Wieder was gelernt

Der Kunde, ein freundlicher älterer Herr (Typ Gentleman) kommt mit einem Dauerrezept für diverse Medikamente. Er braucht noch nicht alles, gibt mir an, was er will und bekommt von mir das gewünschte.

Am Ende will er sein Rezept wieder, da er „sonst nichts in der Hand hat, wenn er es einmal in einer anderen Apotheke holen will.“

Wenn er es selbst bezahlt, hätte er das Rezept mitbekommen, aber die Medikamente darauf sind unproblematisch, darum mache ich ihm eine Kopie, vermerke die bisherigen Abgabe, stemple es auf der Rückseite und erkläre ihm, dass die andere Apotheke mir so anrufen kann, falls sie eine Frage hat.

„Reicht denn das?“ fragt er mich.

„Ja.“ Sage ich bestimmt. „Immerhin ist es ein Dauerrezept. Die Medikamente drauf sind auch nicht problematisch – wir nehmen auch solche Rezeptkopien an.“

Er geht wieder.

Eine Woche geht vorbei, dann ruft er an und sagt: „Ich brauche doch das Originalrezept.“

… das ist inzwischen unterwegs zur Abrechnungsstelle, wo es eingescannt wird.

Pharmama: „Weshalb? Hat die Apotheke ein Problem? Dann kann sie mich anrufen.“

„Es ist eine Versand-Apotheke. Die sagen, sie brauchen das Original.“

Ich verspreche ihm, dort anzufragen, ob das nicht auch anders geht.

Ich telefoniere also und erkläre der Telefonistin woher ich anrufe und weshalb. Dass ich für die Kopie verantwortlich bin und das Original inzwischen der Krankenkasse eingeschickt habe. Und ob das für sie denn so nicht reicht – mit meiner Bestätigung und so.

„Nein, tut es nicht. Wir brauchen das Originalrezept. Kopien dürfen wir nicht annehmen.“

Sie lässt sich nicht umstimmen – auch wenn sie mir zustimmt, dass das nicht wirklich Kundenfreundlich ist. Offenbar haben sie da andere Vorschriften wie wir.

Okay – wirklich unsinnig ist das nicht mit den Originalrezepten, dann wird sicher weniger Missbrauch damit getrieben. Andererseits … Hmmm. Unflexibel.

Ich überbringe dem Kunden die schlechte Nachricht und entschuldige mich für die Falsch-Auskunft. Das habe ich vorher auch nicht gewusst. An das Original-Rezept komme ich jetzt auch nicht mehr hin – wie gesagt, das wird eingescannt. Danach kann ich es wieder-holen und ausdrucken. Das wäre dann aber auch eine Kopie …

Er nimmt das (zum Glück) erstaunlich gut auf: „Ach, dann komme ich einfach das bei ihnen holen. Sie rechnen das ja auch der Krankenkasse ab – und gegebenenfalls kann ich das telefonisch bestellen und sie würden es ja auch bringen?“

Pharmama: „Ja – natürlich!“

Das ist ja ganz gut für uns ausgegangen. Für das nächste Mal weiss ich dann, dass (falls die Person das nachher beim Versand holen will) sie das Originalrezept braucht und ich dann halt die Kopie zur Abrechnung mit der Krankenkasse nehme. Bei uns geht das nämlich.

15 Kommentare zu „Wieder was gelernt

  1. hm nicht ganz verstehe ich an der ganzen aktion: er tappt zu euch in die apotheke, holt (sagen wir mal) die hälfte seiner medis, will den rest in ner versandapotheke holen und latscht dann wieder zurück zu euch um das originalrezept zu holen?
    warum holt er bei euch nicht gleich alles, wenn er sowieso schon da ist (zumindest beim zweiten besuch)?

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    1. Er hat am Anfang noch nicht alles gebraucht (noch Medikamente zuhause).
      Und: ja, von jetzt an kommt er dafür zu uns – das Dauerrezept ist ja nur bei uns, weil die Versandapotheke die Kopie nicht akzeptiert.
      Wie gesagt: sehr nett von ihm.

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  2. Wäre „Versand“ nicht für Euch auch eine Möglichkeit, ein zusätzliches Serviceangebot? Natürlich nicht so wie die anderen das machen, sondern für Bestandskunden die für unkritische Medikamente auf Dauerrezept nicht jedes Mal wieder in die Apotheke kommen wollen – also die Fälle, in denen sich Deine Tätigkeit auf das reine Verkaufen ohne Beratung beschränkt, weil die Beratung längst erfolgt ist. „Unter Kontrolle“ hättest Du die Abgaben trotzdem noch.

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    1. Medikamentenversand in der Schweiz unterliegt strengen Regeln. Eigentlich ist er verboten – die Versandapotheken benutzen da irgendein Schlupfloch, dass es doch geht … dazu gehört wohl auch das mit dem Originalrezept.
      Darum: nö, keine so einfache Option.

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  3. Also, von Herrn Snowden verlangte man ja auch, er soll bitte Originaldokumente vorlegen, ansonsten würde er jede Glaubwürdigkeit verlieren… ;)

    Auch wieder was gelernt… es gibt ganz freundliche und verständnisvolle Kunden. Aber wer ist eigentlich auf Versandapotheken wirklich angewiesen? Gibt es da eine bestimmte Klientel?

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    1. Ich oute mich jetzt mal (und werde jetzt hoffentlich nicht gesteinigt): Ich hab das – aus Interesse – mit OTC-Arzneimitteln auch schon zweimal über den Versand ausprobiert.
      Bei der einen Versandapotheke kam eines der Medikamente (Omeprazol verschreibungsfrei) mit einer Resthaltbarkeit von nur 4 Monaten mit einer reichlich verdellten Packung an. Ich vermute da heute noch einen Rückläufer von einem Kunden, der wieder in den Verkehr gebracht wurde. Ich selbst war da wenig begeistert von, da die Packung mit 7 Stück eigentlich für 2-3 Jahre halten sollte. Bei der zweiten Versandapotheke lief die Bestellung reibungslos.

      Man muss dem Versand (ich rede von der Situation in D) zugestehen, dass er bei verschreibungsfreien Arzneimitteln günstiger ist als die reguläre Apotheke vor Ort (was sich durch das fehlende qualifizierte Personal, den Einkauf in einer großen Stückzahl, die fehlende Beratung und die nicht anfallenden Mietkosten erklären lässt). Ich habe auch festgestellt, dass man geschickt bei der Bestellung auf ein anderes Generikum gelenkt wird, welches vermutlich von der Versandapotheke in einer hohen Stückzahl eingekauft wurde (und daher 50% günstiger als der Apotheken-Verkaufspreis dieses bestimmten Medikaments ist).

      Um auf Deine Frage zu kommen: Ich denke, dass die Klientel Leute sind, denen die Beratung in der Apotheke gänzlich unwichtig ist und denen es vor allem um den Preis geht. Ich selbst bevorzuge normalerweise den Gang in die Apotheke und die Beratung vor Ort.

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      1. So pauschal kann man das nicht sagen, dass die Onlineapotheken billiger sind. Ich hab meinen kleinen Jahresvorrat(um überhaupt irgendwas zusammen zu kriegen) nicht verschreibungspflichtiger Medikamente mal in verschiedenen Onlineapos zusammen geklickt. Das war IMMER teurer als bei meiner Apotheke. Manchmal nur wenige Cent(einstellig), aber nicht ein einziges Mal günstiger

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      2. So eine grosse Packung Ibuprofen (braucht man immer wieder, und ist ja auch lange haltbar) kaufe ich gerne, wenn ich sowieso grad in Deutschland bin. Da spart man auch Geld.

        Für den ganzen anderen Kram belästige ich gerne eine Schulkollegin von mir. Die hat eine Apo – und wenn ich die benötigte Lieferzeit einbeziehe, dann kommt der persönliche Kauf in der Apo sowieso günstiger.

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        1. @08/15: Situation in D:
          Bei den kleinen Versandapotheken (also Apotheken, die sich zusätzlich noch durch Versand etwas dazuverdienen) stimmt das wohl so. Da packt der Apotheker/die PTA noch selbst.

          Ich hatte mal die Gelegenheit, mir eine größere Versandapotheke mal von innen zeigen zu lassen. Bei dieser Versandapotheke gibt es zwar eine Apotheke, die offiziell dafür gerade steht. Der Versand läuft aber eher wie bei anderen bekannten Versandhändlern.
          Grob wird die Verpackung durch günstige Hilfskräfte übernommen, die angelernt wurden und dementsprechend schlecht bezahlt sind (teilweise auf 400Euro-Basis; kein pharmazeutisches Personal; Hauptschulabschluss). Die PTA ist den ganzen Tag damit beschäftigt, diesen Hilfskräften am Rechner vorzugeben, dass sie für diese Sendung eine Schachtel aus dem Regal W, Fach X und eine andere Schachtel aus dem Regal Y, Fach Z herausnehmen sollen. Der Apotheker ist eher pro forma vorhanden und kümmert sich um die Buchhaltung.
          Das hat mit klassischer Apotheke und Heilberuf eher wenig zu tun.

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  4. Kunde ruft an, er möchte dies und das von seinem vorliegenden Dauerrezept und bekommt da dann nach Hause geliefert ist doch eigentlich genausogut wie Versand. Wenn es dem Kunden nicht um den Preis geht, dann braucht er in diesem Fall auch keine Versandapotheke.

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