Deutsche Apotheken verkaufen gefälschte Pillen

Deutsche Apotheken verkaufen gefälschte Pillen – so meldet die 20 Minuten. Oh weh. Das ist so ein klassisches Beispiel, wie die Apotheken in der Öffentlichkeit schlecht gemacht werden. Die Tatsachen im Bericht selber stimmen noch einigermassen – werden aber durch den reisserischen Titel übel verzogen.

Wenn man den Titel liest, impliziert das grad diverses:

Apotheker sind Verkäufer von Pillen – wahr, wenn auch eine erniedrigende Vereinfachung, von dem was wir tun (und Pillen gibt es keine mehr – das sind Tabletten). Und das „verkaufen gefälschte Pillen“ hört sich doch wirklich so an, als ob die Apotheker das aus eigenem Antrieb machen aus reiner Geldgier oder Bösartigkeit. Das tun sie sicher nicht!

Aber wirklich interessant: Wie (zum Geier?!?) kommen gefälschte Medikamente in die Apotheken in einem Land wie Deutschland?

Dass in anderen Ländern teils ein gravierendes Problem besteht, was gefälschte Medikamente angeht (man redet von ca. 40% Fälschungen in Asien und noch mehr in Afrika … und von den online erworbenen Produkten will ich hier gar nicht schreiben) weiss man. Aber in Deutschland??

Dass die Medikamente in den Apotheken auf dem Tresen landen ist nicht die Schuld des Apothekers – aber es wird ganz deutlich zu seinem Problem gemacht.

Die Medikamente gelangen in den üblichen Lieferweg und zu den Grossisten der Apotheken durch illegale Machenschaften von Leuten, die sich bereichern wollen (logo). Es sind gefälschte Medikamente aber auch zum Teil in andern Ländern gestohlene Medikamente. Die Grossisten kaufen die Medikamente meist von den Herstellerfirmen … aber eben teilweise auch über andere Lieferanten, vor allem dann, wenn sie aus dem Ausland Medikamente importieren. Und die Apotheker beziehen diese Medikamente dann über die Grossisten.

Die Medikamente aus andern Ländern nennt man Parallel-importe.

Man fragt sich: Wer würde wollen, dass statt eines Medikament, das es in Deutschland gibt, hergestellt von der (streng kontrollierten) Pharmaindustrie stattdessen das selbe Medikament aus einem anderen Land importiert, neu verpackt (die ausländische Packungsbeilage muss zumindest ersetzt werden) und abgegeben wird?

Der Patient will das sicher nicht … für den Apotheker ist das auch eher aufwändig – aber die Krankenkasse, die für den Patienten das Medikament zahlt, die will das. Die schreibt in Deutschland den Apothekern sogar vor, dass ein gewisser Prozentsatz der abgegebenen Medikamente Parallelimporte sein müssen! Und bei nichterfüllen der Quote wird der Apotheker retaxiert – er muss der Kasse Geld zahlen.

Auch für Deutschland gilt, dass Medikamente im Ausland teils günstiger zu erhalten sind – und genau hier ist eine der häufigst verwendeten Schwachstellen, wie gefälschte oder auch gestohlene Medikamente in das Verteilsystem gelangen. In Italien und Griechenland sind aus Spitälern Medikamente verschwunden, die dann nach Deutschland weiterverkauft wurden. Das ist zwar illegal – und schadet Italiens Gesundheitssystem, aber immerhin handelt es sich um richtige Medikamente. In anderen Fällen wurden Medikamente günstig eingekauft und importiert, die zwar so aussahen wie die echten, aber nicht den richtigen Wirkstoff enthielten oder verunreinigt / gestreckt sind. Tragisch kann das enden bei Krebsmedikamenten oder Mitteln gegen Viren und Bakterien.

An den Medikamentenfälschungen wird eine Menge verdient. Dieser Verlust der Pharmafirmen – und zwar nicht nur den materiellen (finanziellen) sondern auch an Ansehen, versuchen die Pharmafirmen zu vermeiden, indem sie die Medikamente fälschungssicherer machen wollen. Dazu werden spezielle Packungen entwickelt und Systeme mit Codes eingeführt. Allerdings gibt es schon jetzt genug Methoden, diese Systeme zu umgehen – wenn man die richtigen Voraussetzungen dazu hat.

Kontrollieren ob es sich bei dem Medikament um eine Fälschung handelt, sollen die Apotheker – die am Schluss der ganzen Lieferkette stehen. Dafür dürfen sie (auch noch auf eigenen Sack) teure Geräte für die entwickelten Systeme anschaffen und natürlich die Verantwortung übernehmen, wenn es wieder einmal ein gefälschtes Medikament es bis zu ihnen geschafft hat. Das kommt jetzt anscheinend häufiger vor. Wen es interessiert, der lese beim Gedankenknick (deutscher Apotheker) über den Omeprazol-Fall letztes Jahr – der war riesig.

Ich finde das reichlich beunruhigend, wenn man sich auf die Qualität der Medikamente, die auf der Theke landen nicht mehr verlassen kann.

Wie froh bin ich da, dass bei uns in der Schweiz Parallelimporte, was Medikamente angeht, strengen Richtlinien und Einschränkungen unterworfen sind. Ich kann einzelne Packungen direkt einführen – und das kann ich das fast nur dann machen, wenn das Medikament in der Schweiz nicht zugelassen ist (aber in einem Land mit ähnlich gutem Gesundheitssystem) oder nicht erhältlich. Der Grosshändler darf das nur mit einer Ausnahmebewilligung der Swissmedic– und die Packung wird gekennzeichnet, braucht neue Packungsbeilagen etc..

Das sieht dann so aus:

parallelimport-medikamente-L-ZmGYFh

Mir gibt das aber die Sicherheit, dass die Medikamente, die ich hier verkaufe und auf Rezept abgebe auch wirklich das drin haben was drauf steht … und wirken. Ich weiss, was ich schlucke und habe nicht einen Mix aus unwirksam bis verunreinigt bis weissnichtwas. Dafür bin ich dankbar. Nicht nur als Apotheker, auch als (gelegentlich selber) Patient.

Aber in den Kommentaren des Artikels in der 20 Minuten…. lassen sich die Leute eigentlich nur darüber aus, dass in der Schweiz die Preise der Medikamente zu hoch seien.

Hmpf.

Ich sag immer: man bekommt das, was man bezahlt. Wir bezahlen auch für ein sicheres System. Wollt ihr das wirklich um den Preis anders?

Wollen die Patienten in Deutschland das?

10 Kommentare zu „Deutsche Apotheken verkaufen gefälschte Pillen

  1. Du sprichst mir aus der Seele!
    Aber grade bei uns in Dtl. ist Apotheken/r-Bashing eine der Lieblingsbeschäftigungen der Reporter, die offensichtlich nicht begreifen, für wen sie da langfristig den Weg bereiten. Noch ist der Apothekenmarkt bei uns in den Händen von kleinen, mittelständischen Einzelhändlern. Aber da es sich insgesamt um einen großen Markt handelt, weckt das Begehrlichkeiten. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch wir hier Ketten haben und dann werden wir immer noch (bzw. dann erst recht) in der Einkaufsstraße alle hundert Meter eine Apotheke haben (wie es immer berichtet wird) aber dafür an nicht wirklich lukrativen Standorten, wie auf dem platten Land gar keine mehr.
    Man siehe nur mal nach Schweden.

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    1. Oh, ich hab da letztens den Artikel gelesen von diesem Wirtschafts-„journalist“ der glaubt nach einem Apothekenbesuch wo er etwas über ein abstruses Nahrungsergänzungspräparat gefragt hat, sich eine Meinung über die Arbeit und das Wissen der Apotheker bilden zu können. Würg.
      Und zu den üblen Apothekenketten zitiere ich hier mal den Galenika-Chef: „Wir kaufen Apotheken um sie zu schliessen.“
      Ja, genau, die auf dem Land. Und in der Stadt haut ihr in jedem Coop-Einkaufszentrum eine rein, egal wieviele es in der Umgebung schon hat.

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  2. Nein die (meisten) Patienten in Deutschland wollen das nicht.
    Beinahe jeden Tag gibt es Diskussion und diese negative Presse macht es uns in den Apotheken nicht einfacher. Zumal es uns vorgeschrieben ist.
    Mir wurde schon oft vorgeworfen wir bereichern uns selber daran. Der Höhe Punkt war letztes Jahr ein Kunde mit Augentropfen für seine Mutter, ich weiß nicht mehr genau welche. Auf der deutschen Originalpackung steht Augentropfen auf dem import augengel( mit kleinem Vermerk im Beipackzettel visköse Augentropfen). Er hat uns die apotheke zusammen geschrien, sich bei der Apotheke nkammer beschwert und eine Anzeige wegen versuchter fahrlässiger Körper Verletzung aufgegeben. Und das alles nur damit die Krankenkasse ein wenig spart…

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    1. Die Patienten (und der Rest der Öffentlichkeit) versteht einfach nicht (und weiss es nicht), wie sehr bei Euch die Krankenkassen in Eure Arbeit eingreifen. Vorzuschreiben, welche Generika ihr je nach Kasse nehmen müsst und vorzuschreiben, wie viele Medikamente ihr importieren müsst, nur damit sie etwas Geld sparen … das können sie nicht begreifen. Ich tu’s ja auch nicht.

      Von den medizinischen Folgekosten, wenn Medikamente gar nicht mehr genommen werden, weil der 70 Jährige Opa schon zum 3. Mal in einem Jahr anders aussehende und anders lautende Tabletten bekommt oder weil das Vertrauen in das Medikament selber nicht da ist, weil das Ding mit russisch angeschrieben und einem Übersetzungs-Kleber kommt … das ist denen egal, weil sie so kurzfristig denken.
      Dass ihr nach den Rabattverträgen sogar Medikamente austauschen sollt, wo ein Austausch nach den Regeln der medizinischen Kunst nicht empfohlen ist, führt öfter Mal zu Problemen bei den Patienten, die dann eigentlich neu eingestellt werden müssten oder die dann einfach an den Nebenwirkungen mehr leiden. Und so weiter :-(

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  3. Ja,
    diese Politik in dem Ganzen macht es einfach nicht besser. Vor allen Dingen: Irgendwann liegen die Länder mit den günstigen Medis noch weiter weg!

    Die Preispolitik der Hersteller obliegt nun mal den Herstellern – obwohl die da ja eher zu ihrem Vorteil als zu dem der Patienten wirtschaften. Aber ich kann deutschen V.W-Händlern auch nicht vorschreiben, 5 % ihrer Fahrzeuge aus Schweden zu importieren, nur weil die da günstiger sind. Das sind sie, weil die da vielleicht höhere MwSt. zahlen oder so.

    Und wie oben schon geschrieben – der Apotheken-Kunde weiß von alledem nichts. Oder nicht viel. Und da kann ich bestimmte Reaktionen schon verstehen. Da ist der Apotheker nun mal das greifbare Ventil für. Vielleicht sollten die Apotheken kleine Flyer mit den Daten der eigentlichen Gesprächspartner auslegen – also z. B. der Telefonnummer der Gesundheitsministerin ;)

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    1. äääh – in der BRD hats seit neuestem (= seit Wahl) nen GesundheitsministER….

      und Telefonpartner wären wohl eher der G-BA, die KÄV, die verschiedenen Vereinigungen der Primärkassen und der VdEK…….sorry für die Buchstabensuppe, aber wenn ich die alle ausschreibe dauerts dreimal so lang…

      hätten wir ne fitte Standesvertretung und würde die mal im Skandalfernsehen vernünftige Spots senden würden es echt mehr Leute begreifen…

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      1. Stimmt, Minister. Aber was bringt es mir als Apotheker-Kunden, mich bei einer Standesvereinigung zu beschweren? NIchts.
        Wenn dann gleich zum Minister. Auch wenn das eh im Vorzimmer landet. Aber wäre doch schön, wenn man denen mal für 2 Wochen das Vorzimmer blockiert (oder sie alternativ für Auskünfte/Beschwerden jemanden einstellen müßten).
        Es ist genauso abartig wie das Spiel mit der Rentenversicherung und dessen Beitrag, den man ja jetzt senken kann. Die Kassen sind ja voll.

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  4. Von Parallelimporten habe ich noch nichts gehört, aber Reimporte gibt es ziemlich oft. Das sind Medikamente, die aus Deutschland in andere Länder exportiert und von dort wieder nach Deutschland importiert wurden. Diese Präperate sind dann günstiger, weil sie ursprünglich nicht für den deutschen Markt produziert wurden…

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  5. Ich bin Kundin,und habe ja nichts gegen Apotheken-sonst würde ich dort ja auch nicht einkaufen.
    Aber bin seit drei Jahre eine bisschen sauer und böse auf Apotheken, da mir innerhalb der drei Jahre folgendendes passiert ist:ich wollte wie immer Eukalyptusöl rein kaufen.
    Gibt es nie wieder-sagte man mir -nur noch mit den Zusätzen Geraniol und citrol und solchen Sachen.
    Kann ich nicht vertragen -und hat nicht als Zugsalbe funktioniert-und essen tue ich das sicher nicht !
    Zweitens hatte ich eines nachts kein Valium mehr in der Hausapotheke -und ging zur nachtapotheke-irgendwas zum schlafen holen. Man empfahl mir Schlaftabs für die eine Nacht -und ich nahm sie.
    Ich wurde so krank, das ich ins Krankenhaus musste.
    Was wars gewesen?! Die Schlaftabs waren Fälschungen -ich hatte doch glatt Kot zu mir genommen -Rattenkot höchstwahrscheinlich !
    Toll-ich fast tot nach zwei Nächten ohne Schlaf !
    Weiter:Neulich holte ich mir wie immer Vigantoletten 1000 I E und nehme sie wie immer !
    Da bricht mir doch ein Zahn raus nach drei Wochen und mein Arzt schimpft-ich habe ihnen doch gesagt sie sollen 6000I E VIT D 3 nehmen ! Warum haben sie den damit aufgehört !!
    Ich sag habe ich nicht !
    Ich nehme jeden Tag Kalzium Tablette und sechs Vigantoletten 1000 !
    Aber im Blut ist nichts davon zu sehen !
    Ich wurde nachdenklich-und fummetlte verträümt mit meiner Tablettenschachtel herum -und dachte plötzlich Spinn ich !!!!!!
    Sind da immer Buchstabe in Hologrammform auf dem Blister gewesen ? ICh denke nicht.
    Ich lief nachhause-kramte alte Vigantolettenpackungen raus-und sah den Unterschied der Blisterpackungen.
    Ich sagte alles meinenm Arzt -und der sagte Scheisse,sie amre Frau !
    Sie haben drei Wochen unwirksames Zeug eingenommen.
    Ich bekam eine SPritze VIT D von ihm und eine Umarmung-da ich wirklich bitterlich weinen m,usste.
    Aber so ist das Leben was !
    Habe mich noch nicht so richti von dem Schock erholt-reagiere oft sauer.
    Das kommt-weil ich auch Chemotherapie Opfer geworden bin-vor 12 Jahren !

    Mein Arzt sagt immer Gottchen Kind !
    Für ihr Leben wäre es das beste gewesen sie hätten nie eine Krankenversicherung gehabt !
    Ich stimme zu !
    Ich wurde nämlich so schlimm krank-da meine Mutter-ein Münchhausen- by- Proxy -Fall-sich meine Misshandlungen durch die Barmer leisten konnte !
    Sämtliche Operationen auf die sie bestanden hatte-obwohl ich gesund war,haben einfach alle bezahlt !
    Inzwischen bekomme ich aber gute Privatrezepte-die ich aber auch selber bezahle.
    meinem Arzt sei Dank !
    Ich habe einen guten Arzt -der mit mir per Du redet-und wir diskutieren auf Augenhöhe was ich nehmen soll, und wann ich nur ganz wenig brauche.
    Er ist aber auch, wie ich besorgt-das es so schwer ist-gute reine ätherische Öle zu bekommen.

    Carradine

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