Ich weiss nur … dass ich nicht alles weiss.

Achtung, dieser Blogpost kann Illusionen zerstören (Ich dachte, wenn ich schon mal dabei bin …)

Nein, ich weiss wirklich nicht alles. Man kann nicht alles wissen – selbst in meinem doch schon begrenzten Bereich vom Gesundheitssystem gibt es noch eine Menge, dass ich nicht weiss.

Ich weiss eine ganze Menge, ich habe jahrzehntelange Erfahrung, ich kann noch viel mehr ziemlich schnell herausfinden … und habe das Hintergrundwissen aus der ganzen Information das brauchbare / wichtige / zuverlässige herauszufiltern. Aber – ja, ich weiss nicht alles. Jährlich, nein monatlich kommen neue Medikamente heraus, teils mit noch nie vorher gesehenen Wirkmechanismen – und exotischen Namen. Es gibt Naturheilmittel (oder angebliche) von denen ich noch nie gehört habe. Medikamente haben anderswo andere Bezeichnungen, und es gibt einige, die es in der Schweiz gar nicht hat. Gesetze und Vorschriften ändern sich.

Ich bilde mich weiter – regelmässig in Kursen, indem ich lese und online lerne, im Kontakt mit den Patienten selber und auch durch die Kommentare im Blog.

Online ist das einfach – da erscheint man noch schnell fast allwissend. Das bin ich nicht.

Ich muss noch immer gelegentlich sagen: „Das weiss ich nicht, aber … ich kann es herausfinden.“

Wenn man mich lässt.

Es gibt immer wieder Leute, die sich angewidert (?) abwenden, wenn man seine Unwissenheit gesteht. Wie Ärzte keinen Fehler machen dürfen, sollten Apotheker*innen einfach alles wissen was nur ansatzweise mit dem zu tun hat, was man einnimmt, aufträgt oder anklebt.

Tja, Sorry.

30 Kommentare zu „Ich weiss nur … dass ich nicht alles weiss.

  1. Bildung ist: Wissen, wo es steht. (Unbekannter Autor)
    In unserer Online-Gesellschaft ist es mittlerweile viel wichtiger, Informationen schnell finden zu können – auch weil die Informationsmenge in fast allen Bereichen so schnell wächst.

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    1. Hmmm, unter Fehlerkultur verstehe ich etwas anderes. Für mich bedeutet das: Fehler zuzugeben und dann (!) daraus zu lernen, und das weiterzugeben so dass das einem selber – und möglichst auch den anderen nicht mehr passiert. Das ist ein bisschen schwierig im Fall von ständig wechselnden Fragen … klar, das eine weiss ich danach (und halte es nach Möglichkeit wo fest), aber die späteren Anfragen nicht.

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  2. Niemand kann alles wissen. Mir ist mehr damit geholfen, wenn jemand sagt, dass er über dieses spezielle Problem gerade nicht ausreichend genug weiß, sich aber informieren wird als wenn jemand das überspielen will und mir damit am Ende sogar schadet. Zu ersterem gehe ich immer wieder, zu letzterem nicht.

    Um Sebastian mal zu ergänzen: Gerade online ist so viel Falschinformation zu finden – da muss man auch die korrekten Informationen erkennen können.

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    1. So geht’s mir auch – lieber höre ich, wenn jemand etwas nicht weiss als wenn da herumgedruckst wird und „einfach etwas“ gesagt. Noch unangenehmer, wenn das dann herauskommt …

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  3. Ich stimme mal @NannyOgg zu. Gerade online ist so viel Falschinformation zu finden – da muss man auch die korrekten Informationen erkennen können.

    Wer sich mal „informiert“ zu z.B. Granderwasser, kolloidem Silber oder Amygdalin, der hat es echt schwer, NICHT auf esotherisch angehauchten Websites zu landen, die einem das Tollste versprechen. Und „Informationsbeurteilung“ ist zumindest derzeit noch kein Schulfach…

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    1. dazu kommt nach häufig, dass man der ersten Quelle, wo man etwas hört am meisten glaubt (hat man auch mal untersucht, das gehört zu den Informations-Bias, die man automatisch hat). Das zu überkommen braucht viel.

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  4. Unser Biolehrer am Gymi lehrte uns damals „ihr lernt es jetzt auswendig und braucht es nie wieder – aber ihr müsst wissen, WORUM es geht und WO ihr es findet. Die Details sind danach egal!, weil beim erneuten Lesen ihr es sofort wieder verstehen werdet!“
    In der Medizin steh ich dazu, dass ich nicht alle Medikamente kenne (kennen will!) und v.a. Fachfremdes nicht sicher detailreich wie ein Facharzt weiss.
    Da wird man regelmässig angepflaumt, dass man als Arzt doch ALLES im Studium hatte und auch in jedem Gebiet sattelfest sein solle. Nein. Das geht einfach bei der Menge nicht. Egal, ob Medizin oder Pharma, das Wissen erweitert sich so arg schnell. Da ist es wichtig, das Regelmässige, Gefährliche und und Sinnlose zu kennen. Der Rest kann auch einige Sekunden (gute!!) Recherche abwarten. (das Erkennen und Filtern von guten Infos macht wohl den Unterschied zwischen Profi und Laie aus)

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      1. War auch unser Lieblingslehrer, ich kenn den Stoff von ihm heute noch und hab viel für mein Studium mitgenommen. Er hat die mündlichen Matura-Fragen so angepasst, dass die guten auch wirklich was leisten mussten und die weniger begabten trotzdem ein gutes Gefühl hatten. Das nenn ich nen Pädagogen <3 Leider ging er mit uns in Rente und ist wohl nach Spanien ausgewandert. Hätte ihm gerne mitgeteilt, welche Fans er heute noch hat..

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  5. Ich würde sagen, dass in diesem Fall gilt: es kommt darauf an.

    Es gibt Wissen, dass man als Kunde in einer Apotheke voraussetzen darf. z.B. wenn jemand nach einem leichten Schmerzmittel fragt und dabei ein Asthma-Spray oder Allergie-Medikamente kauft, sollte ein Apotheker wissen, dass die Kombination mit Aspirin oder Voltaren eher keine gute Idee ist, und eher Paracetamol empfehlen (Bonus gibt es für diejenigen, die das dann so erklären können, dass ein Patient auch die Gründe dafür versteht).

    Details zu expotischen Wechselwirkungen oder gar irgendwelche Fragen, die jetzt konkret mit der Medikamentenabgabe nichts zu tun haben (z.B. von einem Hobbychemiker), muss man glaube ich nicht kennen.

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    1. Aber sicher … und das Grundwissen ist vorhanden (darum ging es nicht – ich glaube, ich habe das nicht genau genug erklärt?). Es geht mehr um Nachfragen nach neuen Produkten (frisch auf dem Markt) exotische oder obsolete „Alternativen“ und Nachfragen nach Wirkung/Erfahrungen desselben.

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  6. Leute, die sich angewidert abwenden!? :-o Aua!

    Die sollte man mal fragen, was ihnen lieber ist: Jemand, der zugibt, das er etwas nicht weiß und sich dann schlau macht, oder jemand, der sich keine Blöße geben will und darum gefährliches Halbwissen und Geratenes von sich gibt.

    Gerade wenn es um meine Gesundheit geht, wäre mir ersteres doch wesentlich lieber….

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  7. Ich war mal so nebenbei im technischen Support (firmenintern). War nicht meine Hauptaufgabe, aber einen „Vollzeitler“ wollten sie sich nicht leisten. 90 Prozent der Probleme ließen sich durch das berühmte „did you try turning it off and again?“ lösen, die Hälfte vom Rest durch ein wenig Nachdenken, was das Gegenüber wohl falsch gemacht hatte, und bei 4% musste ich sagen „Moment, ich muss erst einmal nachschauen, ich rufe dann zurück oder komme vorbei“. Fast immer war die Reaktion „Wieso weißt du das nicht?“ oder ein unwirsches Grunzen und grußloses Auflegen des Telefonhörers.

    Wer mitgerechnet hat, wird bemerkt haben, dass da 1% übrig ist. Das waren ECHTE Gerätefehler, um die sich tatsächlich ein Mechaniker kümmern musste. (Wobei ich da gerundet habe, in Wirklichkeit dürfte sich die echte Fehlerquote um 0,2 bis 0,3 bewegen.)

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    1. Im Besserwisser-Modus, das sind erst 94%……
      :-)
      Ich hab überhaupt kein Problem zuzugeben, das ich eine Frage grade nicht so ohne weiteres beantworten kann. Wer dann damit selber ein Problem hat, nun dem kann ich nicht helfen.

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    2. Das kenne ich auch aus dem IT-Support, und ich habe dadurch gelernt, mich diplomatischer auszudrücken: „Ein interessantes Problem, da brauche ich noch mehr Informationen“ und „Ich muss dazu noch was überprüfen, ich rufe Sie gleich zurück“ kommt viel „wissender“ rüber als ein „Ich weiß es nicht, muss ich erst rausfinden“.

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      1. meistens reicht aber auch der Anruf bei der firmeninternen IT…Genau dann kriegt man die Fehlermeldung nicht mehr reproduziert, die man zusammen mit Kollegen über 1h immer wieder bekommen hat, wenn man Aktion X gemacht hat.Oder der Windowsuser ist genau dann wieder entsperrt (und die IT hat angeblich nichts gemacht).

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  8. Die menschliche „Festplatte“ ist nun mal nicht für das Speichern von allzuvielen Daten vorgesehen, sie hat genug zu tun, all die vielen Arbeitsdateien aufzunehmen.
    Ausserdem ist es wichtig, die eigenen „Unzulänglichkeiten“ zu erkennen und nicht, wie so oft – wie vor Allem im www – mit Halbwissen zu glänzen.
    Liebe Pharmama, Du machst das sehr gut, lass Dich auch weiterhin nicht beirren.

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    1. Die menschliche Festplatte kann enorm viel speichern … das Problem ist nur wirklich, dass wenn man es nicht mehr braucht, geht das Wissen wieder hopps.

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      1. .. das ist aber eine vage Theorie, liebe Pharmama, denn wie erklärst Du das Langzeitgedächtnis, das – auch bei Demenz – selbst Dinge zu Tage fördert, die in der Kindheit lagen (und die erst spät abgerufen werden)? ;-)

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  9. Hey, du hast mir meinen Spruch geklaut!
    Als Sysadmin für ca. 200 User KANN man nie alles wissen, was die Userlis gerade mit ihren Programmen anstellen und kaputtmachen.

    Ich muss halt nur besser als die User Howtos und Technet-Artikel lesen können, um ihnen weiterhelfen zu können.

    Viele Grüsse aus’m Ruhrpott

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  10. Nicht wenige Menschen meinen aber den Anschein erwecken zu müssen, alles zu wissen. Und labern, statt Unwissen zuzugeben, totalen Blödsinn oder raten. So kann man im schlimmsten Fall Schaden anrichten.

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  11. Hrm… ich stelle mir das grad vor und versuche es mal aus den medizinischen Bereich heraus zu heben.
    Das wäre also so, als würde ich zu einer Buchhändlerin einer großen Buchhandlung mit allen großen Genres gehen (ja schlagt mich, ich ziehe Frauen bei Büchern vor! So!) und sie fragen „Das Buch X, das heute erschienen ist, das haben Sie sicher ja schon gelesen. Wie ist das Ende?“

    Wobei auch da gibt es ja Individuen, die glauben, dass Buchhändler früher an die Bücher ran kommen. Oder Kinobetreiber die Filme eher sehen können. Oder […]

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    1. Also an manche Bücher kommen Buchhändler tatsächlich früher dran, weil Leseexemplare verschickt werden. In manchen steht dann auch der Erstverkaufstermin und dass man vorher nix verraten darf. ;)

      Aber du würdest dich wundern Wölfchen, wie viele Leute tatsächlich glauben, als Buchmensch müsse man alles gelesen haben. Ich arbeite in einer Bibliothek und es gibt genug Kunden die mich total entsetzt angucken, wenn ich Autor xy nicht kenne. Noch dazu lese ich am liebsten Manga und Fantasyromane. Tststs ;)

      Ich kann Pharmamas Post sehr gut verstehen.

      Wir hatten auch einen Prof der hat immer gesagt: „Sie können nicht alles wissen und sie müssen nicht alles wissen. Sie sollten nur wissen wie sie es herausfinden.“ ;)

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      1. Dann wäre es eben noch gemeiner:
        „Endgame ist doch heute raus gekommen! Und SIIIIIEEEE kennen doch bestimmt die Lösung des Kryptorätsels! Sagen Sie es mir!“
        ;)

        Und das Buchhändler an den meisten Büchern früher dran kommen, ist schon klar (nicht nur des Lesens wegen sondern auch, damit die Bücher pünktlich zum Verkaufsstart auch ausgestellt sind) – aber man kann doch als Kunde nicht erwarten, das jeder Buchhändler genau DAS Buch da liest, das man auch lesen will. Also… äh… als normal denkender Kunde.
        Aber die Irren sind eben überall -.-

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