und Umqualifizierung gebracht und das in einem leeren Markt für Rettungspersonal. Dass auch die ganzen Rettungsassistenten die bisher die höchste Qualifizierungsstufe auf dem RTW darstellten nun recht zügig eine ziemlich zeitaufwendige Weiterbildung durchführen müssen und damit nicht mit Ihrer Arbeitskraft zu Verfügung stehen, hat keiner mal sauber durchgerechnet.
    Ziemlich dilettantisch, obwohl vom Grundsatz natürlich eine bessere Ausbildung eigentlich sehr erfreulich ist.

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