Origenial?

Fragt turtle/David:

Ich habe kürzlich ein solches Plakat fotografiert von Pfizer… Ein „Original-Generikum“ vom Hersteller des Originals. Ich habe nicht verstanden, welchen Sinn es hat…

origenial

Auf dem Plakat steht: Genial wie das Original. Original-Generika und Medikamente die vom hersteller der Originale stammen. Zu 100% identisch mit dem Original mit Ausnahme der Verpackung und Namen. Zu einem attraktiven Preisvorteil.

Wieso man das macht? Wegen dem Geld – was sonst?

Ich sollte etwas elaborieren. Ich habe darüber schon geschrieben (hier: https://pharmama.ch/2013/01/03/nehmen-sie-doch-das-generikum-bitte/ )

Firmen wie Pfizer und AstraZeneca aber auch Sanofi sind Meister in dem Spielchen bei den rezeptpflichtigen Medikamenten. Man nehme (s)ein Original-Medikament kurz vor Ablauf des Patentes. Man lanziert dazu ein eigenes „Generikum“ (füllt es einfach anders ab) und verkauft das günstiger (aber meist noch einiges über dem Preis der „richtigen“ Generika). Man nennt dies „early entry“. Die Leute wechseln zu dem und bleiben dann dabei. Ein paar wechseln auch später, nach Einführung der anderen Generika, wenn sie sich von der Werbung (oder gelegentlich auch der Apotheke) überzeugen lassen, dass das ja wirklich dasselbe ist. Marken sind was wunderbares – und funktionieren auch im Gesundheitsmarkt.

Online habe ich die Version mit dem Viagra schon gesehen … Aber egal welche Tablette oder Kapsel: glaubt mir .. die Leute, die das nehmen, die erkennen „ihre“ Pille und reagieren darauf.

Das Ganze würde mich nicht nerven, wenn diese Firmen das nicht zum Anlass nehmen würden den Preis des Originals damit länger weiter oben zu halten …  Und die Krankenkasse zahlt die (teuren Originale) auch weiterhin, halt mit 20% Selbstbehalt Abzug. Aber (so wenig) Geld interessiert die Kunden nicht, die wirklich nur den Markenartikel wollen. Die würden sich höchstens überzeugen lassen zu wechseln, wenn die Originale bei der Existenz eines Original-Generikums gar nicht mehr bezahlen würde …

Solche Medikamente nennt man ausser Original-Generika auch Auto-Generika oder auch Co-Marketing-Präparate (die sind auch im nicht-rezeptpflichtigen Bereich üblich).

Beispiele (Original-Generikum):

  • Atacand – Pemzec
  • Diovan – Valsartan Sandoz
  • Nexium – Esomep
  • Pantozol – Pantoprazol Nycomed
  • Seroquel – Sequase
  • Sortis – Atorvastatin Pfizer (dagegen ist Atorva Pfizer tatsächlich ein Generikum, eine andere Tablette)
  • Viagra – Sildenafil Pfizer
  • Xalatan – Latanoprost Pfizer

Aber die Kampagne hat vielleicht doch etwas gutes: sie macht die Leute mal wieder auf Generika aufmerksam. Wer genaueres wissen will (zum Beispiel, was es da gibt und ob das für einen geeignet ist), der frage doch in seiner Apotheke nach. Die weiss Bescheid.

22 Kommentare zu „Origenial?

  1. In Deutschland gibt (gab?) es diese abstruse Drittel-Regel: Krankenkassen zahlen nur Medikamente aus „dem unteren Preisdrittel“. Bedeutet einfach: Die Pharmafirmen werden dazu angehalten, jedes Medikament unter drei verschiedenen Namen zu drei verschiedenen Preisen auf den Markt zu werfen: Die beiden teureren müssen dabei noch nicht mal wirklich existieren, sie dienen nur dazu, das „untere Preisdrittel“ nach eigenem Ermessen zu gestalten.

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    1. Örks… das ist ja absurd.

      Auch in normalen Geschäften hast du oft ein paar überteuerte Ladenhüter, die dem Kunden das Gefühl geben, er könne im selben Geschäft auch wesentlich günstiger einkaufen…

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    2. Die Möglichkeit, ein absurd teures Produkt anzubeiten, um das unterste Preisdrittel nach oben auszuweiten, ist schon vor einigen Jahren politisch gekippt worden (nachdem die Politik durch die Kassen darauf aufmerksam gemacht wurde).

      Außerdem geht es heutzutage nicht mehr um das untere Preisdrittel, sondern um eine der drei preiswertesten Packungen. Da hat sich das mit dem absurd teuren Luftnummern automatisch raussubtrahiert…

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  2. Ach Sildenafil IST Viagra?
    Das kriegt man ja häufig genug als Spam, und ich dachte immer das wären zwei eigene Wirkstoffe.
    Auf der anderen Seite hab ich die Mails auch immer beim lesen der Betreffzeile in den Spamordner geschubst hmm

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      1. Nein nur von „Offiziellen“ Händlern aus Indien :P
        Wobei die Spam in diese Richtung nachgelassen haben, heutzutage krieg ich meistens spam für Business Homepage Designs oder Schwerlastregale…. warum auch immer.

        Ganz früher hatte ich auch immer Spam für Brustvergrößerungspillen.
        Dabei finde ich sind meine für einen Mann groß genug…..

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    1. Bereits jetzt verfügen grössere Standorte von Coop über eine eigene Apotheke („Coop Vitality“). Die sind aber eher herkömmliche Ketten-Apotheken. Ob sie eigene Generika verkaufen, weiss ich nicht. Von Amavita, einer anderen Kette, sind Generika bekannt – Dextromethorphan, Diclofenac, ASS, Ibu und dergleichen – und Amavita-Apotheken findet man immer wieder im selben Einkaufszentrum wie die Migros.

      Vielleicht hatte Coop in ihren Liegenschaftsverträgen keine Apotheken erlaubt, es sei denn, es seien die eigenen…

      Was „Zur Rose“ plant, klingt nach einem Apothekenbetrieb mit möglichst geringen Betriebskosten. In der Migros drin. Möglichst wenig Platz. Wenn eine eingerichtet wird, werde ich sie mal anschauen. Und dann weitergehen. They say coffee heals all things…

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      1. Fast richtig. Ich schreibe in einem Artikel, der morgen kommt, wie es ist.
        Turtle Korrektur:
        Coop Vitality und Amavita und Sunstore Apotheken gehören alle demselben. Der Galenica, die auch selber Grossist, also Medikamentenhändler ist und teils Medikamente und Generika herstellt (die Vifor „gehört“ denen auch). Das ist also praktisch eine Kette – mit 3 Namen und unterschiedlichem öffentlichem Auftritt.

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        1. Danke für die Hinweise. Röchel. Das klingt ja schon fast nach „We are the Borg. You will be assimilated.“

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  3. Original-Generika sind in sofern gut, als sie ja wirklich identisch sind. Echte Generika dürfen ja bei der Bioverfügbarkeit zwischen 80 und 125% vom Original liegen (zumindest in D), was dazu führen kann, dass zwischen Generikum A, das die Kasse letztes Quartal bezahlt hat, und Generikum B, das dieses Quartal den Zuschlag hat, ein Unterschied der im Körper ankommenden Dosis von 45% liegen kann.
    Dann gibt es ja immer noch die Leute, die lactosefrei, glutenfrei, xxx-frei brauchen – und da kann es schon mal sein, dass nur der Originalhersteller das liefert (manchmal aber auch nur ein Generikahersteller). Dann ist es schon nett, wenn es das Original auch als günstigeres Autogenerikum gibt.
    Ich frage mich allerdings jetzt, was man machen würde, wenn bei einem Original aut-idem durchgestrichen ist – darf man dann das Generikum abgeben (das ja eigentlich keins ist)?

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    1. @xpistian: In D ist es so, wenn Aut-Idem durchgestrichen ist, ist genau das auf dem Rezept aufgeführte Medikament abzugeben (Pharmazeutische Bedenken, ect… mal außen vor).

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      1. Wenn Aut-Idem durchgestrichen ist, sind pharmazeutische Bedenken (oder sonstige Probleme wie die Nichtlieferfähigkeitr des Herstellers seit 18 Monaten) gegenstandlos. Abgabe eines anderen Herstellers – auch unter Angabe „pharmazeutischer Bedenken“ – führt zu einer verdammt hohen 0-Retax-Wahrscheinlichkeit. Es hilft nur, das Rezept vom Arzt (persönlich!) ändern zu lassen…

        Merke: Die gesetzlichen KrankenKassen sind unbestechlich – die nehmen nicht mal Vernunft an!

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      2. @TomTom
        So ist es.
        Da ja nicht jeder Latein kann:
        Aut idem heißt einfach „Oder dasselbe“, was dann heißt der selbe Wirkstoff in der selben Kombination – Darreichungsformen dürfen schon mal abweichen (z.B. Kapsel statt Filmtablette, normale Tablette statt Schmelztablette).
        Durch Durchstreichen fällt „Oder dasselbe“ halt weg, und dann darf nur das abgegeben werden, s. Gedankenknick.

        Ich bin ein noch zu junger Apotheker um das erlebt zu haben, aber ich habe mal gehört, dass das früher kein Durchstreichen sondern ein Ankreuzen (wie ja auch Gebührenfrei, Arbeitsunfall etc. alle angekreuzt und nicht durchgestrichen werden) war. Da man ja aber heutzutage dank Rabattverträgen und Importquote (wobei Importe sinnvollerweise als als Original gelten) eigentlich fast immer was anderes abgibt als auf dem Rezept steht, wurde das wohl geändert, weil sonst halt immer fast alles angekreuzt sein müsste.
        Ich habe aber keine Ahnung, ob diese Information (irgendwo im Internet, evtl. in Doccheck Kommentaren) stimmt. Hab sie sonst noch nie gehört.

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        1. Was ich auch immer wieder toll finde bei aut-idem:
          Hat der Arzt entschieden, dass es sinnvoll ist, das Medikament nicht auszutauschen (z.B. früher bei Marcumar oder einem anderen Phenprocoumonpräparat – mittlerweile darf da nicht ausgetauscht werden) und gibt man folglich keinen Rabattartikel ab, kann das für den Patienten Mehrkosten bedeuten.
          Marcumar kostet z.B. 10,99 (Zuzahlung + Mehrkosten), Phenprogamma 5,00 (nur Zuzahlung).
          Dadurch kann es vorkommen, dass ein von Zuzahlungen befreiter Kunde 5,99 für ein Medikament bezahlen muss, nur weil ein Kreuz (das pharmazeutisch berechtigt ist) steht bzw. weil das Medikament auf der Substitutionsausschlussliste steht.

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  4. Ist das eine Zunge, die auf dem Foto aus der Kapsel kommt?
    Wenn ja, was soll die Zunge bedeuten?
    (Vielleicht ist der Kps übel und sie hat den Gully davor gesehen)

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      1. Ha, da muss man mal drauf kommen. Das Photo kenne ich, aber einen Zusammenhang mit der Kapsel habe ich nicht gesehen. Viellicht sollte man der Kapsel noch wirres Haar zufügen, damit es klarer wird.

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        1. Einstein und „Original-Generika“ führen beide zu Raum-Zeit-Krümmungen und dazu, dass Herr Russell seine Teekanne in unwirtlichen Gegenden vermisst…

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      2. Genial, das habe ich von alleine nicht realisiert!
        Aber auch ein wenig selbstverliebt – angeblich liebte Einstein selbst das Foto ja über alles – was auf Pfizer wie auch die Marketingfirma wahrscheinlich auch ein wenig zutrifft; dadurch bemerken diese gar nicht, dass der einfache Bürger es u.U. gar nicht kapiert.

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  5. Wieder ein fantastischer Fachartikel. Die Autogenerikum Diskussion führte ich bis vor Kurzem regelmässig aufgrund des Sortimentwechsels der Klinik zu Sequase. Um es abzukürzen habe ich die Patienten einfach die Prägung aud der Sequase lesen lassen, da steht „Seroquel“ drauf.
    Der neue Sortimentswechsel zu einem anderen Quetiapin Präparat, bringt wieder die klassischen Gespräche die das Thema Generika so spassig im Alltag macht.

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