Pille danach via den Arzt

Die junge Frau mit Baby im Kinderwagen kommt in die Apotheke zu meiner Pharmaassistentin. Im Moment bin ich am herumtelefonieren und gleichzeitig dabei mit telefonischer Hilfe unser akutes Dosierungsetiketten-Drucker-Problem zu lösen, deshalb findet die ganze Begegnung hauptsächlich zwischen der Frau und meiner Pharmaassistentin statt.

Frau: „Haben Sie die Pille danach? Wieviel kostet die?“

Donna: „Ja, die haben wir. Es gibt sie nach einem Beratungsgespräch mit der Apothekerin. Dabei schaut sie auch, welche geeignet ist. Die eine kostet 40 Franken und die andere 50 Franken.“

Frau: „Und wenn der Arzt ein Rezept schickt?“

Donna kommt mich fragen – ich (immer noch am Telefon) zeige ihr, wo ich das festgehalten habe. Dass wir dafür ein Rezept bekommen, kommt so gut wie nicht mehr vor.

Donna zur Frau: „Dann ist die eine 31 Franken und die andere 41 Franken … aber …“ (sie wird unterbrochen):

Frau: „Oh, das ist gut. Ich habe nämlich ein Rezept verlangt. Es sollte gleich kommen.“

Sie setzt sich hin um zu warten, Donna löst ein, zwei Krankenkassenprobleme, dann kommt das Fax vom Arzt.

Für Ella One.

Ich schaue auf das Rezept und schüttel den Kopf. Das ist das teurere Produkt und … ich weiss ja nicht, wie lange es her ist, da sie ja offensichtlich die Beratung durch mich nicht wollte, aber … „Hast Du nicht gesagt, sie hat ein kleines Baby dabei? Stillt sie noch?“

Donna: „Das weiss ich nicht. Aber ich werde sie darauf hinweisen, dass man bei dieser Pille danach die Milch abpumpen muss … wie lange?“

Pharmama: „Eine Woche. Ich hätte wahrscheinlich die andere gewählt. Bei Norlevo hätte sie nur 6 Stunden Stillpause machen müssen“.

Ich visiere das Rezept, Donna geht nach vorne und kommt nach kurzer Diskussion wieder zurück: „Sie will die. Und auch gleich nehmen. Aber sie kann nicht zahlen.“

Pharmama: „Echt jetzt?“

Donna: „Ja, sie dachte, mit Rezept zahlt das die Krankenkasse.“

Pharmama: „Nein…“

Donna: „Ich weiss. Ich sage ihr, sie soll etwas hierlassen, zum Beispiel ihre Identitätskarte und dass sie die zurück bekommt, wenn sie es bezahlt.“

So machen wir das.

Ich habe glaube ich schon einmal erwähnt, dass wir mit uns reden lassen wegen dem Preis, wenn der ein Problem darstellen sollte. Ich kann bis fast zum Ankaufspreis runter gehen – ganz darauf verzichten, dass es bezahlt wird, kann ich allerdings nicht.

Ich frage mich auch, ob ihr bewusst ist, dass der Arzt für das Ausstellen des Rezeptes im Normalfall auch etwas verlangt. „Kurze telefonische Konsultation“ und vielleicht noch „Ärztliche Leistung in Abwesenheit des Patienten“ – ich würde sogar behaupten, dass das im Endeffekt teurer kommt als die Beratung durch mich in der Apotheke.

Und ich hoffe (für sie) ernsthaft, dass der Arzt sich auch wirklich die Zeit genommen hat, die paar wichtigen Fragen zu stellen. Ich muss davon ausgehen – immerhin hat er ihr das Rezept ausgestellt. Und das sollte man nicht, ohne die Patientin und die Umstände zu kennen. Es war ihr Frauenarzt – da sollte man meinen, das ist so. Mich erstaunt aber trotzdem die Wahl. Nicht nur wegen dem Preis. Wenn sie noch stillt und das noch unter 72 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr ist, hätte ich die Norlevo empfohlen.

Wollt ihr mehr lesen über die Pille danach in (Pharmamas) Apotheke?:

6 Kommentare zu „Pille danach via den Arzt

  1. Typisches Telefongespräch im Notdienst in D vor „Freigabe“ der Notfallpille abends um 22:00Uhr:
    RingRing Knickapotheke, Knick am Apparat, was kann ich für Sie tun?
    -Hier ist die orthopädische Praxis Dr. Rückenschmerz. Ich habe hier eine Frau hier im Notdienst, die braucht die „Pille danach“. Können Sie mir sagen, wie die gleich hieß?
    -Klar. „Unofem 1,5mg 1St.“ zum Beispiel. [„Pidana“ wurde erst 2011 in die Taxe aufgenommen.]
    -Gut, dass schreibe ich dann so auf. Klick.

    Zugegeben habe ich es ein wenig überspitzt dargestellt, aber ich habe das mehr als einmal so (ähnlich) erlebt. Und ohne dem Herrn Dr. Rückenschmerz was böses zu wollen glaube ich, dass die wichtigste Frage in dem Beratungsgespräch von MIR beantwortet wurde… ;-) Aber dafür hat sich ja damals mit der „Freigabe“ der Fachverbandschef der VereinigtenFrauenärzteDeutschlands aufgeregt, dass die Beratungsliste der Apotheken für den Papierkorb sei. Und dass nur Frauenärzte korrekt beraten können – weil nur Frauenärzte den Monatszyklusstand der Frau erglaskugeln (1) können. Jupps – die haben auch direkt nen 24/7-Notdienst auf die Beine gestellt, nur für die Notfallpille…. oder so. ;-)

    (1) Und natürlich kann das auch McGiver – aber der braucht dafür sein Schweizer Taschenmesser, einen Kaugummi und 30g Sägespäne! :D

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    1. @Gedankenknick: Das mit dem Zyklus ist sowieso ein Witz, da mindestens an der Uniklinik, an der ich meine Gyni-Kurse hatte, die Pille danach unabhängig vom Zyklus gegeben wird, einfach um sicher zu sein und weil die UAWs gering ausfallen – ist imo auch sinnvoll.

      Zum Post – in solchen Momenten frage ich mich jeweils, ob die Patienten einfach keine Ahnung haben, wie das schweizerische Gesundheitssystem funktioniert, oder ob der Arzt einfach schlecht informiert.
      Sicher wissen die wenigsten Patienten genau über ihre Krankenkasse bescheid und was die deckt (wie sollen sie auch?) andererseits gibt es auch Ärzte, die unklar kommunizieren. Bis ich einmal eine teure Salbe auf der Arztrechnung wieder fand, war ich davon ausgegangen, dass ‚ich gebe ihnen X gleich mal mit‘ oder ‚ich schreibe ihnen Y aufs rezept, dann bekommen sie’s in der apotheke‘ bedeutet, dass die KK es bezahlt. Damals hatte ich bereits 2 Jahre Medizin studiert, wie wird es da dann Laien gehen?

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        1. Ja, schön was der Herr Dr. da so zu Protokoll gibt… Praktisch wird der normale Gynäkologe auch lieber einmal zu viel die Pille danach herausrücken. Generell gilt: Es gibt Nichts, dass es nicht gibt in der Medizin. Und der Gynäkologe hat auch keine Lust bei einer „unmöglichen Schwangerschaft“ (die dann halt doch stattgefunden hat) auf Unterhalt verklagt zu werden… Aber ich bin ja nur Unfallchirurgin, so ein weiblicher Zyklus ist ja eh viel zu kompliziert für ne Metzgerin ;)

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          1. eine Frau, deren Zyklus so regelmäßig Ist, so dass er den Status bei einmaliger Konsultation perfekt berechnen kann, die würde ich gerne sehen…

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  2. Was den Preis angeht: Ich finde es moralisch von Euch lobenswert, dass Ihr bei sozial schwächeren Personen bis fast auf den Einkaufspreis heruntergeht.

    Wenn man die Relation betrachtet, halte ich das aber nicht unbedingt für notwendig. 31 oder 41 Franken für die Pille danach sind deutlich günstiger als die Kosten für ein weiteres Baby oder eine Abtreibung. Von irgendwas muss die Apotheke ja auch leben. Persönliches Handeln hat Konsequenzen. Und der Preis ist echt kein Wucher.

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