Patientensicht (zu: So läuft das)

Ich habe schon tolle Leser – heute muss ich meinen Blog schon nicht mehr selber schreiben, die sind so kreativ. Darum heute noch ein Gastbeitrag, von Mr. Gaunt:

Dies ist die Patienten-Version als Antwort zur Geschichte von Boreal, allerdings wie es hätte anders laufen können in der Pessimisten-Version:

Mein Name ist Ilse Müller-Meyer-Richner, ich bin 72 Jahre alt und verwitwet. Nach einem Herzinfarkt geht es mir eigentlich ganz gut, zumindest seit der Arzt das mit der Schilddrüse im Griff hat.

Leider muss ich viele Medikamente nehmen. Da passe ich aber inzwischen drauf auf, seit ich mir in den Finger geschnitten und dann die ganze Küche vollgeblutet habe. Wer kann denn wissen, dass das Marcumar sich nicht mit dem günstigen Aspirin aus der Versandapotheke verträgt, was mir mein Enkel besorgt hat. Mein Arzt hat mir nur gesagt, ich darf das nicht mit Ah-Ess-Ess zusammen einnehmen. Aber das gute Aspirin von Bayer?

Mir geht es nicht gut heute. Ich komme gerade vom HNO-Arzt, der hat gesagt, ich habe eine Lungenentzündung. Dann musste ich auch noch bei meinem Kardiologen vorbei, das Rezept für die Herzmedikamente holen. Einkaufen war ich auch noch, habe kaum noch was im Kühlschrank. Jetzt noch schnell mit den schweren Tüten in die Apotheke und dann ganz schnell nach Hause. Bin müde.

In der Apotheke gebe ich der jungen Frau hinter der Theke meine drei Rezepte. Herr Dr. Schulze-Rickenhoff ist wohl nicht da, ob die Helferin genug Bescheid weiss? Den Chef kenne ich schon lange. Seit 1983. Und ich bekomme von ihm immer meine Lieblingsseife mit. Ach, auf dem Schild der jungen Frau steht „Apothekerin“. Die werden auch immer jünger. Mensch bin ich müde.

Sie tippt in ihrem Computer herum und sagt mehrmals „hmm“.

In letzer Zeit dauert das immer so lange in der Apotheke. Dann muss sie auch noch bei meinem Doktor anrufen. Wegen dem Calcium. Warum ist denn das ein Problem mit dem Calcium, die soll sich besser um das Antibiotikum kümmern, ich bin nämlich allergisch gegen Penicillin. Dann erzählt sie noch was von Krankenkasse und Rabatten. Aber ich zahle genau so viel Zuzahlung wie immer. Komisch. Bin nicht ganz bei der Sache. Und wie war das noch mit dem Calcium? Die Apothekerin hat gesagt, ich soll das eigentlich nicht mit den Schilddrüsentabletten nehmen und der Arzt hat gesagt, ich soll das auf jeden Fall nehmen? Weiss nicht mehr genau. Aber ist ja nur Calcium.

Ich bin sauer. Mit dem Sortis bin ich gut klargekommen. Jetzt kriege ich Billigtabletten wegen der Krankenkasse. Und aufpassen soll ich damit auch noch, weil sie Muskelschmerzen machen, oder so. Muss mit dem Doktor sprechen. Möchte jetzt nach Hause.

Zu Hause sortiere ich die Medikamente in meine mittlerweile ziemlich volle Schublade ein. Da ist etwas Neues dabei, das ich nicht kenne. Hat der Arzt gar nichts von gesagt. Es heisst „Torasemid AL“. Ist wohl auch was wegen dem Blutdruck. Jetzt muss ich das auch noch nehmen. Dabei nehme ich schon Marcumar, Unat, L-Thyroxin und Sortis. Jetzt soll ich auch noch das Calcium nehmen und das neue Torasemid AL und das Billig-Sortis. Und das Antibiotikum natürlich. Hoffentlich ist das nicht doch Penicillin. Und der Arzt hat vergessen, Unat aufzuschreiben. Ach Mist, hätte ich doch besser aufgepasst. Scheiss Lungenentzündung.

Die Calcium-Tabletten nehme ich mit dem L-Thyroxin, so wie es der Arzt zur Apothekerin gesagt hat. Die schmecken ganz lecker. Den Rest nehme ich auch wie verschrieben.

Vertrage die neuen Tabletten nicht, muss dauernd aufís Klo. Habe Durst. Und das Antibiotikum wirkt nicht richtig, zur Lungenentzündung kommt noch mehr Fieber dazu. Schwitze wie in der Sauna, mein Herz klopft wie verrückt. Lege mich zum Mittagsschlaf.

Werde morgen zum Arzt gehen, mir geht es nicht besser. Habe Fieber und meine ganzen Muskeln tun mir weh. So einen Infekt hatte ich schon lange nicht mehr. Darf ja leider keine Schmerztabletten nehmen wegen dem Marcumar. Lege mich schlafen. Vorher gehe ich schon wieder aufís Klo.

Wache auf. Liege nicht in meinem Bett. Bin wohl im Krankenhaus. Um mich herum piept es. Kann mich nicht mehr erinnern. Eine junge Frau, die sich als Frau Doktor vorstellt, kommt an mein Bett und redet Kauderwelsch, ich verstehe nur was von „Rhabarbergemüse“ und „Glück gehabt“ und „wegen der Tabletten“. Verstehe nicht ganz. Mag kein Rhabarber. Scheiss-Billigtabletten, ich hab’s ja gewusst. Bin sehr müde.

Und jetzt die Frage: Warum liegt Ilse im Krankenhaus?

Wenn Ihr die letzten Blogbeiträge gelesen habt, seid ihr ja schon alles kleine Pharmakologen und habt da sicher eine Ahnung.

53 Kommentare zu „Patientensicht (zu: So läuft das)

  1. Nachdem ich geschummelt habe und den Apothekerbeitrag nochmal gelesen, würde ich sagen, Wechselwirkung Sortis/Antibiotikum? Evtl hat sie Sortis sogar doppelt genommen, alte und neue Schachtel, weil es klingt, als hätte sie noch Reste vom alten in der Schublade gehabt?

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    1. Und die Wechselwirkung/Überdosierung führte zu einem akuten Nierenversagen aufgrund von Rhabdomyolyse… Deswegen der ICU Aufenthalt…
      Und den meinen (also ICU Aufenthalt) kann ich nach dem Nachtdienst gerade erfolgreich zuendebringen… Gute Nacht :)

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    2. Noch dazu: Unat= Torasemid, ergo hat sie die „Wassertabletten“ evtl auch in doppelter Dosis genommen – erklärt die häufigen Toilettenbesuche, Durstgefühl, Herzklopfen.

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      1. Genau. Das Problem hier ist 1. die Doppeldosierung von Torasemid (Unart und Torasemid AL) und dann 2. die Wechselwirkung vom Atrovastin/Sortis mit dem Antibiotikum Clarithromycin.
        Wobei ersteres das letztere noch verstärkt haben könnte …

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  2. Sehr eindrücklich geschriebene Patienten-/Kundensicht. Das Schlimme daran ist, dass es nicht einmal viel Phantasie bedarf, dieses Szenario Realität werden zu lassen. Beschämend, irgendwie. Ob wir wohl noch die dritte (Haus- und HNO-Ärzte) und vierte Perspektive zu lesen bekommen werden? Mich würde ja brennend interessieren, wie Ärzte mit diesem Dilemma umgehen und was Politik und Krankenkassen zu diesem Beispiel zu sagen hätten…

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  3. Eine Frage an die Apotheker hier: Wenn es auch mit Sortis durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu einer Rhabdomyolyse kommen kann, wieso musste dann Bayer genau deswegen Lipobay vom Markt nehmen, während sich Pfizer mit Sortis weiterhin dumm und dusselig verdient hat ?

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    1. Soweit ich weiß, wurde Lipobay von Ärzten falsch verschrieben (also mit Medikamenten zusammen, die bekanntermaßen Wechselwirkungen verursachen), von Patienten falsch eingenommen und als die Wechselwirkungen dann eintraten, bekam Bayer den Schwarzen Peter. Dazu kommt noch, dass Bayer eine deutsche Firma ist und Pfizer eine amerikanische – einen gewissen Nationalstolz findet man auch bei der FDA.

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  4. Um mit all den Medikamenten durcheinander zu kommen, muss der Patient keine 72 Jahre alt sein. Mein Mann ist erst jugendliche 47 Jahre alt und brauchte bislang nur wenige Medikamente. Vor zwei Wochen hatte er einen Herzinfarkt und dadurch täglich einen für ihn ungewohnt hohen Berg Tabletten vor sich liegen.

    Natürlich haben sie ihm in der Klinik erklärt, was er wogegen bekommt – aber da war er noch ziemlich betüddelt und wenig aufnahmefähig.

    Ich bin es, die sich das nötige Fachwissen zusammen sucht, aber ich bin es auch, die als Biotechnikerin beruflich vorbelastet ist. Ich kann meinem Elektrotechniker erklären, wie ein ACE Hemmer in einen biologischen Regelkreis (Regelkreise kennt er) eingreift. Warum er Plavix nimmt und dass der Wirkstoffname dazu schrecklich kompliziert ist und man den lange üben muss, bis er problemlos über die Zunge kommt.

    Und was macht ein Schreiner, der mit einer Floristin verheiratet ist? Überhaupt alle naturwissenschaftlich fernen Berufe – die Leute hören keine 2 Minuten zu, weil sie mit Fachwissen überhäuft werden und das ganze nicht einordnen wollen oder können. Also wird in der Apotheke und beim Arzt genickt, die bunten Tabletten eingeworfen und wenn was schief läuft, dann sind besagte Tabletten schuld gewesen.

    Meinem Mann habe ich die Vorträge in seiner ReHa sehr ans Herz gelegt, er muss wissen was er hat. Ich befürchte, dass man bei vielen Patienten viel mehr Widerstand zu überwinden hat, um ihnen Wissen um ihren Zustand einzubläuen.

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    1. Richtig, man muss nicht 72 Jahre sein. Das kann auch unter anderen Umständen passieren. Gerade wenn man durch schwere Krankheut anderweitig angeschlagen ist, dann ist die Aufnahmefähigkeit eingeschränkt. Manche Kunden sind auch „intellektuell herausgefordert“.
      Das Beispiel sollte typische Bedingungen aufzeigen, die nicht unrealistisch sind: Älter, multimorbid, akut erkrankt, dadurch müde und nicht ganz dabei. Diese Kombination wird wegen der besseren medizinischen Versorgung immer häufiger. Früher sind die einfach mit 70 verstorben.
      Auch wenn die Patienten sich um ihre Medikamente sorgfältig kümmern (machen viele Kunden nicht!), dann kann es zu solchen Problemen kommen. Wenn man da nicht etwas an der Versorgungsweise ändert, z.B. über Speicherung der Medikation auf den Chipkarten, Ausstellung von Einnahmeplänen oder Mitgabe von Patientenblistern statt Einzelpackungen, dann wird das sehr viel Geld kosten.
      Bei Ilse hat die Krankenkasse jetzt vielleicht 100 Euro an Arzneimittelkosten gespart, zahlt jetzt aber Tausende für das Krankenhaus.

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  5. Ich erinnere mich noch gut als meine Kids vor 4 Jahren beide gleichzeitig krank waren. Der Große mit einer Chirurgischen Sache, die Kleine mit ner Bronchitis. 2 verschiedene Ärzte je Kind 2-3 Rezepte. Für jede Kind das selbe AB in unterschiedlichen Dosierungen. Ich bin bald irre geworden. Die Apothekerin war spitze holte sofort einen Block und wir arbeiteten einen genauen Plan aus wann welches Kind was bekommt und wohin. Ich ging mit 2 kranken Kinder, einem Riesen Beutel voller Medikamente und Verbandszeug, einem perfekten Medikamenten Plan und trotzdem reichlich verunsichert aus der Apotheke. Ich glaub die Frau hätte mir gern eine Pflegekraft hinterher geschickt *seufz* Im Endeffekt hing der Plan an der Tür gut ersichtlich, Mein Handy bimmelte alle 3 Std. um mich auf den Plan aufmerksam zu machen. Bei Kind klein funktionierte es.. Der Große kam kurz darauf ins KKH. Superinfektion, Sepsis genau keine Reaktion auf die Medizin. Selbst intravenös schlug keines der 3 AB an… Es waren zum Schluss die stärksten die es gab, mehrere OP´s usw.
    Ich bin heute noch den Apothekern dankbar denn ich wurde bombastisch unterstützt. Mann hatte extra mehr Verbandszeug auf Lager, Stellte sofort verschiedene Lösungen her, statt dem üblichen holen sie es heute Abend ab.Zeigte, erklärte und machte. Und vorallem man zeigte Mitgefühl. Ich merkte richtig wie die Leute sich reinknieten und mit hofften endlich DIE Lösung zu finden.

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    1. Das hört sich nach Wahnsinns Stress an. Gut, hattet ihr richtige Unterstützung aus der Apotheke.
      Das mit den Multiresistenten Keimen ist ein Immer mehr aufkommendes Problem.

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    2. Das mag jetzt vielleicht etwas komisch klingen, aber wenn man mit seinem Fachwissen und gutem Service helfen kann, dann macht der Beruf Spass. Besonders, wenn man positives Feedback erfährt.

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  6. Ich denke es würde schon wahnsinnig helfen wenn jeder Patient ein ausgedrucktes Merkblatt mitbekommen würde in dem jeweils Wirkstoffname, Medikamentenname, Wirkung (etwa: dies ist ein Antibiotikum, es wirkt gegen Bakterien und wird meist gegen XYZ verschrieben), Einnahme (Art und Häufigkeit) sowie ganz kurz was man nicht zusammen nehmen sollte. Sowie ein allgemeiner Hinweis das Tabletten immer mit Wasser (kein Saft, keine Milch) genommen werden sollten. Wichtig: kein fachchinesisch, einfach und kompakt gehalten, ausreichend groß geschrieben.

    Ich denke es wäre kein Problem, auch für Deutschland wo es kein Dossier gibt, sowas in bestehende Apothekensoftware zu implementieren. An Kosten würde quasi nur das Papier und Druckertoner bleiben.

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    1. Wollte ich noch erwähnen: Ich fände das gar nicht schlecht, wenn man das in Kurzform machen könnte – der Beipackzettel ist ja ein unmögliches Werk, gerade für Laien.

      Aaaber … da gibt es noch ein paar Probleme. Zum Beispiel ist nicht überall ganz klar, wofür ein Medikament jetzt eingesetzt wird. Antibiotika … logo, Schmerzmittel …. ok, aber was schreibe ich bei den Herzmedikamenten, wo es teilweise wirklich unterschiedliche Diagnosen gibt? Merke: Ich als Apotheker kenne die wirkliche Diagnose NICHT. Ich habe oft eine gute Ahnung, aber …. wird der Betablocker jetzt zur Blutdruckdämpfung oder zur Stabilisierung des Herzrhythmus gebraucht? Oder soll ich da sehr allgemein bleiben und dann schreiben „für’s Herz“? … und wie sieht das rechtlich aus, wenn der Patient dann später anhand meines Mini-Zettels falsch nimmt?
      Und die Wechselwirkungen … wie tief will ich da ins Detail gehen? Dann sind wir bald wieder bei Auswüchsen wie dem Beipackzettel, wo einfach ALLES drin steht.

      Und wieviel Zeit das zusätzlich beansprucht (vor allem solange es keine allgemeine Software-lösung dafür gibt).

      Jetzt ein bisschen Werbung für eine Dienstleistung: In der Schweiz haben wir seit letztem Jahr die Möglichkeit genau das zu machen. Zusammen mit dem Patient seine Medikamente anschauen. Schauen, ob er/sie weiss, wie man das nimmt. Auf Probleme aufmerksam machen und Lösungen finden. Und das absolut tollste daran: wir können die halbe Stunde, die das braucht mit der Krankenkasse abrechnen.
      Nur machen bisher viel zu wenige davon Gebrauch.
      Ich glaube ich sollte darüber demnächst einen Blogpost schreiben.

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      1. Auch ein bischen Werbung mache: Auch in Deutschland gibt es die Möglichkeit. Jeder Apotheker wird das machen. Diese Dienstleistung wird bisher noch zuwenig beworben, aber wenn man als Patient in der Apotheke danach fragt, wird man das sicherlich tun. Ich biete es meinen Kunden auch an. Ich kann das zwar nicht bei der Kasse abrechnen, bin aber froh, wenn ich mein Fachwissen ausspielen kann.
        LG Boreal

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    2. Eine mir bekannte Hausärztin (nicht meine) gibt allen Patienten einen aktuellen Medikamentenplan mit, mit Anmerkungen (wofür oder bis wann) und genauen Dosierungen/wann sie genommen werden sollen. Sie telefoniert bei Unstimmigkeit auch mit den Kollegen und ruft bei schlechten Arztbriefen sogar im KH an (viele kopieren ja alles ohne es zu hinterfragen) Sie hat allerdings auch vor ein paar Jahren einen Innovationspreis erhalten und ist ganz fit mit der Teledmedizin, hat alles im Computer und hinterfragt wirklich alle Medikamente bei jedem Besuch.
      Das ist vielen aber zu aufwendig, oder sie kennen sich nicht genug mit Computern aus. Und bei den Apotheken gibt es ja dann manchmal den Datenschutz, der das Dossieranlegen vereitelt. Alles schon schwierig. Zum Glück sind viele Patienten heutzutage so informiert, daß sie sich schon selbst Pläne schreiben. Denen, die sich nicht auskennen, hilft das natürlich nicht… :-(

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  7. Zu früh auf senden geklickt. Was ich noch sagen wollte:

    Die Krankenkassen täten gut daran so etwas finanziell zu unterstützen, denn höhere Compliance und mehr Wissen darüber was man da einnimmt seitens des Patienten, reduzieren auch das Risiko schwerwiegender, und damit teurer, Wechselwirkungen.

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    1. Ich denke, den Krankenkassen ist das ziemlich egal – auch wenn es stimmt, was du sagst. Wenn die Patientin wegen Fehleinnahme (wie im Text) im Spital landet kommt das den Kassen auch teurer.
      Und ich bin sicher, das ist wegen den ständigen Wechseln im Namen und Aussehen der Medikation schon hundertfach vorgekommen. Auswirkungen auf die Rabattverträge hatte das trotzdem keine ….

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      1. Auch wenn das jetzt echt fies klingt, aber ich glaube, das sich die Kassen das schon ganz genau ausgerechnet haben. Was ist billiger?
        Rabattverträge und solche Komplikationen oder keine Rabattverträge?
        Ich befürchte, Sie sparen trotz dieser Komplikationen und Krankenhauseinweisungen mehr mit den Verträgen ein.
        Sonst wären die Verträge doch schon längst wieder abgeschafft worden. Wir haben Sie aber nun schon seit 2007 (5 Jahre!) und egal was die Apotheker, die Ärzte und die Patientenverbände sagen, es wird an den Verträgen festgehalten.
        In der grossen Gesamtrechnung sind die Einsparungen durch die Verträge höher als die Ausgaben für die Komplikationen. Ein einzelnes Menschenleben fällt da wohl nicht sehr ins Gewicht.

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    2. Darauf wollte ich hinaus (siehe auch mein Post oben). Es muss gerade bei solchen Patienten, die compliant sein möchten, etwas geändert werden, dass die Bedingungen für eine gute Compliance gesichert sind.
      Die Software-Voraussetzungen sind quasi da. Auch in Deutschland kann man freiwillige Kundendossiers erstellen, wenn mann die Software dazu hat.

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  8. Und immer wieder hoffe ich, dass so ein Ende nur Fiktion ist und nicht wirklich passiert. Danke Mr. Gaunt für diese wohl gar nicht so unwahrscheinliche Patientensicht!

    Und dann fragt man sich als Apotheker ob es nicht doch ok ist, den Kunden noch 2 Minuten länger warten zu lassen, um mit dem nächsten Arzt Rücksprache zu halten, um doch nochmal kurz etwas nachzulesen oder einfach mal Tacheles mit dem Verordner zu Reden, wenn man Bedenken hat, dass solch eine Therapie die Richtige ist.

    Und der Kunde steht da und wartet und kann in den meisten Fällen gar nicht verstehen, worum es denn nun genau geht und welche Folgen ein nicht geführtes Telefonat oder ein nicht-nachfragen unsererseits hat und ist völlig entnervt, weil er noch länger warten muss, um sich endlich ins Bett legen zu können.

    Und durch diese Rabattvertragsschlacht wird es kein Deut besser. Die kostbare Zeit, die man hat geht fürs Abklären der Firmen drauf und wenn der Kunde dann nicht mehr aufnahmefähig ist erkläre ich ihm die Anwendung der Medikamente. Super! Wir könnten uns wohl noch ewig aufregen. Aber die eigentliche Frage ist doch: Was können wir tun, um wieder zu unseren Wurzeln zurückzukehren und nicht nur als Erfüller dieser Verträge zu fungieren?

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    1. Und der Kunde steht da und wartet … und fängt an mit der Zeit auszurufen: „Wieso dauert das so lange? Das kann ja nicht sein, sie müssen ja nur die Packung aus der Schublade holen und mir geben – der Arzt hat ja schon alles angeschaut und mit mir besprochen!“
      Ja?
      Ja???!

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  9. Gleiche Fehler führen zu gleichen Ergebnissen ;)
    @ Denis: Diese Idee finde ich toll. Ist zwar im ersten Moment etwas zeitaufwendig und ich höre schon von überall: Wann sollen wir das denn noch machen? Aber vor Einführung der Rabattverträge hätten wir das Gleiche gesagt…

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  10. Die einfachste Möglichkeit ist denke ich wirklich, einen Zettel mit Medikamtennamen (genau der, der auf der Packung steht, bzw ein Bild der Packung), der Uhrzeit, der Menge und von wann bis wann er gilt (zb 1.5.2012-14.5.2012), selbst wenn immer dsa gleiche draufsteht. Er ist dann aktuell. Grade wenn man mehrere Dinge nehmen muss ist das sicherlich hilfreich.

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    1. Man weiss aber nie, welche Packungen der Patient noch zuhause hat. Insofern gehört der Wirkstoffname auf den Zettel.
      Ich habe gelesen, das die Politik über ein Gesetz nachdenkt, das die Wirkstoffnamen viel grösser auf die Packung sollen. Verständlicherweise wollen die Firmen das nicht so gerne.
      Das grosse Problem ist die Verbundenheit der Patienten mit dem Packungsdesign. Kaum einer kennt die Wirkstoffnamen seiner Medikamente, aber alle wissen, das die Packung rot weiss ist, oder orange. Es kommt immer wieder vor, das jemand in die Apotheke kommt und sagt, „ich hätte gerne einmal ratiopharm.“
      „welche denn?“ ist dann immer die Rückfrage. (Allein bei den freiverkäuflichen Schmerzmitteln, Ibuprofen, Ibu-lysinat, Ass, Paracetamol.und überall ist die Packung orange.)

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  11. Vielleicht sollte man auch einfach dazu übergehen, die Tabletten in einer neutralen Verpackung mit Wirkstoffname, Dosierung und Patientenname abzugeben?

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      1. Na ja, in den USA ist es ja wohl so üblich, dass die Tabletten in Großverpackung geliefert werden und in der Apotheke abgezählt und in kleine Dosen verpackt. Warum sollte das in Europa nicht auch gehen?

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        1. Ich hoffe ernsthaft, das kommt nie. Mal abgesehen davon, dass das das ganze Procedere noch länger macht, sind es mehr Schritte wo Fehler passieren können. Günstiger ist es auch nicht unbedingt – denn, es gibt dann Packungen, die man nur in Gross bekommt … und wenn man 30 oder so rausgenommen hat, stehen sie da, bis sie ablaufen und man die ganze Grosspackung entsorgen kann. Und ich finde es nicht sehr hygienisch. Und … das Verfallsdatum kann auf der Grosspackung ein paar Jahre sein, nach dem Abfüllen darf man nur noch ein paar Monate drauf machen …..
          lieber nicht.

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          1. Au ja: habe ich noch vergessen. An den „Aber meine Tabletten sahen das letzte Mal anders aus-Diskussionen“ ändert das auch rein gar nichts :-)

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        2. @Kai: Dafür bekommt man in den USA in einer Apotheke auch nicht sofort die Medikamente mit, sondern muss wirklich immer zweimal kommen. Beim ersten Mal gibt man das Rezept ab, beim zweiten Mal holt man sich die Dose mit den abgezählten Tabletten. Das dauert je nach Apotheke mindestens 30 Minuten.

          Wie Pharmama schon schreibt: Hygienisch ist das auch nicht unbedingt, wenn die Tabletten dann von Hand in der Apotheke abgezählt werden. Außerdem ziehen manche Tabletten Wasser oder sind gegen Licht empfindlich: Bei diesen ist die einzeln verblisterte Tablette wirklich besser verpackt, weil gegen Umwelteinflüsse geschützt.

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  12. Das dürfte bei den Standardgeschichten doch eigentlich alles ziemlich, ähm, deterministisch sein.

    Gibt es für sowas nicht eine Klicki-Bunti-Web-Dings, wo man die Medikamentation bzw. die Medikamente eingibt und die entsprechenden Wechselwirkungen und Warn- bzw. Dosierungshinweise bekommt?

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    1. Die Schwierigkeit ist, dass man die Relevanz von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen als Laie schlecht beurteilen kann. Manche Wechselwirkungen sind zwar vorhanden, aber eher harmlos. Die Gefahr einer Rhabdomyolyse würde ich jetzt selbst oben eher harmlos sehen, da das Antibiotikum nur kurzzeitig eingenommen wird (aber das sehen hier andere Kollegen wie Mr. Gaunt und Pharmama anders; geht auch okay so) und ich das eher als Problem bei einer Dauereinnahme sehen würde (aber hier dann wirklich gewichtig). Das kommt aber immer auf den Einzelfall und auf die sonstige Konstitution des Patienten an.

      Falls Du trotzdem im Netz so etwas suchen willst, empfehle ich mal den Wechelwirkungscheck der „Apotheken-Umschau“: http://www.apotheken-umschau.de/Arzneimittel-Check
      Frag aber, wenn Du bei Deinen Mediamenten was gefunden hast, dann doch mal lieber in der Apotheke oder beim Arzt nach, ob das für Dich wirklich relevant ist. Recherche im Internet oder über Dr. Google ist von Laien immer so eine schwierige Sache.

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      1. Die Rhabdomyolyse-Gefahr schätzen wir – glaube ich zumindest – gar nicht unterschiedlich ein. ;-)

        Die kleine Geschichte soll eigentlich illustrieren, dass es verschiedene Faktoren gibt, die zu Problemen mit Arzneimitteln führen können, auch wenn verschiedene Basisfaktoren gegeben sind.
        – Die Apotheke gibt sich Mühe und berät fachlich gut
        – Die Kundin setzt sich mit ihrer Medikation auseinander

        Leider passt sich die Arzneimittelversorgung in Deutschland nur mühsam dem demographischen Wandel an. Patienten werden kränker und trotzdem älter. Statt es der älteren Bevölkerung einfacher zu machen oder anders zu helfen, wird es komplizierter mit dauernden Herstellerwechseln.

        Vielleicht ist es ja sogar gewollt, dass ein gewisser Patienteil sagen wir vorsichtig „nicht zuuuu alt“ wird. :-(

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        1. Ging wirklich nicht gegen Dich, gegen Pharmama schon gar nicht.
          Ich meinte, dass beide Vorgehensweisen richtig sind: Ich selbst würde da wahrscheinlich noch nichts sagen, obwohl der Muskelschwund und das Nierenversagen bei der Kombination zwischen den beiden Medikamenten heftig sein können.
          Meine Begründung wäre: der Patient nimmt das Antibiotikum eine Woche, danach ist der bakterielle Infekt kuriert. Das ist nicht relevant, da verschrecke ich nur den Patienten und gefährde die Therapie.
          Aber wenn der Kollege nebenan da Bedenken hat, hat er auch recht. Das könnte auch schon nach ein paar Tagen zu Muskelschmerzen führen. Insofern ist ein Wechsel des Antibiotikums auch richtig.

          Stiftung Warentest (oder irgendsoein Apothekentest im Fernsehen) würde mir bei meiner Vorgehensweise wohl vorwerfen, dass ich nichts gesagt habe und meine Beratung abwerten.

          Du meinst noch, dass es gewollt sein könnte, dass ältere Patienten „sozialverträglich frühableben“. So weit würde ich nicht gehen: Ich habe eher die Theorie, dass bei den Krankenkassen jetzt Betriebswirte sitzen, die alleine nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten entscheiden, was verordnet werden darf. Medizinischen oder pharmazeutischen Argumenten sind Betriebswirte nach meiner Erfahrung nach eher weniger zugänglich, da zählen eher betriebswirtschaftliche Kennziffern.
          Wir Pharmazeuten machen gegenüber BWLern oft den Anfängerfehler, dass wir sie mit pharmazeutischen/mediznischen Argumenten überzeugen wollen. Das klappt nicht. BWLer überzeugt man nur durch Balkengraphen mit einer möglichst bunten Powerpointpräsentation in einem „Meeting“. Und mit Keksen… :-)

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  13. Vielen Dank für diesen Gast-Post! Leider bin ich zuwenig vom Fach, als dass ich wirklich alles kapieren würde, was Ihr alle hier Tolles schreibt! Spannend ist es aber auf jeden Fall!

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  14. wow, super Post und ein ernstes Problem. Lesen Krankenkassen mit? Sollten sie!
    Bei Patienten, die zu verschiedenen Zeiten täglich verschiedene Medikamente nehmen müssen, wäre ich sehr dafür einen kleinen Ausdruck aus der Apotheke zu bekommen mit den Medikamentennamen, dahinter evtl in Klammern den alten Namen falls dank Rabattvertrag gewechselt wurde und die genauen Einnahmehinweise. Ich habs ja noch leicht wenn ich meine 2 Tabletten morgens nehme die sich auch gut miteinander vertragen aber wer weiß, was mir die nächsten 50 Jahre noch bringen? Meine Parkinsongeplagte Oma hatte soviele verschieden bunte Tabletten täglich, das ging schon als halbe Mahlzeit durch.

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  15. Ich bin absolute Laie(Laiin? Laiein?), habe ein wundervolles Hausarztteam, die sich untereinander absprechen und fragen(zB hatte ich mal was am Knie und dann haben beide geguckt und sich abgesprochen(vor meinen Augen, nicht „heimlich“ nebenan oder so)), die sich verschieden spezialisiert haben und mit der Uni zusammen Hausärztepraktika machen(keine Ahnung wie das heißt, es sind auf jeden Fall oft Studenten da, die dann lernen, wie man mit Patienten umgeht und all sowas) und mit dem gewünschten Apotheker telefonieren, wenn es angebracht ist. Ich fühl mich da sehr gut aufgehoben. Bei meiner Apotheke das Gleiche. Die rufen beim Arzt an, die nehmen sich Zeit, die geben auch „schwierigen Fällen“ Arbeit(und die mausern sich alle!), die bieten jedem aktiv solche Pläne an, wie hier beschrieben wurden, erklären einem auf Nachfrage auch sehr ausführlich was wie wirkt, bieten einem einen Stuhl an, wenn man nicht fit aussieht, damit man eben nicht alles abnickt, weil man so mit „auf den Beinen halten“ beschäftigt ist. Sie fragen auch, ob ich öfters mal müde bin und sowas. Weiter oben stand, dass mit den Medikamentennamen nicht diskret umgegangen wurde(bei dieser Aids-Sache). Das kenne ich gar nicht. Bei allen Apotheken, die ich kenne läuft das eher so ab: „Hier bitte*Packung hinleg*davon nehmen Sie bitte morgens eine und von dieser*andere Packung hinleg*morgens und abends eine vor dem Essen. Ich hab Ihnen das auch nochmal auf die Packungen geschrieben.“ Wenn nicht alle genommen werden sollen, sondern nur so und so lange, dann steht auch das dadrauf. Und das machen hier (bis auf eine Discountapotheke) ALLE Apotheken! Manche haben Aufkleber, die sie beschriften und auf die Packung kleben, manche schreiben das einfach mit Kuli drauf. Kostet nicht viel Zeit, hilft aber viel.

    Ich fühl mich sowohl bei meinen Hausärzten, als auch in meiner Apotheke wirklich extrem gut aufgehoben.

    Aber das wollte ich alles nur nebenbei mal sagen. Eigentlich wollte ich fragen, ob wir nicht für(bzw wegen) solcher Fälle wie Ilse diese Gesundheitskarte kriegen, wo dann all so Zeug drauf gespeichert ist, damit jeder(Arzt, Apotheker, …) den Überblick hat? Oder hab ich das falsch verstanden?

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    1. Schön, dass Du eine gute Praxis gefunden hast und eine gute Apotheke. Bestimmt freuen sich Ärzte und Apothekenpersonal über eine positive Rückmeldung. :-)
      Wenn beide engagiert ihren Beruf wahrnehmen, dann hilft das sehr bei der Compliance (= der Patient nimmt sein Medikament so wie verschrieben) und damit dem Patienten beim schnellen Gesundwerden UND den Gesundheitskosten, wenn man vom schon erwähnten „sozialverträglichen Ableben“ einmal absieht.
      Das schreiben der Einnahmeregeln auf die Packung ist o.k., hat aber dann seine Grenzen, wenn viele Medikamente genommen werden und/oder oft der Hersteller gewechselt wird. Und gerade diese Anzahl Patienten steigt immer mehr.

      Was mit der Gesundheitskarte passiert und ob da auch die Medikamente drauf zu finden sein werden? Keine Ahnung, das Theme Gesundheitskarte scheint eher eine Lachnummer. Ich habe ja die stille Hoffnung, dass sich Kundenkarten durchsetzen und die Patienten deren Wert entdecken inklusive einer Stammapotheke..

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      1. Ich fände sowas wie die Hausarztprogramme ja super(wie auch immer die Umsetzung dann aussieht, ob mit (elektronischen) Stempelkarten oder auch über einen Rabatt bei der KK oder so). Am Liebsten sogar direkt in Kombination. Und wenns nur Papiersparen ist und das Rezept direkt per Mail an die Apotheke geht oder so.

        Und irgendwas wo alle Arztsachen und Medikamente und so vermerkt werden, auch rezeptfreie. Ob das jetzt Gesundheitskarte oder Medizinpass oder Pillenausweis heißt, ist mir egal.

        Scheitert aber eh an der Umsetzung…

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