Die Augentropfen-Sonata (Stück in 4 Akten)

Akt 1: Samstag kurz vor 12 Uhr. Der Patient muss die vom Arzt verschriebenen Augentropfen selber zahlen, weil es nicht von der Krankenkasse übernommen wird.

Er war noch nie bei uns. Er hat nur Grundversicherung. In dem Fall macht das nicht einmal einen so grossen Unterschied, da es bei den befeuchtenden Augentropfen so ist, dass inzwischen die meisten auch von der Zusatzversicherung nicht übernommen werden. Die sind dann auch nicht „gelistet“ sondern nur als Medizinprodukt zugelassen. Das scheint für die Firmen günstiger zu sein. Die Augen-Ärzte schreiben hier herum inzwischen auch häufig nicht mehr nur ein Produkt auf, sondern gleich diverse – dann muss sich der Patient durchprobieren und nimmt dann einfach das für ihn beste weiter – wobei er es eben bezahlen muss … dafür aber auch kein Rezept benötigt (eben: nicht gelistet bedeutet neben „wird kaum bezahlt“ auch ganz sicher: nicht rezeptpflichtig).

In dem Fall haben wir aber nur eine Art (befeuchtende) Augentropfen auf dem Rezept.

Patient: „Ich musste noch nie etwas selber zahlen.“

Pharmama: „Dann wurden Ihnen vielleicht bisher nur Sachen aufgeschrieben, die die Grundversicherung übernimmt.“

(Ich kenne momentan nur eine Vriante befeuchtende Augentropfen, die bezahlt wird. Und die sind rezeptpflichtig. Die stehen nicht auf diesem Rezept.)

Patient: „Und warum hat der Arzt das diesmal nicht gemacht?“

Pharmama: „Das weiss ich auch nicht.“ (Woher auch)

Patient: „Können Sie den Arzt anrufen, ob er etwas aufschreibt, das übernommen wird.“

Kann ich. Dienstbereit, wie ich bin.

Er ist allerdings nicht erreichbar. Kein Wunder am Samstag.

Patient: „Ich brauche das aber jetzt – in der Kreuz Apotheke bekomme ich immer alles ohne zu bezahlen.“

Pharmama: „Vielleicht stellen die ihnen eine Rechnung?“

Patient: „Nein. …Dann gehe ich es dort holen.“

Okay.  Er geht.

Akt 2: Er kommt nach einer Weile zurück.

Patient: „Sie haben es nicht und sie schliessen gleich. Dann kaufe ich es halt hier.“

Aber sicher.

Patient: „Kann ich nur einen Teil der Packung kaufen?“

(Es sind Monodosen … aber auch nicht soo teuer)

Pharmama: „Nein. Ich kann die Packungen nicht angebrochen für andere verwenden.“

Patient: „Kann ich, wenn ich nicht alles brauche es zurück bringen und sie geben mir einen Teil des Geldes zurück?“

Pharmama: „Äh, nein.“

Patient: „Oder ich zahle es erst am Montag?“

Pharmama: „Nein.“

Patient: „Ich gehe rasch mein Portemonnaie holen.“

Akt 3: Ich dachte, ich sehe ihn nicht mehr, aber … doch. Als er zurückkommt:

Patient: „Ich habe noch meinen Arzt angerufen… (wie? aufs Privattelefon?) … und er hat mir noch diese hier genannt:“ (alles Produkte, die noch teurer sind als das ursprünglich aufgeschriebene … und ebenfalls nicht bezahlt werden.)

Am Schluss hat er die verschriebenen Augentropfen dann genommen. Und bezahlt.

Finale: (Oder Nachsatz:) Mein Mann war vor ein paar Wochen auch beim Augenarzt. Nach der Untersuchung hat der Arzt ihm dann auch solche befeuchtende Augentropfen „mitgegeben“.

Ich habe ihm dann erklärt, dass der Arzt da grad einen netten Zusatzverkauf von 20 Franken gemacht hat. Das konnte er auch in einem nicht-SD Kanton, da die Tropfen ja nicht ein Medikament sind sondern unter Medizinprodukt fallen.

Das erschien dann auch auf der Arztrechnung, die er später bekommen hat. Die Tropfen hätte er auch ohne Rezept in jeder Apotheke bekommen, inklusive meiner (und da für ihn günstiger, da ich da Rabatt drauf bekomme, wenn ich das kaufe … wie gesagt: kein Medikament).

Aber es ist halt selbst für ihn schwer da beim Arzt zu sagen: Das will ich lieber nicht (hier) bekommen. Ich gehe da in die Apotheke.

Dafür hat der Arzt dann auch nicht so Diskussionen wie ich oben, weil der Preis dafür erst später ersichtlich ist. :-(

20 Kommentare zu „Die Augentropfen-Sonata (Stück in 4 Akten)

  1. Ich kenne mich ja nicht mit Schweizer Recht und Geflogenheiten aus, aber in Deutschland sähe ich da in beiderlei Hinsicht ein Problem: Ohne, dass der Arzt einen Preis angesprochen hat, ist es ziemlich fraglich, ob da ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Übereinstimmende Willenserklärungen und so. Und auch jenseits vom Rechtlichen fände ich das ungebräuchlich, etwas mit nicht unerheblichem Preis in die Hand gedrückt zu bekommen und später dann die Rechnung zum Selbstzahlen zu bekommen. Entweder würde ich davon ausgehen, dass die Kasse das übernimmt und ich die Rechnung einfach weiterleiten kann, oder ich würde davon ausgehen, dass das z.B. eine Probe ist, die der Arzt zur Weitergabe vom Hersteller erhalten hat.
    Bei mir hätte das ein ernstes Gespräch mit dem Arzt zur Folge und anschließend je nach Ausgang einen Arztwechsel.

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    1. Naja, bei uns ist es ja auch so, dass man Arztbesuche häufig erst mal bezahlen muss und das dann von der Krankenkasse zurückbekommt, wenn man es einschickt. Und da macht so ein Posten nicht mal mehr viel aus auf der Rechnung … ich schätze das geht auch häufig unter. Rechtlich gesehen hat er es ja direkt angenommen vom Arzt – also, auch wenn der Behandlungsvertrag vorher das nicht abdecken würde … er hätte sicher die Möglichkeit gehabt das abzulehnen … nur macht das kaum einer.

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      1. Es kommt sicher darauf an wie üblich das in der Schweiz ist und deshalb die Patienten damit rechnen, dass das kostenpflichtig ist. Ein wenig fragwürdig finde ich das schon, zumindest sollten die Kosten nacher nicht übernommen werden. Dann ginge das aus meiner Sicht gar nicht, jedenfalls nicht ohne klare Ansage zu Kostenpflicht und Preis.
        Wir sind in Deutschland aber so etwas auch nicht gewöhnt. Wenn man was vom Arzt bekommt dann kostet das nichts.

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        1. Aber Mr. Gaunt: was ist das mit den IGEL-Leistungen in Deutschland? Das sind ja auch Sachen, die der Arzt „verkauft“ und die die Krankenkasse nicht übernimmt.

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          1. Die IGeL sind in Deutschland mittlerweile bekannt und nicht selten kontrovers diskutiert. Außerdem stimmt man der Übernahme bewußt zu. Klar gibt es seitens der Ärzte auch Tricks, aber so einfach in Rechnung stellen ist nicht.

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          2. Um hier als Arzthelferin mal zwischen zu hacken:
            Wir bieten den Patienten auch IGeL an-Verträge an und müssen vor der Durchführung auf die entstehenden Kosten hinweisen.
            Hier ist zum Beispiel PSA das gängigste IGeL-Angebot überhaupt. Wir fragen da den Patienten, ob er das möchte, klären ihn über Vor- und Nachteile auf und nennen dann den ungefähren Preis (besser wäre natürlich der genaue, ich kann mir diese krumme Zahl aber nicht merken und sage daher „etwa 35€“ – das ist mehr, als es tatsächlich kostet…), sagt er ja, reichen wir ihm ein vorbereitetes Formular, auf den er den genauen Preis ersehen kann und auch wie dieser sich zusammen setzt (in dem Fall 18 Euro irgendwas für die Bestimmung, 10 Euro irgendwas für die Beratung [die bei einem „nein“ kostenlos ist – so dämlich sich das auch anhört xD] und nochmal einen Kleckerbetrag für die Blutabnahme [der nur anfällt, wenn sonst keine weiteren Werte getestet werden]). Dieses Formular muss der Patient unterschreiben und erst dann dürfen wir ihm das Blut abnehmen.
            Im Falle PSA gibt es ein Formblatt vom Labor (die dann auch die eigentliche Rechnung ausstellen), andere Verträge sind individuell von den Ärzten anzufertigen. Patienten müssen dabei fast allen Sachen schriftlich zustimmen.

            Die große Ausnahme sind hier Atteste – insbesondere wenn es dafür KEINE Formblätter gibt. Also „Chantal-Jaquline kann von dd.mm.jj bis zum dd.mm.jj aus gesundheitlichen Gründen nicht die Schule besuchen.“-Sachen. Viele Ärzte verlangen dafür einen kleinen Obolus, weil die nun mal nicht bezahlt werden und auch nicht in der Pauschale enthalten sind. Hier unterschreibt in der Regel niemand einen Vertrag (wegen 5€…) – aber auch hier muss ein Hinweis auf die Kosten gegeben werden.
            Bei größeren Attesten (die dann auch deutlich mehr kosten) sieht das dann aber auch schon wieder anders aus.

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  2. Schon dreist vom abgebenden Arzt, das ohne konkrete Preisnennung auszuhändigen. Und dein Mann hätte es da noch einfach – er könnte ja einfach auf den vergünstigten Einkauf hinweisen und hat damit eine Begründung gegeben.

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    1. Wenn ich mir den ersten und zweiten Akt so durchlese, kommt bei mir die Vermutung auf, dass der Arzt den Preis schon genannt haben könnte.

      Es gibt da so den Typ Mensch, der alles ignoriert und nicht wahrnimmt, was er nicht hören will. Ich denke, dass dieser Patient dazu gehört. :-)

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      1. Ärzte und „Preis nennen“… Zumindest in D – ich versuche gerade, vor Lachen nicht unter den Tisch zu rutschen. Wenn ich hier (angebliche) Preisvorstellungen zu Arzneimitteln und Medizinprodukten von Ärzten reinbekomme, dann sind die meist nachweislich von gedrucktem Papier, welches mindestens 10 Jahre alt ist, abgeschrieben. Den Vogel abgeschossen hatte mal ein Arzt mit einem Patienten-„Einkaufszettel“ mit folgender Aufschrift: Ein manuelles BD-Messgerät mit Hakenmanschette für 6,-€. So ein Teil hat man nicht mal in meiner (Geburts-)Zone für 6 (Ost)Mark als „EVP“ [für alle Nicht-Sozialisten: „EinzelVerkaufsPreis“, staatlich reglementiert im Jahr 1951 glaube ich] bekommen; und nen halbwegs sinnvolles Hand-BD-Messgerät mit Klettmanschette kostet nun mal schon um die 40€. Ich habe die Ausführung dieses Wunschzettels dann dankend abgelehnt… (Zumal sich im Gespräch zeigte, dass der Patient nicht mal im Umgang mit manuellen BD-Geräten geschult war und damit vermutlich hätte NICHTS anfangen können.)

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        1. Veruraltete Preise und am besten noch schon lange aus dem Handel genommene Medikamente :-) Das erfreut doch das Pharmazeutenherz, da hat man mal wieder was zu lachen und wird pharmazeutisch mit der Suche nach einem Alternativmedikament gefordert.
          So etwas ist doch das Salz in der Suppe für einen Offizinapotheker, oder? ;-)

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          1. zu viele Köche …
            So ein bisschen günstige Alternativen suchen ist okay … lustig wird es, wenn der Patient dann findet, dass das ja nichts wert sein kann, wenn es nur so wenig kostet…

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  3. Ich arbeite (noch) in einem überregional agierenden Sanitätshaus. Da geht auch einiges (Hilfsmittel) übers Rezept. Ich hab so die Schnauze voll! Es gibt natürlich grundsätzlich funktionierende Hilfsmittel (Verbrauchsartikel), die sind dann nur mit der in D üblichen Zuzahlung belastet. Dann gibt es „bessere“ Produkte, also innovativer, vllt. besser geeignet und absolut lebensqualitäts-erhöhend. Da geht kein Weg rein!! Das TV Gerät in der Bude (ich mache auch Hausbesuche) so groß wie im Kino, ein paar Euronen für ein gutes Produkt zu-zahlen (wirtschaftliche Aufzahlung): nicht drin!!
    Ich wechsel am 1.4.16 in den reinen Vertrieb. Ohne Rezepte. Kaufen oder nicht kaufen. Froh bin.

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    1. Verstehe ich. Gerade Hilfsmittel (und derartiges. Bei uns auf der MiGeL: der Mittel und Gegenstände Liste) werden von den Kassen häufig nicht komplett übernommen.
      Beim Patienten kommt das dann oft so an, dass wir „zu viel“ dafür verlangen, also gierig sind. Tatsächlich ist es aber so, dass da der von der Kasse übernommene Betrag einfach nicht kostendeckend ist. Sprich: wir kaufen das teurer ein …

      Und dann besteht halt ein krasses Missverhältnis in dem, was die Leute bereit sind zu zahlen … die eigene Gesundheit scheint nicht so wichtig zu sein (respektive: wofür habe ich eine Krankenkasse?! Das hat „gratis“ zu sein).

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      1. Gerade Hilfsmittel und Kassen-Vorstellungen. Aktuell in D: Inkontinenzpauschale für Erwachse bis minimal 12€ pro Monat! Rechnen wir mit einer (früheren) Pauschalzahlung von 0,51€ pro Windelhosen Gr. 3 [groß] reichen die 12€ gerade mal für 23 1/2 Stück im Monat – also muss eine Windelhose mindestens 1 1/4 Tag reichen! Wenn man weiß, dass der Patient aber eigentlich „all you can verbrauchen“ für die 12€ hat und sich mal 120St. oder auch mal 160St. pro Monat abholen „darf“… erkennt man den Schwachsinn des Systems und die unglaubliche „Einfältigkeit“ der Kassen sowie der durch die Kassen beeinflussten Politik

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        1. 12 Euro?? Dafür bekommt man hierzulande nicht mal eine Packung zu 30 Stück!
          Bei uns ist das beim Inkontinenzmaterial etwas anders gelöst: Es hat eine Limitation drauf, die abhängig ist vom Grad der Inkontinenz (die der Arzt festhalten muss). Dann werden pro Jahr XXX Franken übernommen – danach bezahlt man selber. Immerhin ist die Limite so festgelegt, dass sie ziemlich weit (meist genug) reicht.

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          1. http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/hilfsmittelvertrag-dak-ableitende-inkontinenz-versorgung-unter-einkaufs-preis/ Hier ein Zitat aus dem Text: „Für einen sterilen Bettbeutel mit mit Ablauf erhält Uromed beispielsweise 1,79 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Wollen Apotheken dieses Produkt von Uromed kaufen, zahlen sie im Einkauf 2,95 Euro.“ Das sagt doch schon einiges, denke ich.

            Die DAK würde ja auch sicher gerne mehr bezahlen, aber sie wird behindert von ihrer eigenen Spitzenorganisation: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/inkontinenz-dak-chef-herbert-rebscher-zu-hilfsmittel-vertraegen/ Ein Schelm, werd da in sich hineingrinst!

            Die TK hat so ganz eigene Vorstellungen,wie eine gute Inko-Versorgung aussieht: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/politik/nachricht-detail-politik/inkontinenzversorgung-windeln-tk-will-sack-zumachen/

            Da werden auch gerne mal Patienten- und Verordnungsdaten weitergeleitet um umgenutzt: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/apothekenpraxis/nachricht-detail-apothekenpraxis/hilfsmittelversorgung-krankenkassen-umgehen-apotheken/

            Oder auch hier: http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/panorama/nachricht-detail-panorama/inkontinenz-hilfsmittel-plusminus-kritik-an-dak-und-aok/ Ziatat einer KK aus dem Artikel: „Bei nicht ausreichenden Produkten muss der Lieferant nachbessern und ein anderes Produkt zur Verfügung stellen.“ Und dies, wenn der Patient 180 Windeln/ Moat benötigt, und die KK 12,50€/Monat Pauschale bezahlt. Na sicher doch!

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